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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 10.08.2025 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Phäochromozytom und Paragangliom

Verfasst von: Nicole Bechmann und Hendrik Lehnert
Paragangliome sind meist katecholaminproduzierende Tumoren der sympathischen und parasympathischen Ganglien. Ein Paragangliom des Nebennierenmarks wird Phäochromozytom genannt. Die Diagnose erfolgt durch die Bestimmung der Metanephrine (Katecholaminmetaboliten) im Plasma oder 24-h-Sammelurin und anschließender anatomischer Bildgebung. Präoperative Blutdruckkontrolle mit α-Blockern ist essenziell. Bis zu 75 % der Patienten haben nach Tumorresektion keine weiteren Beeinträchtigungen. Familiäre Tumorsyndrome können vorliegen. Über 30 % der Patienten tragen Keimbahnmutationen, und weitere 35–40 % können auf somatische pathogene Varianten in einem von mehr als 20 Suszeptibilitätsgenen zurückgeführt werden, wobei der Genotyp die Rezidiv- und Metastasierungsneigung bestimmt. Das bisher einzige diagnostische Kriterium für Malignität sind Metastasen in Lymphknoten, Knochen, Lunge oder Leber. Indikatoren für ein erhöhtes Metastasenrisiko sind ein Tumordurchmesser > 5 cm, extraadrenale sympathische Paragangliome, erhöhte Methoxytyraminplasmawerte und Mutationen der Succinatdehydrogenase B (SDHB). Eine jährliche Nachsorge wird empfohlen.

Definition

Paragangliome (PGL) sind meist Katecholamin-produzierende Tumoren, die sich aus den sympathischen und parasympathischen Ganglien im Abdomen, Thorax sowie Kopf- und Halsbereich entwickeln. Paragangliome, die aus den chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks stammen, werden Phäochromozytome genannt (Mete et al. 2022).
In der Regel können PGL durch komplette Resektion geheilt werden. Allerdings gibt es in Abhängigkeit vom Genotyp erhebliche Unterschiede im Malignitätsrisiko. Das bisher einzige diagnostische Kriterium für Malignität sind Metastasen in Lymphknoten, Knochen, Lunge oder Leber; histologische Kriterien, wie z. B. Gefäßinvasionen oder Ki-67-Index, sind nicht zuverlässig. Um das Malignitätsrisiko von Phäochromozytomen zu beschreiben, wurden u. a. PASS („pheochromocytoma of the adrenal gland scaled score“) und GAPP („grading system for adrenal pheochromocytoma and paraganglioma“) entwickelt, die eine Reihe vorwiegend histologischer Kriterien zusammenfassen. Eine zuverlässige Risikoabschätzung mithilfe der Bewertungssysteme konnte nicht bestätigt werden (Agarwal et al. 2010; Stenman et al. 2018).
Rund 20 % der Patienten mit Paragangliom entwickeln Metastasen (Calsina et al. 2023). Das Malignitätsrisiko bei abdominalen und thorakalen Paragangliomen liegt bei ca. 35 % (Eisenhofer et al. 2012) und bei pathogenen Varianten in der Succinatdehydrogenase Untereinheit B (SDHB) sogar bei 40–70 % (Amar et al. 2005; Burnichon et al. 2009). Ein Tumordurchmesser von > 3,5 cm bei Patienten mit – und 5 cm bei Patienten ohne – SDHB-Mutation gelten als unabhängige Risikofaktoren für Metastasen (Schovanek et al. 2014; Eisenhofer et al. 2012). Bei allen Patienten mit Paragangliomen ist, neben dem höheren Alter und dem Vorliegen von Metastasen, ein kürzeres krankheitsspezifisches Überleben mit einer extraadrenalen Tumorlokalisation und erhöhten Plasmawerten von Methoxytyramin und Normetanephrin verbunden (Pamporaki et al. 2022).
Aufgrund des Mangels an zuverlässigen Markern zur Dignitätsbestimmung kann bei keinem Paragangliom eine Metastasierungs- oder Rezidivneigung ausgeschlossen werden, und Patienten sollten auch nach vollständiger Resektion lebenslang regelmäßig nachversorgt werden. In der Tumorklassifikation der WHO 2017 existiert der Begriff des benignen Phäochromozytoms folglich nicht mehr (Lam 2017). Patienten mit metastasiertem Paragangliom weisen eine 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von zwischen 40 und 77 % auf (Hescot et al. 2019).

Epidemiologie

Die Inzidenz für Paragangliome wird auf 2–8 Fälle pro 1 Mio. Einwohner im Jahr geschätzt (Eisenhofer et al. 2013b). Bei Patienten mit Bluthochdruck wird die Prävalenz mit 0,05–0,1 % angegeben (Chen et al. 2010). Regional können aufgrund von „founder effects“ deutlich häufiger Paragangliome auftreten. Das Paragangliom kann in jedem Lebensalter auftreten und wird häufiger bei Frauen diagnostiziert (Bechmann et al. 2024a). Ein Häufigkeitsgipfel scheint zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr aufzutreten. Etwa 13 % aller Patienten sind bei Diagnosestellung unter 18 Jahre alt (Pamporaki et al. 2017).
Die Abklärung eines zufällig gefundenen Nebennierentumors ist wichtig, da zwischen 5 % und 10 % aller Inzidentalome Phäochromozytome sind. Etwa 65–86 % aller Paragangliome sind im Nebennierenmark lokalisiert. Die übrigen 14–35 % entfallen auf Paragangliome des Kopf-Hals-Bereichs und extraadrenale, sympathische Paraganglien (Eisenhofer et al. 2012; Pamporaki et al. 2017). Die sympathischen Paragangliome verteilen sich überwiegend auf intraabdominale Paraganglien. Raritäten sind mediastinale und andere intrathorakale Lokalisationen sowie Befall der Prostata, der Blase oder des Rektums.

Klinik

Paragangliome zeigen oft unspezifische Symptome als Ausdruck einer übermäßigen Katecholaminsekretion (Tab. 1). Je nach Sekretionsverhalten des Tumors bestehen die Symptome kontinuierlich oder treten intermittierend auf. Sportliche Betätigung, Druck auf das Abdomen, Stress, Alkohol, Nahrungsmittel (z. B. Tyramin in Käse) oder Medikamenteneinnahme (Glukokortikosteroide, Ephedrin, Phenylephedrin, Adrenocorticotropes Hormon (ACTH), Phenothiazin, Amphetamine, Antidepressiva und einige Anästhetika) können Symptome auslösen. Unter diesen oder anderen Umständen kann es zu lebensbedrohlichen kardiovaskulären Problemen, wie einer hypertensiven Krise, Myokardinfarkt, Brady- und Tachyarrhythmie, Stresskardiomyopathie (Takotsubo-Syndrom) und akutem Herzversagen kommen. Eine Beschwerdetrias von Kopfschmerzen, Schwitzen und Tachykardien ist relativ spezifisch (90 %), tritt aber bei nur 19 % der Patienten auf (Geroula et al. 2019). Schwitzen, Tremor, Blässe und Übelkeit oder Erbrechen treten deutlich häufiger bei Patienten mit bestätigtem Befund auf als bei Patienten mit unbestätigtem Verdacht auf ein Paragangliom. Im Gegensatz dazu sind Hypertonie, Kopfschmerzen, Flush und Angstgefühle in beiden Gruppen ähnlich häufig. Die meisten Patienten mit positivem Befund sind schlank. Insbesondere bei Paragangliomen des Kopf-Hals-Bereichs und bei bestimmten familiären Formen kommen auch nichtfunktionale Tumoren (kaum oder keine Katecholaminfreisetzung) vor, die meist asymptomatisch bleiben. Diese Tumoren werden daher bei Routineuntersuchungen zufällig entdeckt (Inzidentalome). Die Diagnose infolge der Detektion eines Inzidentaloms gewinnt zunehmend an Bedeutung. Bei Befunden in der Nebenniere > 10 HU sollte ein Phäochromozytom abgeklärt werden. In einigen Fällen kommt es erst zur Diagnose, wenn Beschwerden aufgrund einer fortgeschrittenen Tumorgröße auftreten. Das Auftreten von Metastasen geht, trotz der zu erwartenden erhöhten Tumorlast, nicht mit mehr Symptomen einher (Li et al. 2021).
Tab. 1
BMI, Herzfrequenz und Häufigkeit typischer Symptome bei Patienten mit Verdacht auf Paragangliom mit und ohne bestätigten Befund. (Mod. nach Geroula et al. 2019)
 
Paragangliom bestätigt
Paragangliom nicht bestätigt
n
243
1774
BMI (kg/m2)
25
28
Herzfrequenz (b/min)
79
72
Blässe (%)
26
13
Schwitzen (%)
46
28
Palpitationen (%)
46
36
Tremor (%)
25
15
Übelkeit/Erbrechen (%)
21
11
Hypertonus (%)
83
85
Kopfschmerzen (%)
38
39
Schwäche (%)
42
35
Panik/Angstgefühle (%)
25
25
Flush (%)
20
23
Darmträgheit (%)
14
9
Signifikanter Unterschied zwischen Patienten mit und ohne bestätigtem Befund

Pathophysiologie

Die Pathogenese des Paraganglioms lässt sich in über 30 % der Fälle auf definierte Keimbahnmutationen zurückführen (Pandit et al. 2016). Selbst bei Patienten ohne Familiengeschichte mit solitärem Paragangliom liegt in 14 % der Fälle eine Keimbahnmutation vor (Curras-Freixes et al. 2015). Bisher konnten Mutationen in mehr als 20 Genen mit Paragangliomen in Verbindung gebracht werden. Malignitätsrisiko, häufigste Tumorlokalisation, Katecholaminphänotyp und das Risiko für Begleiterkrankungen im Rahmen einer syndromischen Präsentation variieren stark. Eine kritische (Familien-)Anamnese kann bei der Identifikation eines familiären Syndroms aufschlussreich sein (Tab. 2).
Tab. 2
Mit Paragangliomen assoziierte Syndrome
Syndrom
Gen
Häufige weitere Manifestationen
M. Hippel-Lindau, Typ 2A, 2B, 2C
VHL
2A: Hämangioblastome/Angiome der Retina und des zentralen Nervensystems, Zysten in Niere und/oder Pankreas
2B: wie A und klarzelliges Nierenkarzinom
2C: nur Phäochromozytom
RET
2B: medulläres Schilddrüsenkarzinom, mukokutane Neurome, Skelettdeformität, Gelenküberdehnung, intestinales Ganglioneurom (M. Hirschsprung)
Neurofibromatose Typ 1 (M. Recklinghausen)
NF1
Neurofibrome, Café-au-lait-Flecken, kleinfleckige Hyperpigmentierung im Bereich der Achseln oder Leistengegend, Irishamartom (Lisch-Knoten), Knochendeformitäten, Gliome des zentralen Nervensystems, Makrozephalie, kognitive Defizite, medulläres Schilddrüsenkarzinom, Nebenschilddrüsentumor, periphere Nervenscheidentumoren
Familiäres Paragangliom Typ 1
SDHD
Klarzelliges Nierenkarzinom, Schilddrüsenadenom, gastrointestinaler Stromatumor, Lungenchondrom
Familiäres Paragangliom Typ 2
SDHAF2
Unbekannt
Familiäres Paragangliom Typ 3
SDHB
Klarzelliges Nierenkarzinom, Schilddrüsenadenom, Neuroblastom, Hypophysenadenom, möglicherweise Brust- und Schilddrüsenkrebs, gastrointestinaler Stromatumor, Lungenchondrom
Familiäres Paragangliom Typ 4
SDHC
Klarzelliges Nierenkarzinom, Schilddrüsenadenom, gastrointestinaler Stromatumor, Lungenchondrom
Familiäres Paragangliom Typ 5
SDHA
Klarzelliges Nierenkarzinom, Schilddrüsenadenom, gastrointestinaler Stromatumor, Lungenchondrom
Carney-Stratakis-Syndrom (Carney-Trias)
SDHA, SDHB, SDHC, SDHD
Gastrointestinaler Stromatumor, (Lungenchondrom)
(CSS: vererblich, Keimbahnmutationen; Carney-Trias: somatische Mutationen möglich, sporadisch)
Familiäres Paragangliom
TMEM 127, MAX, FH
Nicht bekannt
3PAs (Hypophysenadenom, Phäochromozytom, Paragangliom)
SDHB, SDHD, MEN1
Hypophysenadenom
Erythrozytose und/oder Paragangliom
VHL, PHD1, PHD2, HIF-2A
Erythrozytose (bei HIF-2A auch Somatostatinome, bei HIF-2A, PHD1 und PHD2 in der Regel somatische Mutation)
Molekularbiologisch lassen sich Paragangliome in 3 Gruppen unterteilen.
  • Cluster-1-Paragangliome zeichnen sich durch vermehrte Expression von Genen aus, deren Expression üblicherweise durch Hypoxie (verminderte Sauerstoffkonzentration im Gewebe) induziert wird. Daher werden Tumoren dieses Clusters auch als pseudohypoxisch bezeichnet. Zu ihnen gehören Paragangliome mit pathogenen Varianten (PV) die zu einer Inaktivierung
    • der Succinatdehydrogenase(SDH) Untereinheiten A, B, C, D,
    • des SDH-assoziierten Faktors 2 (SDHAF2),
    • der Fumarathydratase (FH),
    • des Von-Hippel-Lindau-Gens (VHL),
    • der Isozitratdehydrogenase (IDH1),
    • der Prolinhydroxylase 1 und 2 (PHD1, 2)
    oder zu einer Überaktivierung des Hypoxie-induzierten Faktors 2α (HIF-2A oder auch “endothelial PAS domain-containing protein 1” [EPAS1] genannt) führen.
  • Cluster-2-Paragangliome sind durch eine erhöhte Aktivierung von Kinasesignalwegen gekennzeichnet und beinhalten Paragangliome mit pathogenen Varianten in
    • Rezeptortyrosinkinase (RET),
    • Transmembranprotein 127 (TMEM 127),
    • “kinesin family member” 1B (KIF1B),
    • Myc-assoziierter Faktor (MAX),
    • “HRAS proto-oncogene” (HRAS)
    • Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 1 (FGFR1),
    wobei nur pathogene Varianten in RET, HRAS und FGFR1 mit einer Überaktivierung einhergehen.
  • Cluster-3-Paragangliome wurden erstmals 2017 beschreiben und zeichnen sich durch eine erhöhte Expression von Genen der Wnt- und Hedgehog-Signalwege aus (Fishbein et al. 2017). In den entsprechenden Paragangliomen wurden somatische pathogene Varianten im CSDE1-Gen und Genfusion des MAML3 identifiziert. Das Vorliegen einer MAML3-Fusion ist mit einem erhöhten Metastasierungsrisiko verbunden, und die Fusionsprävalenz in Paragangliomen wird mit 3,7 % angegeben (Monteagudo et al. 2024).
Weitreichende Übereinstimmungen sporadischer Paragangliome mit dem Expressions- und Sekretionsmuster der verschiedenen Cluster zeigen, dass auch in den bisher als sporadisch klassifizierten Tumoren die entsprechenden Signalwege verändert sind. Mindestens 25 % aller sporadisch erscheinenden Paragangliome weisen somatische Mutationen in einem der Suszeptibilitätsgene auf (Burnichon et al. 2011). Somatische Mutationen im ATRX wurden im Zusammenhang mit aggressivem Verhalten beschrieben und traten vorwiegend bei Patienten mit SDHB-Keimbahnmutationen auf.
Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Genotyp und Phänotyp in Paragangliomen, welcher schematisch in Abb. 1 gezeigt ist. Pseudohypoxische Cluster-1-Paragangliome produzieren in der Regel kein Adrenalin. Sie entstehen extra- und intraadrenal, und multiple Tumoren sind keine Seltenheit. Die Tendenz zur Metastasierung ist insbesondere im Fall von SDHB-Mutationen erhöht (Bechmann et al. 2020). Innerhalb von Cluster 1 kann man zusätzlich noch zwischen Cluster 1A und 1B unterscheiden. Während bei Cluster-1A-Tumoren Gene des Krebs-Zyklus beeinträchtigt sind, weisen Cluster-1B-Tumoren pathogene Varianten in Genen auf, die direkt zu einer Stabilisierung von HIF-2A führen.
Diese wissenschaftliche Abbildung zeigt ein Flussdiagramm, das die molekularen Cluster 1A, 1B, 2 und 3 vergleicht. Cluster 1A und 1B sind mit dem Krebs-Zyklus und dem HIF-Signalweg verbunden, was zu einem pseudohypoxischen Phänotyp führt. Cluster 2 ist mit dem Kinasensignalweg assoziiert, während Cluster 3 den Wnt-Signalweg betrifft. Die Abbildung beschreibt die beeinträchtigten Gene, den Typ der Mutation, die Tumorlokalisation, das Metastasierungsrisiko und den Katecholamin-Phänotyp für jeden Cluster. Schlüsselwörter: Krebs-Zyklus, HIF-Signalweg, Kinasensignalweg, Wnt-Signalweg, Mutation, Tumorlokalisation, Metastasierungsrisiko.
Abb. 1
Genotyp-Phänotyp-Korrelation in Paragangliomen.1In Europäischen Kohorten fast ausschließlich im Nebennierenmark, in Chinesischen Kohorten auch extraadrenale Fälle beschrieben. Abbildung mittels https://BioRender.com erstellt in Anlehnung an Bechmann et al. 2024b
Cluster-2-Tumoren zeichnen sich durch Produktion von Adrenalin aus und entstehen innerhalb europäischer Kohorten in erster Linie im Nebennierenmark, während in chinesischen Kohorten auch extraadrenale Fälle beschrieben sind (Jiang et al. 2020). Sie treten häufig bilateral auf und zeigen in der Regel nur eine geringe Metastasierungstendenz.
Cluster-3-Tumoren mit MAML3-Fusionen gehen hauptsächlich mit einzelnen Phäochromozytomen einher, weisen einen noradrenalinproduzierenden Phänotyp auf und haben eine erhöhte Metastasierungsrate (Monteagudo et al. 2024).

Diagnostik

Biochemische Diagnostik

Die Bestimmung der freien Metanephrine (Metaboliten der Katecholamine) in Plasma oder 24-h-Urin ist der derzeitige Goldstandard zur Diagnose eines Paraganglioms. Im Plasma wird eine 97,9 %ige und im Urin eine 93,4 %ige Sensitivität bei einer Spezifität von 94,2 % erreicht (Eisenhofer et al. 2018).
Die Bestimmung des Metanephrins (Metabolit des Adrenalins) und Normetanephrins (Metabolit des Noradrenalins) in Plasma und Urin sowie des Methoxytyramins (Metabolit des Dopamins) im Plasma hat sich durchgesetzt, da diese Metaboliten, im Gegensatz zu den Katecholaminen, kontinuierlich gebildet und ins Blut abgegeben werden. Metanephrinwerte sind daher weitgehend unabhängig von der regulierten, oft intermittierend auftretenden Katecholaminsekretion und liefern dauerhaft diagnostisch verwertbare Befunde (Abb. 2). Die Bestimmung von Dopamin oder Methoxytyramin im Urin ist aufgrund ihrer physiologisch hohen Konzentration im Urin nicht sensitiv. Obsolet ist die Bestimmung der Vanillinmandelsäure.
Diagramm, das die Biosynthese von Noradrenalin und Adrenalin in Tumorzellen zeigt. Links eine schematische Darstellung des menschlichen Körpers mit markierten Tumorstellen. Rechts oben der Prozess in einer noradrenalinproduzierenden Zelle: L-Tyrosin wird zu L-DOPA und dann zu Dopamin (DA) umgewandelt, das durch DBH zu Noradrenalin (NA) wird. Unten der Prozess in einer adrenalinproduzierenden Zelle: Noradrenalin wird durch PNMT zu Adrenalin (A) umgewandelt. Beide Prozesse zeigen den Transport der Substanzen in Blutgefäße. Wichtige Enzyme und Zwischenprodukte sind markiert.
Abb. 2
Schematische Darstellung der Freisetzung von Katecholaminen und Metanephrinen aus noradrenalin- bzw. adrenalinproduzierenden Paragangliomen. Adrenalin (A) und Noradrenalin (NA) werden in Vesikeln gespeichert und über Ca2+-abhängige Exozytose sezerniert (rote Pfeile). Die Katechol-O-Methyltransferase (COMT) metabolisiert die Katecholamine, A, NA und Dopamin (DA) zu Metanephrin (MN), Normetanephrin (NMN) und Methoxytyramin (MTY), die kontinuierlich ans Blut abgegeben werden. In adrenalinproduzierenden Paragangliomen können sowohl Noradrenalin als auch Adrenalin gebildet werden, da diese das Enyzm Phenylethanolamin-N-Methyltransferase (PNMT) exprimieren. TH Tyrosinhydroxylase; DDC L-Dopa-Decarboxylase; VS Speichervesikel, Abbildung mittels https://BioRender.com erstellt
Von ausschlaggebender Bedeutung für eine korrekte Diagnose sind das analytische Verfahren und die Wahl geeigneter, insbesondere bei Normetanephrin im Plasma, altersangepasster und geschlechtsspezifischer oberer Referenzwerte (Eisenhofer et al. 2013a; Eisenhofer et al. 2019).
Eine notwendige Voraussetzung für eine hohe diagnostische Spezifität der Metanephrine im Plasma ist eine Blutabnahme durch einen Venenverweilkatheter nach mindestens 20-minütiger Ruhelage beim nüchternen Patienten (Darr et al. 2014). Im Fall eines positiven Befunds nach Blutabnahme im Sitzen sollte dieser zunächst nach Blutentnahme in Ruhelage bestätigt werden, da die Rate falsch-positiver Ergebnisse nach Blutentnahme im Sitzen im nicht nüchternen Zustand fast 6-fach erhöht ist. Beim 24-h-Urin ist es dringend erforderlich, dass der Patient zuverlässig sämtliche im entsprechenden Zeitraum erfolgenden Blasenentleerungen vollständig sammelt.
Die Bestimmung der Metanephrine sollte in spezialisierten Laboren mittels Massenspektrometrie erfolgen. Immunoassays können insbesondere beim Normetanephrin zu falsch-negativen Befunden führen.
Übersteigen die Metanephrine den oberen Referenzwert, liegt mit hoher Sicherheit ein Paragangliom vor. Es ist darauf zu achten, dass einige Substanzen mit den Testergebnissen interferieren können. Falsch-positive Werte können aus der Einnahme von α-Blockern (z. B. Phenoxybenzamin, Doxazosin), trizyklischen Antidepressiva, selektiven Serotonin Wiederaufnahmeinhibitoren, Methyldopa, Levodopa, Koffein, Nikotin, Kalziumkanalblockern, Sympathomimetika (z. B. Amphetamine, Ephedrin) und Monoaminooxidase(MAO)-Inhibitoren resultieren. Darüber hinaus können Labetalol und Sympathomimetika die spektrofotometrische Analytik stören. Die HPLC-Analytik kann durch Kaffee (auch entkoffeiniert), Sotalol, Buspiron, Paracetamol, Levodopa und Methyldopa beeinflusst werden. Da auch einige Nahrungsmittel für Interferenz sorgen, sollte die Blutabnahme nüchtern erfolgen. Insbesondere Koffein ist dringend zu meiden.
Eine differenzierte Betrachtung der erhöhten Katecholaminmetaboliten erlaubt Rückschlüsse auf die Tumorlokalisation, den Mutationshintergrund und sogar die Dignität.
Erhöhtes Metanephrin kennzeichnet in der Regel eine Tumorlokalisation im Nebennierenmark, da die vom Nebennierenkortex freigesetzten Glukokortikoide die Expression der Phenylethanolamin-N-Methyltransferase (PNMT) induzieren, die die Umwandlung von Noradrenalin in Adrenalin katalysiert (Abb. 2). Metanephrinproduzierende Phäochromozytome gehören zu den Cluster-2-Tumoren; pathogene Varianten in u. a. dem RET- oder dem NF1-Gen sind wahrscheinlich. Bei PV in TMEM-127 sind üblicherweise Metanephrin und Normetanephrin erhöht, die Tumoren können in seltenen Fällen auch außerhalb des Nebennierenmarks lokalisiert sein. Bei Paragangliomen mit PV in MAX ist ein intermediärer Katecholaminphänotyp typisch; die Normetanephrinwerte sind üblicherweise erhöht, während Metanephrin nicht notwendigerweise erhöht sein muss.
Ausschließlich Normetanephrin-produzierende Tumore gehören prinzipiell zu Cluster-1-Tumoren. Bei Tumorlokalisation im Nebennierenmark ist eine VHL-Mutation wahrscheinlich. Erhöhte Werte für Methoxytyramin können auf extraadrenale Paragangliome, auch im Kopf-Hals-Bereich (Richter et al. 2022), hinweisen. Darüber hinaus konnte auch ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Methoxytyramin und Metastasen gezeigt werden. Methoxytyraminwerte oberhalb von 0,2 nmol/l können, ebenso wie ein Tumordurchmesser von über 5 cm, ein Anzeichen für Metastasen sein (Peitzsch et al. 2013).
Bei grenzwertigen Befunden müssen zunächst interferierende Substanzen ausgeschlossen und die Untersuchungen wiederholt werden. Bei wiederholt grenzwertig erhöhtem Normetanephrin wird zur Bestätigung der Clonidinsuppressionstest angewandt. Clonidin ist ein zentral wirksamer präsynaptischer α2-Agonist, der die Freisetzung von Noradrenalin aus sympathischen Nervenendigungen supprimiert. Ein pathologisches Ergebnis liegt mit hoher Spezifität vor, wenn das Normetanephrin weder in den Normbereich noch um mindestens 40 % des Ausgangswerts abfällt (van Berkel et al. 2014). Bei Patienten mit grenzwertig erhöhtem Metanephrin und normalem Normetanephrin ist der Clonidinsuppressionstest nicht aussagekräftig.
Insbesondere bei Patienten mit PV in SDHB, die nicht notwendigerweise erhöhte Metanephrine aufweisen, kann Chromogranin A (CgA) als zusätzlicher diagnostischer Marker hilfreich sein. Ein erhöhtes CgA ist allerdings nicht spezifisch und kann bei Niereninsuffizienz, Einnahme von H2-Blockern, Herzerkrankungen oder auch anderen neuroendokrinen Tumoren auftreten.
In der Regel ermöglichen nichtinvasive bildgebende Verfahren zuverlässige Befunde. Daher ist eine Nebennierenvenenkatheterisierung zur Lokalisationsdiagnostik eines Phäochromozytoms anhand der Plasmametanephrine nur noch in absoluten Ausnahmefällen indiziert. Eine der äußerst seltenen Indikationen wäre der Ausschluss eines kontralateralen Adenoms bei bilateraler Raumforderung in den Nebennieren und uneindeutigem Befund der funktionellen Bildgebung (Abschn. 5.2). Die Blutentnahme aus der Nebennierenvene erfordert immer eine vorherige α-Blockade.

Lokalisationsdiagnostik und bildgebende Verfahren

Nach Sicherung der biochemischen Diagnose eines Paraganglioms ist die Bestimmung der Lokalisation des Tumors notwendig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass multifokale Paragangliome und Metastasen vorliegen können. Insbesondere bei einem Diagnosealter unter 25 Jahren treten vermehrt multifokale Tumoren auf. Bei Kindern sind etwa 33 % der Paragangliome multifokal und in 12 % der Fälle bilaterale adrenale Paragangliome. Etwa 66 % liegen extraadrenal. Bei Erwachsenen sind Paragangliome meistens in der Nebenniere zu finden (65–86 %), 9–20 % davon treten bilateral auf. Bei Erwachsenen entfallen nur 14–35 % auf extraadrenale, sympathische Paragangliome oder parasympathische Paragangliome des Kopf-Hals-Bereichs (Eisenhofer et al. 2012; Pamporaki et al. 2017).
Die anatomische Lokalisation per Magnetresonanz- oder Computertomografie (MRT oder CT) ist essenziell zur Therapieplanung. Aufgrund der besseren Auflösung wird die CT bevorzugt eingesetzt. Die Sensitivität liegt zwischen 88 und 100 %. Im Kopf-Hals-Bereich und bei Metastasen konnte jedoch eine bessere Sensitivität für die MRT festgestellt werden (Lenders et al. 2014).
Die sonografische Lokalisation zeigt je nach Größe des untersuchten Kollektivs und auch in Abhängigkeit von der Erfahrung des Untersuchers eine Sensitivität zwischen 75 und 95 %, bietet gegenüber den anderen Verfahren keine zusätzliche diagnostische Präzision und ist daher nicht zu empfehlen. Bei Kindern, Schwangeren, Patienten mit bekannten Keimbahnmutationen oder vorheriger exzessiver Strahlenbelastung sollten strahlungsintensive Verfahren vermieden werden. Hier sind in erster Linie die MRT, aber möglicherweise auch die Sonografie hilfreich.
Patienten mit erhöhtem Metanephrin und Raumforderung in der Nebenniere mit einem Tumordurchmesser von unter 3 cm, ohne familiäres Syndrom oder bekannte Keimbahnmutation und Diagnosealter über 40 Jahren profitieren vermutlich selten von zusätzlicher funktioneller Bildgebung, da das Metastasenrisiko in diesem Fall eher gering ist.
Um zuverlässig multifokale Lokalisationen oder Metastasen detektieren zu können, sollte bei Patienten mit erhöhtem Methoxytyramin, Primärtumor über 5 cm Durchmesser, extraadrenalen Paragangliomen des Rumpfs, PV in SDHB oder jungem Alter bei Diagnosestellung auf eine funktionelle Bildgebung nicht verzichtet werden.
Funktionelle bildgebende Verfahren können Paragangliome sehr sensitiv darstellen, sie können die anatomische Bildgebung jedoch nicht ersetzen.
Zur Darstellung von Paragangliomen und möglichen Metastasen stehen in erster Linie die Fluordihydroxyphenylalanin(FDOPA)-Positronenemissionstomografie (PET), die Somatostatinrezeptor(SSTR)-PET und die Fluordesoxyglukose(FDG)-PET zur Verfügung.
Die Sensitivität der Tracer unterscheidet sich je nach PV und Tumorlokalisation. Gegenwärtig empfiehlt die nordamerikanische Gesellschaft für neuroendokrine Tumoren die Verwendung von SSTR-PET, wenn verfügbar, aufgrund der hohen Sensitivität zur Darstellung von metastasierten Paragangliomen (Fishbein et al. 2021). Alternativ kann auf FDG-PET zurückgegriffen werden, insbesondere für Patienten mit SDHB-mutierten Paragangliomen oder schnell regressierender Erkrankung. SSRT-PET erwies sich für Kopf-Hals-Paragangliome und Metastasen von sporadischen oder SDHB-, SDHC- und SDHD-mutierten Paragangliomen als besonders sensitiv. Bei Cluster-1-Paragangliomen mit PV in FH, VHL oder EPAS1 sowie bei Cluster-2-Paragangliomen mit PV in RET, NF1, TMEM 127 und MAX zeigte 18F-DOPA eine bessere Sensitivität (Taieb und Pacak 2017). Ein Überblick über die sensitivsten Detektionsmethoden unter Berücksichtigung der Metanephrindiagnostik, der Tumorlokalisation und des Mutationshintergrunds ist in Abb. 3 dargestellt.
Flussdiagramm zur Diagnose und Behandlung von Paragangliomen. Schritt 1: Metanephrine-Basisdiagnostik zur Bestimmung von NM, NMN und MTY im Plasma oder Urin. Ergebnisse führen zu Verdacht auf Paragangliom, der durch Clonidintest bestätigt werden kann. Schritt 2: Bildgebung zur Lokalisationsdiagnostik mittels CT oder MRT. Unterscheidung zwischen Phäochromozytom und Paragangliom. Weitere Schritte beinhalten funktionelle Bildgebung und OP-Planung. Schlüsselwörter: Paragangliom, Metanephrine, Bildgebung, Diagnose, Behandlung.
Abb. 3
Zusammenfassung des diagnostischen Vorgehens bei Verdacht auf Paragangliom, MN Metanephrin; NMN Normetanephrin; MTY Methoxytyramin, 1bei fortbestehendem Verdacht Wiederholung der Metanephrinbestimmung zu einem späteren Zeitpunkt, 2DOTA-xxx DOPATATE, DOTATOC oder DOTANOC. 3In Ausnahmefällen kann 68Ga-DOTA-xxx oder 18F-DOPA zur Bestätigung sinnvoll sein
FDG wird in Zellen mit hoher metabolischer Aktivität angereichert und ist somit nicht spezifisch für chromaffine Zellen. Das FDG-PET ist jedoch weit verbreitet und zeigt gute Sensitivität in der Darstellung von Paragangliomen und Metastasen bei Patienten mit PV im SDH-Gen. Ein weiterer Vorteil der FDG-PET ist, dass sie auch andere Tumoren, die im Rahmen eines familiären Syndroms häufig vorkommen, zuverlässig detektieren kann (gastrointestinale Stromatumoren, Nierenkarzinome, Pankreastumoren, medulläre Schilddrüsenkarzinome, Tumoren der Hypophyse; Taieb et al. 2012).
Tracer, die spezifisch für Paragangliome sind, können eine Abgrenzung von Lymphknotenerkrankungen, Metastasen oder anderen neurogenen und mesenchymalen Tumoren ermöglichen. Darüber hinaus können sie die Diagnose bei biochemisch inaktiven Paragangliomen, insbesondere im Kopf-Hals-Bereich oder bei PV in den Genen SDHB oder SDHD bestätigen. Daher können diese Modalitäten auch im Screening von SDHB- und SDHD-Mutationsträgern nützlich sein.
Die 18F-DOPA-PET ist spezifisch für Gewebe mit Katecholaminmetabolismus. 18F-DOPA wird über Aminosäuretransporter in die Zellen aufgenommen und in 18F-Dopamin metabolisiert, das sich in Katecholaminspeichervesikeln anreichert. Im Gegensatz zu 123I-Metajodbenzylguanidin (123I-MIBG, s. unten) reichert 18F-DOPA in der Regel nicht in normalen Nebennieren an (Taieb et al. 2012). Die Sensitivität von 18F-DOPA liegt zwischen 81 und 100 %, wobei sie für Phäochromozytome und Kopf-Hals-Paragangliome besonders hoch (ca. 100 %), für SDHB-mutationsbedingte Tumoren jedoch sehr gering ist (20 %; Taieb et al. 2012).
Insbesondere für SDHB-, SDHC- und SDHD-mutierte Paragangliome und Metastasen ist die Darstellung der Somatostatinrezeptoren (SSTR) zu bevorzugen (DOTATOC, DOTANOC und DOTATATE).
Paragangliome exprimieren häufig SSTR2, SSTR3 und SSTR4 und nehmen entsprechend Radiotracer auf. Auch neuroendokrine Tumoren des Pankreas oder medulläre Schilddrüsenkarzinome exprimieren SSTR und lassen sich darstellen. Um eine kompetitive Bindung an die Rezeptoren zu vermeiden, sollten Somatostatinanaloga vor der SSTR-Bildgebung abgesetzt werden. Depotpräparate sollten 3–4 Wochen vor der Untersuchung durch Kurzzeitpräparate ersetzt werden, die dann 1 Tag vor der Untersuchung abgesetzt werden.
Weit verbreitet für die Lokalisationsdiagnostik von Paragangliomen ist die Szintigrafie mit 123I-MIBG, die jedoch in vielen Fällen den PET-basierten Methoden unterlegen ist. MIBG ist ein Noradrenalinanalogon und wird über den Noradrenalintransporter spezifisch in chromaffine Zellen aufgenommen. Eine geringe unspezifische Gewebsaufnahme erfolgt per Diffusion. Eine Reihe von Medikamenten kann mit der MIBG-Szintigrafie interferieren, und diese sollten nach Möglichkeit vorher abgesetzt werden (Bombardieri et al. 2010). Die Spezifität der MIBG-Szintigrafie liegt bei 95–100 %, je nach Tumorlokalisation variiert die Sensitivität stark:
  • Phäochromozytom: 83–100 %
  • Paragangliom: 52–75 %
  • Kopf-Hals-Paragangliom: 18–50 %
Im Fall von Paragangliomen mit PV in den Genen SDH oder VHL kann die Sensitivität reduziert sein.
Falsch-positive Befunde sind nicht selten, da eine Aufnahme von 123I-MIBG in bis zu 80 % der normalen Nebennieren beobachtet wird (Taieb et al. 2012). Eine 123I-MIBG-Szintigrafie empfiehlt sich nicht zur Abschätzung des Ausmaßes maligner Erkrankungen, da Metastasen die Expression des Noradrenalintransporters verlieren können und daher nicht immer abgebildet werden (Taieb et al. 2012). Die Darstellbarkeit von metastasierten Paragangliomen ist Voraussetzung für eine Radionuklidtherapie mit 131I-MIBG.
Bei MIBG-negativen Tumoren bieten SSTR-PET oder -Szintigrafie (111In-Octreotid-Szintigrafie) eine sinnvolle Ergänzung, sofern eine Radionuklidtherapie in Betracht gezogen wird. Die PET-basierte Darstellung der Somatostatinrezeptoren ist in der Regel überlegen. Die Sensitivität und Spezifität der 111In-Octreotid-Szintigrafie sind insbesondere bei Kopf-Hals-Paragangliomen hoch (89–100 %). Für abdominale Paragangliome sind sie jedoch niedriger als die der MIBG-Szintigrafie.
Sofern bei stillenden Müttern eine radiologische Untersuchung durchgeführt wird, ist darauf zu achten, dass eine Stillpause entsprechend der Abklingzeit des eingesetzten Radiotracers eingehalten wird.

Genetische Diagnostik

Die genetische Diagnostik beim Paragangliom ist unverzichtbar, da über 30 % aller Patienten mit Paragangliom Keimbahnmutationen in einem der Suszeptibilitätsgene aufweisen. Eine syndromale Präsentation ist jedoch nicht immer gegeben, und bei mindestens 1/4 aller Patienten mit vermeintlich sporadischen Paragangliomen liegen Keimbahnmutationen vor. Bei Patienten ohne Anzeichen einer syndromalen Erkrankung sind Keimbahnmutationen im SDHB- und SDHD-Gen am häufigsten, gefolgt von PV in VHL und RET. NF1- und SDHC-Mutationen sind selten (je ca. 5 % der mutationsbedingten Paragangliome). Mutationen in den Genen SDHA, SDHAF2, TMEM127, MAX und FH werden jeweils in nur etwa 1 % der sporadisch erscheinenden Paragangliome gefunden. Mutationen in den übrigen genannten Suszeptibilitätsgenen machen einen sehr geringen Anteil der mutationsbedingten Paragangliome aus.
Die genetische Diagnostik umfasst die sichere und rechtzeitige Identifizierung von Mutationsträgern bei familiären Paragangliomerkrankungen, also insbesondere bei der multiplen endokrinen Neoplasie (MEN), dem Von-Hippel-Lindau-Syndrom und den Succinatdehydrogenase(SDH)-Genmutationen. Eine genetische Diagnostik der Neurofibromatose Typ 1 ist aufgrund der typischen klinischen Symptomatik verzichtbar.
Bei einem Teil der tumorbedingenden Mutationen liegt eine Überaktivierung des entsprechenden Gens vor (RET, HIF-2A, HRAS, FGFR1). Bei den übrigen liegt ein Funktionsverlust vor. Dieser wird durch Mutation des entsprechenden Gens auf einem Allel bei gleichzeitigem Verlust der Expression vom zweiten Allel bedingt (SDHA, SDHB, SDHC, SDHD, SDHAF2, FH, VHL, PHD2, MAX, TMEM127, NF1, IDH, KIF1B).
Patienten mit PV in NF1, RET, MAX, HRAS und TMEM127 sind in der Regel bei Diagnosestellung 10–15 Jahre älter als Patienten mit Cluster-1-Tumoren. Die häufigste Tumorlokalisation bei Patienten mit PV in RET, NF1, TMEM127 und MAX ist die Nebenniere. Bei PV in HRAS oder FGFR1 können auch extraadrenale Paragangliome auftreten, insbesondere in chinesischen Kohorten (Jiang et al. 2020). Im Fall von PV in TMEM127 können in seltenen Fällen sowohl extraadrenale Paragangliome im Rumpf als auch im Kopf-Hals-Bereich auftreten.
Die MEN wird in 2 genetisch unterschiedliche Typen eingeteilt: MEN1 mit Mutationen im Menin (MEN1) und MEN2A/B, gekennzeichnet durch PV des RET-Protoonkogens. Charakteristisch für MEN1 sind Tumoren der Nebenschilddrüse, der Hypophyse und der Inselzellen der Bauchspeicheldrüse. In Ausnahmefällen wurden Paragangliome mit PV in MEN1 beschrieben (Jamilloux et al. 2014). MEN2-Patienten entwickeln medulläre Schilddrüsenkarzinome und Phäochromozytome. Im Fall der MEN2B sind Neurinome der Schleimhäute, Ganglioneuromatose, ein marfanoider Habitus und überstreckbare Gelenke prominent. Bei MEN2-Patienten sind adrenalinproduzierende, synchron oder asynchron auftretende, bilaterale Phäochromozytome häufig.
VHL-Familien werden nach Abwesenheit (Typ 1) oder Anwesenheit des Paraganglioms (Typ 2) klassifiziert. Die häufigste Lokalisation eines Paraganglioms bei PV in VHL ist die Nebenniere. Es kommen häufig bilaterale Phäochromozytome, aber selten auch extraadrenale Tumoren vor.
PV der SDH-Untereinheiten, die für mitochondriale Komplex-2-Untereinheiten der Atmungskette kodieren, sind in erster Linie für die Entwicklung familiärer Paragangliome verantwortlich: PV in SDHA, SDHC und SDHAF2 führen v. a. zu Paragangliomen im Kopf-Hals-Bereich (familiäres Paragangliom Typen 5, 4 und 2), während PV in SDHB mit extraadrenalen Paragangliomen mit hohem Malignitätsrisiko assoziiert sind (familiäres Paragangliom Typ 3). PV in SDHD führen ebenfalls zu Paragangliomen im Kopf-Hals-Bereich, die oft multifokal mit und ohne assoziiertes Phäochromozytom auftreten (familiäres Paragangliom Typ 1).
Bei extraadrenalen und metastatischen Paragangliomen ist das genetische Screening auf eine PV in SDH unverzichtbar.
Sofern Tumormaterial vorhanden ist, kann eine immunhistochemische Färbung für SDHB und SDHA Hinweise auf PV in diesen Genen liefern. Dabei ist im Tumorgewebe im Fall von PV aller SDH-Untereinheiten keine SDHB-Färbung vorhanden, im Fall von PV in SDHA sind die Färbungen für SDHB und SDHA negativ.
Die Penetranz bei Familien mit PV in SDHB ist üblicherweise gering (20 %). Der Erbgang bei PV in SDHD, SDHAF2 und MAX erfolgt über maternes Imprinting, d. h., es kommt nur bei Vererbung des mutierten Gens vom Vater zur Krankheitsausprägung. Daher können trotz Vorliegen eines familiären Syndroms Generationen „übersprungen“ werden. Daher ist insbesondere bei PV der SDH-Untereinheiten und MAX eine familiäre Vorbelastung nicht notwendigerweise zu erkennen. Hinweise auf eine Keimbahnmutation können sein:
  • Diagnosealter von unter 45 Jahren
  • Synchron oder asynchron auftretende multifokale Paragangliome
  • Bilaterale Phäochromozytome
  • Rezidive oder metastasierte Paragangliome
Neben Keimbahnmutationen werden in 35-40 % der Patienten somatische Mutationen in einem der PGL-Suszeptibilitätsgene beschrieben (Fishbein et al. 2017; Jochmanova und Pacak 2018).

Differenzialdiagnostik

Beim Auftreten typischer Anzeichen für Paragangliome müssen unterschiedliche Differenzialdiagnosen berücksichtigt werden. Häufig muss natürlich die essenzielle Hypertonie abgegrenzt werden. Hier hilft in den meisten Fällen der Clonidintest zur Differenzierung. Die Abgrenzung weiterer endokriner Bluthochdruckformen wird in den entsprechenden Kapiteln diskutiert.
Zusammenfassend muss v. a. an die folgenden Differenzialdiagnosen gedacht werden (Lenders et al. 2005):

Therapie

Nichtmetastasiertes Paragangliom

Prä- und perioperative internistische Therapie

Ziel der präoperativen Behandlung ist es, die biologische Wirkung der sezernierten Katecholamine aufzuheben. Ohne medikamentöse Vorbereitung besteht die Gefahr lebensbedrohlicher perioperativer Komplikationen, da Paragangliome durch Anästhesie, Tumormanipulation und andere Faktoren akut hohe Mengen an Katecholaminen freisetzen können.
Mit der Therapie wird 10–14 Tage vor der Operation begonnen, um eine ausreichende Normalisierung des Blutdrucks sowie Blutvolumens und damit eine Senkung des intraoperativen Risikos zu erreichen.
Erste Wahl ist üblicherweise die Verwendung von α-Blockern. Dabei kann zwischen dem unspezifischen α-Rezeptor-Antagonisten Phenoxybenzamin und den kompetitiv bindenden spezifischen α1-Antagonisten Prazosin, Terazosin und Doxazosin gewählt werden. Phenoxybenzamin bindet unspezifisch, aber irreversibel an α-Rezeptoren, daher kann nur eine Rezeptorneubildung den Effekt verringern. Prazosin, Terazosin und Doxazosin haben wegen ihres kompetitiven Charakters deutlich geringere Halbwertszeiten und sollten daher auch am Morgen vor der Operation noch eingenommen werden. Durch die kürzere Wirksamkeit besteht ein erhöhtes Risiko intraoperativer hypertensiver Krisen im Vergleich zum Phenoxybenzamin; demgegenüber ist das Risiko postoperativer Hypotonie insbesondere bei Prazosin und Terazosin geringer.
Die Dosierung aller α-Blocker sollte langsam gesteigert werden, um orthostatische Hypotonie und andere Nebenwirkungen zu minimieren. Die Einleitung einer salzreichen Diät nach erfolgreicher Blutdruckeinstellung vermindert üblicherweise die orthostatische Hypotonie.
Tachykardien können mit einem β-Blocker behandelt werden. Die Gabe eines β-Blockers ohne vorherige Einleitung einer α-Blockade ist kontraindiziert.
Wenn unter α-Blockade keine adäquate Blutdruckkontrolle erreicht werden kann, schwere Nebenwirkungen auftreten oder bei Patienten mit paroxysmaler Hypertonie ein dauerhafter Blutdruckabfall auftritt, können Kalziumantagonisten eingesetzt werden. Diese verhindern den durch Noradrenalin vermittelten Kalziumeinstrom in die glatte Muskulatur des Gefäßsystems und kontrollieren so Hypertonus und Tachykardie. Folgende Kalziumantagonisten finden Verwendung:
  • Amlodipin (10–20 mg/Tag)
  • Lercanidipin (10–20 mg/Tag)
  • Nicardipin (60–90 mg/Tag)
  • Verapamil (180–540 mg/Tag; Pacak 2007)
Eine optimale präoperative Einstellung wird mit folgenden Kriterien erreicht:
  • Blutdruckwerte konstant < 130/80 mmHg sitzend und > 90 mmHg systolisch im Stehen, bei einer Herzfrequenz von 60–70 im Sitzen und 70–80 im Stehen (Lenders et al. 2014)
Vermieden werden sollten Atropinderivate (aufgrund der Tachykardien bzw. der Freisetzung von Katecholaminen). Die Narkoseeinleitung erfolgt zumeist mit Propofol oder Thiopental, die Aufrechterhaltung mit einem Halogenäther (Desfluran oder Sevofluran).
Intraoperativ auftretende Hochdruckspitzen werden mit Nitroprussidnatrium, Nitroglyzerin oder Urapidil beherrscht, Arrhythmien durch Gabe von Lidocain oder Esmolol behandelt.
Jedoch ist das prä- und perioperative Management der PGL-Patienten aktuell sehr heterogen in Deutschland (Bechmann et al. 2025), und einige Studien deuten darauf hin, dass eine präoperative Vorbehandlung nicht immer erforderlich ist (Groeben et al. 2020). Aufgrund der Komplexität des perioperativen Managements erfordert eine Operation bei PGL immer ein erfahrenes multidisziplinäres Team aus mindestens Endokrinologen, Chirurgen und Anästhesisten.

Operative Therapie

Das operative Verfahren der Wahl ist bei unilateralen Phäochromozytomen die einseitige minimalinvasive videoassistierte endoskopische Adrenalektomie. Es stehen dabei prinzipiell retroperitoneale (dorsal oder lateral) und transperitoneale (anteriore und laterale) Zugangswege zur Auswahl. Kontraindikationen für die minimalinvasive Vorgehensweise sind:
  • Voroperationen im ipsilateralen Oberbauch
  • Tumorgröße von > 5–6 cm
  • Invasives Tumorwachstum
  • Malignomverdacht
Hauptvorteil der minimalinvasiven Verfahren gegenüber den konventionellen offenen Verfahren sind schnellere Rekonvaleszenz und ein niedrigerer Bedarf an perioperativen Analgetika.
Insbesondere bei hereditären Formen, die häufig mit bilateralen Phäochromozytomen (VHL, MEN2) einhergehen, sollten kortexsparende Operationsverfahren zur Anwendung kommen. Es wurde gezeigt, dass eine partielle Adrenalektomie zwar mit einer höheren lokalen Rezidivrate verbunden ist als die radikale Adrenalektomie, aber die Metastasierungsrate und die krankheitsspezifische Mortalität vergleichbar sind (Xu et al. 2024). Jedoch scheint die partielle Adrenalektomie die sichere Methode zu sein, um die Nebennierenfunktion bei Patienten mit hereditären Phäochromozytomen zu erhalten, und zwar sowohl bei synchroner als auch bei metachroner bilateraler Erkrankung, wenn sie als zweite Operation durchgeführt wird.
Grundsätzlich sollte im Rahmen der operativen Strategien beim Phäochromozytom vor jeder Operation geklärt sein, ob ein sporadischer oder ein familiärer Tumor vorliegt.
Die früher oft durchgeführte bilaterale Adrenalektomie erfordert notwendigerweise eine lebenslange Substitutionstherapie mit Hydrokortison oder Kortisonazetat, sowie oft Mineralokortikoiden und bedingt damit auch eine Einschränkung der Lebensqualität. Die partielle Adrenalektomie kann die Notwendigkeit einer Hormonsubstitution und das Risiko einer Addison-Krise vermeiden. Natürlich ist grundsätzlich ein Rezidivrisiko gegeben, die langen Intervalle des Auftretens von metachronen Paragangliomen sprechen aber gegen die „prophylaktische Entfernung“ des nicht betroffenen normalen Nebennierengewebes. Bei bilateralem Befall sollte zumindest auf einer Seite parenchymerhaltend operiert werden. Bei simultaner Diagnose eines medullären Schilddrüsenkarzinoms und eines Phäochromozytoms im Rahmen einer MEN2 sollte zunächst der katecholaminproduzierende Tumor entfernt werden.
Kopf-Hals-Paragangliome sind in den meisten Fällen asekretorisch, die Patienten also oft symptomfrei. Da Kopf-Hals-Paragangliome in der Regel nur sehr langsam wachsen und bei symptomfreien Patienten, deren Tumor nicht entfernt wurde, keine Reduktion der Lebensdauer festgestellt werden konnte, ist in Absprache mit dem Patienten eine Strategie des „wait and scan“ möglich (Taieb et al. 2014). Eine engmaschige Kontrolle per MRT ist notwendig, und der Patient muss sich darüber im Klaren sein, dass ein Risiko zur späteren Behandlungsnotwendigkeit oder Malignitätsentwicklung besteht. Für große Kopf-Hals-Paragangliome und Patienten mit PV in SDHB ist aufgrund des erhöhten Malignitätsrisikos ein solcher Ansatz nicht geeignet.
Bei Kopf-Hals-Paragangliomen mit Noradrenalinhypersekretion (erhöhtes Normetanephrin) ist eine Resektion zu bevorzugen, um Spätfolgen des Katecholaminüberschusses zu vermeiden. Die Resektion kann bei Kopf-Hals-Paragangliomen aufgrund der Nähe zu Nerven und Blutgefäßen jedoch erhebliche Risiken beinhalten und sollte erst nach sorgfältiger Prüfung der Lage des Tumors von einem erfahrenen Gefäßchirurgen durchgeführt werden (Taieb et al. 2014). In einigen Fällen ist die präoperative Embolisation Voraussetzung für die Resektion (Taieb et al. 2014). Eine Strahlenbehandlung, insbesondere mit dem Cyberknife, ist weitreichend kurativ, allerdings nicht für sekretorische Kopf-Hals-Paragangliome empfohlen (Taieb et al. 2014).
Bei einer Invasion in benachbarte Organe (Zwerchfell, Milz, Magen, Kolon, Pankreas, Leber oder Niere) und fehlenden Fernmetastasen besteht die Indikation zu multiviszeralen En-bloc-Resektionen.
Der plötzliche Verlust der Katecholaminausschüttung durch den Tumor bei noch wirksamer α-Blockade kann zu einer postoperativen Hypotonie führen. Die Behandlung der Wahl besteht hier in der „repletion“ des Plasmavolumens durch physiologische Kochsalzlösung und kolloidhaltige Lösungen für 24–48 h postoperativ. Risiko und Schwere können vorbeugend durch kontinuierliche Gabe von 1–2 l Kochsalzlösung, beginnend am Vorabend der Operation, reduziert werden. Neben Hypotonie können auch Hypertonie oder Hypoglykämie auftreten. Daher sollten Blutdruck, Herzfrequenz und Blutzuckerspiegel für 24–48 h nach der Operation beobachtet werden (Lenders et al. 2014).

Nachsorge

Die Therapiekontrolle und Nachsorge sind von größter Bedeutung, v. a. wegen:
  • der Rezidivgefahr,
  • der Entwicklung von Metastasen,
  • des familiär gehäuften Auftretens dieser Tumoren und
  • weiterhin erhöhten Blutdruckwerten.
Einige (2–6) Wochen nach Resektion eines biochemisch aktiven Paraganglioms und jährlich danach sollten lebenslang die Metanephrine in Plasma oder Sammelurin bestimmt werden. Die Methoxytyraminbestimmung ist relevant, da metastasierte Paragangliome häufig mit einer Erhöhung dieses Markers einhergehen. Wie oben beschrieben, muss Methoxytyramin aus dem Plasma bestimmt werden.
Nach Resektion eines biochemisch inaktiven Paraganglioms kann postoperativ CgA als Indikator für ein Rezidiv oder Metastasen verwendet werden, sofern CgA vor der Operation erhöht war. Bei erhöhten Metanephrinen oder CgA ist eine Bildgebung nach den gleichen Kriterien wie bei der Initialdiagnose durchzuführen (Abb. 3). Wenn CgA sich nicht als Indikator eignet und die Metanephrine präoperativ nicht erhöht waren, sollte alle 1–2 Jahre eine Bildgebung erfolgen, um ein Rezidiv auszuschließen.

Metastasiertes Paragangliom

Prä- und perioperative internistische Therapie

Eine begleitende medikamentöse Therapie mit α-Blockern hat die Blutdruck- und symptomatische Kontrolle zum Ziel (siehe Abschn. 7.1.1). Die Langzeitdosierung benötigt niedrigere Dosen als die präoperative Therapie, etwa 30–50 mg am Tag, auf 4 Dosen verteilt. Kalziumantagonisten sind effektiv in der begleitenden Bluthochdrucktherapie.

Operative Therapie

Die chirurgische Resektion ist die Behandlung der Wahl, sofern sie möglich ist. Resektion des Primärtumors erhöht die mediane Überlebensdauer (Roman-Gonzalez et al. 2018). Auch wenn eine komplette Entfernung des Tumors nicht machbar ist, kann „debulking surgery“ indiziert sein, um die Voraussetzung für nachfolgende radioablative oder medikamentöse Verfahren zu verbessern und um die hormonelle Symptomatik besser beherrschen zu können. Wesentlich ist die Vermeidung der intraoperativen Tumoreröffnung mit Zellaussaat. Die radikale R0-Resektion des Primärtumors ist hinsichtlich der palliativen Symptomlinderung und möglicher prognostischer Vorteile anzustreben. Die paraaortale und parakavale En-bloc-Lymphadenektomie ist obligater Bestandteil der Operation. Die Resektion von isolierten Fernmetastasen kann im Einzelfall sinnvoll sein. Häufig treten Fernmetastasen allerdings multifokal und disseminiert auf.
Bei Patienten mit schmerzhaften Knochenmetastasen oder inoperablen Lebermetastasen können Radiofrequenz- oder Kryoablation hilfreich sein. In jedem Fall muss vor Manipulation an Primärtumoren und Metastasen eine medikamentöse Blockade der Katecholaminrezeptoren erfolgen.

Chemotherapie

Das etablierteste chemotherapeutische Therapieregime wurde von Averbuch vorgeschlagen:
  • Cyclophosphamid (750 mg/m2 KOF an Tag 1)
  • Vincristin (1,4 mg/m2 KOF an Tag 1)
  • Dacarbazin (600 mg/m2 KOF an den Tagen 1 und 2)
Das Schema wird alle 21–28 Tage wiederholt.
Ein systematischer Review zeigte ein komplettes Ansprechen bei 4 %, ein partielles Ansprechen bei 37 % und Stabilität bei 14 % in Bezug auf das Tumorvolumen (Niemeijer et al. 2014). Bezogen auf die Hormonsekretion war ein komplettes Ansprechen bei 14 %, ein partielles Ansprechen bei 40 % und Stabilität bei 20 % der Patienten zu verzeichnen. Die Wirksamkeit war im Median auf 20–40 Monate begrenzt. Eine Studie an Patienten mit PV in SDHB mit metastasierten Paragangliomen zeigte eine Reduktion des Tumorvolumens bei allen Teilnehmern (12–100 %). Im Median war auch hier die Wirksamkeit auf fast 16 Monate begrenzt (Jawed et al. 2018).
Kombination von Resektion des Primärtumors mit anschließender Chemotherapie führte zu längerem Überleben als Chemotherapie alleine (6,5 vs. 3,0 Jahre, Ayala-Ramirez et al. 2012).
Wenngleich das Averbuch-Schema oder dessen Modifikationen nach wie vor den Goldstandard darstellen und andere Protokolle bestenfalls in Einzelfallberichten mitgeteilt wurden, besteht ein sehr hoher Bedarf an der Entwicklung neuer Substanzen zur Behandlung des metastasierten Paraganglioms.
Bei erneuter Progression kann eine Behandlung mit Temozolomid (im speziellen für Tumoren mit PV in SDH) oder dem Tyrosinkinaseinhibitor Sunitinib in Betracht gezogen werden (Nölting et al. 2022; Nasca et al. 2024). Die FIRSTMAPPP-Studie, die erste randomisierte Phase-2-Studie für metastasierte PGL, zeigte, dass Sunitinib das progressionsfreie Überleben von Patienten mit fortgeschrittenem, metastasiertem PGL signifikant verlängert und damit eine wirksame Behandlungsoption darstellt (Baudin et al. 2024). Neuartige HIF-2A-Inhibitoren bieten möglicherweise für metastasierte Cluster-1-Paragangliome eine vielversprechende Option und befinden sich aktuell in klinischen Studien (NCT04924075; NCT04895748; Kamihara et al. 2021).

Radiotherapie

Die Behandlung mit 131I-MIBG ist eine gut dokumentierte therapeutische Option und die Behandlung der Wahl für alle nicht resezierbaren, MIBG-positiven Paragangliome. Die mittlere Einzeldosis beträgt 5,8 GBq, die über 2–3 h gegeben werden; kumulative Dosen liegen zwischen 3,6 und maximal 85,9 GBq (Loh et al. 1997). Bei der Hochdosistherapie wurden Einzeldosen von 18–43 GBq bei einer kumulativen Dosis von maximal 118 GBq berichtet (Gonias et al. 2009). Die Behandlungsintervalle liegen zwischen 3 und 6 Monaten; anschließend erfolgen eine Reevaluation und Festlegung einer notwendigen erneuten Gabe. Die 131I-MIBG-Behandlung ist insbesondere in der palliativen Behandlung effektiv. Bei der Hochdosisgabe ist v. a. auf eine Knochenmarksuppression zu achten. Entnahme und Lagerung hämatopoetischer Stammzellen vor Therapiebeginn kann in Betracht gezogen werden.
In einer Metaanalyse von 243 Patienten mit metastasiertem Paragangliom, die mit MIBG behandelt wurden, zeigte sich bei etwa 3 % ein komplettes Ansprechen, bei 27 % ein partielles Ansprechen und bei 52 % eine Stabilisierung in Bezug auf das Tumorvolumen (van Hulsteijn et al. 2014). Bei Hochdosistherapie stellte sich innerhalb des ersten Behandlungsjahres bei 8 % der Patienten ein komplettes Ansprechen, bei 14 % ein partielles Ansprechen, bei 35 % ein geringfügiges Ansprechen und bei 8 % eine Stabilisierung ein (Gonias et al. 2009). Eine Phase-2-Studie, in der Patienten mit metastasiertem oder nicht resezierbarem Paragangliom mit 131I-MIBG mit hoher spezifischer Aktivität behandelt wurden, zeigte bei 25 % ein partielles objektives Ansprechen und in 75 % der Fälle eine Stabilisierung (Pryma et al. 2019).
Da aufgrund MIBG-negativer Läsionen nicht alle Patienten ansprechen, sollte auch die Gabe von markierten Somatostatinanaloga exploriert werden. Kleinere, retrospektive Studien zeigten gute Erfolge mit 177Lu-DOTATATE.
Ein Vorschlag zum derzeitigen Vorgehen bei metastasiertem Paragangliom ist in Abb. 4 dargestellt.
Flussdiagramm zur Behandlung von metastasiertem Paragangliom, das in Lymphknoten, Knochen, Lunge oder Leber auftritt. Der Prozess beginnt mit der Behandlung in spezialisierten Zentren, einschließlich Blutdruckkontrolle und Resektion des Primärtumors. Bei langsamer bis moderater Progression wird eine Radionuklidtherapie oder andere Therapien wie Radiotherapie und operative Interventionen empfohlen. Bei schneller Progression wird das Averbuch(CVD)-Schema oder alternativ Temozolomid eingesetzt. Weitere Schritte umfassen Monotherapie mit Temozolomid, metronomisches Temozolomidschema und Tyrosinkinaseinhibitoren. Der Prozess endet mit der Möglichkeit klinischer Studien.
Abb. 4
Behandlungsoptionen bei metastasiertem Paragangliom, MIBG Metajodbenzylguanidin; PRRT Peptidradiorezeptortherapie. (Mod. nach Nölting et al. 2022)

Personalisiertes Management von Paragangliomen

Etwa 70 % aller Patienten mit einem Paragangliom können einem der 3 oben beschriebenen Cluster mit unterschiedlichen Phänotypen und klinischem Verhalten zugeordnet werden. Ein clusterspezifisches (personalisiertes) Management von Patienten mit Paragangliomen ist unerlässlich, um das klinische Verhalten und die Prognose zu ermitteln, individuelle diagnostische Verfahren (biochemische Interpretation, Wahl der empfindlichsten bildgebenden Verfahren) zu steuern und eine personalisierte Behandlung und Nachsorge zu gewährleisten (Nölting et al. 2022). Zwar wurde die clusterspezifische Therapie von inoperabler/metastasierender Erkrankungen noch nicht in die klinische Routine überführt (Tab. 3), allerdings sollte eine fundierte personalisierte genetisch motivierte Behandlungs- und Nachsorgestrategie der nächste Schritt sein.
Tab. 3
Personalisiertes Management von Patienten mit metastasierten Paragangliomen je nach Clusterzugehörigkeit. (Angepasst von Nölting et al. 2022)
Cluster
Cluster 1A
Cluster 1B
Cluster 2
Cluster 3
Signalweg
Pseudohypoxisch (HIF-2A-Stabilisierung), Gene des Krebs-Zyklus beeinträchtigt
Pseudohypoxisch (HIF-2A-Stabilisierung), Gene des Hypoxiesignalwegs beeinträchtigt
Kinasesignalweg
Wnt-Signalweg
Bildgebung
68Ga-DOTA-SSA-PET/CT (außer für FH)
18F-DOPA-PET/CT (auch für FH)
18F-DOPA-PET/CT
Unbekannt
Therapie
Operation, systemisch: CVD, Temozolomid, SSTR2-basierte Radionuklidtherapie (PRRT), (HSA-)131I-MIBG, TKI
Operation, systemisch: CVD, Temozolomid, SSTR2-basierte Radionuklidtherapie (PRRT), (HSA-)131I-MIBG, TKI
Operation, systemisch in seltenen Fällen: (HSA-)131I-MIBG, TKI, SSTR2-basierte Radionuklidtherapie (PRRT), CVD, Temozolomid
Operation, systemisch: CVD, Temozolomid, SSTR2-basierte Radionuklidtherapie (PRRT), (HSA-)131I-MIBG, TKI
CVD Cyclophosphamid, Vincristin und Dacarbazin; HSA hochspezifische Aktivität; MIBG Metajodbenzylguanidin; SSA Somatostatinanalog; SSTR2 Somatostatinrezeptor 2; TKI Tyrosinkinaseinhibitoren
Erklärung zu konkurrierenden Interessen
Der/die Autor(en) hat/haben keine Interessenkonflikte zu erklären, die für den Inhalt dieses Manuskripts relevant sind.
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