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Tumorassoziierte Genodermatosen

Verfasst von: Mark Berneburg und Roland Kruse
Die tumorassoziierten Genodermatosen sind extrem seltene autosomal-dominant erbliche Erkrankungen, die durch typische Hauterscheinungen charakterisiert sind und zur Entstehung maligner Tumoren verschiedener Organe disponieren. Die diagnostische Einordnung der häufig vorangehenden Hauterscheinungen ermöglicht daher die Identifizierung von Patienten mit einem angeborenen Risiko für die Entwicklung spezifischer Krebserkrankungen und liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Krebsprävention.

Einführung

Die tumorassoziierten Genodermatosen sind extrem seltene autosomal-dominant erbliche Erkrankungen, die durch typische Hauterscheinungen charakterisiert sind und zur Entstehung maligner Tumoren verschiedener Organe disponieren. Die diagnostische Einordnung der häufig vorangehenden Hauterscheinungen ermöglicht daher die Identifizierung von Patienten mit einem angeborenen Risiko für die Entwicklung spezifischer Krebserkrankungen und liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Krebsprävention.
Eine Übersicht und Angaben zur Lokalisation der einzelnen Gendefekte sowie Verweise für die Erkrankungen, die bereits in anderen Kapiteln abgehandelt werden, bieten Tab. 1 und 2.
Tab. 1
Autosomal-dominante tumorassoziierte Genodermatosen
Syndrom
Hautbeteiligung
Viszerale Malignome
Inzidenz der Malignome [%]
Gendefekt
Funktion
Kapitelverweis
Birt-Hogg-Dubé
Fibrofollikulome, Trichodiskome
Niere
??
FLCN (17p11)
Zellzyklusregulation
In diesem Kapitel
Carney
Lentigines, blaue Nävi, Myxome
Kardiale Myxome, Hoden, Brust
>75
PRKAR1A (17q24)
Proteinkinase
Kap. „Melanotische Flecke und melanozytäre Nävi“
Cowden
Trichilemmome, orale und akrale Papeln
Brust, Schilddrüse, Gastrointestinaltrakt
70
PTEN (10q23)
In diesem Kapitel
Gardner
Zysten, Fibrome
Kolon
100
APC (5q21–22)
Tumorsuppressorgen
In diesem Kapitel
Howel-Evans
Keratoderma palmoplantaris, Leukoplakie
Ösophagus
100
RHBDF2 (17q25)
Serinprotease
Kap. „Weitere Verhornungsstörungen“
Muir-Torre
Talgdrüsentumoren, Keratoakanthome
Gastrointestinaltrakt, Lunge, Urogenitalsystem
100
MSH2 (2p21-22), seltener MLH1 (3p21) und MSH6 (2p16)
DNA-Mismatch-Reparatur
In diesem Kapitel
Angiofibrome, Bindegewebsnävi
Pankreas, Hypophyse
>90
MEN1 (11q13)
Tumorsuppressorgen
In diesem Kapitel
Multiple endokrine Neoplasien IIb
Neurome an den Schleimhäuten
Schilddrüse (medullär), Phäochromozytom
>85
RET (10q11)
In diesem Kapitel
Multiple Basalzellkarzinome, palmare „pits“
Etwa 20
PTCH (9q22)
Tumorsuppressorgen
Kap. „Basalzellkarzinom“
Café-au-lait-Flecken, Neurofibrome
Bösartige Tumoren der Nervenscheiden
<5
NF1 (17q11)
Tumorsuppressorgen
Kap. „Genodermatosen“
Peutz-Jeghers
Lentigines
Hoden, Ovarien, Gastrointestinaltrakt
Selten
STK11 (19p13)
Tumorsuppressorgen
Kap. „Melanotische Flecke und melanozytäre Nävi“
Angiofibrome, Bindegewebsnävi, Koenen-Tumoren
Gutartige Nieren- und Herztumoren
>50
TSC1 (9q34), TSC2 (16p13)
Tumorsuppressorgene
Kap. „Genodermatosen“
Tab. 2
Autosomal-rezessive und X-chromosomal gebundene tumorassoziierte Genodermatosen
Syndrom
Hautbeteiligung
Viszerale Malignome
Inzidenz der Malignome [%]
Gendefekt
Funktion
Kapitelverweis
Teleangiektasien
Leukämie, Lymphome, Brust
Sehr hoch, wenn das Erwachsenenalter erreicht wird
ATM 11q22.23
Signaltransduktion
Kap. „Genodermatosen“
Bloom
Teleangiektasien, Photosensitivität
Leukämie, Lymphome, Gastrointestinaltrakt
Sehr hoch, wenn das Erwachsenenalter erreicht wird
BLM (15q26)
DNA-Helikase
Kap. „Genodermatosen“
Chédiak-Higashi
Hypopigmentierung
Lymphome
Häufig
CHS (1q42)
Funktion der Lysosomen
Kap. „Störungen der Melaninpigmentierung“
Fanconi-Anämie
Dyschromie
Leukämie, Lymphome, spinozelluläres Karzinom
Sehr hoch, wenn das Erwachsenenalter erreicht wird
>10 FANC-Gene
DNA-Reparatur
Kap. „Genodermatosen“
Rothmund-Thomson
Poikilodermie, Photosensitivität, Hautkrebs
Selten
RECQL4 (8q24)
DNA-Helikase
Kap. „Genodermatosen“
Werner
Vorzeitige Alterung
Karzinome, Sarkome
Etwa 10 %
WRN (8p12)
DNA-Helikase
Kap. „Genodermatosen“
Photosensitivität, multiple Basalzellkarzinome, spinozelluläre Karzinome und Melanome
Leukämie, Lunge, Zentralnervensystem
Häufig
Multiple Gene
DNA-Exzisionsreparatur
 
Dyschromie, Leukoplakie, Nageldystrophie
Spinozelluläre Karzinome, aplastische Anämie
Sehr hoch, wenn das Erwachsenenalter erreicht wird
DKC1 Xq28 (auch andere Gene mit autosomal-dominanter und autosomal-rezessiver Vererbung)
Telomerase
Kap. „Genodermatosen“
Die tumorassoziierten Genodermatosen haben entscheidend zum verbesserten Verständnis der Funktion der betroffenen Gene und zur Tumorentstehung allgemein beigetragen, da sie Mutationen in einer Reihe von Tumorsuppressor- und DNA-Reparaturgenen aufweisen.
Bei fast allen diesen Erkrankungen treten die assoziierten Tumoren früher im Leben auf, sind oft multipel und haben eine vergleichsweise bessere Prognose. Bisher ungeklärt ist, warum in fast allen Fällen die kutanen Tumoren benigne sind, mit Ausnahme der Basalzellkarzinome beim Goltz-Gorlin-Syndrom, wohingegen die systemischen Tumoren maligne sind. Es ist rätselhaft, dass die gleiche Mutation in der Haut benigne Veränderungen und in anderen Organen maligne Veränderungen verursacht.
Verlauf der tumorassoziierten Genodermatosen und Prognose hängen entscheidend davon ab, ob die Tumoren rechtzeitig, also vor der Manifestation der viszeralen Malignome, erkannt werden. Daher sind lebenslang engmaschige Kontrollen im Hinblick auf die Entstehung dieser Tumoren erforderlich. Gegebenenfalls müssen auch prophylaktische Operationen erwogen werden, wie etwa Mastektomie beim Cowden-Syndrom, Kolektomie beim Gardner-Syndrom oder Thyreoidektomie beim MEN-IIb-Syndrom. Beim Vorliegen von Malignomen innerer Organe sollten diese wie bei Patienten mit sporadischen Erkrankungen behandelt werden, wobei die etwas bessere Prognose hinsichtlich Rezidivhäufigkeit und Metastasierungswahrscheinlichkeit, allerdings auch das höhere Risiko eines Zweitmalignoms bedacht werden sollten.

Birt-Hogg-Dubé-Syndrom

(Hornstein und Knickenberg 1975; Birt et al. 1977)
OMIM 135510
AD
17p11
FLCN
Folliculin
Synonym
Hornstein-Knickenberg-Syndrom
Ätiopathogenese
Folliculin ist involviert in Mechanismen der Zellzyklus-Regulation.
Klinik
Beim Birt-Hogg-Dubé-Syndrom zeigen sich zunächst Hunderte sehr kleiner, unspezifisch erscheinender, perifollikulärer, hautfarbener bis weißlicher Papeln, überwiegend im Gesicht und am Oberkörper (Abb. 1, 2 und 3). Oft werden die Erscheinungen als Aknenarben oder Angiofibrome bei tuberöser Sklerose fehlgedeutet. Es besteht eine Assoziation mit dem familiär auftretenden, bilateralen Nierenzellkarzinom. Viele Patienten erkranken an multiplen Lungenzysten mit nachfolgendem rezidivierendem Spontanpneumothorax.
Histopathologie
Umschriebene Fibrose, die je nach Lokalisation im Korium entweder als perifollikuläres Fibrom, welches den gesamten Haarfollikel ersetzt, als Fibrofollikulom mit fingerartigen epithelialen Ausläufern oder als Trichodiskom (subepidermal, meist parallel zur Oberfläche verlaufend) bezeichnet wird. Das Trichodiskom stellt das narbige Endstadium dar und hat somit nichts mit der Haarscheibe neuralen Ursprungs zu tun.
Therapie
Aufgrund des erhöhten Risikos für die Entwicklung eines Nierenzellkarzinoms werden regelmäßige sonografische Kontrollen der Nieren und gegebenenfalls eine abdominelle Computertomografie angeraten. Die Hautveränderungen können mittels ablativer Lasertherapie behandelt werden.

Cowden-Syndrom

(Lloyd und Dennis 1963)
OMIM 158350
AD
10q23
PTEN
Phosphatase and tensin homolog
Synonym
Multiples-Hamartom-Syndrom (Weary et al. 1972)
Ätiopathogenese
Zum Cowden-Syndrom kommt es durch Mutation im PTEN-Gen. Weitere Syndrome mit einer solchen Mutation, wobei klinisch fließende Übergänge bestehen, sind in Tab. 3 beschrieben.
Tab. 3
Syndrome mit klinischer Überlappung zu Cowden-Syndrom und PTEN-Genmutation
Syndrom
Klinisches Bild
Bannayan-Zonana (Bannayan 1971; Zonana et al. 1976)
Makrozephalie, Pseudoödem der Papille, Hämangiome, Lipome, Lymphangiome, Meningeome
Lhermitte und Duclos (1920)
Makrozephalie, zerebelläre Hamartome
Riley und Smith (1960)
Makrozephalie, Pseudoödem der Papille, Hämangiome
Ruvalcaba et al. (1980)
Makrozephalie, intestinale Polypen, Lipome, Acanthosis nigricans, genitale Lentigines
Klinik
In der 2. Lebensdekade treten multiple, kleine, glatte oder warzige Papeln (Abb. 4) paranasal und retroaurikulär sowie an der Mundschleimhaut und an den Extremitäten distal auf; hier können die größeren Veränderungen auch wie Fibrome aussehen. Außerdem können Hämangiome, Lipome, genitale Lentigines und palmoplantare Grübchen (pits) vorkommen.
Betroffene Frauen haben fast ausnahmslos eine Brusterkrankung, wobei diese von Hypertrophie über fibrozystische Erkrankungen bis bei etwa 25 % der Frauen zu einem Adenokarzinom der Brust reichen. Bei Männern besteht ebenso ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Bei zwei Dritteln der CS-Patienten finden sich gastrointestinale hamartomatöse Polypen und/oder Schilddrüsenerkrankungen. Das Entartungsrisiko für Gastrointestinaltrakt und Schilddrüse ist jedoch relativ gering (3–10 %).
Histopathologie
Histologisch findet man Ähnlichkeiten mit vulgären Warzen und manchmal ein zwiebelschalenartiges Bild bei den akralen sklerotischen Fibromen. Die oralen Läsionen sind ebenfalls warzig und fibrotisch. Gelegentlich kommen auch Trichilemmome vor. Dies sind follikuläre Tumoren mit palisadenartiger Anordnung von basophilen Basalzellen mit klarem Zytoplasma.
Therapie
Erforderlich sind regelmäßige gynäkologische und internistische Kontrollen hinsichtlich des erhöhten Karzinomrisikos, gegebenenfalls eine prophylaktische Mastektomie. Gastrointestinaltrakt und Schilddrüse sollten durch bildgebende Verfahren regelmäßig kontrolliert werden. Hier ist das Karzinomrisiko jedoch so gering, dass eine prophylaktische Entfernung dieser Organe nicht zu rechtfertigen ist. Störende Hautveränderungen können exzidiert oder mittels ablativer Lasertherapie entfernt werden.

Gardner-Syndrom

(Gardner 1951)
OMIM 175100
AD
5q21–22
APC
Adenomatous polyposis coli
Ätiopathogenese
Dem Gardner-Syndrom und der familiären adenomatösen Polyposis liegen beide Keimbahnmutationen im Tumorsuppressor-Gen APC zugrunde. Der unterschiedliche Phänotyp mit zusätzlicher kutaner Manifestation beim Gardner-Syndrom erklärt sich durch die Größe des Gens sowie die unterschiedliche Lage und Art der Mutation.
Klinik
Über die Hälfte der Patienten mit Gardner-Syndrom entwickeln multiple, kutane, epidermale Zysten am Kapillitium, im Gesicht und in der Nackenregion, teilweise auch am Rumpf (Abb. 5). Alle Patienten haben multiple, meist hunderte kolorektale adenomatöse Polypen.
Die Kolonpolypen treten bereits in der Kindheit auf und können den gesamten Intestinaltrakt befallen. Das Risiko, ein Kolonkarzinom zu entwickeln, beträgt fast 100 %, häufig schon zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Etwa 80 % der Patienten mit Gardner-Syndrom entwickeln Osteome an der Mandibula, bei 85 % findet sich bis zur Vollendung des ersten Lebensjahrs eine Hypertrophie des retinalen Pigmentepithels (CHRPE).
Auch muss auf die mögliche Entstehung der ausgesprochen invasiven und destruktiven Desmoide hingewiesen werden, die sich als bindegewebige Proliferationen postoperativ nach Kolektomien oder nach einer Sektio entwickeln können und in Bauchhaut, Muskeln und Gelenke einwachsen.
Histopathologie
Die Zysten der Haut sind epidermale, infundibuläre Zysten. Gelegentlich zeigen sich fokal in der Zystenwand morphologische Hinweise auf ein Pilomatrixom.
Therapie
Erforderlich sind die Beratung in entsprechenden Zentren, regelmäßige Koloskopien und gegebenenfalls die prophylaktische Kolektomie nach der Pubertät. Nichtsteroidale Antiphlogistika können die Entwicklung von Kolonpolypen hemmen.

Multiple endokrine Neoplasien (MEN) I

(Erdheim 1903; Wermer 1954; Zollinger und Ellison 1955)
OMIM 131100
AD
11q13
MEN 1
Menin
Synonyme
Wermer-Syndrom, multiple endokrine Adenomatose, inklusive Zollinger-Ellison-Syndrom
Klinik
Es besteht eine geringe Hautmanifestation, lediglich mit Angiofibromen und Bindegewebsnävi, ähnlich wie bei tuberöser Sklerose (Kap. „Genodermatosen“). Diese stellt deshalb die wichtigste Differenzialdiagnose dar.
Im Vordergrund steht die Trias der internistischen Symptome: Pankreastumoren wie Gastrinome, Glukagonome und Insulinome, primärer Hyperparathyreoidismus (90 %) und Hypophysenadenome (20 %) mit Cushing-Syndrom, Akromegalie oder Hyperprolaktinämie.
Histopathologie
Weder die Bindegewebsnävi noch die Angiofibrome können von sporadischen oder solchen bei tuberöser Sklerose histologisch unterschieden werden.
Therapie
Die Betreuung dieser Patienten ist eine Herausforderung für Gastroenterologen, Endokrinologen und Viszeralchirurgen.

Multiple endokrine Neoplasien (MEN) IIa

(Sipple 1961)
Bei der MEN IIa ist mit dem RET-Onkogen (OMIM 162300) dasselbe Gen wie bei MEN IIb [OMIM 171400] betroffen, aber an anderer Lokalisation. An der Haut kann es zu einer kutanen makulösen Amyloidose kommen. Die internistische Symptomtrias besteht aus medullärem Schilddrüsenkarzinom, Phäochromozytom und primärem Hyperparathyreoidismus.

Multiple endokrine Neoplasien (MEN) IIb

(Wagenmann 1922; Froboese 1923; Gorlin et al. 1968)
OMIM 162300
AD
10q11
RET
RET oncogene
Synonyme
Wagenmann-Froboese-Syndrom, Syndrom der multiplen Schleimhautneurome
Klinik
Bereits im ersten Lebensjahrzehnt treten Neurome an der Zunge (Abb. 6), den vergrößerten Lippen und den Schleimhäuten, insbesondere des oberen Gastrointestinaltrakts, auf. Pathognomonisch sind große konjunktivale Neurome, die zur Eversion der Augenlider führen (Abb. 7). Gelegentlich fallen Café-au-lait-Flecken oder Lentigines auf, ebenso ein marfanoider Habitus.
Leittumor ist das medulläre Schilddrüsenkarzinom mit einer Inzidenz von fast 85 %. Es tritt meist nach der ersten Lebensdekade auf. Vor Einführung der prophylaktischen Thyreoidektomie war dieses Karzinom der Hauptgrund für die verminderte Lebenserwartung. Außerdem entwickeln etwa 50 % der Patienten Phäochromozytome, oft bilateral oder multipel. Auch die Entstehung eines Megakolons, ähnlich dem Morbus Hirschsprung, ist möglich.
Histopathologie
Neurome stellen sich in der Schleimhautbiopsie als Bündel von neuronalen Fasern ohne Fibrose dar und sind in dieser Lokalisation hochspezifisch für MEN IIb.
Therapie
Eine prophylaktische Thyreoidektomie wird aufgrund der frühen Metastasierungstendenz des medullären Schilddrüsenkarzinoms empfohlen. Bereits bei Verdacht auf ein MEN-IIb-Syndrom sollten die Bestimmung des Basis-Kalzitoninspiegels und durch Pentagastrin stimulierten Kalzitoninspiegels und des karzinoembryonalen Antigens sowie eine I131-MIBG-(Metaiodobenzylguanidin-)Szintigrafie als Screening-Verfahren für Phäochromozytome veranlasst werden.

Muir-Torre-Syndrom

(Muir et al. 1967; Torre 1968)
OMIM 158320
AD
2p21
MSH2
homolog of E. coli MutS 2
 
AD
3p21
MLH1
homolog of E. coli MutL 1
 
AD
2p16
MSH6
homolog of E. coli MutS 6
Das Muir-Torre-Syndrom entspricht dem Lynch-Syndrom (HNPCC, hereditary non-polyposis colorectal carcinoma) mit zusätzlicher Hautbeteiligung.
Ätiopathogenese
Es liegt jeweils eine inaktivierende Keimbahnmutation in einem der verschiedenen Gene der DNA-Mismatch-Reparatur zugrunde, die für die Behebung von Fehlern in der DNA-Replikation zuständig ist. Die Inaktivierung resultiert in einer genetischen Instabilität im Tumorgewebe (Mikrosatelliteninstabilität).
Klinik
Leitsymptom sind multiple Talgdrüsentumoren und Keratoakanthome, die zumeist zentrofazial, aber auch extrafazial auftreten können (Abb. 8). Sie sind häufig gedellt und entstehen möglicherweise an einem gemeinsamen Ort, wo der Talgdrüsengang in den Haarfollikel mündet. Während Talgdrüsenhyperplasien allein nicht diagnostisch sind, sind cystic sebaceous tumors, die klinisch als rotbraune Knoten erscheinen und als entzündete epidermale Zysten fehlgedeutet werden können, pathognomonisch für das Muir-Torre-Syndrom.
Häufigstes, innerliches Malignom mit einem Lebenszeitrisiko von 80 % ist das Kolonkarzinom, gefolgt vom Endometriumkarzinom und dem Urothelkarzinom.
Histopathologie
Man findet Talgdrüsenneoplasien, die von Talgdrüsenadenomen über Sebaceome bis hin zu Talgdrüsenkarzinomen reichen. Die Talgdrüsentumoren sind häufig ungewöhnlich oder schwer zu klassifizieren. Bei den pathognomonischen cystic sebaceous tumors handelt es sich um große, tief liegende, scharf begrenzte, zystische Tumoren mit peripher liegender, teils atypischer Talgdrüse mit zentraler Nekrose und Mitosen. Im Tumorgewebe lässt sich ein typischer Verlust des betreffenden DNA-Reparaturgens mittels Immunhistochemie identifizieren.
Therapie
Talgdrüsentumoren werden exzidiert. Alle Betroffenen und auch deren angehörige Risikopersonen sollten in ein engmaschiges Krebsfrüherkennungsprogramm mit regelmäßigen Koloskopien, möglichst in Kooperation mit einem Zentrum für erblichen Darmkrebs, eingeschlossen werden.
Literatur
Übersichten
Al Fares A, Millington GWM, Tischkowitz M (2010) Dermatological features of inherited cancer syndromes in adults. Clin Exp Dermatol 35:462–467CrossRefPubMed
Ponti G, Pellacani G, Seidenari S et al (2013) Cancer-associated genodermatoses: skin neoplasms as clues to hereditary tumor syndromes. Crit Rev Oncol Hematol 85:239–256CrossRefPubMed
Somoano B, Tsao H (2008) Genodermatoses with cutaneous tumors and internal malignancies. Dermatol Clin. 26:69–87CrossRefPubMed
Winship IM, Dudding TE (2008) Lessons from the skin – cutaneous features of familial cancer. Lancet Oncol 9:462–472CrossRefPubMed