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Artifizielle Störungen, Simulation und Körperintegritätsidentitätsstörung

Verfasst von: Hans-Peter Kapfhammer
Patienten mit artifiziellen Störungen täuschen körperliche oder seelische Symptome vor, aggravieren sie oder fügen sie sich selbst zu. Die Tatsache der Täuschung ist den Patienten bewusst, nicht unbedingt aber die zugrunde liegenden Motive ihres Handelns. Die Häufigkeit der artifiziellen Störungen ist epidemiologisch schwierig zu bestimmen; neben den aufgedeckten Fällen ist von einer wesentlich höheren Dunkelziffer auszugehen. In der Ätiopathogenese der interpersonalen Täuschung und heimlichen Selbstschädigung spielen frühe Traumatisierungserfahrungen eine wichtige Rolle. Im klinischen Umgang kann der behandelnde Arzt oft auf verhängnisvolle Weise in die Inszenierung der Patienten zu deren realer Schädigung miteinbezogen werden. Evidenzbasierte Empfehlungen für die Behandlung sind noch nicht möglich. Simulation ist die bewusste intentionale Übernahme einer Krankenrolle, um hierüber einen äußerlichen Krankheitsgewinn zu erzielen. Eine spezielle Herausforderung im breiten Spektrum artifizieller Störungen ist das offene Bestreben von Personen mit einer Körperintegritätidentitätsstörung (Body Integrity Identity Disorder), sich organisch gesunde Körperteile amputieren zu lassen, um hierüber zu einer personalen Identität zu gelangen.

Artifizielle Störung

Begriffsbestimmung und Konzeptentwicklung

Patienten mit einer artifiziellen Störung zeichnen sich durch Vortäuschung, Aggravation und/oder künstliches Induzieren von Krankheitssymptomen aus. Wenngleich die Krankheitssymptome auch psychische Zeichen, wie z. B. die Vorgabe, Stimmen zu hören, ein schweres Trauma erfahren zu haben und deswegen an Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden, mit einschließen können, treten im ärztlichen Behandlungskontext vorrangig körperliche Störungen auf. Man kann mit Recht behaupten, dass es Patienten gelingt, in allen medizinischen Disziplinen die wichtigsten Krankheiten gleichsam mimikryartig nachzuahmen. Hiervon sind auch Zustandsbilder nicht ausgenommen, die ein komplexes medizinisches Detailwissen über Erkrankung und Spezialdiagnostik, z. B. bei Karzinomerkrankungen oder AIDS, erfordern (Feldman et al. 2001).
Die Patienten zeigen ein großes Verlangen nach immer neuen Krankenhausaufenthalten. Hiermit korrespondiert eine auffällige Bereitschaft, sich fortgesetzt invasiven diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu unterziehen. Typischerweise beinhalten die Krankheitsanamnesen zahlreiche Operationen. Angaben zu früheren Untersuchungsergebnissen sind häufig widersprüchlich. Aus einmal geäußerten Verdachtsdiagnosen werden im Bericht der Patienten oft unverrückbare medizinische Tatsachen bis zur Aufdeckung des Gegenteils. Nicht selten imponiert eine affektive Gleichgültigkeit gegenüber dem Krankheitsverlauf. Über kurz oder lang gestaltet sich die Arzt-Patienten-Beziehung höchst konflikthaft. Vor einer geplanten Entlassung bei weitgehend unauffälligen diagnostischen Befunden kommt es oft zu einer Symptomverstärkung. Werden Patienten in ihrer Manipulationstendenz erkannt, entlassen sie sich meist selbst. Im engen Zusammenhang zum typischen Ablauf eines stationären Aufenthalts stellt sich regelhaft die Frage, warum die Patienten dieses abnorme Krankheitsverhalten eigentlich zeigen, da äußere Motive meist zu fehlen scheinen.
Der englische Internist Richard Asher beschrieb 1951 in einem Lancet-Artikel Patienten, die sich wiederholt in z. T. weit auseinander liegenden Krankenhäusern vorstellten. Sie boten hier die verschiedensten fiktiven Beschwerden und Symptome mit dem Ziel, stationär aufgenommen zu werden. Sie berichteten oft farbige Geschichten aus ihrem bewegten sozialen Leben („ … being an exsubmarine commander tortured by the Gestapo …“) und benützten gelegentlich falsche Identitäten, wie sich meist erst später herausstellte. Einmal aufgenommen, unterzogen sie sich schmerzvollen und gefährlichen Untersuchungen, Operationen und Behandlungen. Sie konnten ebenso schnell wieder verschwinden, sobald eine Enttarnung drohte, um sich an einem anderen Ort mit einem ähnlichen oder abgewandelten Beschwerdebild erneut vorzustellen. In Anlehnung an den bekannten Erzähler von Lügengeschichten, Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen, nannte Asher diese Patienten „Münchhausen-Patienten“.
Es finden sich aber in der medizinischen Literatur schon früher bedeutsame Beiträge zur Charakterisierung dieser Patientengruppe. So veröffentlichte bereits 1838 Hector Gavin eine ausführliche Schrift mit dem Titel „On feigned and factitious diseases chiefly of soldiers and seamen and on the best modes of discovering impostors“. Die vermutlich vollständigste Sammlung von vorgetäuschten Krankheitsbildern in den unterschiedlichen ärztlichen Disziplinen stellte der Dermatologe Julius Mayr (1937) in seinem „Handbuch der Artefakte. Morphologie und funktionelle Simulationen und Dissimulationen“ zusammen.
Gelangte Julius Mayr in seiner Gesamtbeurteilung zu dem Schluss, dass hinter artifiziellen Störungen von Patienten bei näherer Betrachtung immer ein subjektiver Vorteil zutage trete, so hatte bereits einige Jahre zuvor Karl Menninger (1934) in seiner wichtigen Abhandlung „Polysurgery and polysurgery addiction“ darauf hingewiesen, dass gerade bei Patienten mit einer auffälligen Tendenz, sich immer wieder Operationen zu unterziehen, auch eindrucksvolle unbewusste Motive vorliegen können. Diese müssen in der Arzt-Patienten-Beziehung reflektiert werden, um Schaden für den Patienten abzuwenden. Menninger betonte v. a. die verhängnisvolle selbstdestruktive Tendenz im Krankheitsverhalten dieser Patienten.
Motivische Perspektive
Diesen klassischen Beschreibungen liegt jeweils eine unterschiedliche motivische Perspektive zugrunde:
  • die vorrangig sozial- und medizinpsychologische Charakterisierung eines abnormen Krankheitsverhaltens, das plausible Gründe in der äußeren Lebenssituation meist vermissen lässt,
  • die bedenkliche gesundheitsideologische Betonung einer vermeintlich immer aufzudeckenden äußerlichen Vorteilnahme im Sinne einer Simulation und schließlich
  • Hinweise auf eine oft unbewusste selbstdestruktive Tendenz, die innerhalb der Arzt-Patienten-Beziehung eine verhängnisvolle Dimension erlangen kann.
In der Fachliteratur erregten die Patienten mit artifiziellen Störungen stets großes Interesse, das sich u. a. auch in einer Fülle von prägnanten Wortschöpfungen niederschlug (Tab. 1). Die impliziten Bedeutungen dieser Bezeichnungen und die hierüber in die medizinische Praxis eingeführten Narrative unterzog Fisher (2006) einer erhellenden Analyse.
Tab. 1
Synonyme in der Literatur für Patienten mit artifiziellen Störungen. (Modifiziert nach Paar 1987)
Synonym
Literaturquelle
Polysurgery Addiction
Menninger 1934
Fraudulent Fever
Hale und Evseichik 1943
latrogene Selbstverstümmelung
Wasmuth 1948
Münchhausen-Syndrom
Asher 1951
Laparotomophilia migrans
Asher 1951
Hämorrhagica histrionica
Asher 1951
Neurologica diabolica
Asher 1951
Walter-Mitty-Syndrom
Asher 1951
Ashverus- oder Wandering-Jew-Syndrome
Wingate 1951
Kopenickiades
Sjoberg 1951
Peregrinating Problem Patients
Chapman 1957
Dermatitis autogenica
Chapman 1957
Hyperpyrexia figmentatica
Chapman 1957
Hospital Hoboes
Clark und Melnick 1958
Van-Gogh-Syndrom
Lubin 1961
Hospital Addiction
Barker 1962
Mythomania
Michaux 1965
Frater Hospitalists
Tyndel 1965
Factitious Illness
Spiro 1968
Pathomime
Cramer et al. 1971
Focal Suicide
Rosen und Hoffmann 1972
The Doctor Fox Effect
Lancet 1974
Koryphäen-Killer-Syndrom
Beck 1977
Münchhausen-by-proxy-Syndrom
Meadow 1977
Pathomimicry
D’Andrea 1978
Polle-Syndrom
Burman und Stevens 1977
Cardiopathia fantastica
Kounis 1979
Chirurgomania
Schachter 1982
Skalpellophilie
Schachter 1982
Automanipulation
Scharfetter 1984
Mimikrypatient
Plassmann et al. 1985
Artefaktpatient
Plassmann 1987
Heimliche Selbstmisshandlung
Plassmann 1987
Vorgetäuschte Krankheit
Bock und Overkamp 1986
Hospital Black Book Patients
Verschiedene Autoren
Hospital Stumble-Bums
Verschiedene Autoren
Hospital Deadbeats
Verschiedene Autoren
Ipse Pathogenesis
Verschiedene Autoren
Problempatienten
Verschiedene Autoren
Professionelle Patienten
Verschiedene Autoren
Pseudologia phantastica
Verschiedene Autoren
Diagnostische Klassifikation: DSM-IV-TR, ICD-10, DSM-5
Die offiziellen psychiatrischen Klassifikationssysteme des „Diagnostic and statistical Manual of mental Disorders“ (DSM-IV-TR, „text revision“) und die „International Classification of Diseases“ (ICD-10) nehmen gegenüber den somatoformen Störungen eine konzeptuelle Abgrenzung in einem zentralen Aspekt vor: Bei somatoformen Störungen sei die Symptomproduktion nichtintentional, bei artifiziellen Störungen erfolge sie hingegen intentional. Das DSM-IV-TR führte als Kriterien auf:
  • eine intentionale Produktion oder Vortäuschung von körperlichen und/oder psychologischen Symptomen,
  • als Hauptmotivation die Übernahme der Krankenrolle sowie
  • als Abgrenzung gegenüber der Simulation fehlende äußere Anreize, die sich als sekundärer Krankheitsgewinn aus der Krankenrolle ergeben.
Die ICD-10 folgt im Wesentlichen dieser Konzeptualisierung.
Turner (2006) unterzog den diagnostischen Konzeptstatus artifizieller Störungen im DSM-IV-TR einer sorgfältigen Analyse. Er argumentierte, dass es in einem klinischen Kontext so gut wie nie möglich sei, mit Bestimmtheit zwischen einer intentionalen und einer nichtintentionalen Symptomproduktion zu unterscheiden. Auch das weitere Kriterium der primär angestrebten Übernahme der Krankenrolle könne gegenüber den somatoformen Störungen nicht klar differenziert werden. Er sah die Kombination von Täuschung/Lüge/biografischer Fälschung einerseits und Selbstschädigung andererseits als entscheidende diagnostische Merkmale artifizieller Störungen an.
In einer Antwort auf diesen Vorschlag sah Kanaan (2006) zum einen in der Hervorhebung des Kriteriums der pathologischen Lüge (inklusive Pseudologia phantastica) eine zu starke Extension der artifiziellen Störungen in den Bereich der Simulation, zum anderen im Merkmal der Selbstschädigung eine übermäßige Ausdehnung in den Bereich der Formen sonstiger offener Selbstschädigungen. Er forderte stattdessen eine intensivere Auseinandersetzung mit den tatsächlich vorliegenden inneren Motiven von Artefaktpatienten. Eine ähnliche Argumentationslinie vollzog auch die Analyse von Hamilton et al. (2009, 2013). Krahn et al. (2008) wiederum stellten bei Berücksichtigung individueller Krankheitsverläufe eine sehr viel stärkere Nähe der Patientengruppe mit artifiziellen Störungen zu der Patientengruppe mit somatoformen Störungen (speziell mit der Somatisierungsstörung) fest als eine kategoriale Grenzziehung zu diesen. Sie plädierten für eine stimmigere Subsumierung der artifiziellen Störungen als eigenständiger Subtypus unter die Gruppe der somatoformen Störungen. Auch wenn Patienten mit artifiziellen Störungen sich ihrer primären inneren Motive häufig nicht bewusst seien, gehe es ihnen in ihren bewussten Symptominduktionen und verfälschten Krankheitsanamnesen primär darum, gegenüber Ärzten ihr dominantes Selbstkonzept, nämlich krank zu sein, darzustellen.
Das DSM-5 ordnet die artifiziellen Störungen der Gruppe der somatischen Belastungsstörung und verwandter Störungen zu. Es nennt folgende Kriterien:
  • eine Fälschung körperlicher oder psychologischer Symptome und Beschwerden oder
  • eine Selbstverletzung oder Induktion einer Krankheit im Rahmen der identifizierten Täuschung,
  • eine Selbstdarstellung als krank, behindert oder verletzt gegenüber anderen,
  • ein evidentes Täuschungsverhalten auch bei fehlenden offenkundigen externen Vorteilen.
Es unterscheidet ein artifizielles Verhalten sich selbst gegenüber von einem artifiziellen Verhalten gegenüber anderen (früher: Münchhausen-by-proxy-Syndrom oder Münchhausen-by-adult-proxy-Syndrom).

Epidemiologie

Die absichtliche Täuschung, die einer artifiziellen Störung definitionsgemäß innewohnt, macht es außerordentlich schwierig, mit traditionellen epidemiologischen Techniken zu exakten Prävalenz- oder Inzidenzschätzungen zu gelangen. Angaben zur Häufigkeit und zu soziodemografischen Grunddaten von Patienten mit artifiziellen Störungen stammen entweder aus konsiliarpsychiatrischen Jahresübersichten, aus kommentierten Zusammenfassungen von Einzelfallkasuistiken oder aus systematischen Recherchen innerhalb eines definierten medizinischen Arbeitsgebiets, in dem prinzipiell die Möglichkeit einer artifiziellen Verursachung von somatischen Zuständen diagnostisch schon erwogen wird. Eine weitere empirische Strategie besteht in der direkten Umfrage unter ärztlichen Kolleginnen und Kollegen in einem Versorgungsgebiet nach Kontakten mit Artefaktpatienten während eines bestimmten Zeitraums (Fliege et al. 2007).
Berichtete Häufigkeiten hängen also wesentlich von einer Reihe von Faktoren ab wie
  • dem medizinischen Untersuchungs- und Behandlungssetting,
  • dem besonderen Patienten-Sample,
  • dem Verdachtsindex auf das Vorliegen einer artifiziellen Verursachung,
  • den verwendeten diagnostischen Kriterien oder
  • dem konsiliarpsychiatrischen Überweisungsmodus.
Im Unterschied zu artifiziellen Störungen mit vorwiegend körperlichen Symptomen liegen zu artifiziellen Störungen mit psychologischen Symptomen seit der erstmaligen Einführung dieser Thematik in die wissenschaftliche Literatur durch Gelenberg (1977) noch immer nur sehr wenige Untersuchungen vor (Tab. 2). Während in somatisch-medizinischen Kontexten so gut wie jede körperliche Störung artifiziell induziert wird, finden sich in psychiatrischen Einrichtungen Häufungen von intendierten psychotischen Bildern einerseits, von psychologischen Symptombildungen nach vorgeschützten Trennungs- und Traumatisierungserlebnissen andererseits.
Tab. 2
Prävalenz von artifiziellen Störungen in unterschiedlichen medizinischen Kontexten. (Mod. und erweitert nach Feldman et al. 2001)
Studie
Medizinischer Kontext
Größe der Studienpopulation (n)
Störung
Identifizierte Fälle (n)
Prävalenz
(%)
Sutherland und Rodin (1990)
C/L-Setting, Lehrkrankenhaus (3-JP)
1288
Verschiedene Formen
10
0,8
Freyberger et al. (1994)
C/L-Setting, Universitätsklinkum (10-JP)
 
Verschiedene Formen
70
 
Kapfhammer et al. (1998a)
C/L-Setting, Universitätsklinikum (18-JP)
15.000
Verschiedene Formen
93
0,6
Fliege et al. (2002)
C/L-Setting, psychosomatische Station Universitätsklinikum, 14-Monats-Periode
1057
Selbstschädigende Verhaltensweisen
41
3,9
Krahn et al. (2003)
C/L-Setting, Universitätsklinikum (21-JP)
 
Verschiedene Formen
93
 
Reich und Gottfried (1983)
Lehrkrankenhaus (10-JP)
 
Verschiedene Formen
41
 
Mohammed et al. (1985)
Notfallkrankenhaus
713
„Problempatienten“
21
2,9
Bock und Overkamp (1986)
Medizinische Universitätsklinik (15-JP)
 
Verschiedene Formen
46
 
Fishbain et al. (1991)
Schmerz-/Rehabilitationszentrum
2860
Chronische Schmerzsyndrome
4
0,14
Bauer und Boegner (1996)
Neurologische Universitätsklinik (1-JP)
1538
Neurologische Syndrome
5
0,3
Kapfhammer et al. (1998b)
Neurologische Universitätsklinik (4-JP)
169
„Konversionssyndrome“
9
5,3
Papadopoulos und Bell (1999)
Neurochirurgische Klinik (8-JP)
18.893
Neurochirurgische Notfälle
6
0,032
Ballas (1996)
Hämatologisches Forschungszentrum
 
Schmerzhafte Sichelzellanämie
 
0,9
Churchill et al. (1994)
spezialisierte HIV-Station (5-JP)
706
12
1,7
Baragwanath und Harding (1996)
Chirurgisches Zentrum (2.5-JP)
1644
9
0,5
Chua und Friedenberg (1998)
Krankenhaus, Tertiärstufe
11
Marcumarüberdosierung
2
18,2
Bogazzi et al. (1999)
Endokrinologische Abteilung (24-JP)
 
25
 
Bunim et al. (1958)
National Institutes of Health (Erwachsene/Kinder)
200
Unklares Fieber
13
6,5
Rumans und Vosti (1978)
Medizinisches Zentrum, Universität (10-JP)
506
Unklares Fieber
11
2,2
Aduan et al. (1979)
National Institute of Allergy and Infectious Diseases
343
Unklares Fieber
32
9,3
Knockaert et al. (1992)
Medizinische Universitätsklinik (10-JP)
199
Unklares Fieber
7
3,5
Dickinson und Evans (1987)
Kardiologisches Lehrkrankenhaus (10-JP)
 
Kardiale Probleme
36
 
Gault et al. (1988)
Allgemeinkrankenhaus
72
Nierensteine
9
2,7
Reich und Hanno (1997)
2 Allgemeinkrankenhäuser
2000
Nierenkolik
12
0,6
Pope et al. (1982)
Psychiatrische Forschungsstation
219
Psychotische Störungen
9
4,1
Bhugra (1988)
Psychiatrisches Krankenhaus
775
Psychiatrische Störungen
4
0,5
Friedl und Draijer (2000)
Psychiatrisches Krankenhaus
122
2
2,0
O’Connor et al. (2013)
Handchirurgisches Zentrum (29-JP)
  
174
 
Dahale et al. (2014)
Neuropsychiatrisches Zentrum (10-JP)
81.176
Verschiedene Störungen
8
0,985/
10.000
JP Jahresperiode
Rezente zusammenfassende Schätzungen gehen davon aus, dass die 1-Jahres-Prävalenz von artifiziellen Störungen in medizinischen Versorgungskontexten zwischen 0,5 % und 2 % liegen könnte (Fliege et al. 2007; Bass und Halligan 2014; Werdin et al. 2016).

Grundmuster artifizieller Störungen

Demografische Analysen von Patienten mit artifiziellen Störungen legen 2 Grundmuster als sehr wahrscheinlich nahe (Carney und Brown 1983; Fink und Jensen 1989; Ford 1983; Goldstein 1998; Pankratz 1981; Reich und Gottfried 1983; Sussman et al. 1987; Kapfhammer et al. 1998a):
  • Patienten mit einem Münchhausen-Syndrom sind sehr viel häufiger Männer im mittleren Lebensalter, unverheiratet, in aller Regel ihrer Familie entfremdet, leben meist sozial isoliert.
  • Patienten mit vorgetäuschten Erkrankungen im Sinne einer heimlichen Selbstmisshandlung sind mehrheitlich weiblich, zeigen einen günstigeren psychosozialen Adaptationsgrad, stammen bevorzugt aus medizinischen Berufsgruppen.
Kasuistische Publikationen über z. T. sensationelle Krankheitsbilder und -verläufe von Patienten mit Münchhausen-Syndromen führen möglicherweise zu einem verzerrten Häufigkeitseindruck. In einer klinischen Perspektive scheinen jene dramatischen Fälle von Münchhausen-Syndromen zahlenmäßig gegenüber jenen wesentlich unauffälligeren „heimlichen Selbstmisshandlungen“ doch deutlich zurückzustehen.
Kapfhammer et al. (1998a) konnten in ihrer Übersicht (w = 76, m = 17) zwar bei 51 % der weiblichen und bei 47 % der männlichen Patienten Anzeichen eines Krankenhauswandern s“ und bei 36 bzw. 41 % Züge einer Pseudologie aufdecken. Die meisten dieser Fälle waren aber diagnostisch eher der Subgruppe der „heimlichen Selbstmisshandlung“ zuzuordnen. Klassische Münchhausen-Syndrome mit der typischen Merkmalskombination von falscher Identität, wechselnden biografischen Angaben, Hinweisen auf eine soziale Entwurzelung sowie einem Krankenhauswandern in unterschiedlichen Städten als dominantem Stil der Lebensführung lag nur bei 11 % der Gesamtgruppe vor.
Die übrigen soziodemografischen Charakteristika dieser Patientengruppe unterstreichen das große Übergewicht der Frauen, die in ca. der Hälfte in medizinischen oder pflegerischen Berufen tätig sind (Eisendrath 1996a; Fink und Jensen 1989; Sutherland und Rodin 1990).
Habituell von einem Krankenhaus zum nächsten „wandernde“ Patienten veranschaulichen die vielfältigen klinischen und sozialen Herausforderungen der Kerngruppe von Münchhausen-Patienten. Andererseits machen sie deutlich, wie schwierig die konzeptuelle Trennung von artifiziellen Störungen und Formen der Simulation in der Realität des medizinischen Alltags letztlich ist. Pankratz und Jackson (1994) konnten in einem prospektiv durchgeführten 5-Jahres-Projekt anhand einer zentralen Datenbasis von 159 Kliniken (Veteran Affairs Medical Centers, VAMC) mehrere Tausend dieser „habituell wandernden“ Patienten identifizieren. Bei einer durchschnittlichen Anzahl von 8 Aufnahmen sowie einer durchschnittlichen stationären Behandlungsdauer von über 100 Tagen pro Jahr und Person wurden jährliche Gesamtkosten für stationäre und poliklinische medizinische Fürsorge von 26,5 Mio. Dollar errechnet. Für eine kleine Gruppe von 35 Männern, die während der gesamten 5-jährigen Beobachtungszeit durch das medizinische System der VAMC „wanderten“, wurden 2268 stationäre Krankenhausaufenthalte und 7832 poliklinische Kontakte registriert. Die hierdurch entstandenen Kosten wurden auf 6,5 Mio. Dollar geschätzt. Die häufigsten Entlassungsdiagnosen dieser 35 Männer waren Substanzabhängigkeit (v. a. Alkoholismus) und diverse psychische Störungen. Pankratz (2003) machte ferner darauf aufmerksam, dass die im spannungsreichen Kontext der US-amerikanischen Gesellschaft nach dem Vietnamkrieg in das medizinische Versorgungssystem eingeführte Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung bis in die Gegenwart zum Ankerpunkt für zahllose artifizielle Störungen mit vorwiegend psychologischen Symptomen und Simulationen geworden ist. Die jüngsten US-Militäreinsätze in Afghanistan und Irak haben diese Problematik noch massiv intensiviert (Morel 2010).

Medizinische Kontexte

Patienten mit artifiziellen Störungen sind in allen medizinischen Versorgungskontexten bekannt. Nicht überall findet sich aber dieselbe geschlechtsdifferenzielle Verteilung, wie oben aufgeführt. So ist bemerkenswert, dass in neurologischen Behandlungssettings die in anderen medizinischen Disziplinen überwiegende Mehrheit von medizinisch geschulten Frauen mit heimlichen Selbstmisshandlungen gegenüber den männlichen Münchhausen-Patienten nicht vorzuliegen scheint (Kanaan und Wessely 2010).

Münchhausen-by-proxy-Syndrom in der Pädiatrie

Seit der Erstbeschreibung durch Meadow (1977) des Münchhausen-by-proxy-Syndroms, bei der nahe Angehörige – meist Mütter – bei ihren Kindern Krankheitssymptome induzieren und sie häufig unter Notfallbedingungen Ärzten oder Aufnahmestationen vorstellen, ist diese klinische Realität zu einer zentralen Herausforderung pädiatrischer Kliniken geworden (Bass und Glaser 2014). Die Schätzungen hängen sehr stark von der Definition der Einschlusskriterien ab. Zugrunde gelegte strenge Kriterien kamen zu einer Schätzung von ca. 0,5 auf 100.000 Kinder unter 16 Jahren, von 2–8 auf 100.000 Kinder unter dem 1. Lebensjahr (McClure et al. 1996). Sehr wahrscheinlich ist aber von einer deutlich höheren Inzidenz auszugehen (Denny et al. 2001; Ferrara et al. 2013; Squires und Squires 2013).

Ätiopathogenese

In seiner klassischen Arbeit wunderte sich Asher (1951) zu Recht über die dunklen Motive im Handeln von Artefaktpatienten. Die Ätiopathogenese von artifiziellen Störungen ist als multifaktoriell anzusehen. Sie ist sicherlich nicht durch einen einheitlichen Theorieansatz adäquat zu erfassen.

Psychodynamische und traumatologische Aspekte

Die wichtigsten ätiopathogenetischen Argumente bisher sind psychodynamisch und traumatologisch orientiert (Pankratz 1981; Plassmann 1993a; Eckhardt-Henn 1999). Sie stützen sich wesentlich auf die Annahme einer zugrunde liegenden ernsthaften Persönlichkeitsstörung , in der Regel vom Borderlinetyp bei Patienten mit einer „heimlichen Selbstmisshandlung“ bzw. von antisozialen Persönlichkeitszügen bei Patienten mit Münchhausen-Syndromen.
Gemeinsame psychodynamische Themen drehen sich um Abhängigkeit, Masochismus , narzisstischen Triumph und v. a. um Traumabewältigung . In der Tat finden sich in der frühen Entwicklungsgeschichte gehäuft Angaben über
  • elterliche Grausamkeiten mit traumatisierendem körperlichen und sexuellen Missbrauch,
  • emotionale Vernachlässigungen,
  • Trennungs- und Verlusterlebnisse,
  • prägende Erfahrungen mit schwerwiegenden eigenen Erkrankungen oder den von nahen Familienangehörigen,
  • Heimunterbringungen etc.,
die mit einer massiven Störung des Körperselbst, der Selbstwertregulierung und der zwischenmenschlichen Beziehungsfähigkeit einhergingen. Den Aspekt selbstwertregulierender Motive hoben insbesondere Hamilton und Janata (1997) hervor. An eine zuweilen perverse Suche nach Umsorgung in der Krankenrolle ist ferner zu denken (Hamilton et al. 2009).
Motivationale Überlegungen orientieren sich vorteilhaft an den beiden grundlegenden psychopathologischen Dimensionen der Selbstbeschädigung einerseits sowie der Täuschung oder Manipulation andererseits.

Frühe Störung in der Entwicklung des Körperselbst

Die frühe Entwicklung des Körperselbst bei Patienten und Patientinnen mit artifiziellen Störungen ist häufig von körperlicher und sexueller Gewalt zum einen, von Krankheit und Behinderung zum anderen geprägt. In dieser Entwicklung wird der Körper allenfalls als objektiviertes Instrumentarium kennengelernt. Er imponiert als Schauplatz für fremden Zugriff, für gewaltsame Einwirkung und Zerstörung. Der Körper erscheint erlebnismäßig als ein äußeres Objekt. Für eine subjektive Identitätsbildung ist er nicht mehr verfügbar.
Orbach (1996) zeigte in einer subtilen Studie, wie eine Internalisierung von negativen primären Beziehungserfahrungen zu einer verzerrten Wahrnehmung des eigenen Körpers und zu negativen Einstellungen und Gefühlen ihm gegenüber führt. Hiermit assoziiert sind eine mangelhaft modulierte selbstgerichtete Aggressivität, eine gestörte Einstimmung in körperliche Bedürfnisse, eine verringerte Selbstfürsorge und Selbsttröstung in der Fantasie, eine verzerrte Wahrnehmung von Schmerz und Lust, eine Dissoziationsneigung sowie ein symbolisierter Hass gegen den eigenen Körper, d. h. distinkte Körperzonen oder -teile erweisen sich als verdichtete und verschobene Stellen ursprünglich objektgerichteter negativer Affekte.
Typische Störungen im Körperselbst
Plassmann (1993b) unterschied in einer aufschlussreichen psychodynamischen Analyse mehrere typische Störungen im Körperselbst von Artefaktpatienten, die mit analogen unbewussten Fantasien korreliert sind:
  • Tote Zonen im Körperselbst : Vor allem artifiziell zugefügte Geschwüre symbolisieren solche Zonen des Nebeneinanders von toten und lebenden Geweben im Körper. Als solche dürfen die Geschwüre nicht abheilen.
  • Fusionäre Zonen im Körperselbst : Bestimmte Körperregionen, z. B. die Augen oder die physiologischen Körperöffnungen, repräsentieren undifferenzierte Verschmelzungszonen von Subjekt und Objekt mit stets latenter körperlicher Entgrenzung. Manipulationen an diesen Orten zielen darauf, diese ungeschützten Körperstellen abzudichten, zu versperren. Besonders Inzestopfer weisen diese Störungen im Körperselbst auf.
  • Spaltzonen im Körperselbst : Paarig angelegte Körperteile oder Organe eignen sich für die körperliche Konkretisierung unbewusster Vorstellungen von „guten“ und von „bösen Körperteilen“, die in einen autodestruktiven, aber auch vermittelnden Dialog treten.
  • Entwertungszonen im Körperselbst : Vor allem bei Patienten mit narzisstisch hoch besetzten Körperzonen wie Gesicht oder Beinen kann anlässlich von Bagatellunfällen ein Umkippen in völlige Abwertung beobachtet werden. z. B ein leicht verletztes Knie einer zuvor hoch aktiven Sportlerin wird zur Repräsentanz negativer Selbstanteile; es wird nunmehr mit erschreckender Destruktivität bekämpft, die bis zur Amputation reichen kann.
In einer klinischen Perspektive spricht viel dafür, diese Körperselbststörungen vorteilhaft innerhalb eines Modells der strukturellen Dissoziation der Persönlichkeit (van der Hart et al. 2006) zu konzeptualisieren, d. h., diese unbewussten Körperfantasien sind nicht ohne Weiteres einem offenen psychodynamischen Diskurs zugängig, sondern bedürfen spezieller traumapsychologischer Vorgehensweisen (Kap. Akute und Posttraumatische Belastungsstörung, Dissoziative Störungen).

Traumatische Wiederholung

Typisches dynamisches Kennzeichen schwerwiegender Traumaerfahrungen in interpersonalen Beziehungen ist u. a. die Neigung zur Wiederholung im weiteren Entwicklungsverlauf (Fonagy et al. 2002; van der Kolk et al. 2005). Betroffene Individuen sind hierbei charakteristischerweise bestrebt, wieder aktiv handeln zu können, die Kontrolle über eine zuvor unbeherrschbare Situation zurückzugewinnen. Sie versuchen, die Opferposition dadurch aufzugeben, indem sie über eine „Identifikation mit dem Aggressor“ gewissermaßen auch Züge des Täters annehmen (Ehlert-Balzer 1996). Die traumatischen Wiederholungen vollziehen sich oft zunächst in selbstschädigenden Handlungsweisen dem eigenen Körper gegenüber. Plassmann (1993b) betonte, dass konflikthaft aktivierte Fantasien über den Körper, angestoßene inkompatible Affekte von Angst, Schmerz und Wut oder unerträgliche Erinnerungen über die Mechanismen von Projektion und Abspaltung in den Körper abgewehrt werden.
Diese autodestruktiven Körperhandlungen erfüllen eine Reihe von wichtigen psychodynamischen, traumapsychologischen und auch psychobiologischen Funktionen, wie in der nachfolgenden Übersicht verdeutlicht. Sie tragen dazu bei, eine unerträgliche innere Spannung zu beherrschen, Gefühle von Einsamkeit und innerer Leere zu kontrollieren, diese durch eine masochistische Lusterfahrung in eine euphorisierende Gestimmtheit zu überführen. Oder aber sie können ein Gedankendrängen beenden, sich zu verselbstständigen drohende Suizidimpulse kanalisieren und dadurch kontrollieren, quälende Zustände von Depersonalisation unterbinden (Eckhardt-Henn und Hoffmann 2004).
Motive der Selbstbeschädigung bei Patienten mit artifiziellen Störungen
Intrapsychisch
  • Ventil zur Affektregulation
    • Spannungsmodulation – Körper als Übergangsobjekt
    • Tröstungs- und Beruhigungsfunktion
    • Kontrollversuch in Autonomiebehauptung
    • Beendigung von negativen Affektzuständen
    • Verstärkung von sexueller Erregung – autoerotische Kompromisslösung
  • Suizidkorrelat/Suizidprophylaxe
    • Nach innen gewendete, lokalisiert gebundene Aggression; nach Selbstbestrafung: Verzeihung und Zuwendung
    • Ärgermanagement
  • Beendigung einer Depersonalisation
    • Bildung/Differenzierung von Ich-Grenzen
  • Narzisstische Regulation
    • Euphorie und Suchtäquivalente
    • Sicherheits- und Einzigartigkeitsgefühle
Interpersonal
  • Präverbaler Appell
    • Suche nach Umsorgung und Heilung im manipulierten Einsatz von Erkrankung
    • Reaktion auf Verlust zur Kontrolle von Gefühlen des Verlassenseins und der Hilflosigkeit
  • Aktive Wiederholungsinszenierung eines Traumas und Bewältigungsversuch über Projektion, Spaltung oder projektive Identifikation
  • Flucht vor sozialer Überforderung
  • (Pseudo-)Identitätsstiftung
Psychobiologisch
  • Aktivierung des endogenen Opiatsystems
    • Modell einer biologischen Verstärkung
    • Stimulus-Hunger-Hypothese
Gerade bei habituellen artifiziellen Schädigungen ist aber auch ein fast suchtartiger Charakter zu beachten, der auf eine entscheidende, letztlich noch wenig verstandene neurochemische Basis hinweist. Zusammenhänge sowohl mit der Neurobiologie der dissoziativen als auch der posttraumatischen Belastungsstörungen sind offenkundig (Kap. Akute und Posttraumatische Belastungsstörung, Kap. Dissoziative Störungen). Der traumatologische Kontext macht es in seinen psychosozialen wie auch neurobiologischen Konsequenzen verständlicher, artifizielle Störungen in einer Übergangsreihe von dissoziativen und somatoformen Störungen einerseits, von schweren Persönlichkeitsstörungen andererseits zu konzeptualisieren und hierbei die ernsthafte selbstdestruktive Dimension zu unterstreichen (Eckhardt-Henn 2004; Kapfhammer 2006).

Ausbildung und Störung von subjektiver und sozialer Realität

Ein Großteil der kindlichen Fantasie- und Affektentwicklung vollzieht sich im sprachlichen Medium von Erzählungen und Geschichten. Sie helfen, die subjektive Erfahrungswelt des Kindes kohärent zu organisieren und sie mit einer sukzessiv sich weitenden sozialen Welt abzustimmen. Der Prozess der Konstruktion und Vermittlung einer persönlichen und einer sozialen Realität funktioniert aber nur innerhalb zuverlässiger Beziehungen mit Erwachsenen, in der Regel also mit den Eltern. Geschichten werden hier zu miteinander teilbaren Augenblicken von Gemeinsamkeit (Kapfhammer 1995).
Dieser Prozess der Aneignung von subjektiver und sozialer Realität kann durch frühe emotionale Deprivation und familiäre Konfliktträchtigkeit schwer entgleisen (Ford et al. 1988; King und Ford 1988; Ford 1996a; Hardie und Reed 1998; Newmark et al. 1999). Aus einem Leben mit Geschichten kann ein Leben in Geschichten werden, die dann zum ausschließlichen Bezugsrahmen einer persönlichen Orientierung werden können, wenn in ihnen die einzig verfügbare Quelle von Selbstwert und Sicherheit liegt. Was als gewohnheitsmäßiges Lügen imponieren mag, ist für den Erzähler ein narzisstischer Anker, der selbst von gravierenden Tatsachen einer äußeren Realität kaum korrigiert werden darf (Henseler 1968).
Transformation traumatischer Realität
Eine weitere wichtige Funktion von Geschichten dieser Art ist, dass sie eine traumatische Realität transformieren helfen, indem sie wichtige Aspekte dieser Realität einfach ausklammern, also verleugnen und durch Wunschelemente ersetzen. Je erschütternder bestimmte Traumatisierungen für ein heranwachsendes Kind sind, desto geringer sind die Chancen, zu einer stimmigen Synthese seiner Lebensgeschichte zu gelangen. Viele der Patienten und Patientinnen mit artifiziellen Störungen stammen aus Familien, in denen physische Gewalt und inzestuöser Übergriff üblich waren. Eine auch nur einigermaßen tragfähige Verarbeitung dieser familiären Realität war ihnen unmöglich, denn gerade dieser Ausschnitt der familiären Interaktionen war oft Bestandteil des Familienmythos, über den zu sprechen einem unverzeihlichen Verrat, einer nicht zu riskierenden Illoyalität gleichgekommen wäre (Feldman und Ford 1994). In Einzelfällen ist der Zusammenhang von Pseudologia phantastica und dissoziativer Identitätsstörung belegt (Goodwin 1988; Toth und Baggaley 1991).

Neurobiologische Aspekte

An eine Eingrenzung der psychodynamischen Motive des Täuschens und Lügens wie der
  • Flucht in eine Wunschwelt,
  • Leugnung und Wiederbelebung einer traumatischen Realität,
  • narzisstischen Regulation und
  • projektiven Identifikation
schließt sich die Frage an, ob dieses psychopathologische und interaktionelle Phänomen nicht zusätzlich auch von wichtigen organischen Faktoren mitbestimmt wird (Ford 1996a). Es ist hier an die analoge, ebenfalls kaum mehr nachvollziehbare Leugnungs- und Dissimulationshaltung beispielsweise eines Alkoholikers oder einer Patientin mit einer Anorexia nervosa zu erinnern, die mit einem rein psychodynamisch konzipierten Mechanismus nicht vollständig erfassbar zu sein scheint.
In diesem Zusammenhang könnten Befunde von Bedeutung sein, die darauf hinweisen, dass zumindest bei einer kleinen Subgruppe von Münchhausen-Patienten bei normalem verbalen Intelligenzprofil erhebliche neuropsychologische Defizite in der konzeptuellen Organisation, Verarbeitung und Beurteilung von komplexeren Informationen nachgewiesen werden können (Pankratz und Lezak 1987; Diefenbacher und Heim 1997). Bei ca. 40 % der Patienten mit Pseudologia phantastica, die mit artifiziellen Störungen assoziiert, aber klinisch vermutlich eigenständig zu betrachten ist (s. unten), sind unterschiedliche Zeichen einer zerebralen Dysfunktion festzustellen (Dike et al. 2005; Newmark et al. 1999; King und Ford 1988). Eine Reihe von bildgebenden Verfahren gibt hierauf diagnostische Hinweise (CT: Babe et al. 1992; MRI: Fenelon et al. 1991; Single-Photon-Emissionscomputertomografie [SPECT]: Lawrie et al. 1993; Modell et al. 1992; Mountz et al. 1996). Auch wenn sich diese Befunde bisher noch einer vereinheitlichenden Interpretation entziehen, so erscheinen v. a. Schädigungen in rechten frontotemporalen Hirnregionen mit unlogischem Denkmuster und verbaler Enthemmung von besonderer Bedeutung (Cutting 1997). Häufig kann bei diesen Patienten eine frühe soziale – v. a. schulische – Entwicklung, die zahlreiche kognitive Defizite und Lernschwierigkeiten verrät, rekonstruiert werden (Ford 2005).
Veränderungen in neurobiologischen Reaktionssystemen
Die klinischen Symptome speziell von veränderter Schmerzwahrnehmung des Körpers, von Selbstverletzung und interpersonaler Zurückweisung, die sehr häufig in einen traumatologischen Bedingungskontext zu stellen sind, verweisen auf bedeutsame Veränderungen in zahlreichen neurobiologischen Reaktionssystemen (Stanley und Siever 2010).

Klinisch-empirische Perspektive

In einer klinisch-empirischen Perspektive kann bei Patienten mit artifiziellen Störungen ein breites Spektrum von Störgraden angenommen werden (s. unten), an dessen einem Pol passagere Reaktionsweisen in emotional belastenden Krisen z. B. in typischen Entwicklungssituationen während der Adoleszenz oder neurotische Konfliktlösungen angesiedelt sind, an dessen anderem Pol sich schwere narzisstische, Borderline- und antisoziale Persönlichkeitsstörungen gruppieren. Die letztgenannten Patienten mit Ich-strukturellen Defiziten aber vermitteln am eindrucksvollsten einen Einblick in die zugrunde liegende intrapsychische und interpersonale Dynamik einer artifiziellen Störung (Eckhardt-Henn 2004; Willenberg 2000a).
Früher Entwicklungskontext
Der frühe Entwicklungskontext von Patienten mit schwerwiegenden artifiziellen Störungen verrät zahlreiche widrige Einflüsse wie
  • eine hohe Rate an familiärer Disharmonie,
  • Beziehungsabbrüche,
  • Heimaufenthalte,
  • körperlichen, emotionalen und sexuellen Missbrauch,
  • bedrohliche eigene somatische Erkrankungen oder solche naher Angehöriger,
  • traumatische Verlusterlebnissen sowie
  • bedeutsame psychiatrische Störungen, v. a. Alkoholerkrankungen in der Familie (Kapfhammer et al. 1998a).
Auf dem Hintergrund dieser schwerwiegenden biografischen Beeinträchtigungen überrascht ein hoher Prozentsatz von Persönlichkeitsstörungen nicht. In pathogenetischer Hinsicht kann man bei einem Großteil der Patienten zunächst den Eindruck gewinnen, dass ihre körperlichen Selbstschädigungen und interpersonalen Täuschungsmanöver sozusagen integrale Ausformungen ihrer Persönlichkeitsstörung darstellen und im Einzelfall den besonderen Schweregrad der aktuellen persönlichen und sozialen Dekompensation ausdrücken. Und doch stellen sich auf einer syndromalen Ebene auch einige distinkte Entwicklungsstränge mit mehrjährigen Karrieren somatoformer und dissoziativer Störungen, Suchterkrankungen, offenen Selbstschädigungsverhaltens oder Essstörungen dar, bevor die artifiziellen Syndrome auftreten.
Aktueller Auslösekontext
Der aktuelle Auslösekontext ist begreiflicherweise sehr schwierig zu eruieren. Doch findet sich eine Reihe von bedeutsamen Stressoren, die in detaillierten klinischen Untersuchungen exploriert werden können. Kapfhammer et al. (1998a) berichteten über
  • langfristig unlösbare familiendynamische Konflikte,
  • Erlebnisse des Verlustes von nahen Angehörigen oder der
    Gefährdung einer Beziehung zu einem symbiotischen Partner,
  • schwerwiegende Kränkungen im Körperselbst,
  • ein interpersonales Hilfesuchverhalten bei familiärer Dauerbelastung oder
  • die existenzielle Abwehr einer drohenden völligen sozialen Desintegration (Abb. 1).
In einer empirischen Konzentration auf das Münchhausen-by-proxy-Phänomen ist festzuhalten, dass in großer Mehrheit die Mütter als Täterinnen identifiziert werden konnten, zu einem wesentlich kleineren Prozentsatz aber auch die Väter (7 %; Sheridan 2003). Eine Studie deckte auf, dass bei zwei Dritteln der beteiligten Mütter somatoforme und/oder artifizielle Störungen vorlagen (Bass und Jones 2011). Eine exzessiv hohe Rate an koexistenten Persönlichkeitsstörungen v. a. aus dem B-Cluster wurde beschrieben (Bass und Jones 2009). 14–30 % der Mütter waren in Gesundheitsberufen tätig und verfügten über medizinisches Detailwissen (Sheridan 2003). In diesen identifizierten Fällen ließen sich starke Argumente für eine intergenerationelle Übermittlung des abnormen Krankheitsverhaltens finden (Bass und Glaser 2014; Kozlowka 2014).

Symptomatologie

Patienten mit artifiziellen Störungen können die unterschiedlichsten klinischen Zustandsbilder präsentieren. Die folgende Auflistung gibt einen orientierenden Überblick über vorgetäuschte Störungen in den einzelnen Organsystemen und die hierbei bevorzugt eingesetzten „Methoden“ der Selbstmanipulation. Tab. 3 führt die in der Literatur zitierten häufigeren vs. selteneren selbstmanipulierten Krankheitssymptome und Krankheiten auf.
Tab. 3
Selbstmanipulierte Krankheitssymptome und Krankheiten. (Nach Ford und Feldman 1996)
Häufiger
Seltener
Krebs
Aids
Chronische Diarrhö
Anaplastische Anämie
Unerklärte Fieberschübe
Diabetes mellitus
Hämaturie
Hemiplegie
Intestinale Blutung
Bluthochdruck
Nierensteine
 
Hypotension
 
 
 
Augenpupillendysfunktion
 
Sympathische Reflexdystrophie
 
 
 
Torsionsdystonie
 
Uterusblutungen
 
Häufige „Methoden“ der Selbstmanipulation. (Adaptiert nach Eckhardt 1996)
  • Artifizielle Hauterkrankungen: Aufbringen von Säuren und Laugen oder anderen Substanzen; Kneten, Reiben, Quetschen der Haut; Strangulation von Extremitäten (artifizielle Lymphödeme); subkutanes Einspritzen von infizierten Lösungen, Speichel, Milch, Kot u. a.
  • Artifizielle Infektionserkrankungen: artifizielles Fieber durch Einnahme pyrogen wirkender Substanzen; Thermometermanipulationen; Einspritzen von Kotsuspensionen in Infusionen oder zentralen Venenkatheter (ZVK); Fälschungen des Krankenblatts
  • Artifizielle hämatologische Erkrankungen: Selbstabnahme von Blut zur Erzeugung von Anämien; selbst herbeigeführtes Bluten; Einnahme von Antikoagulanzien; Vortäuschen einer HIV-Infektion; aplastische Anämie durch Einnahme von Zytostatika; Leukozytosen durch Einnahme von leukozytenstimulierenden Faktoren
  • Artifizielle Stoffwechselerkrankungen: Hyperthyreose durch Einnahme von Schilddrüsenhormonen; Hypoglykämien durch Injektion von Insulin oder Einnahme oraler Antidiabetika; Hypokaliämien durch Einnahme von Diuretika, Lakritzabusus, Laxanzienabusus; Hyperkalzämie durch Einnahme von Kalzium oder Vitamin D; Cushing-Syndrom durch Einnahme von Kortikosteroiden; Hyperamylasurie durch Speichelzusatz zum Urin; Anticholinergikaintoxikation durch Einnahme von anticholinergen Substanzen oder Sympathikomimetika
  • Artifizielle kardiologische Symptome: Vortäuschen einer koronaren Herzkrankheit; Einnahme von β-Blockern, Clonidin u. a.
  • Artifizielle pulmonologische Symptome: Hämoptysis durch verschlucktes Eigen- oder Tierblut
  • Artifizielle gynäkologische Symptome: Vortäuschung von abdominellen Schmerzen, Abwehrspannung; vaginale Blutungen durch mechanische Manipulation an Portio oder Vagina oder Einführen von Blut; intravaginales Einbringen von ätzenden Lösungen
  • Artifizielle chirurgische Symptome: Vortäuschung von abdominellen Schmerzen, Stuhl- und Urinverhalt; Manipulationen an Operationswunden; Erzeugen von Abszessen durch Einspritzen von Kot, Fremdkörpermaterial u. a.; Manipulationen an zentralvenösen Zugängen, Wunddränagen u. a.
  • Artifizielle urologische Symptome: Einbringen von Eigen- oder Tierblut durch die Harnröhre oder durch Injektion in die Bauchdecke, in die Blase zur Erzeugung einer Hämaturie; Kontamination des Urins durch Fäkalien, Blut u. a.
  • Artifizielle neurologische Symptome: Vortäuschung von Lähmungen, Dysästhesien, epileptischen Anfällen, z. T. unter Zuhilfenahme von Medikamenten; Einnahme von Anticholinergika
  • Artifizielle psychiatrische Symptome: Vortäuschung von akuter Suizidalität, psychotischen oder deliranten Zuständen, oft unter Zuhilfenahme von Medikamenten

Körperliche Erscheinungsbilder

In einer konsiliarpsychiatrischen Übersicht stellten sich die körperlichen Erscheinungsbilder von artifiziellen Störungen sehr variantenreich dar (Kapfhammer et al. 1998a). Am häufigsten waren:
  • Manipulationen der Körpertemperatur,
  • Störungen der Wundheilung und
  • künstlich herbeigeführte Blutungen.
Hinter diesen oberflächlichen Kennzeichnungen kann sich aber eine Reihe unterschiedlichster Täuschungs- bzw. Selbstschädigungsgrade verbergen. So kann z. B. hinter einem „artifiziellen Fieber“ im einen Fall lediglich die relativ harmlose Manipulation des Fieberthermometers stecken, im anderen Fall aber die Injektion einer Kotsuspension in den zentralen Venenkatheder mit resultierender lebensgefährlicher Sepsis.
Unterschiedliche Schweregrade
Es ist klinisch sehr wichtig, diese unterschiedlichen Schweregrade präzise zu erfassen. Einige Patienten täuschen bestimmte Krankheitssymptome vor, ohne selbst an ihrem Körper ernsthaft zu manipulieren. Andere wiederum induzieren schwerste lebensbedrohliche Krankheitsbilder oder aber interferieren bei einer vorliegenden somatischen Krankheit mit der dringend indizierten Therapie höchst negativ.
Die unterschiedlichen Schweregrade lassen sich in einem Koordinatensystem mit den Dimensionen Täuschung und Selbstschädigung abbilden. Sie müssen durch Häufigkeitsangaben wie gelegentliches Selbstmanipulieren vs. habituelles Selbstschädigen ergänzt und immer auch auf eventuelle irreversible, selbstinduzierte oder iatrogene Folgeerscheinungen hin relativiert werden. Willenberg et al. (1997) legten eine praktikable Basisdokumentation vor.

Psychologische Symptombilder

Bei den artifiziellen Störungen mit vorrangig psychologischen Symptomen imponieren u. a. Berichte über vorgeschützte Vergewaltigungen oder posttraumatische Belastungsstörungen nach anderen fiktiven Traumatisierungen, pathologische Trauerreaktionen nach angeblichem Verlust von Angehörigen oder Partnern, dissoziative Identitätsstörungen, Delire, Amnesien, psychotische Zustandsbilder oder aggressive Zwangsimpulse (Sutherland und Rodin 1990; Parker 1993, 1996; Nicholson und Roberts 1994; Thompson und Beckson 2004; Catalina et al. 2008). Es ist unklar, ob eine eigenständige diagnostische Unterscheidung empirisch gesichert werden kann (Rogers et al. 1989). In jedem Fall müssen fließende Übergänge zur Simulation angenommen werden (Bass und Halligan 2007; Resnick 2006; Feldman et al. 2008; s. unten).
Die artifiziellen körperlichen und/oder psychologischen Störungen sind stets in einen breiteren psychopathologischen Kontext zu stellen. So können weitere Zusatzsyndrome vorliegen wie die
  • einer gestörten Sexualität, die von explizit benannten sexuellen Dysfunktionen bis hin zu klaren Indizien auf das Vorliegen einer Perversion reichen,
  • einer hohen Suizidalität,
  • eines beträchtlichen Suchtrisikos (Kapfhammer et al. 1998a).

Assoziierte Störungen

Persönlichkeitsstörungen
Hinsichtlich assoziierter Persönlichkeitsstörungen herrschen bei den „heimlichen Selbstmisshandlern“ v. a. Borderlineersönlichkeitsstörungen vor, während bei den selteneren Münchhausen-Syndromen v. a. antisoziale Persönlichkeitsstörungen auffallen (Bauer und Boegner 1996; Kapfhammer et al. 1998a; Nadelson 1979; Overholser 1990; Parker 1993).
Somatische Störungen
Kooiman (1987) zeigte, dass artifizielle Störungen nicht nur mit genuinen somatischen Krankheiten einhergehen können, sondern dass diese gar nicht so selten auch das modellhafte Medium für heimlich-selbstschädigende und interpersonal-manipulative Handlungen darstellen. Überraschend häufig ist auch die Koexistenz von psychosomatischen Störungen v. a. des Essens bzw. des Verdauungstrakts (Kapfhammer et al. 1998a). Hierin sind nach Plassmann (1993a) wichtige Artefaktäquivalente zu erblicken. Es ist hier nicht nur die für Borderlinepatienten so typische aggressionsgeladene Konfliktthematik von Abhängigkeit und Autonomie zu beachten, sondern auch deren körperbezogene unbewusste Fantasien und konkrete körperliche Inszenierungen. Wie stark Ärzte in diesen autodestruktiven Körpermonolog miteinbezogen sind, signalisiert die hohe Rate an induzierten operativen Eingriffen.
Somatoforme/dissoziative Störungen
Die psychiatrische Anamnese von Artefaktpatienten weist einen hohen Prozentsatz von somatoformen und dissoziativen Störungen auf. Nicht nur die in Einzelfällen gut belegbaren Übergangsreihen – von z. B. Konversionsbildung über somatoformes Schmerzsyndrom und schließlich artifizielle Selbstschädigung – lassen eine dimensionale Betrachtungsweise als angebrachter erscheinen als eine kategorial-exklusive Darstellung (Kapfhammer et al. 1998a). Es erscheint sinnvoll, ein gleitendes Spektrum von Simulation, artifizieller Störung und somatoformer Störung anzunehmen. Eine klinisch orientierende Anordnung in einem dreidimensionalen Raum gelingt über die Achsen
  • „unbewusste – bewusste ätiologische Motive“,
  • „unwillentliche – willentliche Produktion von Symptomen“ und
  • „überwiegend körperliche – überwiegend psychische Symptome“ (Taylor und Hyler 1993; Abb. 2).
Sowohl psychopathologische als auch psychodynamische Argumente unterstützen den Vorteil einer solchen vereinheitlichenden Konzeptualisierung (Cramer et al. 1971; Fink 1992; Jonas und Pope 1985; Kapfhammer et al. 1998a, b; Feldman et al. 2001; Cohen und Chang 2004; Kapfhammer und Rothenhäusler 2005; Krahn et al. 2008).
Trotz diagnostisch-konzeptueller Unterscheidung ist der klinische Übergang zwischen artifiziellen Störungen und Simulationen ebenfalls fließend (Gorman und Winograd 1988; Pankratz 2003; Pankratz und Jackson 1994; Hallligan et al. 2003, 2007; Bass und Jones 2009).
Psychiatrische Komorbidität
Ein Teil der Patienten mit artifiziellen Störungen weist eine klinisch objektivierbare psychiatrische Komorbidität auf, wie z. B.
Diese psychiatrischen Komorbiditäten können die Diagnosestellung einer artifiziellen Störung erheblich erschweren.

Die Rolle des Internets

Feldman (2000) publizierte erstmals über Fälle eines irritierenden artifiziellen Verhaltens im Internet, bei denen einzelne Internetuser sich in Selbsthilfeforen einklinkten und sich durch die manipulative Schilderung von eigenen tödlichen Erkrankungen, wiederkehrenden fatalen Krisen und wundersamen Heilungen nicht nur die große Sympathie, sondern auch eine bedeutsame psychologische und finanzielle Unterstützung bei zahlreichen Forenmitglieder erschlichen und nach Aufdecken des Artefakts große Verunsicherung in der Webgemeinde verursachten. Fälle eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms folgten konsequent (McCulloch und Feldman 2011). Zahlreiche juristisch-ethische Fragen entstanden in diesem Kontext (Feldman und Peychers 2007). Eine rezente Übersicht über dieses neuartige Phänomen stellten Pulman und Taylor (2012) zusammen.

Verlauf und Prognose

Die erschwerte diagnostische Aufdeckung einer artifiziellen Störung macht es auch vor einer Erörterung therapeutischer Probleme verständlich, dass dieser Störung eine Neigung zur Chronizität innewohnt. Hierbei werden sicherlich die Schwere einer zugrunde liegenden Persönlichkeitsstörung und eine hiermit assoziierte psychopathologische Komorbidität einen wichtigen Einfluss auf Ausprägungsgrad und Persistenz nehmen. Über Follow-up-Daten nach Indexaufdeckung wird in der Literatur nur sporadisch berichtet (Fehnel und Brewer 2006; Krahn et al. 2003; Bass und Glaser 2014). In der konsiliarpsychiatrisch untersuchten Patientengruppe von Kapfhammer et al. (1998a) fanden sich mehrheitlich chronische Verläufe. Immerhin zeichnete sich aber bei ca. einem Viertel der untersuchten Frauen auch ein intermittierender Verlaufstypus ab, worauf auch andere Autoren hinweisen (Goldstein 1998).
Verlauf und Prognose werden offensichtlich auch entscheidend durch die Anzahl der aufgenommenen Arztkontakte und dabei v. a. durch das wiederholte Nichterkennen der artifiziellen Natur der präsentierten Symptome beeinflusst (Rashidi et al. 2006). Die Qualität der Nachbetreuung ist ebenfalls von großer Bedeutung (Reich und Gottfried 1983; Pankratz 2003), wobei die hohe Rate an Ablehnung jeglicher therapeutischer oder sozial-rehabilitativer Maßnahmen durch die Patienten grundlegendes Kennzeichen ist (Kapfhammer et al. 1998a; Krahn et al. 2003). Die chronischen Krankheitsverläufe gehen oft mit exorbitant hohen sozioökonomischen Kosten einher (Hoertel et al. 2012).

Iatrogene Schädigung und Sekundärfolgen

Ein wesentlicher Aspekt in der Verlaufsdynamik artifizieller Störungen ist die hohe Gefahr einer iatrogenen Schädigung und hieraus resultierender Sekundärfolgen bzw. -behinderungen (Abb. 3, 4 und 5). Dies konnte an konsiliarpsychiatrischen Patienten-Samples recht gut veranschaulicht werden anhand der Anzahl der über die künstlich induzierten Körpersymptome notwendig gewordenen operativen Eingriffe. Bei ca. einem Drittel der Patienten kam es im Rahmen der artifiziellen Störungen zu Operationen. Im Einzelfall mochten dies mehrere Dutzend Operationen und Reoperationen sein, wie die folgende Übersicht darlegt.
Artifizielle Störungen im psychiatrischen Konsiliardienst (n = 93) – Beispiele für induzierte Schädigungen. (Nach Kapfhammer et al. 1998a)
  • Allgemeine Rate an Operationen infolge artifizieller Störung: 29 % (maximale Anzahl von Operationen: 56)
  • Dramatische Beispiele:
    • Patientin: Mammektomie, Hysterektomie, Ovarektomie (selbstmanipulierte Abszesse und Blutungen)
    • Patientin: Blasenkarzinom (nichtindizierte Radiumeinlage)
    • Patientin: aplastische Anämie (Endoxaneinnahme)
    • Patientin: Pankreasteilresektion (Verdacht auf Insulinom bei selbstinjiziertem Insulin)
    • Patientin: Oberschenkelamputation (selbstmanipulierte Wundheilungsstörung mit sekundärer Osteomyelitis)
    • Patientin:
      • Unterschenkelamputation rechts (selbstmanipuliertes Knieempyem)
      • drohende Unterschenkelamputation links ein Jahr später (selbstmanipuliertes Knieempyem)
    • Patient: Gastrektomie (habituelles Löffelverschlucken)
    • Patient: Beinlähmung (infolge Blutung bei nichtindizierter Marcumareinnahme)

Psychotische Dekompensation, letale Verläufe

Nicht vernachlässigt werden dürfen ferner die in der Störung inhärenten Probleme der Suizidalität (Menninger 1934), der psychotischen Dekompensation (Spivak et al. 1994) oder des plötzlichen Versterbens nach artifiziell induzierten somatischen Krisen (Nichols et al. 1990; Sutherland und Rodin 1990; Krahn et al. 2003).
Die artifiziellen Psychosen mancher Patienten erweisen sich im weiteren Verlauf oft als nicht unterscheidbar von endogenen Psychosen (Cunnien 1988; Pope et al. 1982; Suresh und Srinivasan 1990; Humphreys und Ogilvie 1996).

Diagnose und Differenzialdiagnose

Die in den Klassifikationssystemen von ICD-10 und DSM-5 formulierten diagnostischen Kriterien einer artifiziellen Störung beinhalten trotz einer unterschiedlichen nosologischen Gruppierung im Wesentlichen sehr ähnliche Kriterien:
  • Vortäuschung, Aggravation und/oder absichtsvolles Hervorrufen von körperlichen und/oder psychischen Krankheitssymptomen,
  • Bestreben zur Übernahme der Krankenrolle,
  • fehlende verstehbare äußere Motive.
Die speziell beim Münchhausen-Syndrom klinisch herausgestellten symptomatologischen Besonderheiten von Pseudologia phantastica, Tendenz zu exzessivem Reisen bei mangelnder sozialer Verwurzelung sowie Selbstentlassungen gegen ärztlichen Rat sind nicht explizit formulierte diagnostische Kriterien. Sie werden aber klinisch weiterhin zur Charakterisierung einer chronischen artifiziellen Störung mit häufig assoziierter Sozialpathologie verwendet.
Das DSM-5 weist gegenüber der ICD-10 einige Unterschiede auf. Es gruppiert die artifizielle Störung als eigenständigen Subtypus unter die somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen. Es benennt explizit sowohl körperliche als auch psychologische Symptome und spezifiziert ein artifizielles Verhalten sich selbst gegenüber vs. ein artifizielles Verhalten gegenüber anderen (früher: Münchhausen-by-proxy-Syndrom oder Münchhausen-by-adult-proxy-Syndrom).

Wegweisende Verdachtsmomente bei artifiziellem Verhalten sich selbst gegenüber

Die besonderen Charakteristika einer artifiziellen Störung machen es verständlich, dass die Diagnose in den seltensten Fällen schon im ärztlichen Erstkontakt positiv gestellt werden kann.
Feldman et al. (2001) erstellten eine wertvolle Übersicht über Indikatoren einer möglichen oder wahrscheinlichen artifiziellen Störung (s. nachfolgende Übersicht).
Klinische Indikatoren für eine mögliche oder wahrscheinliche artifizielle Störung. (Mod. nach Feldman et al. 2001)
  • Unkontrollierbare Krankheitszeichen und Symptome, kontinuierliche Eskalation, steter Rückfall nach vorheriger Besserung mit neuartigen Symptomen
  • Ausmaß der Beschwerden in keinem Verhältnis zur gefundenen objektiven Pathologie/nachgewiesenen Aggravationstendenz
  • Einige Befunde klar selbstinduziert oder Befundverschlechterung durch nachgewiesene Selbstmanipulation
  • Beträchtliche Anzahl von frustran durchgeführten diagnostischen Tests, Konsultationen und Behandlungsversuchen
  • Ungewöhnliche Bereitschaft zu medizinischen/chirurgischen Maßnahmen
  • Ständige Diskussion um Ergebnisse diagnostischer Tests
  • Verschlechterungen vom Patienten vorhergesagt, bedeutsame Symptomexazerbationen kurz vor Entlassung
  • Behandlungen in zahlreichen medizinischen Einrichtungen
  • Inkonsistente, selektive oder irreführende Informationen durch den Patienten, Weigerung, das Behandlungsteam zu ermächtigen, fremdanamnestische Angaben einzuholen
  • Anamnese über wiederholte medizinische Interventionen, die den Eindruck vermitteln, der Patient müsse ein „Pechvogel“ sein, zeige eine besondere Unfallneigung oder weise eine bedeutsame „psychogene“ Komponente auf
  • Verdacht auf artifizielle Störung schon einmal explizit von einem Arzt/Therapeuten geäußert
  • Non-Compliance gegenüber empfohlenen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen und/oder Störverhalten in Abteilung oder Klinik
  • Patient fokussiert auf seine selbst wahrgenommene Opferstellung im medizinischen System oder in anderen Institutionen
  • Evidenz aus Laboruntersuchungen oder anderen Tests im Widerspruch zu Angaben des Patienten
  • Vorzug von medizinischen/chirurgischen Maßnahmen gegenüber nichtinvasiven Interventionen
  • Nachweis unbegründeten, selbsterhöhenden Lügens
  • Intensive Suche nach medizinischen/chirurgischen Interventionen vs. beharrliche Weigerung gegenüber einer psychiatrischen Konsultation
  • Belege für Motive, die in der Gruppe verifizierter Fälle von artifizieller Störung als bedeutsam erkannt wurden
Keiner dieser Einzelaspekte ist für sich allein genommen beweisend, jedoch bestärkt er in der Zusammenschau mehrerer Auffälligkeiten den Verdacht.
Erhärtung der Verdachtsmomente
Typischerweise erhärten sich Verdachtsmomente erst dann,
  • wenn ein Patient zufällig beobachtet wird, wie er an sich selbst manipuliert,
  • wenn Paraphernalien wie z. B. Blutabnahmebesteck oder Medikamente in den persönlichen Besitzgegenständen eines Patienten gefunden werden,
  • wenn Laborbefunde erhoben werden, die den Verdacht einer Selbstmanipulation nahelegen,
  • wenn keine bekannte Krankheit die erhobenen Befunde erklären kann und die Diagnose einer artifiziellen Störung per exclusionem gestellt werden muss.
In speziellen Untersuchungskontexten kommt dem Einsatz moderner labordiagnostischer Techniken eine bedeutsame Rolle zu (Kenedi et al. 2011).

Wegweisende Verdachtsmomente bei artifiziellem Verhalten anderen gegenüber (insbesondere bei Münchenhausen-by-proxy-Syndrom)

In einem pädiatrischen Kontext können ebenfalls Indikatoren benannt werden, welche die dringende Abklärung eines Münchhausen-by-proxy-Falles nahelegen (Bass und Glaser 2014).
Klinische Indikatoren für ein mögliches oder wahrscheinliches Münchhausen-by-proxy-Syndrom. (Mod. nach Bass und Glaser 2014)
  • Ständig wiederkehrende übertriebene Symptomschilderungen der Mütter über ihre Kinder trotz ärztlicher Untersuchung und Versicherung
  • Falsche Schilderung von realen Vorkommnissen auf der Basis von irrtümlichen Annahmen über deren Bedeutung
  • Bericht über körperliche Ereignisse, die nur in der Anwesenheit der Mutter vorkommen und sonst nicht
  • Nachweislich falsche Berichterstattung
  • Unmittelbare Fälschung von Krankenkurven und -akten
  • Manipulation von medizinischen Untersuchungen und Laborproben
  • Manipulation von schriftlichen Anordnungen
  • Nachweis einer Induktion von Krankheitssymptomen durch nicht indizierte Medikamente, Vergiftung, Hungernlassen, Ersticken, Schlagen etc.
Erste Screeninginstrumente für die frühe Entdeckung eines kindlichen Missbrauchs in pädiatrischen Kontexten sind in klinischer Erprobung (Greiner et al. 2013).

Syndromale Differenzierung von selbstschädigenden Verhaltensweisen dem eigenen Körper gegenüber

Im klinischen Alltag ist es wichtig, eine syndromale Differenzierung vorzunehmen, die wesentlich die beiden Aspekte von Täuschung und Selbstschädigung beachtet:
Heimliche Selbstmisshandlung
Im Rahmen einer artifiziellen Störung fügen sich Patienten Wunden zu, induzieren künstlich Krankheitssymptome oder interferieren höchst negativ mit laufenden Therapien. So verhindern sie beispielsweise den Heilungsprozess einer Verletzung, indem sie infektiöses Material in die Wunde einbringen. Wenngleich diese Manipulationen in einem destruktiven Selbstdialog zwischen dem Patienten und seinem Körper ablaufen, erlangen sie ihre interaktionelle Bedeutung erst durch die Tatsache, dass Ärzte miteinbezogen werden. Zentral ist die Täuschung, der Tarnungscharakter, worüber sich der Patient zumindest partiell bewusst ist, ohne aber die eigentlichen Motive für sein Handeln in vollem Umfang schon zu verstehen (Plassmann 1987; Feldman 2004).
Die Dimension des selbstdestruktiven Handelns kann hierbei unterschiedliche Formen annehmen. Sie kann äußerliche Gewebsschädigungen oder künstlich induzierte Erkrankungen beinhalten. Absichtsvoll täuschende Symptompräsentationen an den Arzt können aber notfallmäßig auch zu invasiven internistischen oder chirurgischen Interventionen führen und letztlich iatrogene Schädigungen verursachen (Willenberg et al. 1997; Willenberg 2000a). Es ist klinisch bedeutsam, dass mit artifiziellen Störungen häufig assoziiert auch andere selbstdestruktive Syndrome wie Suizidalität, offene selbstschädigende Verhaltensweisen, ess- und substanzbezogene Störungen auftreten (Kapfhammer et al. 1998a, b).
Münchhausen-Syndrom
Dieses Syndrom ist für die klassische Patientengruppe mit chronischen artifiziellen Störungen zu reservieren. Syndromal liegen bei ihr neben einer „heimlichen Selbstmisshandlung“ mit häufig bizarrer Körpersymptomatik v. a.
  • Züge einer Pseudologia phantastica,
  • Anzeichen einer sozialen Entwurzelung mit zahlreichen Beziehungsabbrüchen, häufigen dissozialen Entwicklungen mit Delinquenz und Drogenabhängigkeit und
  • ein extensives Wandern von Krankenhaus zu Krankenhaus als dominanter Lebensstil vor (Huffman und Stern 2003; Feldman 2004).
Münchhausen-by-proxy-Syndrom
Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom stellt eine besondere Variante dar, bei der nahe Angehörige – meist Mütter – Krankheitssymptome bei Kindern induzieren und diese häufig unter Notfallbedingungen Ärzten oder Aufnahmestationen vorstellen (Meadow 1977; Bass und Glaser 2014). Wesentlich seltener sind auch Väter oder andere Fürsorgepersonen als Induktoren von artifiziellen Errankungen bei Kindern zu identifizieren (Gray und Bentovim 1996). In Einzelfällen können auch erwachsene Personen in die Position induzierter Krankheitsopfer geraten („Münchhausen-by-adult-proxy-Syndrom“; Burton et al. 2015).
Simulation
Eine Simulation liegt vor, wenn ein Patient in einer sozialen Bedrängnis oder aufgrund einer persönlichkeitsinhärenten Tendenz eine Krankheit vorschützt, um so der Notlage zu entkommen, oder aber in der Übernahme einer Krankenrolle definierte äußere Vergünstigungen anstrebt. Dieses Verhalten steht meist im Dienst des Selbstschutzes und nicht im Konflikt zu ihm. Das heißt, direkt selbstschädigende Handlungen am Körper treten bei der Simulation in der Regel in den Hintergrund. Eine mögliche dissoziale Komponente darf aber nicht übersehen werden (Halligan et al. 2003; Resnick 2006; Bass und Halligan 2007; Abschn. 2).
Süchtige Selbstschädigung
Dieses Phänomen besteht, wenn ein Patient in einer Abhängigkeit
  • von psychotropen Substanzen,
  • vom Essen (wie bei der Bulimie) oder
  • vom Hungern (wie bei der Anorexie)
Schädigungen des Körpers in Kauf nimmt. Nicht selten verbirgt sich aber auch umgekehrt hinter einer Selbstschädigung das primäre Motiv, über die notwendig werdende ärztliche Intervention, z. B. anlässlich einer Anästhesie bei einem operativen Eingriff, an bestimmte tranquilisierende oder analgesierende Substanzen zu gelangen (Krysinska et al. 2006).
Offene Selbstschädigung
Diese Störung („deliberate self-harm“) beinhaltet beispielsweise das Ritzen mit spitzen Gegenständen, das Schneiden an Handgelenken und Armen oder das Ausdrücken von brennenden Zigaretten an der Hautoberfläche. Die offene Selbstschädigung zielt nicht auf ein subtiles interaktionelles Täuschungsmanöver, da die zugefügten Wunden für Arzt wie Patienten in ihrer symptomatologischen Konfiguration offenkundig leicht erkennbar sind. Hierzu zählen speziell auch die zahlreichen Manipulationen bei bestehenden Hauterkrankungen wie z. B. Akne oder Neurodermitis. Vielfältige psychobiologische und psychodynamische Motive sind hierfür anzuführen (Sachsse 2002; Fliege et al. 2009a, b).
Unbewusste Selbstschädigung
Dieses Phänomen ist wiederum bei jenen Patienten zu vermuten, die sich im Laufe ihres Lebens zahllosen Operationen unterziehen, dabei aber in der Interaktion mit einem Chirurgen unbewusste Selbstbestrafungsimpulse und archaische Schuldgefühle ausleben. Psychodynamisch sehr verwandt ist eine auffällige Unfallneigung mit nachfolgend notwendigen Operationen. Das Moment der interaktionellen Täuschung tritt bei dieser Patientensubgruppe völlig in den Hintergrund (Küchenhoff 1993). Überschneidungen zu den somatoformen Störungen, insbesondere zur körperdysmorphen Störung sind zu beachten (Kap. Somatoforme Störungen).
Selbstschädigung im Rahmen psychotischer Störungen
Psychopathologisch eigenständig zu bewerten sind Zustandsbilder, bei denen sich Patienten im Rahmen von psychotischen Störungen schwere Verletzungen zufügen (Hänsli 1996; Large et al. 2009).
Körperintegritätidentitätsstörung
Personen, die sich bei Chirurgen mit dem drängenden Wunsch nach Amputation eines offenkundig gesunden Körperteils mit der Begründung vorstellen, nur auf diesem Wege zu einer vollen körperlichen und personalen Identität gelangen zu können, werden in jüngster Zeit unter dem Bild einer Körperintegritätidentitätsstörung (Body Integrity Identity Disorder, BIID) diskutiert. Das verwirrende klinische Bild wirft zahlreiche klinische Differenzialdiagnosen und ärztlich-ethische Fragen auf (Kasten 2009; Müller 2009; Abschn. 3).

Therapie

Problematik der Arzt-Patient-Interaktionsdynamik

Nimmt man die beiden Motivkomplexe der „Selbstschädigung“ und der „Täuschung“ zusammen, so ist besser zu verstehen, dass die Täuschung auf medizinischem Terrain eben eine Täuschung über und mit dem Körper sein muss. In dieser wird der Arzt einerseits häufig den Part des idealisierten Heilers spielen, von dem sich der Patient auch eine Genesung für seine frühen Wunden erhofft. Andererseits aber läuft der Arzt im Nichtverstehen der zugrunde liegenden Dynamik auch Gefahr, in projektiver Identifikation gebunden, als kontrollierendes, eindringendes und zuweilen auch verstümmelndes Objekt frühe Traumatisierungen in einer pathologischen Arzt-Patienten-Beziehung zu wiederholen.
Klinisch ist der Eindruck zu gewinnen, dass die von einem bestimmten Patienten inszenierten Täuschungen nicht nur die Funktion besitzen, stellvertretend den Arzt oder Therapeuten jene selbst erfahrenen Unwahrheiten und Lügen mit den korrelierten Hass- und Verachtungsgefühlen spüren zu lassen und selbst dabei die narzisstische Gratifikation des Düpierens zu genießen. Hinter der Täuschung, die aus der Sicht des Patienten immer auch seinen Selbstschutz darstellt, ist gleichzeitig auch der Auftrag an den Arzt spürbar, nach jener verborgenen traumatischen Realität zu fahnden und sie für den Patienten mitteilbar und bearbeitbar zu machen.
Es ist für die Beziehung von Arzt und Artefaktpatient typisch, dass diese Interaktionsdynamik meist unverstanden bleibt. Es eröffnet sich aus der Sicht des Arztes meist nur jene Phase des Agierens, die als „detektivische“ bezeichnet werden könnte. In ihr werden ungeahnte ärztliche Energien freigesetzt, dem Patienten sozusagen „auf die Spur zu kommen“, nicht selten gepaart mit der narzisstischen Fantasie einer großartigen Publikation über diesen einmaligen Fall. Realisiert der Arzt schließlich den Betrug des Patienten, sieht er sich regelhaft mit heftigen aggressiven Emotionen gegen diesen konfrontiert, die meist zu einem Abbruch der therapeutischen Beziehung führen.
Es ist eine entscheidende Aufgabe des Konsiliarpsychiaters, in dieser spannungsgeladenen Situation, die ein emotional heftiges Übertragungs-Gegenübertragungs-Geschehen signalisiert, vermittelnd zu intervenieren. Er muss die spezielle Psycho- und Interaktionsdynamik des Patienten mit artifizieller Störung sowohl dem Arzt als auch dem regelhaft konfliktreich miteinbezogenen Stationsteam verständlich machen (Freyberger et al. 1994; Willenberg 2000b).

Therapeutische Ansätze

Umgang mit Artefaktpatienten (EbM-Info)
Es liegt ein umfangreiches kasuistisches Erfahrungswissen über den Umgang mit Artefaktpatienten in der konkreten klinischen Alltagssituation vor. Empfehlungen zur allgemeinen Gestaltung der Arzt-Patienten-Beziehung für Kontaktaufnahme, Konfrontation oder Nichtkonfrontation sowie Motivation zu weiterführenden Therapiemaßnahmen sind möglich, sie gründen aber wesentlich auf Expertenmeinung. Unter Gesichtspunkten der evidenzbasierten Medizin kann derzeit nur ein Evidenzgrad IV vergeben werden. Empirisch abgesicherte Leitlinien für weiterführende Behandlungsschritte und Therapieprogramme sind also noch nicht möglich. Über systematische Behandlungsstudien kann die vorliegende empirische Literatur noch nicht berichten.
Evidenzbeurteilung
Eine derzeit unüberwindbare Hürde in der Evidenzbeurteilung der von Experten diskutierten psychotherapeutischen und psychopharmakologischen Verfahren besteht in der klinischen Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Patienten mit artifiziellen Störungen eines mittleren bis hohen Schweregrads in der Regel therapeutische Maßnahmen jeglicher Art ablehnt. Und es ist ferner nicht klar, ob die Subgruppe, die schließlich doch für weiterführende Behandlungen motiviert werden kann, entscheidende Charakteristika teilt, die sie von der großen Restgruppe unterscheiden.
Psychotherapeutische Ansätze
Als psychotherapeutische Ansätze werden einerseits psychodynamische, anderseits verhaltenstherapeutische Verfahren empfohlen. In der pragmatischen Ausrichtung dieser Psychotherapien besteht eine starke Anlehnung an die Indikationsstellungen bei Patienten mit Borderlinepersönlichkeitsstörungen. Hier besitzen die Verfahren einen anerkennenswert hohen Evidenzgrad. Angewendet auf die behandlungsmotivierbare Subgruppe von Artefaktpatienten kann jedoch für psychodynamische und verhaltenstherapeutische Verfahren nur der Evidenzstatus „möglicherweise wirksam“ festgehalten werden. Im Hinblick auf die Gesamtgruppe der Patienten mit artifiziellen Störungen besteht für diese psychotherapeutischen Ansätze aber noch kein Evidenzlevel.
Analoges gilt derzeit auch für psychopharmakologische Interventionen.
Hinsichtlich Konfrontation vs. Nichtkonfrontation existieren unterschiedliche Standpunkte, die jeweils für sich zu therapeutischen Aporien führen können (van der Feltz-Cornelis 2002; Eastwood und Bisson 2008). Eine abgestimmte interdisziplinäre Vorgehensweise in speziellen Versorgungskontexten (z. B. in der Dermatologie) besitzt möglicherweise günstigere Therapiechancen (Mahondas et al. 2013).
Konfrontative Techniken
Eine unmittelbare Konfrontation des Patienten mit dessen täuschenden und/oder selbstschädigenden Verhaltensweisen führt bei einer heftigen Leugnungshaltung fast regelhaft zur Ablehnung jeglicher weiterführender Therapieangebote. Konfrontationstechniken ohne strafenden oder vorwurfsvollen Unterton können, verknüpft mit einem stationär-psychotherapeutischen Behandlungsangebot, allerdings eine wichtige erste Motivationshilfe darstellen (Plassmann 1994). Aber auch hierüber kann wohl nur eine Teilgruppe von Artefaktpatienten therapeutisch erfasst werden.
Nichtkonfrontative Techniken
Die nichtkonfrontativen Techniken wiederum können in leichteren Fällen einer artifiziellen Störung gewisse Vorteile gegenüber einer Konfrontation aufweisen, da sie dem Patienten helfen, sein Gesicht zu wahren (Eisendrath 1989; Eisendrath und Feder 1996). Dieses Vorgehen ist aber dann nicht möglich, wenn der Patient sich durch sein Handeln vital gefährdet. Es ist hier Voraussetzung einer therapeutischen Beziehung überhaupt, dass der Konsiliarpsychiater dem Patienten klar mitteilt, diese Gefährdung zu dessen Schutze auch aktiv verhindern zu wollen. Dies schließt zuweilen Maßnahmen wie die notwendige Einweisung in eine psychiatrische Klinik nach dem Unterbringungsgesetz mit ein (Lau und Marcoux 2003).
Weiterführende Therapien
Hinsichtlich weiterführender Therapien herrscht in der Literatur ein sehr heterogenes Meinungsbild vor. Es schwankt zwischen therapeutischem Nihilismus und vorsichtigem Optimismus (Eckhardt-Henn 1999).
Plassmann (1994) publizierte durchaus ermutigende Resultate einer psychodynamischen Behandlung von 24 Patienten mit artifiziellen Störungen. Sein stationär-psychosomatisches Behandlungssetting orientierte sich im Wesentlichen an den Richtlinien einer psychoanalytisch konzipierten Borderlinetherapie (Clarkin et al. 2001) und fußte auf dem Angebot einer stationären Intervalltherapie (also dem Angebot einer erneuten stationären Aufnahme nach eventuellem Rückfall oder anderweitiger Krise) mit nachfolgender langfristiger ambulanter Psychotherapie.
Instruktive verhaltenstherapeutische Erfahrungsberichte legten u. a. Schwartz und Mitarbeiter (1993), Solyom und Solyom (1990), Teasell und Shapiro (1994), Shapiro und Teasell (2004) und Yassa (1978) vor. In der theoretischen Ausrichtung dieser Ansätze herrscht eine Orientierung an grundlegenden Behandlungsrichtlinien für somatoforme Störungen vor (Kap. Somatoforme Störungen).
Psychopharmakologische Ansätze
Psychopharmakologische Interventionen erscheinen zunächst nur dann erfolgversprechend, wenn eine klinisch bedeutsame psychiatrische Komorbidität, z. B. eine depressive Störung, besteht und eventuell auch pathogenetisch zur artifiziellen Störung beiträgt (Earle und Folks 1986).
Über prinzipiell mögliche medikamentöse Strategien, wie sie bei der Gruppe von Patienten mit Borderlinepersönlichkeitsstörungen erprobt worden sind (Kap. Persönlichkeitsstörungen), ist bisher nichts publiziert worden. Doch hängen die Aussichten eines medikamentösen Ansatzes in jedem Fall entscheidend ab von der Güte und Stabilität der erzielbaren therapeutischen Arbeitsbeziehung sowie dem Vermögen, die bewusste und unbewusste Bedeutungsdimension von Medikamenten für die Therapie zu verstehen.

Ablehnung von Therapieangeboten

Die klinische Realität zeigt, dass eine beträchtliche Subgruppe von Patienten mit artifiziellen Störungen trotz intensiver ärztlicher Bemühung nicht zu psychiatrischen oder psychotherapeutischen Ansätzen motiviert werden kann (Kapfhammer et al. 1998a; Krahn et al. 2003). Es ist eine offen zu diskutierende Frage, wie mit diesen Patienten zu verfahren ist, die trotz klar gewordener täuschender Selbstmanipulation jegliche therapeutischen Angebote ausschlagen. Trotz eines erheblichen induzierten Morbiditätsrisikos, einer zu kalkulierenden weiteren Beanspruchung vielfältiger medizinischer Ressourcen und oft absehbarer verhängnisvoller Karriereschritte wegen der artifiziellen Störungen münden ärztliche Antworten bei diesen Patienten nicht selten in Ratlosigkeit und Kapitulation vor schwierigen ethischen Dilemmata.

Juristische Fragen bei artifiziellen Störungen

Bei keiner anderen psychischen Störung wird so eklatant gegen die normativen Voraussetzungen der Arzt-Patienten-Beziehung, der Krankenrolle, des institutionellen Kontextes von Kranksein und Gesundwerden verstoßen wie bei der artifiziellen Störung. Hier sollen nur einige juristische Aspekte angedeutet werden (Ford 1996b). Diese beziehen sich u. a. auf Fragen des ärztlichen Umgangs mit der Schweigepflicht, die in besonderem Maße das Verhältnis von Arzt und Patient (im konkreten Fall ein Artefaktpatient) auszeichnet.
Schweigepflicht
Dieses Dilemma zeigt sich beispielsweise in
  • der Mitteilung der gesicherten Diagnose oder der Verdachtsdiagnose einer artifiziellen Störung an den einweisenden Arzt oder an einen um Rat fragenden ärztlichen Kollegen eines auswärtigen Krankenhauses, in das sich ein Patient nach Selbstentlassung umgehend wieder mit ähnlicher Problematik hat aufnehmen lassen,
  • dem aufklärenden Gespräch mit verunsicherten Angehörigen,
  • der Mitteilung einer definitiven Abschlussdiagnose an die Krankenkasse,
  • der möglichen juristischen Klage des Patienten gegen eine solche Diagnose.
Nicht selten werden Rechte der Privatsphäre erheblich verletzt, wenn bei aufkommendem Verdacht die persönlichen Besitzgegenstände eines Patienten ohne dessen Wissen und Einverständnis nach verräterischen Paraphernalien untersucht werden.
Haftbarkeit, Strafbarkeit
Schwierig ist die juristische Bewertung einer eventuellen Haftbarkeit für entstandene Kosten, unter Umständen einer Strafbarkeit für den Missbrauch von sozialen und/oder medizinischen Ressourcen im Zuge der artifiziellen Störung (Eisendrath 1996b; Eisendrath und McNiel 2002, 2004; Feldman 1994, 1995; Eisendrath und Telischak 2008; DeWitt et al. 2009; Robertson und Kerridge 2009). Juristisch relativ unproblematisch erscheint die klinische Situation, wenn unmittelbare Selbstgefährdung eines Artefaktpatienten oder aber Fremdgefährdung einer Drittperson wie z. B. bei Münchhausen-by-proxy-Syndromen vorliegt. Sie kann im ersten Fall über das Unterbringungsgesetz, im anderen Fall aber zunächst über eine polizeiliche Anzeige und nachfolgende richterliche Entscheidung angegangen werden. Weiterführende zivilrechtliche Fragen, etwa bei der Klärung des Sorgerechts für Kinder, deren Eltern eines Münchhausen-by-proxy-Verhaltens überführt worden sind, sind allerdings hochkomplexer Natur (Adshead 2005; Drob et al. 2009; Bass und Glaser 2014).
Absicherung der ärztlichen Behandlung
Besteht bei einem Patienten der konkrete Verdacht auf das Vorliegen einer artifiziellen Störung, ist dem jeweiligen Arzt stets anzuraten, den Klinikdirektor hierüber zu informieren, sich vom zuständigen Justiziar des Krankenhauses oder der Universität beraten zu lassen und weiterführende Schritte dann im Team zu besprechen (Bass und Glaser 2014).

Simulation

Konzept

Täuschung und Lüge definieren ein häufiges Verhalten aller Menschen in ihrem sozialen Alltag. Wenngleich dieses Verhalten unter moralischen Aspekten in den meisten Gesellschaften als verwerflich und unerwünscht gilt, ist es unter evolutions- und sozialpsychologischen Aspekten hoch adaptiv. Es ist integral mit sozialer Vorteilnahme verknüpft. Es bedarf einer bestimmten affektiv-kognitiven Entwicklungsstufe, dieses Verhalten instrumentell in sozialen Interaktionen einsetzen zu können (Lewis und Saarni 1993). Empirisch besteht zunächst kein vernünftiger Grund anzunehmen, dass Täuschen und Lügen in medizinischen Versorgungskontexten kategorial anders motiviert sei als in den übrigen sozialen Kontexten (Halligan et al. 2003; Bass und Halligan 2007).
Täuschung und Lüge in Form der Simulation bedeutet eine Aggravation oder Vortäuschung von körperlichen oder seelischen Symptomen, um hierüber einen offenkundigen Vorteil zu erlangen, z. B. eine finanzielle Abgeltung oder Kompensation, einen höheren Behinderungsgrad mit sekundär umfangreicherer Unterstützung oder die Vermeidung von strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung. Typische Umgebungen oder Umstände, in denen Simulation auftritt, sind Gefängnisse, Militär, anhängige juristische Verfahren oder schwebende Renten- oder Wiedergutmachungsprozesse. Simulation kann ein vollständiges Erfinden von Symptomen, eine Übertreibung von bestehenden Symptomen oder eine bewusst falsche Zuschreibung von bestehenden Symptomen an eine persönlich vorteilhaftere Verursachungssituation beinhalten. Simulation wird weder in der ICD-10 noch im DSM-IV-TR/DSM-5 als eine eigenständige psychische Störung klassifiziert. Sie nimmt aber im forensisch-psychiatrischen Kontext eine zunehmend wichtigere Rolle ein (Resnick 2006; Bass und Glaser 2014). Simulation besitzt im ICD-10 eine Z-Kodierung.
In einer orientierenden Ordnung lassen sich trotz offener konzeptueller Fragen (Abschn. 1) somatoforme/dissoziative Störung, artifizielle Störung und Simulation wohl voneinander trennen (Abb. 6). Bei Simulationen in einem klinischen Kontext kann es sich aber um höchst komplexe Phänomene handeln, die eine sorgfältige Analyse der Zusammenhänge von Täuschung, sekundärem Krankheitsgewinn, somatoformer Störung, dissoziativer Störung (z. B. Ganser-Syndrom; Kap. Dissoziative Störungen), Artefaktstörung und Persönlichkeitsstörung verlangen (Turner 1997, 2006; Drob et al. 2009).

Epidemiologie

Ubiquitäres Sozialverhalten und hohe Kontextabhängigkeit einerseits, prinzipielle Inkompatibilität von intentionaler Täuschung in einem bestimmten Verhaltensakt und ehrliches Geständnis eben dieser Täuschung in einer wissenschaftlichen Untersuchung andererseits machen es außerordentlich schwer, verlässliche epidemiologische Angaben über das Ausmaß von Simulation in medizinischen Versorgungs- und Beurteilungssystemen zu erlangen. Vor diesem Hintergrund ist es bedenkenswert, dass seriösen Schätzungen des „American Board of Clinical Neuropsychology“ zufolge bei ca. 33.000 Testungen jährlich ein variierendes Ausmaß von Simulation als Basisrate vorlag, und zwar
  • bei 29 % der Gutachten von Unfallfolgen,
  • bei 19 % von strafrechtlichen Beurteilungen,
  • bei 30 % der Einschätzungen von Behinderungsgraden und Schadensansprüchen und
  • bei 8 % von Testungen bei somatischen und psychiatrischen Störungen (Mittenberg et al. 2002; Seron 2014).
Auch Schätzungen in anderen Untersuchungskontexten bestärkten den Eindruck, dass Simulation eine bedeutsame Herausforderung für die Medizin darstellt (Ardolf et al. 2007; Blaskewitz und Merten 2007; Sullivan 2007; Larrabee 2008; Hall und Hall 2012). Wie eine hochkarätige JAMA-Publikation konstatierte (Wynia et al. 2000), konnte selbst bei Ärzten bei einem Drittel der Fälle ein gelegentliches Schwindeln in der Abrechnungspraxis gegenüber den Krankenkassen nachgewiesen werden.

Ätiopathogenese

Simulation ist keine psychiatrische Störung mit definierbaren Ein- und Ausschlusskriterien. Sie stellt eine mehr oder weniger adaptive soziale Verhaltensweise bzw. in einem medizinischen Versorgungs- und Beurteilungssystem ein bestimmtes Krankheitsverhalten dar, das in den Dimensionen freier Wille, Intentionalität, Entscheidung und Verantwortlichkeit eines Patienten/Klienten mittels einer komplexen Individualtestung zu beurteilen ist (Abb. 7).
Neuroimaging-Studien
Neuroimaging-Studien deuten darauf hin, dass Lügen, also ein intentionaler Täuschungsakt, eine hoch strukturierte soziokognitive Aufgabe beinhaltet, die intakte kortikale Strukturen wie z. B. den präfrontalen Kortex in der Ausführung involviert (Spence 2004). Simulation lässt sich durch ein jeweils distinktes neuronales Aktivierungsmuster beispielsweise von Konversionsstörungen (Stone et al. 2007; Kap. Somatoforme Störungen) oder dissoziativen Störungen (Kap. Dissoziative Störungen) unterscheiden. Weitere Untersuchungen weisen darauf hin, dass „pathologisches Lügen“, das von klinisch- psychopathologischer Relevanz ist, wiederum andere neuronale Systeme beansprucht (Abe 2009).

Symptomatologie

Da Simulation auf eine universelle Verhaltenstendenz verweist, kann sie selbstverständlich in dem weit diversifizierten und spezialisierten medizinischen Versorgungs- und Beurteilungssystem zahllose Manifestationen hervorbringen. Es ist auf das Wesen des Täuschungsaktes zurückzuführen, dass all jene Symptome, die in der Regel nur schwer durch objektivierbare Methoden erfasst werden können, leichter und häufiger simuliert werden.
Vortäuschung von Symptomen
Dies beinhaltet insbesondere die Vortäuschung psychopathologischer Symptome, wie sie beispielsweise auftreten im Rahmen von
  • akuten Psychosen (s. oben),
  • posttraumatischen Symptomen (Morel 2010; McNally und Frueh 2013; Ali et al. 2015) oder
  • gravierenden kognitiven Defiziten in neuropsychologischen Testungen (Delis und Wetter 2007; Sweet und Guidotti Breting 2013).
Bei der Simulation von körperlichen Symptomen/Krankheiten spielen Schmerzsymptome, die ebenfalls nur schwer validiert werden können, eine überragende Rolle und tragen entscheidend zur häufigen Diskrepanz zwischen subjektivem Beschwerdebild und objektivem Befund bei (Bianchini et al. 2005; Greve et al. 2013).

Verlauf

Angesichts der großen intra- und interindividuellen Variabilität und der hohen Situations- und Kontextabhängigkeit sind keine allgemeinen Aussagen zu Verlauf und Prognose zu treffen. In einem forensischen oder stationär-psychiatrischen Kontext erscheint ein Simulationsverhalten zumeist episodisch und mit speziellen Bedingungen assoziiert, wie Veränderung der Haftbedingungen, Entlassung von Station u. Ä. Es kann unter veränderten Rahmenbedingungen verschwinden, aber in ähnlichen Situationen wieder auftreten (Bass und Gill 2009).

Diagnose und Differenzialdiagnose

Simulation definiert ein besonders motiviertes individuelles Verhalten in einem speziellen sozialen bzw. medizinischen Kontext. Es zeigt weder eine situationsübergreifende Stabilität wie eine typische Achse-I-Störung, noch kann es als eine stabile Persönlichkeitsdimension angesehen werden. Das klinisch-diagnostische Vorgehen kann also nur in einem hoch individualisierten Ansatz innerhalb eines breiten Motivverständnisses erfolgen (Resnick 2006). Anlässe der Vorstellung oder Überweisung müssen ebenso reflektiert werden wie vorherrschende Erwartungsstereotypien z. B. gegenüber dissoziativen, somatoformen oder artifiziellen Störungen (Drob et al. 2009; McDermott 2012).
Entgegen einer häufig vertretenen Meinung ist bei Probanden mit antisozialer Persönlichkeitsstörung nicht überdurchschnittlich häufig mit einer Simulations- oder Dissimulationstendenz zu rechnen (Poytress et al. 2001).
Die methodisch breit angelegte Untersuchung, die klinisches Interview, Fremdanamnese, subjektive und objektive psychometrische Tests, aktuellen Status sowie Vorbefunde gleichermaßen integriert, soll in einer offenen, neutralen und nicht moralisierenden Haltung erfolgen.
Orientierungsrichtlinien
Für den klinischen und forensisch-psychiatrischen Alltag liegen Orientierungsrichtlinien zur Beurteilung eines Simulationsverdachts vor (Pankratz 1998; Halligan et al. 2003; Greer et al. 2005; Adetunji et al. 2006; Merten und Merckelbach 2013). Sie sind auch in den entsprechenden neuropsychologischen Leitlinien verankert (Heilbronner et al. 2009). Eine nähere Ausführung muss aber Spezialwerken der forensischen Psychiatrie und Psychologie vorbehalten bleiben.
Differenzialdiagnostisch ist in erster Linie eine Abgrenzung gegenüber artifiziellen Störungen (s. Abschn. 1), dissoziativen und somatoformen Störungen (Kap. Dissoziative Störungen, Kap. Somatoforme Störungen) vorzunehmen.

Therapie

Da Simulation keine definierte psychische Störung ist, kann es hierfür auch keine evidenzbasierten therapeutischen Ansätze geben. Von größerer klinischer, aber auch ethischer Relevanz ist, dass selbst bei einem differenzierten methodischen Vorgehen reale psychische Störungen nicht selten als falsch positive Fälle von Simulation identifiziert werden und wirksame therapeutische Hilfe unterbleibt (Drob et al. 2009). Bemerkenswert erscheint auch, wenn Probanden eines nichtforensischen Sample mit Simulationstendenzen von einer nicht anklagenden, aber bestimmten Konfrontation hiermit profitierten und bei einem erneuten Testversuch valide Ergebnisse produzierten (Suchy et al. 2012).

Körperintegritätidentitätsstörung (Body Integrity Identity Disorder, BIID)

Konzept

Unter Körperintegritätidentitätsstörung (KIIS), die im angloamerikanischen Schrifttum die Bezeichnungen „Body Integrity Identity Disorder“ (BIID), Apotemnophilia oder auch „Amputee Identity Disorder“ trägt, versteht man den lang anhaltenden, intensiven Wunsch, durch die Amputation eines gesunden Körperglieds zu einem vollständigeren Körperselbst zu gelangen. 1997 und 1999 führte der schottische Chirurg Dr. Robert Smith Amputationen eines je gesunden Beines bei 2 Personen mit BIID an einem kommunalen Krankenhaus durch. Die britische Ärztekammer verbot 2000 daraufhin auf Antrag des Schottischen Nationalparlaments weitere dieser Eingriffe (Dyer 2000).
Störungen wie die BIID werden noch nicht in offiziellen psychiatrischen Klassifikationssystemen aufgeführt. Sie scheinen in erster Linie in der virtuellen Realität des Internets zur Darstellung zu kommen und werden in mehreren Spezialforen intensiv diskutiert. Es ist zu vermuten, dass sich dahinter auch eine Realität individuellen Leidens noch unklaren Ausmaßes abbildet. Grundlegende Fragen der psychopathologischen und psychodynamischen Einordnung einerseits und der ärztlich-ethischen Bewertung andererseits stellen sich hiermit.

Epidemiologie

Die Epidemiologie der KIIS ist weiterhin unklar. Es liegen aus dem Internet zahlreiche Fallberichte vor, aus dem engeren klinisch-empirischen Kontext aber nur einige detaillierte Fallserien (First 2005; Blanke et al. 2009; Kasten 2009; Johnson et al. 2011; Blom et al. 2012; Giummarra et al. 2012; Oddo et al. 2014). Einige Schätzungen halten „mehrere Tausend Personen mit KIIS“ für durchaus realistisch (Müller 2007). „Bei aktuellen epidemiologischen Überlegungen ist das prinzipielle Dilemma zu berücksichtigen, dass außer einer kleinen Anzahl von klinisch objektivierten „Fällen“ mit der Möglichkeit einer umfangreichen psychiatrischen Evaluation bisher mehrheitlich nur Telefoninterviews mit anonym bleibenden, aus Internetforen rekrutierten Personen geführt werden konnten. Nach Kasten (2009) betrugen im April 2008 die Mitgliederzahlen in einschlägigen Internetforen: 1723 bei fightin-it“; 561 bei „need2be1“; 591 bei „BIID and Admirers Circle of Friends“ und 358 bei „the biid affair“.

Symptomatik, Ätiopathogenese, Diagnose und Differenzialdiagnose

Es ist derzeit allenfalls eine annähernde klinische Einordnung der KIIS möglich. Trotz der angedeuteten methodischen Probleme vermag die Studie von First (2005) einen ersten empirischen Einblick in diese Störung der körperlichen Integrität zu vermitteln. First konnte mit 52 Personen (männlich: n = 47, weiblich: n = 4, intersexuell: n = 1) mit selbsterklärtem, lange persistierendem Wunsch nach Amputation eines gesunden Körperglieds ein ausführliches strukturiertes Telefoninterview führen. Bei neun Personen war bereits die Amputation eines größeren Körperteils (3 chirurgisch, 6 selbst) vorgenommen worden, bei 5 weiteren Personen lagen Teilamputationen vor. Mehrheitlich waren die Studienteilnehmer aus dem Internet rekrutiert (n = 34), oder über Internetpartner vermittelt (n = 17), 1 Person war durch einen Chirurgen überwiesen worden. Das Durchschnittsalter betrug 48,6 Jahre. Insgesamt 90 % hatten zumindest eine High-School-Ausbildung, 65 % befanden sich in festen Arbeitsverhältnissen. Hinsichtlich ihrer sexuellen Identität deklarierten sich 61 % als hetero-, 31 % als homo- und 7 % als bisexuell. 60 % lebten aktuell in einer intimen Beziehung.
Gründe für den Amputationswunsch
Als häufigste primäre Gründe für den Amputationswunsch gaben 63 % an, über die Amputation zu ihrer wahren körperlichen Identität zu gelangen, 15 % erklärten, hierdurch in besonderer Weise auch sexuell erregt zu werden. Die Bedeutung dieses sexuellen Aspektes wurde zusätzlich unterstrichen, wenn dieser Grund von 53 % der Probanden auch als Zweitmotiv angegeben wurde.
Die überwältigende Mehrheit der Personen datierte den Beginn der Entwicklung in die Kindheit bzw. frühe Adoleszenz. 56 % gaben an, nach einer Exposition gegenüber Personen mit speziellen Behinderungen Faszination und positive Erregung verspürt zu haben, 92 % berichteten, dass ihr expliziter Amputationswunsch sich nach einem „pretending to be an amputee“ entwickelt habe. 44 % schilderten Funktionseinbußen in ihrem psychosozialen Leben und 44 % gestanden auch einen emotionalen Disstress wegen ihres Amputationswunsches. 87 % bekundeten eine sexuelle Attraktion gegenüber amputierten Personen, bei 29 % der Fälle lagen verschiedene Paraphilien nach DSM-Kriterien vor. 81 % erklärten, keinen Wunsch nach weiteren körperlichen Behinderungen zu hegen, aber immerhin 15 % fanden das Vorliegen einer Paraplegie als zusätzlich erstrebenswerten Zustand.
Geschlechtsidentität und psychopathologische Symptome
Zur Geschlechtsidentität bekannten 19 % eine grundlegende Störung („feeling of being in the body of the wrong sex“). 79 % waren aktuell frei von relevanten psychopathologischen Symptomen, in einer Lebenszeitperspektive gaben aber 76 % depressive Störungen, Angststörungen und somatoforme Störungen an. 48 % äußerten, gelegentliche Suizidideen zu haben, bei keiner Person hatten jemals manische, wahnhafte oder halluzinatorische Symptome bestanden. 65 % hatten zuvor schon eine Psychotherapie wegen ihres Amputationswunsches aufgenommen, 60 % verschiedene serotonerge Antidepressiva erhalten, beide Therapieverfahren wurden in großer Mehrheit als wenig hilfreich und nützlich eingestuft.
Die Personen mit bereits vollzogenen größeren Körpergliedamputationen berichteten über ein hieraus resultierendes besonderes Gefühl der körperlichen und seelischen Identität („I‘m in possession of myself and my sexuality“; „since I had done 5 years ago, I have felt the best I have ever felt“; „it finally put me at peace“). Wichtige Daten aus weiteren Studien sind in Tab. 4 zusammengefasst.
Tab. 4
Klinische Charakteristika bei Körperintegritätidentitätsstörung. Nach Brugger et al. (2013)
Autoren
Methodik
Sample (N)
Typus
Beginn der Störung
Verhältnis von Beine/Arme (%)
Verhältnis von links: rechts: bilateral (%)
Spezielle Befunde
First (2005)
Telefoninterview
n = 52 (w: 4, intersexuell: 1); Alter: 48,6 J; hetero: 61 %; homo: 31 %; bisexuell: 7 %
Amputations-wunsch
65 % < 8 J;
98 % < 16 J
76: 24
55: 27: 18
aus Internet erfahren, dass Wunsch nicht einzigartig; niedrige Rate von Heterosexualität
Blanke et al. (2009)
Telefoninterview
n = 20 (w: 3); Alter: 48,4 J;
hetero: 95 %
Amputations-wunsch
65 %: Alter 3–9 J
80: 20
35: 20: 45
Parästhesien/Hypästhesien in betroffenen Körperteilen; hoher Prozentsatz von Migräne
Kasten (2009)
Kasten und Spithaler (2009)
Standardisierte Persönlichkeits-inventare
n = 9 (m); Alter 30–70 J; hetero: 33,3 %, homo: 55,6 %; bisexuell: 11,1 %
Amputations-wunsch;
Paraplegie (1)
67 % < 8 J
100
50: 17: 17
(n = 2 mit L/R-Wechsel)
Seite des Amputationswunsches kann wechseln; klinisch nicht relevant: OCD, Psychotizismus, Neurotizismus
Johnson et al. (2011)
Internetfragebogen (IFB)
n = 72 (w: 8; unklar: 3); Alter: 46 J; hetero: 55,6 %; homo: 25 %, bisexuell: 8 %
Wunsch nach Paraplegie: 10 %
81: 10 (9 % mit Arm-Bein-Kombination)
42: 28: 30
22 % nicht rechtshändig; > 33 % veränderte Sensibilität in betroffenem Körperteil
Blom et al. (2012)
Standardisierte Persönlichkeits-inventare; IFB
n = 54 (m: 79,6 %); Alter: 18–76 J; hetero: 55,6 %; homo: 27,8 %; bisexuell: 16,7 %
Wunsch nach Amputation (n = 30)/Paraplegie (n = 24)
Alter: 3–15 J
90: 7 (n = 1 mit Wunsch nach Tetraamelie)
37: 30: 33
niedrige Rate von Heterosexualität; Amputation: reduzierte Beeinträchtigung im Selbstrating (n = 7)
Giummarra et al. (2012)
Internetfragebogen
n = 6 (w: 6); Alter: 19–65 J
Wunsch nach Paraplegie (n = 16)
Alter: 4–16 J
100 % Paraplegie
0: 0: 100
Geschlechtsdifferenzen möglicherweise mit zerebraler Lateralisation assoziiert
IFB Internetfragebogen, J Jahre, m männlich, n Anzahl der Fälle, OCD Obsessive compulsive Disorder, w weiblich
In einer sorgfältigen klinisch psychologischen Testung konnten Oddo et al. (2014) bei 15 Patienten mit KIIS relevante psychische Störungen ausschließen. Als typische Persönlichkeitsmerkmale fanden sie tendenziell erhöhte Scores für Depressivität, Verträglichkeit, Autarkie, Autonomie, Zurückhaltung im Umgang mit anderen, Selbstkontrolle und Selbstbestätigungssuche, niedrige Scores im Selbstwerterleben hinsichtlich der eigenen körperlichen Attraktivität.
Rekonstruierte Entwicklung von KIIS
Eine Rekonstruktion aus vorliegenden Berichten lässt folgendes orientierendes Bild der Entwicklung einer KIIS entstehen (Kasten 2009; Brugger 2011):
  • Mit starkem Affekt besetzte thematische Erinnerungen reichen oft bis in die Kindheit zurück.
  • Eine anhaltende Faszination von körperlich behinderten, amputierten Personen erweckt frühe Wünsche, in eine ähnliche Position als „Amputierter“, „Querschnittgelähmter“ etc. zu wechseln.
  • Neben diesen „Modellen“ liegen oft auch eigene Krankheitserlebnisse am „betroffenen Körperglied“ vor und nicht selten werden diese „Körpererfahrungen“/„Körperbilder“ in die Entwicklung der sexuellen Identität während Kindheit und Pubertät integriert.
  • Hieraus entsteht allmählich die (überwertige) Überzeugung, zwischen wahrgenommenem und verspürtem Körperbild/Körperschema und wahrer „Selbstidentität“ bestehe eine unüberbrückbare Diskrepanz, ein spezieller „Körperteil“ selbst wird als fremd, als nicht mehr selbstzugehörig erlebt.
  • Ein intensiver Wunsch nach „Abtrennung“/„Amputation“ dieses „fremden Körperteils“ entwickelt sich, der aber oft über Jahre geheim gehalten wird.
  • Mehrere Übergangsstadien können identifiziert werden, so z. B.
    • eine sexuelle Attraktion zu Personen mit sichtbaren Behinderungen und fehlenden Körpergliedern („devotees“),
    • ein übender Gebrauch von Rollstühlen, Krücken, Prothesen etc., um bei sich ein inneres Gefühl der erwünschten Behinderung hervorzurufen („pretenders“) und schließlich
    • das Bestreben nach der chirurgischen Realisierung des Amputationswunsches entweder durch versuchte Selbstamputation oder durch Anstrengungen, die Amputation durch Chirurgen in fernen Ländern durchführen zu lassen („wannabes“, engl. want to be).

Nosologische Einordnung von KIIS

Psychopathologische Perspektive
Aus psychopathologischer Perspektive imponiert zunächst eine grundlegende Störung der Körperintegrität, wobei die phänomenologischen Dimensionen der Kohärenz, Meinigkeit und Selbstbezogenheit betroffen zu sein scheinen (Fuchs 2000). Die Störung der körperlichen Identität artikuliert sich im subjektiven Gefühl einer leiblichen Nichtvollständigkeit angesichts eines gesunden physikalischen Körpers und in dem Wunsch und dem Wissen, über die Amputation eines nicht zugehörig erlebten Körperteils zur Vollständigkeit der körperlichen Integrität gelangen zu wollen und zu können.
Die hierauf bezogenen Überzeugungen besitzen zumeist die Qualität von überwertigen Ideen, wobei auch die Möglichkeit einer monothematischen wahnhaften Entwicklung zu bedenken ist. Interessant erscheint, dass das Urteil einer Nichtselbstzugehörigkeit bzw. Fremdheit des speziellen „Körperteils“ kognitiv kategorial erfolgt, dieses „Körperteil“ aber nicht affektiv abgelehnt wird. Der fremd erlebte „Körperteil“ wird als avital, ohne affektive „Besetzung“ erlebt. Die Motive für den Wunsch, die eigene vollständige körperliche Integrität durch aktive Abtrennung des fremden Körperteils herzustellen, tragen eher den Charakter eines impulshaften Drangs als den eines obsessiven Zwangs. Definitiv besteht eine enge Assoziation mit der sexuellen Identität.
Somit ergibt sich eine Reihe von differenzialtypologischen Abgrenzungen (Abb. 8) gegenüber
Neurologische Perspektive
Aus einer nicht reduktionistisch eingenommenen neurologischen Perspektive betrachtet ist eine Reihe von definierten Syndromen auszumachen, die möglicherweise ein weiterführendes Verständnis auch für die KIIS vermitteln könnten. Es handelt sich hierbei um neurologische Störungen, die nach einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung bzw. Unterbrechung in den hochkomplexen neuronalen Netzwerken der multimodalen Repräsentation unseres Körpers dazu führen können, dass Körperteile oder Körperregionen nicht erkannt, verkannt oder als nicht zum Selbst zugehörig, als fremd wahrgenommen werden (Tab. 5).
Tab. 5
Neurologische Differenzialdiagnose n bei der Körperintegritätidentitätsstörung
Neurologisches Syndrom
Klinische Beschreibung
Hemineglect
Nichtbeachtung/Leugnung visueller Informationen aus dem kontralateralen Wahrnehmungsfeld
Anosognosie
Leugnung der Funktionsstörung einer plegischen Extremität
Asomatognosie
Verlust des Körpergefühls/Körperbewusstseins (embodiment) einem Körperteil/dem ganzen Körper gegenüber
Phantomsensation
Verspüren von Sensationen in einem amputierten Körperteil
Somatoparaphrenie
(wahnhafte) Vorstellung, ein Köperteil gehöre nicht zum eigenen Selbst/Körperteil gehöre einer anderer Person (Pötzl-Syndrom)
Misoplegie
von verbaler/physischer Aggression begleiteter Hass auf einen bestimmten Körperteil
Cotard-Syndrom
wahnhafte Vorstellung, tot zu sein, einen abgestorbenen/verrotteten Körper zu besitzen
Alien-Hand-Syndrom
Bewegungen einer Hand werden als nichtwillentlich kontrollierbar, sogar als widerstrebend erlebt
Syndrom der „inneren Amputation“
Störung der peripheren Afferenz von einer Extremität
Kongenitaler Mismatch
Mismatch zwischen physikalischem Körper und Körperbild/-schema
O. Sacks (1984) berichtete über eine eigene schwerwiegende Unfallverletzung an seinem Oberschenkel, die in der Folge bei ihm das Gefühl und die Überzeugung auslöste, ein völlig nutzloses, defektes Körperglied mit sich zu schleppen und zumindest vorübergehend die Idee aufkommen ließ, durch eine Amputation hiervon befreit werden zu können. Schwere Entfremdungsgefühle bei längerfristig chirurgisch fixierten Gliedmaßnahmen wurden von Sacks an umfangreichen Fallserien beschrieben.
„Innere Amputation“, Entfremdung von Gliedmaßen
Leontjew und Zaporožec (1960) berichteten von mehreren Hundert Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg, die nach der chirurgischen Rekonstruktion von verstümmelten Armen und Händen diese Körperglieder als fremd oder geklont verspürten. Die Autoren prägten den Begriff der „inneren Amputation“ . Eine solche „Entfremdung von Gliedmaßen“ scheint dem Phänomen von „Phantomgliedmaßnahmen“ komplementär zu sein. Eine krankhafte oder unfallbedingte Unterbrechung der peripheren Afferenzen von einzelnen Körperteilen liegt möglicherweise auch einigen KIIS-Fällen zugrunde, wie First (2005) in seiner Untersuchung aufzeigen konnte.
Smith und Fisher (2003) diskutierten auch die Möglichkeit einer bereits kongenitalen Fehlabstimmung zwischen dem physikalischen Körper und dem im somatosensorischen Kortex repräsentierten Körperbild, bei der einzelne Körperteile infolge neuronaler Afferenzstörungen kein ausreichendes oder überhaupt kein sensorisches Bewusstsein erlangen würden.
Störungen in den neuronalen Regelkreisen
Zentrale Störungen in den neuronalen Regelkreisen der multimodalen und polytopen Repräsentation des Körpers wie z. B. durch Tumoren oder Apoplexe können zu diversen ähnlichen Syndromen führen. So berichteten Pötzl (1925) und Hoff und Pötzl (1935) über mehrere Fälle von Schädigungen des rechten Parietallappens, die dazu führten, dass Patienten Teile ihrer linken Körperhälfte nicht mehr erkannten oder als fremd, als nicht mehr „mein“ erlebten ( Pötzl-Syndrom ). In Fällen einer Somatoparaphrenie werden Körperteile, meist der linke Arm, nicht nur als fremd und nicht mehr „mein“ verspürt, sondern sogar geleugnet und anderen Personen zugeschrieben (Gerstmann 1942). Im „alien-hand-syndrome“ können Patienten vorrangig nach Läsionen im Corpus callosum und medialen frontalen Kortex ihre Hände nicht mehr als zugehörig erkennen und auf einer motorischen Handlungsebene kommt es zu äußerst grotesk anmutenden intermanuellen Konflikten (Biran und Chatterjee 2004; Brainin et al. 2008).
Zahlreiche weitere psychopathologische Syndrome der „leibhaftigen Bewusstheit“ (Jaspers 1913) infolge von definierten zerebralen Läsionen (Blanke et al. 2008) legen nahe, dass auch bei der Körperintegritätidentitätsstörung sehr ähnliche funktionelle oder strukturelle Störungen in frontoparietalen Verbindungen zugrunde liegen oder pathogenetisch beteiligt sein könnten (Ramachandran et al. 2009; Brugger und Lenggenhager 2014). Hierauf weisen sowohl neurophysiologische als auch neuropsychologische Studien hin, in denen experimentell das körperliche Selbstbewusstsein manipuliert werden konnte (Blanke und Metzinger 2009; Lenggenhager et al. 2007; Faivre et al. 2015).
Neuroimaging-Untersuchungen
In einigen der ersten Studien mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRI) wurde im Vergleich zur gesunden Extremität bei der taktil stimulierten, als abnorm erlebten Extremität ein Unteraktivierungsmuster im rechten superioren parietalen Kortex festgestellt, also der Gehirnregion, die für die Integration von multimodalen sensorischen Informationen in ein kohärentes Gefühl, einen Körper zu haben, verantwortlich ist (Brang et al. 2008; Blanke et al. 2009; McGeoch et al. 2011). Die Spezifität dieses Befundes im rechten superioren Parietallobulus (rSPL) wurde auch in einer weiteren Untersuchung bestätigt. Hierbei berichteten die Probanden, subjektiv die Berührung wahrzunehmen, sie aber in der betreffenden Extremität als nicht zum Selbst zugehörig zu verspüren (Xenomelie; McGeoch et al. 2011).
In einer volumometrischen fMRI-Studie zeigten sich als weitere Auffälligkeiten in der kortikalen Architektur:
  • rechtshemisphäriell eine reduzierte kortikale Dicke im superioren parietalen Lobulus, in den primären und sekundären somatosensorischen Kortizes, im inferioren parietalen Lobulus, im anterioren insulären Kortex; eine erhöhte Dicke hingegen im Sulcus centralis;
  • linkshemisphäriell wiederum eine vergrößerte Oberfläche im inferioren parietalen Lobulus und im sekundären somatosensorischen Kortex.
Die hemisphäriellen Unterschiede waren diskret, aber statistisch signifikant und konkordant mit einer Reihe von klinischen Beobachtungen:
  • starker Bias für linksseitig betroffene Extremitäten als Hauptfokus des Amputationswunsches,
  • höherer Prozentsatz von unteren versus oberen Extremitäten sowie
  • die Nähe des somatosensorischen Kortex von unterer Extremität einerseits, von Genitalien andererseits angesichts der erotischen Konnotation der Xenomelie (Abb. 9).
Die fMRI-Befunde wurden als subtile Störungen innerhalb eines komplexen neuronalen Netzwerks für das körperliche Selbstgefühl interpretiert (Hilti et al. 2013). In der Tat scheint dieses neuronale Netzwerk, welches das grundlegende Selbstgefühl vermittelt, einen Körper zu besitzen, auch zahlreiche andere Areale neben den bisher diskutierten (u. a. auch entscheidend die ventralen Anteile des prämotorischen Kortex) miteinzubeziehen und bei der Körperintegritätidentitätsstörung verändert zu sein (Giummarra et al. 2011; Berti 2013; van Dijk et al. 2013; Romano et al. 2015).
Bei der derzeitigen Einschätzung der Körperintegritätidentitätsstörung müssen einfache psychologische Erklärungsversuche definitiv zu kurz greifen. Die neurologischerseits erhobenen Befunde deuten auf eine konditionale Beteiligung komplexer neurobiologischer Faktoren hin, ohne aber die Reduktion auf eine neurologische Störung zu erlauben (Stirn et al. 2010; Sedda 2011; First und Fisher 2012; Brugger et al. 2013; Brugger und Lenggenhager 2014; Sedda und Bottini 2014; Bottini et al. 2015).

Therapie und ärztlich-ethische Implikationen

In einer vorläufigen klinischen und ätiopathogenetischen Bewertung der KIIS sollte zunächst die hohe Komplexität des Syndroms mit offenkundigen Überschneidungen mit anderen psychopathologischen Syndromen und Störungen festgehalten werden. Multifaktorielle Einflüsse in der Entstehung sind plausibel anzunehmen. Eine prinzipielle Offenheit sollte auch in therapeutischer Hinsicht angestrebt werden.
Therapieansätze
Wenngleich es bei einigen Patienten nach chirurgisch durchgeführter Amputation zur Konsolidierung des körperlichen Integritätsgefühls gekommen zu sein scheint, ist dies bisher allenfalls anekdotisch verbürgt (First 2005; Blom et al. 2014).
Traditionelle psychotherapeutische und psychopharmakologische Ansätze versprechen derzeit noch wenig Aussicht auf eine entscheidende Kontrolle des Amputationswunsches (Braam et al. 2006; Wise und Kalyanam 2000; Thiel et al. 2011). Die nur sehr wenigen kasuistischen Therapieerfahrungen hierzu erlauben noch keine empirisch gestützte Beurteilung.
Bewegungstherapie (Sacks 1984) und neurophysiologische Stimulation (Ramachandran und McGeoch 2007; Lenggenhager et al. 2014) oder repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS; Tegenthoff et al. 2005) wurden als weitere Therapieoptionen diskutiert, haben sich bisher aber noch nicht als erfolgversprechende Ansätze erwiesen.
Vor diesem ungeklärten Hintergrund muten die mittlerweile zahlreich vorliegenden theoretischen, d. h. klinikfernen ethischen Diskussionen über die freie Entscheidungskompetenz von Personen mit Amputationswunsch fast ebenso befremdlich an wie das klinische Bild der Körperintegritätidentitätsstörung selbst (White 2014). Gerade aus ärztlich-ethischer Perspektive sind abstrakte philosophische Urteile zu vermeiden und in einer engen klinischen Kooperation auf eine künftig erst noch zu leistende Klärung auszurichten und offenzuhalten (Müller 2009).
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