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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 06.04.2022

Entzündliche Erkrankungen der kleinen Gefäße

Verfasst von: Peter Lamprecht
Die immunpathologisch und klinisch heterogene Gruppe der Kleingefäßvaskulitiden ist durch eine nekrotisierende Entzündung der Gefäßwand von kleinen intraparenchymatösen Arterien, Arteriolen, Kapillaren und Venolen gekennzeichnet. Zu dieser Gruppe zählen die ANCA-assoziierte Vaskulitis, IgA Vaskulitis, kryoglobulinämische Vaskulitis, Anti-GBM Erkrankung und hypokomplementämische Urtikaria-Vaskulitis (Anti-C1q Vaskulitis). Außerdem gehen verschiedene mit systemischen Erkrankungen oder einer wahrscheinlichen Ätiologie assoziierte Vaskulitiden und Einzelorgan Vaskulitiden wie die kutanen Vaskulitiden oder die primäre ZNS Vaskulitis mit einer prädominanten Beteiligung kleiner Gefäße einher. Aufgrund der zugrunde liegenden Vaskulitis bei unterschiedlicher Immunpathogenese weisen die Erkrankungen sowohl überlappende als auch eigenständige pathologische und klinische Merkmale auf. Die immunsuppressive Therapie der Kleingefäßvaskulitis richtet sich nach der Schwere der Organmanifestationen.

Einleitung

Vaskulitiden der kleinen Gefäße sind durch eine nekrotisierende Entzündung der Gefäßwand von kleinen intraparenchymatösen Arterien, Arteriolen, Kapillaren und Venolen gekennzeichnet.
Aufgrund von immunpathologischen Merkmalen werden die mit Anti-Neutrophilen zytoplasmatischen Autoantikörpern (ANCA)-assoziierte Vaskulitis, Immunkomplex-Vaskulitiden und die mit Anti-glomerulären Basalmembran (GBM) Autoantikörpern assoziierte Vaskulitis voneinander unterschieden. Außerdem können Vaskulitiden variabler Gefäßgröße (Behçet Erkrankung, Cogan Syndrom) und verschiedene Einzelorgan Vaskulitiden mit einer prädominanten Beteiligung kleiner Gefäße einhergehen.
Die früher gebräuchliche Unterscheidung in primäre idiopathische und sekundäre Krankheits-assoziierte Vaskulitiden wurde in der revidierten Chapel Hill Consensus Conference (CHCC) Nomenklatur verlassen, da auch bei den vormals als primäre Vaskulitiden bezeichneten Entitäten in zunehmendem Maße ätiologische Faktoren erkannt werden (Jennette et al. 2013).

ANCA-assoziierte Vaskulitis

Definition

Zur ANCA-assoziierten Vaskulitis (AAV) werden aufgrund von gemeinsamen klinischen und immunpathologischen Merkmalen die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, frühere Bezeichnung: Wegener’sche Granulomatose), mikroskopische Polyangiitis (MPA) und eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, frühere Bezeichnung: Churg-Strauss Syndrom) gezählt. Die AAV ist mit Proteinase 3 (PR3)- und Myeloperoxidase (MPO)-spezifischen ANCA assoziiert (Jennette et al. 2013).
Die Subgruppierung der AAV in die Proteinase (PR)3-AAV und Myeloperoxidase (MPO)-AAV korreliert besser mit genetischen Faktoren, Biomarkern und Outcomes als die unter klinischen und pathologischen Aspekten erfolgende Einteilung in die GPA, MPA und EGPA. Allerdings klammert die Subgruppierung in PR3- und MPO-AAV Patienten mit einer ANCA-negativen GPA und MPA sowie ANCA-negativen und -positiven EGPA aus (Kitching et al. 2020).

Epidemiologie und Ätiopathogenese

Die AAV ist nach der Riesenzellarteriitis die zweithäufigste systemische Vaskulitis in Mitteleuropa. In epidemiologischen Studien wird eine Inzidenz der AAV von 15–40 pro 1 Million Einwohner im Jahr und eine Prävalenz von 300–400 pro 1 Million Einwohner in Mitteleuropa angegeben. Studien auf der Basis von Versichertendaten legen eine höhere Inzidenz und Prävalenz nahe. Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen. Das mittlere Manifestationsalter liegt zwischen 45 und 70 Jahren mit Unterschieden zwischen der EGPA, GPA, und MPA (mittleres Manifestationsalter 45, 55 bzw. 70 Jahre).
Der AAV liegt eine Autoantigen- und Erreger-getriggerte multifaktorielle Pathogenese zugrunde. Die zum Toleranzverlust gegenüber der PR3 und MPO führenden Faktoren sind im Detail nicht geklärt. Infektionen und Störungen im Ablauf der Apoptose und anderer Zelltodformen von neutrophilen Granulozyten scheinen hierbei eine Rolle zu spielen. ANCA induzieren eine intravasale endothelnahe Degranulierung von neutrophilen Granulozyten, die zur Endothelschädigung mit Akkumulation von Leukozyten und konsekutiver Organschädigung führt. Hierbei wird der alternative Komplementweg aktiviert. Eine Störung des Gleichgewichts zwischen regulatorischen und Effektor-T-Zellen mit einem erhöhten Anteil von zirkulierenden T-Helferzell (Th)-Typ 1 und Th17 Zellen und die Akkumulation Effektor T- und B-Zellen im entzündeten Geweben begünstigen die Fortdauer von chronischer Entzündung mit Gewebsschädigung, Autoantigen Freisetzung und Perpetuierung der Autoimmunität. Eine Barrieredysfunktion und Veränderungen der Diversität und Zusammensetzung des Mikrobioms im Respirationstrakt prädisponieren bei der GPA zur extravaskulären nekrotisierenden Granulomatose. Die nasale Besiedlung mit Staphylococcus aureus ist mit Rezidiven der GPA assoziiert. Im chronisch entzündlichen Infiltrat bilden sich ektope lymphatische Strukturen, in denen bei der GPA PR3-ANCA produzierende Plasmablasten nachgewiesen wurden, die ebenfalls zur Perpetuierung der Autoimmunreaktion beitragen. Über die EGPA ist in pathogenetischer Hinsicht weniger bekannt. Sie geht auf der Grundlage einer allergischen Prädisposition mit einem Th2 Zytokinmuster einschließlich erhöhter Interleukin (IL)-5 Spiegel im Blut einher (Lamprecht et al. 2018a; Weppner et al. 2018; Lamprecht et al. 2019).

Pathologie

Die AAV unterscheidet sich von den Immunkomplexvaskulitiden durch eine geringe oder fehlende Ablagerung von Immunkomplexen in den entzündeten kleinen Gefäßen. Sie wird daher als pauci-immune Vaskulitis bezeichnet. Die ANCA-induzierte nekrotisierende Neutrophilen-reiche Vaskulitis betrifft hauptsächlich kleine Gefäße. Mittelgroße Gefäße können ebenfalls betroffen sein.
Aufgrund der systemischen Natur der AAV kann jedes Organ von der Vaskulitis betroffen sein. Etwa 80–90 % der PR3- und MPO-AAV entwickeln eine pulmonale Kapillaritis und fokal-segmental nekrotisierende Glomerulonephritis (Abb. 1).
Die Entwicklung einer terminalen chronischen Nierenerkrankung wird durch die Glomerulosklerose und tubuläre Atrophie bestimmt. Die GPA und EGPA sind außerdem durch eine hauptsächlich den oberen und unteren Respirationstrakt betreffende Neutrophilen- bzw. Eosinophilen-reiche extravaskuläre granulomatöse Entzündung charakterisiert. Bei der MPA wird hingegen keine extravaskuläre granulomatöse Entzündung gefunden (Holl-Ulrich 2010).

Klinische Manifestationen

Die GPA, MPA und EGPA weisen sowohl Überlappungen der klinischen Manifestationen und Symptome als auch Besonderheiten auf, wie beispielsweise die allergische Diathese bei der EGPA. Etwa 80–90 % der PR3- und MPO-AAV entwickeln ein pulmo-renales Syndrom mit alveolärer Hämorrhagie (Abb. 2) und rapid-progressiver Glomerulonephritis. Bei der EGPA wird eine Nierenbeteiligung vornehmlich bei ANCA-positiven Patienten gefunden.
Prodromi wie Abgeschlagenheit, Arthralgien, Myalgien sowie eine Rhinitis und/oder Sinusitis bei der GPA und EGPA gehen der Manifestationen des pulmo-renalen Syndroms häufig um Wochen voraus. Fulminante Verläufe sind selten. Patienten mit einer EGPA haben in der Regel eine langjährige Vorgeschichte mit Asthma bronchiale und allergischen Rhinitis. Andere häufiger betroffene Organe sind das periphere und zentrale Nervensystem und muskuloskelettale System sowie bei der EGPA der Darm und das Herz. Eine Hautbeteiligung wird bei zirka 10 % der Patienten gefunden.
Die Diagnose stützt sich auf die Anamnese und klinische Untersuchung des Patienten sowie die serologischen und apparativen Untersuchungsbefunde und Biopsie. In der Regel sind die serologischen Entzündungsmarker erhöht. Abhängig von der Organbeteiligung weichen weitere Laborparameter von der Norm ab wie z. B. der Kreatininwert und die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bei einer Nierenbeteiligung. Die nekrotisierende Glomerulonephritis geht in der Regel mit einem nephritischen Sediment einher. Die GPA ist stark mit PR3-ANCA assoziiert (80–90 % der Fälle), während die MPA und – weniger häufig – die EGPA in der Regel mit MPO-ANCA assoziiert sind (60 bzw. 30–40 % der Fälle). Eine Subgruppe von Patienten (5–10 %) hat ein hiervon abweichendes serologisches Muster, d. h. es liegt eine MPO-ANCA positive GPA bzw. PR3-ANCA positive MPA oder EGPA vor.
Eine Biopsie aus dem oberen und unteren Respirationstrakt, der Niere und anderen betroffenen Organen dient der Diagnosesicherung. Die histopathologische Beurteilung der Nierenbiopsie erfolgt auch unter prognostischen Gesichtspunkten (Kerstein et al. 2017; Lamprecht et al. 2018a; Kitching et al. 2020).

Therapie

Bei organ- und lebensbedrohender AAV erfolgt die Remissionsinduktion mit einem Glukokortikoid in Kombination mit Rituximab oder Cyclophosphamid.
Eine Plasmaseparation bringt keinem zusätzlichen Nutzen bei rapid-progressiver Glomerulonephritis und/oder alveolärer Hämorrhagie.
Zwei Phase 2 und eine Phase 3 Studie zeigten einen steroidsparenden Effekt und besseren renalen Outcome einer remissionsinduzierenden Therapie mit dem oralen C5a Komplementrezeptor-Antagonisten Avacopan in Kombination mit Cyclophosphamid oder Rituximab im Vergleich zur additiven Gabe eines Glukokortikoids bei PR3- und MPO-AAV. Fulminate AAV Verläufe mit pulmo-renalem Syndrom erfordern zusätzlich temporäre oder permanente Nierenersatzverfahren, eine Beatmung und ggf. überbrückende extrakorporale Membranoxygenierung. Bei refraktärer EGPA wurde in einer Phase 3 Studie ein positiver Effekt des monoklonalen Anti-Interleukin (IL)-5 Antikörpers Mepolizumab demonstriert. Bei fehlender Beeinträchtigung von Organfunktionen wird primär mit einem Glukokortikoid in Kombination mit Methotrexat behandelt. Alternativ können Azathioprin oder Mycophenolat-Mofetil gegeben werden. Zur Remissionserhaltung kommen bei der GPA und MPA Rituximab, Azathioprin oder Methotrexat in Kombination mit einem Glukokortikoid zur Anwendung, bei Unverträglichkeit oder früherem Versagen der vorgenannten Medikamente auch Leflunomid oder Mycophenolat-Mofetil. Rituximab ist in der Remissionserhaltung Azathioprin bei der GPA und MPA überlegen. Bei der EGPA erfolgt die Remissionserhaltung mit Azathioprin. Die begleitende Glukokortikoid-Therapie soll schrittweise dosisreduziert und nach Möglichkeit beendet werden. Die remissionserhaltende Therapie sollte mindestens 24 Monate nach Erreichen der Remission fortgeführt werden. Abhängig vom Risikoprofil des Patienten wie z. B. bei ausgeprägter Rezidivneigung und PR3-AAV wird eine längere remissionserhaltende Therapie befürwortet. Auf supportive Therapiemaßnahmen ist zu achten. Aufgrund der ausgeprägten Rezidivneigung, insbesondere der PR3-AAV, und Schwere der Organbeteiligung ist die AAV durch eine hohe Morbidität und erhöhte Mortalität charakterisiert (Kerstein et al. 2017; Kitching et al. 2020).

IgA Vaskulitis

Definition

Die Immunglobulin (Ig)A Vaskulitis (IgAV, frühere Bezeichnung: Purpura Schönlein Henoch) geht mit vaskulären IgA1-Ablagerungen einher. Sie betrifft hauptsächlich kleine Gefäße. Die Nierenbeteiligung bei der IgAV (IgAVN) unterscheidet sich nicht von der IgA Nephropathie (IgAN) ohne vaskulitische Systembeteiligung. Wie andere systemische Vaskulitiden kann die IgAV als limitierte Form auftreten wie z. B. als isolierte kutane IgAV (Jennette et al. 2013).

Epidemiologie und Ätiopathogenese

Die IgAV betrifft Kinder wesentlich häufiger als Erwachsene. Saisonale Schwankungen und oftmals selbst-limitierende Verläufe deuten auf die Einwirkung von Umweltfaktoren hin. Die Inzidenz wird bei Kindern mit 30–260 pro 1 Million im Jahr und für Erwachsene mit 1–18 pro 1 Million im Jahr angegeben. Das mittlere Manifestationsalter liegt bei Kindern zwischen dem 5. und 8. Lebensjahr, bei Erwachsenen zwischen 40 und 60 Jahren. Das männliche Geschlecht ist häufiger als das weibliche betroffen. Die IgAV tritt gehäuft im Gefolge viraler und bakterieller Infektionen des oberen und/oder unteren Respirationstraktes auf (40 % der Fälle im Kindesalter, 30 % im Erwachsenenalter) wie z. B. mit Beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A. Helicobacter pylori Infektionen sind ebenfalls mit der IgAV assoziiert. Etwa 10–15 % der Fälle im Kindes- und Erwachsenenalter werden durch Arzneimittel wie z. B. Antibiotika ausgelöst. Paraneoplastische IgAV Fälle wurden ebenfalls berichtet im Rahmen eines Morbus Hodgkin oder IgA Plasmozytoms.
Es wird angenommen, dass bei der IgAVN und IgAN vor dem Hintergrund einer genetischen Prädisposition und der Einwirkung von Zytokinen wie z. B. IL-6 im Rahmen von mukosalen Infektionen eine verminderte Glykosilierung von IgA1 mit Bildung von Galaktose-defizienten IgA1 (Gd-IgA1) induziert wird. Im Gd-IgA1 sind strukturell tiefergelegene N-Acetylgalactosamine (GalNAc) freigelegt und fungieren als Neoantigen, das zur Generierung von Anti-Gd-IgA1 Autoantikörpern führt. Diese bilden zusammen mit Gd-IgA1 und dem löslichen IgA Fcα Rezeptor (sCD89) makromolekulare Immunkomplexe, die im Mesangium gebunden werden und eine mesangiale Proliferation sowie Produktion von extrazellulärer Matrix und Zytokin- und Chemokinproduktion mit konsekutiver Leukozytenakkumulation induzieren. Die Rolle von Anti-Gd-IgA1 Autoantikörper in der extrarenalen IgAV Pathogenese ist nicht abschließend geklärt. Für die Pathogenese der extrarenalen IgAV scheinen im Rahmen von Infektionen auftretende kreuzreagierenden Anti-Endothel IgA-Autoantikörpern (AECA) bedeutsam zu sein. IgA-AECA induzieren unter dem Einfluss von Tumor Nekrose Faktor (TNF)-α eine endotheliale IL-8 Produktion. Als Folge der IL-8 vermittelten Chemotaxis von Neutrophilen kommt es zur endothelialen Schädigung und Aktivierung des alternativen und Lektin-Komplementaktivierungsweges (Heineke et al. 2017).

Pathologie

In der Haut imponiert eine Neutrophilen-reiche leukozytoklastische Vaskulitis mit Kernfragmentation (Karyorrhexis) der Leukozyten. Die typischen perivaskulären Infiltrate mit zerfallenden Neutrophilen treten bevorzugt im Bereich von postkapillären Venolen auf. Die präferenzielle Manifestation im unteren Extremitätenbereich erklärt sich durch den höheren hydrostatischen Druck in diesem Gefäßbereich. Auch in anderen Organen kann eine Leukozytoklasie im Bereich des vaskulären Infiltrates beobachtet werden. In der direkten Immunfluoreszenz (DIF) können bei 80 % der Hautbiopsien IgA-Ablagerungen nachgewiesen werden. Die DIF ist in der Akutphase hoch-sensitiv. Ihre Spezifität ist jedoch mit Ausnahme der IgAV gering, da auch bei anderen entzündlichen Dermatosen perivaskuläre Immunkomplex-Ablagerungen auftreten können.
Die IgAVN unterscheidet sich histopathomorphologisch nicht von der IgAN. In unterschiedlicher Ausprägung kann eine IgA-Ablagerung mit mesangialer Proliferation und endo- und extrakapilläre Proliferation und Leukozyteninfiltration vorgefunden werden. Ähnlich wie bei der AAV wird die Entwicklung einer terminalen chronischen Nierenerkrankung bei der IgAVN durch die Glomerulosklerose und interstitiellen Fibrose bestimmt. Eine IgAVN kann in seltenen Fällen zusammen mit einer ANCA-assoziierten nekrotisierenden Glomerulonephritis auftreten (Holl-Ulrich 2010; Audemard-Verger et al. 2017).

Klinische Manifestationen

Die klassische Tetrade mit Haut-, Gelenk-, gastrointestinaler und Nierenbeteiligung äußert sich in einer palpablen Purpura (100 % der Fälle), Arthralgien oder Arthritiden (60 %), kolikartigen abdominellen Schmerzen und/oder blutig-schleimiger Diarrhoe (50–70 %) und einer Glomerulonephritis mit nephritischem Sediment (50–70 %) und Mikro- oder Makrohämaturie.
Ein nephrotisches Syndrom wird bei 5 % der Patienten gesehen. Andere Organe wie z. B. das periphere Nervensystem oder die Lunge können von der IgAV ebenfalls betroffen sein, wenngleich seltener. Die adulte IgAV verläuft schwerer als die IgAV im Kindesalter. Neben erhöhten serologischen Entzündungsmarkern ist bei etwa der Hälfte der Patienten ein erhöhter Serum-IgA Spiegel auffällig. Eine Kreatininwerterhöhung und Abnahme der GFR wird bei 30–40 % der Patienten gefunden. Die diagnostische und prognostische Wertigkeit von ANCA (meist MPO-ANCA), die bei 5–30 % der IgAV Fälle gefunden werden, ist umstritten. Eine IgAVN kann mit einer ANCA-assoziierten nekrotisierenden Glomerulonephritis mit rapid-progressivem Verlauf vergesellschaftet sein. Die Diagnose einer IgAV wird meist durch eine Haut- oder Nierenbiopsie gesichert (Audemard-Verger et al. 2017).

Therapie

Aufgrund der günstigen Prognose und häufig selbst-limitierenden Verläufe, insbesondere bei Kindern, ist die Indikationsstellung für eine immunsuppressive Therapie und die Beurteilung ihrer Effektivität bei der IgAV schwierig. Die Morbidität und Mortalität sind hauptsächlich durch die gastrointestinale und Nierenbeteiligung verursacht. Eine prospektive randomisierte Studie ließ aufgrund der geringen Zahl von eingeschlossenen Patienten mit adulter IgAV keinen eindeutigen Schluss bezüglich der Überlegenheit einer Glukokortikoid-Therapie in Kombination mit Cyclophosphamid im Vergleich zur alleinigen Glukokortikoid-Therapie zu. Eine Indikation für eine Cyclophosphamid-Therapie wird derzeit bei schweren Vaskulitismanifestationen wie einer rapid-progressiver Glomerulonephritis oder nephrotischem Syndrom gesehen. In einzelnen Fällen und kleineren Fallserien wurden Therapieerfolge mit Mycophenolat-Mofetil, Azathioprin und Rituximab berichtet. In einer Fallserie führte eine Therapie mit Rituximab bei 22 Patienten mit adulter IgAV zu einer signifikanten Besserung von Vaskulitisaktivität, C-reaktivem Protein (CRP) und der Proteinurie (Maritati et al. 2020).

Kryoglobulinämische Vaskulitis

Definition

Die kyroglobulinämische Vaskulitis (CV) ist durch Ablagerungen von Kryoglobulinen im Bereich kleiner Gefäße gekennzeichnet. Die CV kann mittelgroße Gefäße mitbetreffen.
Kryoglobuline sind ex vivo bei Temperaturen unter 37 °C reversibel präzipitierende Immunglobuline (Ig). Von der monoklonalen Typ I Kryoglobulinämie werden die gemischte Typ II Kryoglobulinämie mit einem monoklonalen IgM Rheumafaktor und polyklonalen IgG und die gemischte Typ III Kryoglobulinämie mit polyklonalen IgM und IgG Anteilen unterschieden.
Die genuine idiopathische oder essenzielle (E)CV ist selten. Am häufigsten ist die CV mit einer chronischen Hepatitis C Virus Infektion assoziiert. Seltener ist die CV mit anderen Infektionen assoziiert (HBV, HIV) oder wird durch eine subakute bakterielle Endokarditis verursacht. Außerdem kann die CV mit verschiedenen anderen nicht-infektiösen Erkrankungen assoziiert sein wie z. B. Kollagenosen (Systemischer Lupus erythematodes, primäres Sjögren Syndrom), der rheumatoiden Arthritis oder hämatologischen Erkrankungen (Lymphome, Plasmozytom, Leukämien) (Jennette et al. 2013; Dammacco et al. 2019).

Epidemiologie und Ätiopathogenese

Etwa 80–90 % der CV Fälle sind HCV-assoziiert. Die Inzidenz und Prävalenz der CV wird daher wesentlich durch die Prävalenz der chronischen HCV Infektion bestimmt, die abhängig von der geografischen Region weltweit zwischen <1 % und >3,5 % der Bevölkerung variiert. Eine in der Regel asymptomatische gemischte Kryoglobulinämie wird bei 40–60 % der Patienten mit einer chronischen HCV Infektion gefunden. Eine CV kompliziert das Krankheitsbild bei weniger als 5 % der Patienten mit einer gemischten Kryoglobulinämie, d. h. zur Manifestation der CV müssen weitere, bislang noch weitgehend unbekannte Kofaktoren beitragen. Das mittlere Manifestationsalter liegt bei 50 Jahren. Frauen sind etwa dreimal häufiger betroffen als Männer.
Die CV ist gewöhnlich mit einer gemischten Typ II Kryoglobulinämie assoziiert, seltener mit einer Typ I oder Typ III Kryoglobulinämie. Die HCV-assoziierte CV tritt als Folge einer chronischen HCV-induzierten B-Zell Aktivierung mit klonaler Proliferation und monoklonaler IgM Rheumafaktor Produktion auf. Eine Transition dieser benignen Lymphoproliferation in ein malignes Lymphom wird gelegentlich beobachtet. Im Kryopräzipitat komplexieren HCV-Antigene mit polyklonalen Anti-HCV IgG Antikörpern und gegen die Fc Domäne der IgG Antikörper gerichteten IgM Rheumafaktoren. Das an den IgM Rheumafaktor bindende Komplement Protein C1q vermittelt eine Bindung des Krypräzipitats an endotheliale C1q-Rezeptoren. Die vaskuläre Kryopräzipitat-Ablagerung induziert eine Rekrutierung und Aktivierung von neutrophilen Granulozyten mit Komplementaktivierung und -verbrauch. Als Folge wird eine leukozytoklastische Vaskulitis mit ischämischer Gewebsschädigung gesehen. In der Niere induziert die mesangiale und glomeruläre Ablagerung von Kryopräzipitaten eine Rekrutierung von Monozyten, Makrophagenaktivierung und mesangiale Proliferation. Den kryoglobulinämischen Vaskulitiden anderer Genese und der ECV liegen pathogenetisch ähnliche Prozesse zugrunde (Roccatello et al. 2018; Dammacco et al. 2019).

Pathologie

Das typische Bild der Hautbeteiligung wird von einer Neutrophilen-reichen leukozytoklastischen Vaskulitis mit Kernfragmentation (Karyorrhexis) der Leukozyten bestimmt. Oftmals liegt eine nur geringe entzündliche Infiltration bei gleichzeitig ausgeprägter fibrinoider Nekrose und Thrombose vor (Abb. 3).
Kristalline Kryopräzipitatausfällungen sind gelegentlich sichtbar. Die mittels direkter Immunfluoreszenz (DIF) nachweisbaren Kryopräzipitate können inhomogen verteilt sein und daher im Falle einer nicht repräsentativen Gewebsprobe unter Umständen dem Nachweis entgehen. Die Nierenbeteiligung geht oftmals mit einer markanten intraglomerulären Monozyteninfiltration, intraluminalen Thrombenformation und renalen Vaskulitis einher. Bei zirka 80 % der Fälle mit einer Nierenbeteiligung wird eine membranoproliferative Glomerulonephritis Typ I gefunden (Holl-Ulrich 2010; Roccatello et al. 2018; Dammacco et al. 2019).

Klinische Manifestationen

Die häufigsten Symptome der CV sind eine palpable Purpura, Arthralgien oder Oligo- bzw. Polyarthritis, allgemeine Schwäche, Polyneuropathie oder Mononeuritis multiplex, Akrozyanose und Raynaud-Syndrom.
Die in 60–70 % der Fälle auffällige Meltzer’sche Trias (Purpura, Arthralgien, Abgeschlagenheit) gilt als CV-typische Symptomkonstellation. Akrale Nekrosen und Hautulzera können die CV komplizieren (Abb. 4).
Bei etwa der Hälfte der Patienten liegt eine Nierenbeteiligung mit Kreatininanstieg und nephritischem Sediment oder – seltener – nephrotischem Syndrom vor. Weitere Organe wie das ZNS oder die Lunge können betroffen sein. Oligo- und monosymptomatische Verläufe können die Diagnostik bisweilen erschweren. Die serologischen Entzündungsmarker sind oftmals erhöht. In der Regel liegt ein Komplementverbrauch mit niedrigen C4-Komplementspiegeln vor. Die Bestimmung der Kryoglobulin-Konzentration oder des Kryokrit dienen der Quantifizierung der Kryoglobulinämie. Mittels Immunfixation oder Gel-Elektrophorese werden die poly- und/oder monoklonalen Kryoglobulinfraktionen aufgetrennt und die monoklonale Typ I Kryoglobulinämie von den gemischten Typ II (monoklonales IgM, polyklonales IgG) und III (polyklonales IgM und IgG) Kryoglobulinämien voneinander unterschieden. Bei der Typ II Kryoglobulinämie wird fast regelhaft eine IgM Rheumafaktor nachgewiesen. Die chronische HCV-Infektion kann mit dem Nachweis von in der Regel niedrig-titrigen anderen Autoantikörpern wie z. B. Anti-nukleären Autoantikörpern assoziiert sein. Dies kann gelegentlich die Differenzialdiagnose zu einer Kollagenose erschweren. Die Bestimmung von HCV-Antikörpern und der HCV-RNS ermöglicht jedoch in den meisten Fällen eine ätiologische Zuordnung der CV. In HCV-negativen Fällen müssen die im Abschn. 5.1 aufgeführten anderen Erkrankungen differenzialdiagnostisch von der genuinen ECV abgegrenzt werden (Roccatello et al. 2018; Dammacco et al. 2019).

Therapie

Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der CV. Milde mit Arthralgien und Purpura einhergehende Verläufe der HCV-assoziierten CV werden nach Diagnosestellung mit direkt antiviral wirkenden Agenzien (DAA) therapiert. Bei schweren Verläufen mit z. B. kutanen Nekrosen, einer membranoproliferativen Glomerulonephritis oder peripheren Neuropathie erfolgt zunächst eine remissionsinduzierende Therapie der CV mit Rituximab in Kombination mit einer passageren Glukokortikoid-Therapie. Anschließend erfolgt die Viruselimination mit DAA.
Bei fulminanten Verläufen wie z. B. einer rapid-progressiven Glomerulonephritis, alveolären Hämorrhagie, refraktären Ulzera oder ZNS-Beteiligung kann zusätzlich eine Plasmaseparation zur rascheren Kryoglobulin-Elimination erwogen werden.
Die Therapie der HCV-assoziierten CV mit DAA führt in einem ähnlich hohen Prozentsatz (>90 %) zur Viruselimination wie die Therapie der chronischen HCV Infektion ohne CV. Die Ansprechraten der HCV-indizierten immunologischen Veränderungen und klinischen Manifestationen sind allerdings geringer, wenngleich die Viruselimination in der Regel zu einer Besserung der CV und Reduktion der Kryoglobulinämie führt. Bei etwa 50 % der Patienten persistiert die Kryoglobulinämie. CV-Rezidive trotz anhaltender DAA-induzierter Viruselimination sind auf eine Persistenz von HCV-induzierten lymphoproliferativen Veränderungen zurückzuführen. Bei der genuinen ECV erfolgt die Remissionsinduktion mit Rituximab in Kombination mit einem Glukokortikoid. Abhängig vom Schweregrad der ECV kann auch hier gegebenenfalls eine Plasmaseparation erwogen werden. Mit anderen Erkrankungen assoziierte kryoglobulinämische Vaskulitiden werden abhängig von der Schwere der Organbeteiligung ähnlich wie die ECV zusätzlich zur Grunderkrankung behandeln (Comarmond et al. 2020).

Weitere systemische Kleingefäßvaskulitiden

Anti-Glomeruläre Basalmembran Erkrankung

Die Anti-glomeruläre Basalmembran (GBM) Erkrankung betrifft die pulmonalen und/oder glomerulären Kapillargebiete. Für den beide Kapillargebiete betreffenden Phänotyp ist das Eponym „Goodpasture Erkrankung“ gebräuchlich (Jennette et al. 2013). Die Inzidenz der Anti-GBM Erkrankung wird mit 1–2 pro 1 Million Einwohner im Jahr angegeben. Die Erkrankung weist eine bimodale Altersverteilung auf mit einem Inzidenzgipfel in der dritten Lebensdekade mit häufigerer Beteiligung beider Kapillargebiete und häufigerem Vorkommen bei Männern und einem zweiten Gipfel in der sechsten und siebten Lebensdekade, in der die renal-limitierte Form häufiger vorkommt und Frauen und Männer etwa gleich häufig betroffen sind. Die Erkrankung wird durch Autoantikörper hervorgerufen, die gegen die nichtkollagene (NC-1) Domäne der α3-Kette des Typ-IV Kollagens in der glomerulären Basalmembran und alveolären Kapillaren gerichtet sind. Der Einfluss von Umweltfaktoren zeigt sich in der Assoziation der Lungenbeteiligung mit Zigarettenrauchen und der Inhalation von Hydrocarbonen und der Nierenbeteiligung mit der Lithotrypsie, die zur Freilegung von verborgenen Epitopen des Typ-IV Kollagens in der alveolären bzw. glomerulären Basalmembran beitragen. Etwa 80–90 % der Patienten entwickeln eine rapid-progressive Glomerulonephritis und 40–60 % eine alveoläre Hämorrhagie. Im Serum können in der Regel Anti-GBM Autoantikörper bestimmt werden. Bei bis zu 50 % der Patienten mit einer Anti-GBM Erkrankung wurden außerdem ANCA nachgewiesen, meist MPO-ANCA. Es wird vermutet, dass bei diesen „doppelt-positiven“ Patienten durch eine ANCA-induzierte glomeruläre Schädigung verborgene GBM-Epitope freigelegt werden und die Bildung von Anti-GBM Autoantikörpern induziert wird. Die Anti-GBM Erkrankung geht mit einem Komplementverbrauch einher. Der Kreatinin-Wert ist fast immer erhöht und ein nephritisches Sediment auffällig. Die Diagnose kann durch eine Nierenbiopsie mit Nachweis einer nekrotisierenden Glomerulonephritis mit Halbmondbildung und linearen Immunglobulin-Ablagerungen in der direkten Immunfluoreszenz gesichert werden. Der Anteil an betroffenen Glomerula mit Halbmonden korreliert mit dem Ausmaß der Nierenfunktionseinschränkung. Die Standardtherapie besteht in der Gabe von einem Glukokortikoid in Kombination mit Cyclophosphamid und einer Plasmaseparation zur Eliminierung von Anti-GBM Autoantikörpern. Die renale Prognose von Patienten mit einem Kreatinin-Ausgangswert von <500 μmol/l ist günstiger als die von Patienten mit einem Wert darüber. Die Rezidivrate der Anti-GBM Erkrankung ist gering. In einer klinischen Studie (EdraCT2016-004082-39) wird die Effektivität von Imlifidase (IdeS), einer IgG-spezifischen Cystein-Protease, geprüft. Die IdeS-induzierte enzymatische Spaltung von IgG Antikörpern reduzierte die Komplementaktivierung und Rekrutierung von Neutrophilen in einem experimentellen Glomerulonephritis-Modell (McAdoo und Pusey 2017).

Hypokomplementämische Urtikariavaskulitis (Anti-C1q Vaskulitis)

Das Kardinalsymptom der hypokomplementämischen Urtikaria-Vaskulitis (HUV) ist eine chronische Urtikaria, die in 50–100% der Fälle mit C1q-Autoantikörpern assoziiert ist. Histologisch ist sie durch eine leukozytoklastische Vaskulitis mit Immunkomplex-Ablagerungen gekennzeichnet (Jennette et al. 2013). Die HUV kann idiopathisch oder in Assoziation mit anderen Erkrankungen wie z. B. Kollagenosen auftreten. In epidemiologischen Studien wird eine Inzidenz von 1–1,5 pro 1 Million Einwohner im Jahr und eine Prävalenz von 10 pro 1 Million Einwohner für die HUV angegeben. Frauen sind 8x mal häufiger als Männer betroffen. Autoantikörper gegen die C1q Komplementkomponente werden möglicherweise unter der Einwirkung von Umweltfaktoren wie viralen Infekten gebildet. Diese legen verborgene Epitope von C1q frei. Komplexe aus Anti-C1q Autoantikörpern, C1q und Immunglobulinen aktivieren den klassischen Komplementweg. Ihre Bindung an Endothelzellen aktiviert Neutrophile Granulozyten und führt zur Endothelschädigung. Neben der Haut (Urtikaria, Angioödem) sind weitere Organe betroffen. Zu den häufigen Manifestationen gehören Arthralgien bzw. Arthritiden, die Uveitis, Episkleritis, chronisch obstruktive Lungenerkrankung und membrano- oder mesangio-proliferative sowie membranöse Glomerulonephritis. Die serologischen Entzündungsmarker sind in der Regel erhöht. Typischerweise besteht ein Komplementverbrauch mit niedrigen C3- und C4-Komplement-Spiegeln. Im Serum werden oftmals Anti-C1q Autoantikörper nachgewiesen. Niedrig-titrige Anti-nukleäre Autoantikörper (ANA) können vorkommen. Der Nachweis von dsDNS-Antikörpern ist jedoch ein Ausschlusskriterium für die HUV. In der Hautbiopsie wird in der Regel eine leukozytoklastische Vaskulitis mit Immunkomplex- und Komplement-Ablagerung gefunden. Die immunsuppressive Therapie richtet sich nach der Schwere der Organmanifestationen und umfasst Antihistaminika, Hydroxychloroquin und Dapson bei kutan-limitierter HUV sowie Cyclophosphamid, Azathiorpin, Cyclosporin A, Mycophenolat-Mofetil oder Rituximab in Kombination mit einem Glukokortikoid bei schweren Verläufen (Buck et al. 2012; Ion et al. 2020).

Mit systemischen Erkrankungen oder wahrscheinlicher Ätiologie assoziierte Vaskulitiden

Viele der mit systemischen Erkrankungen assoziierten Vaskulitiden wie z. B. die rheumatoide Vaskulitis oder paraneoplastische Vaskulitis und die mit einer wahrscheinlichen Ätiologie assoziierten Vaskulitiden wie z. B. die HCV-assoziierte CV zeichnen sich durch eine prädominante Beteiligung kleiner Gefäße aus (Jennette et al. 2013). Häufige Manifestationen sind eine palpable Purpura und peripheren Nervenbeteiligung. Die Wahl der immunsuppressiven Therapie ist abhängig von der Schwere der Organmanifestationen und Grunderkrankung (Lamprecht et al. 2018b).

Einzelorgan Vaskulitiden

Eine Einzelorgan Vaskulitis kann Arterien und Venen jeder Größe in einem einzelnen Organ betreffen. Limitierte Formen systemischer Vaskulitiden sind von der Klassifizierung als Einzelorgan Vaskulitis ausgenommen (Jennette et al. 2013). Viele Einzelorgan Vaskulitiden gehen mit einer prädominanten Beteiligung kleiner Gefäße einher (Hernández-Rodríguez und Hoffman 2012). Hierzu zählen u. a. die nicht-systemischen vaskulitischen Neuropathien (NSVN), die isolierte retinale Vaskulitis und kutane Vaskulitiden wie z. B. die kutane IgM/IgG Immunkomplex-Vaskulitis, die noduläre kutane Vaskulitis (Erythema induratum Bazin), das Erythema elevatum et diutinum und die normokomplementämische Urtikaria-Vaskulitis (NUV) (Hernández-Rodríguez und Hoffman 2012; Sunderkötter et al. 2018). Die primäre Zentralnervensystem (ZNS) Vaskulitis (primäre Angiitis des ZNS) geht mit einer Beteiligung der mittelgroßen Gefäße, d. h. der proximalen Hirnarterien des Circulus arteriosus Willisii einschließlich der ersten Gefäßaufzweigung und der kleinen, distal davon gelegenen intraparenchymatösen Gefäße einher. Es kann im Einzelfall sowohl eine prädominante, angiografisch durch Gefäßirregularitäten darstellbare Beteiligung der mittelgroßen Gefäße als auch eine prädominante, nur durch eine kombiniert leptomenigeal-parenchymatöse Biopsie fassbare Beteiligung der kleinen Gefäße vorliegen. Histologisch wird ein granulomatöser Entzündungstyp einschließlich einer mit einer Amyloid-β Ablagerung (Amyloid-β-assoziierte Angiitis, ABRA) vergesellschafteten Subgruppe von einem nekrotisierenden und einem lymphozytären Entzündungstyp unterschieden (Schuster und Magnus 2015). Die immunsuppressive Therapie der jeweiligen Einzelorgan Vaskulitis richtet sich ähnlich wie in den obigen Abschnitten beschrieben nach dem Ausmaß und der Schwere der Organmanifestation (Hernández-Rodríguez und Hoffman 2012; Schuster und Magnus 2015).
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