Einführung
Die Bildung eines Granuloms
stellt einen spezifischen Abwehrmechanismus des Organismus dar. Hierbei kommt es durch einen zentralen Stimulus, der sowohl infektiöser (Mykobakterien) als auch nichtinfektiöser Genese (Fremdkörper) sein kann, zur Aktivierung von hautständigen
antigenpräsentierenden Zellen, die nachfolgend sowohl Granulozyten als auch
Lymphozyten in das Gewebe anlocken. Diese Entzündungszellen lagern sich typischerweise ringförmig um die antigenpräsentierenden Zellen und bilden das charakteristische histologische Bild des Granuloms. Die typischen Immunvorgänge und das Vorhandensein einer Erkrankungsform ohne pathologischen Erregernachweis (
Sarkoidose, Granuloma anulare) haben verschiedene Autoren veranlasst, die Granulome als 5. Typ der Überempfindlichkeitsreaktion zusätzlich zu der von Coombs und Gell vorgeschlagenen Einteilung zu klassifizieren.
Essenziell in der Entstehung eines Granuloms ist die Aktivierung von gewebsständigen
Makrophagen. Diese Makrophagen phagozytieren Infektionserreger oder inerte Fremdkörper und versuchen so, eine Isolierung und damit Eingrenzung von potenziell virulenten Erregern zu erreichen. Dieser Vorgang induziert die verstärkte Expression von MHC-II- und kostimulatorischen Molekülen sowie die Sekretion von
Chemokinen und
Zytokinen.
Die Besonderheit der granulomatösen Entzündungsreaktion besteht in ihrer Persistenz über einen längeren Zeitraum, bei der es im Verlauf zu einem immunologischen Gleichgewicht zwischen dem zentralen Stimulus und den infiltrierenden Immunzellen kommt. So schaffen es die aktivierten
Makrophagen nicht, den Infektionserreger oder das vorhandene Fremdmaterial abzutransportieren, während eine den Wirt potenziell gefährdende Disseminierung durch das entstehende Granulom eingeschränkt wird. Neben dem durch Erreger oder Fremdkörper ausgelösten Granulom existieren in der Haut unterschiedliche granulomatöse Erkrankungen, die trotz umfangreicher Suche möglicher Ursachen als idiopathisch eingeordnet werden. Bei einigen dieser Granulome können zelluläre Stoffwechselprodukte wie Muzin im Zentrum des Granuloms nachgewiesen werden, eine kausale Rolle ist aber nie bestätigt worden.
Zentral für die Ausbildung der granulomatösen Reaktion ist TNF-α, der in der initialen Bildungsphase des Granuloms vor allem von
Makrophagen in großer Menge produziert wird. Daneben spielen zahlreiche
Zytokine, typischerweise vom TH-1-Typ (IL-12, IFN-γ, IL-18) und
Chemokine (MIP-2, MCP-1) eine wichtige Rolle in der weiteren Formation und Persistenz der granulomatösen Hautreaktion. Zunehmende Bedeutung hat in diesem Zusammenhang der Einsatz von gegen TNF-α gerichteten Medikamenten gewonnen (Anti-TNF-α), die vor allem durch ihre dissoziierende Wirkung auf latente, klinisch inapparente mykobakterielle Granulome eine Reaktivierung der Mykobakterieninfektion bedingen können. Warum sich die unterschiedlichen TNF-α-Blocker zum Teil wesentlich bei der Granulomdissoziation unterscheiden, ist noch nicht geklärt; diskutiert werden unterschiedliche Halbwertzeiten und eine differenzielle Bindung an das membranständige TNF-α, das von Makrophagen im Granulom exprimiert wird.
Die Einteilung der granulomatösen Erkrankungen ist nicht einheitlich und vorwiegend kIinisch historisch geprägt. Im Bereich der Dermatologie existiert neben der erregerorientierten Klassifikation eine Einteilung nach dem histomorphologischen Aufbau der Granulome. Unterschieden werden hierbei tuberkuloide, sarkoide, kollagenolytische (früher nekrobiotische) oder Palisadengranulome, Granulome vom Pseudotuberkulosetyp und Fremdkörpergranulome.
Granulomatöse Erkrankungen mit Kollagenolyse (Nekrobiose)
Nekrobiose
ist ein etwas veralteter Begriff, der eigentlich das langsame Zugrundegehen von Zellen und die damit verbundenen irreversiblen Schädigungen beschreibt. Histologisch wird damit die atypische Anordnung von
Kollagenen, Muzinen und
Glykogen beschrieben, die von Histiozyten umgeben sind. Typischerweise erscheint dieses zentrale, nekrobiotische Material blass in der HE-Färbung. Die Einteilung von Granulomen der Haut als nekrobiotisch stellt keine kausale Klassifizierung dar, sondern beschreibt unterschiedliche Erkrankungen mit ähnlichem morphologischem Bild. Zutreffender ist der Begriff kollagenolytisch.
Anuläres elastolytisches Riesenzellgranulom
Nekrobiotisches Xanthogranulom
(Kossard und Winkelmann
1980)
Idiopathisches aseptisches Granulom des Gesichts
Fremdkörpergranulome
Silikongranulom
Silikon ist ein Komplex organischer Silikonpolymere, die als Flüssigkeiten, Gele oder Festkörper zum Einsatz kommen. In den letzten Jahren wurden direkt injizierte Silikonpräparationen durch formvariable, elastische Kissen aus Silikonkautschuk ersetzt, die nur noch mit hochgereinigten flüssigen Silikonpräparationen oder Silikongelen gefüllt sind. Gelegentlich tritt flüssiges Silikon in kleinen Mengen aus den Kissen aus und kann eine granulomatöse Entzündung hervorrufen. Selten zerreißen diese Kissen. Dann kann Silikon an entferntere Stellen verschleppt werden, wie in die Haut des Arms und die regionären Lymphknoten. Das flüssige Silikon kann dann die Haut nach außen perforieren und austreten.
Festkörper aus Silikon werden in künstliche Gelenke eingesetzt, kleine Partikel werden durch natürlichen Abrieb freigesetzt. Histologisch findet man
Pseudozysten unterschiedlicher Größe, die von Histiozyten und Riesenzellen umgeben sind und im Lauf der Zeit eine
Fibrose induzieren. Damit scheinen diese festen Silikonpartikel eher ein normales Fremdkörpergranulom hervorzurufen. Das Silikon verbleibt dabei eingekapselt im Gewebe.
Silikonimplantate sind umstritten, da die Möglichkeit diskutiert wird, dass dadurch autoimmunologische Reaktionen in Form von
Kollagenosen hervorgerufen werden. Ein epidemiologischer Beweis für diese Vermutung steht aus.
Kollagenimplantate
Rinderkollagen ist in der Vergangenheit am häufigsten zur Korrektur von Gewebeunebenheiten als Füllmaterial verwendet worden. Allerdings ist dies in jüngerer Zeit deutlich rückläufig, da eine Übertragung der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) auf den Menschen nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Zunehmend kommen Kollagenpräparationen aus humanem oder porkinem Ursprung zum Einsatz.
Bei den Rinderkollagenen handelt es sich um Präparate, die unvernetzt oder durch die Behandlung mit Glutaraldehyd vernetzt sind. Wenn sie injiziert werden, verteilen sie sich zu Beginn als feines, fibrilläres Material zwischen den langen Strängen des humanen Kollagens. Auch
Lymphozyten und vor allem eosinophile Granulozyten können während dieser initialen Phase im Gewebe auftreten. Rinderkollagene stimulieren ihrerseits die Neubildung körpereigenen, humanen Kollagens, ein Effekt, der bis zu einem gewissen Ausmaß erwünscht ist, andererseits aber im Übermaß zu fibrotischen Veränderungen führen kann. Darüber hinaus können gelegentlich
Abszesse, urtikarielle Reaktionen und granulomatöse Veränderungen hervorgerufen werden. Letztere umfassen sowohl Fremdkörpergranulome als auch Veränderungen, die dem Granuloma anulare ähneln.
Als Zusatz zu den Rinderkollagenen wurden auch Polymethylsiloxanpartikel verwendet. Die hohe Partikelgröße verhindert die Abwanderung aus der Haut in die Lymphknoten oder an andere Stellen. Wenn die Injektion zu oberflächlich erfolgt, kann sich ein geröteter Knoten entwickeln. Mikroskopisch sieht man Gewebehohlräume, die die Siloxane enthalten, sowie eine umgebende
Fibrose und Fremdkörperriesenzellen.
Fremdkörpergranulome durch andere Füllmaterialien
Neben den älteren Kollagenpräparaten und Polysiloxanen stehen zur Korrektur von Gesichtsfalten und Aknenarben über 50 verschiedene Füllmaterialien zur Verfügung. Man unterscheidet zwischen alloplastischen (körperfremden) und autologen (körpereigenen) Substanzen mit unterschiedlicher Verweildauer im Gewebe. Injizierbare resorbierbare Füllmaterialien wie Kollagen, Hyaluronsäure oder Poly-L-Milchsäure werden nach einigen Monaten abgebaut, während acrylathaltige Materialien (Mikroimplantate) oder Polytetrafluorethylen lebenslang im Gewebe verbleiben und nach einer vorübergehenden Entzündungsreaktion eingebaut werden. Fremdkörpergranulome stellen eine seltene Nebenwirkung dieser Substanzen dar. Als Ersatz für die bovinen
Kollagene wird in Deutschland Hyaluronsäure eingesetzt, die aviaren (Hahnenkämme) oder bakteriellen Ursprungs sein kann. Hyaluronsäure-Präparate werden in verschiedenen Partikelgrößen und Vernetzungsgraden verwendet. Hypersensitivitätsreaktionen sind bislang sehr selten. Als weiteres Material wird ein Produkt aus Poly-L-Milchsäure-Molekülen verwendet, welches nach mehrmaliger Injektion die Bildung körpereigener, kollagener Fasern in der Dermis stimulieren soll. Die unerwünschte Ausbildung von Granulomen wurde vor allem bei den geringer verdünnten älteren Milchsäurepräparationen gesehen, deren Einsatz in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat. Falls es zu einem Granulom kommt, sollte die Möglichkeit der Spontanresolution, eventuell verstärkt durch wiederholte Massagen, berücksichtigt werden. Bei persistierenden Knoten muss ein infektiöser Prozess ausgeschlossen und gegebenenfalls behandelt werden, bevor eine lokale Injektion mit Steroiden erwogen werden kann. Ultima ratio ist die chirurgische Sanierung.
Besondere Vorsicht ist beim Einsatz nicht resorbierbarer polymethylmetacrylathaltiger (PMMA) Suspensionen geboten. Gefürchtete Nebenwirkung sind Fremdkörpergranulome, die auch noch mehr als 5 Jahre nach der Implantation als klinisch tastbare, rötliche subkutane Knötchen auftreten. Da sich die sehr kleinen PMMA-Moleküle im dermalen Gewebe verteilen können, ist die Behandlung dieser Komplikation sehr schwierig und chirurgische Intervention oft unumgänglich.
Zunehmend an Bedeutung gewinnen Präparationen aus Eigenfett (Lipofilling) und Plasmagel. Diese Produkte sind vollständig körpereigener Natur und führen praktisch nicht mehr zu Granulomen.
Friseurgranulome und Melkergranulom
Bei Friseuren
und Melkern
besteht aufgrund ihrer Tätigkeit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass Haare in die Haut eindringen. Besonders häufig kommt dies in den Interdigitalräumen der Hände vor. Die eingedrungenen Haare rufen dann ein Fremdkörpergranulom hervor (
Trichogranulom)
. Auch körpereigene Haare können ein solches Trichogranulom verursachen, so im
Pilonidalsinus, bei abszedierenden Akneknoten, in dermalen
melanozytären Nävi oder bei der Pseudofolliculitis barbae.
Reaktionen auf Tätowierungen
Tätowierungen können sehr unterschiedliche Hautreaktionen hervorrufen (Kap. „Dyschromien,
Piercings und Tätowierungen“). Üblicherweise sind die Tätowierfarben jedoch inert, und das Material bleibt frei im Korium liegen. Nur unter besonderen Umständen entwickelt sich ein sarkoides Granulom. Diese Reaktion ist analog zur Narbensarkoidose zu sehen und sollte eine Untersuchung des Patienten auf
Sarkoidose oder Störung der zellulären Immunantwort veranlassen. Bei anderen Patienten entstehen Pseudolymphom oder
allergische Kontaktdermatitis auf Metallsalze wie Zinnober (Quecksilbersalz). Einige Patienten entwickeln ein Fremdkörpergranulom. Eine solche Reaktion kommt häufiger bei Amateurtätowierungen vor und ist meist darauf zurückzuführen, dass bei den Farben größere Partikel verwendet werden.
Malakoplakie
(Michaelis und Gutmann
1902)
Die Malakoplakie stellt eine besondere Form der insuffizienten lokalen Infektionsabwehr dar. Im Rahmen von chronischen Infektionen kommt es zu einer nicht vollständigen Abtötung der Erreger durch die lokale Immunabwehr wahrscheinlich durch eine insuffiziente Phagozytose und/oder Prozessierung der eingedrungenen Erreger.
Klinisch finden sich gelblich rötliche Papeln, Plaques teilweise mit Ulzerationen, die über einen längeren Zeitraum bestehen. Das Organ Haut ist nur selten betroffen, häufiger tritt die Malakoplakie im Bereich von Urogenitaltrakt, Gastrointestinaltrakt oder Retroperitoneum auf. Bei kutanem Auftreten finden sich Läsionen in der Perianal- und Genitalregion sowie in den intertriginösen Arealen, seltener an Injektionsstellen. Die Reaktion scheint nicht erreger-, sondern wirtsspezifisch aufzutreten. Ursprünglich wurden Gram-negative Erreger als Auslöser vermutet, neben Escherichia coli wurde aber auch Staphylococcus aureus isoliert. Die Malakoplakie wird häufiger bei immunsupprimierten Patienten beobachtet. Histologisch werden Ansammlungen von Histiozyten gefunden, die zum Teil PAS-positives Material im Zytoplasma tragen (von-Hansemann-Zellen). Diese granulären Einschlusskörperchen enthalten typischerweise Kalzium- und Eisenablagerungen und sind in der von Kossa-Färbung darstellbar (Michaelis-Gutmann-Körperchen). Sie entsprechen wahrscheinlich den nicht funktionsfähigen Phagosomen mit nicht abgebauten Bakterienbestandteilen und dürften das Korrelat der verminderten Infektabwehr darstellen.
Therapeutisch wird eine langfristige antibiotische Therapie mit Chinolonen empfohlen, in refraktären Fällen die Exzision.