Grundlagen
Amyloidosen
sind seltene Erkrankungen, die durch eine fehlerhafte Faltung von Proteinen verursacht werden. Die hierbei entstehenden fibrillären Proteine werden unlöslich, lagern sich in verschiedenen Geweben und Organen ab und können schließlich zu schweren Fehlfunktionen führen. Man unterscheidet
lokalisierte und systemische Amyloidosen, welche beide die Haut betreffen können. Allen Amyloidfibrillen gemeinsam ist eine β-Faltblattkonformation, die für ihre charakteristischen färberischen Eigenschaften verantwortlich ist. Rudolf Virchow bezeichnete 1854 diese Veränderungen erstmals als „Amyloid“ im Sinne von „Stärke-ähnlich“, da er nach Anfärbung mit alkoholischer Jodlösung Ablagerungen von Zellulose vermutete. Derzeit sind über 30 verschiedene Proteine bekannt, die nach einer Konformationsänderung unlösliche, fibrilläre Aggregate bilden können. Die in der Haut vorkommenden Amyloidtypen sind:
Obwohl es sich um keine einheitliche Substanz handelt, sondern biochemisch und immunologisch verschiedene Amyloidtypen identifiziert werden konnten, ist ihnen die fibrilläre Feinstruktur und im Röntgenbeugungsdiagramm die β-Faltblattkonformation gemeinsam. Ultrastrukturell zeigt
Amyloid ein lockeres Maschenwerk feiner, etwa 10 nm dünner und bis zu 1000 nm langer unverzweigter Fibrillen, die sich aus filamentären Substrukturen zusammensetzen. Daneben bestehen alle Amyloide zu einem geringen Teil aus verschiedenen nichtfibrillären Komponenten, einschließlich linear aufgebauter
Glykosaminoglykane und einer pentagonalen Substanz, der P-Komponente. Diese scheint identisch zu sein mit einem im
Serum physiologisch vorkommenden Glykoprotein, der Serum-Amyloid-P-Komponente (SAP). Mithilfe immunhistochemischer Methoden kann die P-Komponente nicht nur in Amyloidablagerungen nachgewiesen werden, sondern auch in normaler Haut, besonders in den Basalmembranen von Kapillaren und Schweißdrüsen sowie an elastischen Fasern.
Im Gewebe erscheint
Amyloid als hartes, durchscheinendes, strukturloses Material mit bestimmten färberischen Eigenschaften. So bedingt die β-Faltblattstruktur der fibrillären Proteine nach Kongorot-Färbung eine grüne Doppelbrechung in der Polarisationslichtmikroskopie (
Dichroismus)
. Typisch sind ferner Eosinophilie, Metachromasie mit Kristallviolett oder Methylviolett und
Affinität für Fluorochromfarbstoffe wie Thioflavin T. Auch die
PAS-Reaktion ist gewöhnlich positiv.
Sekundäre kutane Amyloidosen
Amyloidablagerungen in Assoziation mit kutanen Tumoren sind wahrscheinlich die häufigste Form einer Amyloidose
der Haut. Bei gezielter histologischer Untersuchung finden sich bei etwa 50 % der
Basalzellkarzinome Amyloidablagerungen. Diese lassen sich aber auch bei spinozellulären Karzinomen, Adnextumoren, anderen kutanen Tumoren (
seborrhoischen Keratosen),
aktinischen Keratosen und in PUVA-behandelter Haut nachweisen. Das
Amyloid zählt zum Keratintyp (
Amyloid K) und ist epithelialen Ursprungs. Amyloid besitzt eine
Affinität zu elastischen Fasern, vermittelt durch die P-Komponente. So scheint bei aktinischer Elastose sowohl elastotisches Material als auch abgelagertes Amyloid vorzuliegen.
Systemische Amyloidosen
An eine systemische Amyloidose
sollte vor allem im Rahmen von malignen Prozessen, chronischen Infekten oder Systemerkrankungen mit nicht zuordenbarer Nephro-, Kardio- oder Neuropathie und klinisch auffälligen Haut- und Schleimhautveränderungen gedacht werden. Man unterscheidet primäre, sekundäre und hereditäre Formen. Klassifizierung und Diagnose der systemischen Amyloidose erfordern den pathologischen Nachweis von
Amyloid im Gewebe, die Identifikation des Fibrillenproteins sowie die Untersuchung und Bewertung der Organbeteiligung.
Hereditäre Amyloidosen
Bei den genetischen Erkrankungen aus der Gruppe der hereditären Amyloidosen
finden sich am häufigsten Punktmutationen des
Transthyretin-Gens (
TTR-Gen). Das verantwortliche
Amyloid (
Amyloid TTR) leitet sich gewöhnlich von Transthyretin (früher:
Präalbumin) ab, einem in der Leber synthetisierten α-Globulin. Dieses bindet an das retinolbindende Protein und ist der Transporter für Retinol, aber auch der sekundäre Transporter für Thyroxin (T
4). Mit Beginn in der Lebensmitte bildet das veränderte TTR-Plasmaprotein Amyloidfibrillen, die in der Folge im Gewebe abgelagert werden. Andere, sehr seltene hereditäre Amyloidosen werden durch vererbte Mutationen von
Apolipoprotein A1 oder A2,
Fibrinogen,
Lysozym oder Gelsolin verursacht.
Bei den hereditären Amyloidosen zeigt sich nur äußerst selten eine klinisch manifeste Hautbeteiligung. Bei der
ATTR-Amyloidose finden sich im Verlauf schlecht heilende Ulzera und atrophische Narben, bei den Gelsolin-Amyloidosen imponieren klinisch besonders auffällige Bilder in Form einer massiven
Cutis laxa, ausgedehnter Purpura sowie einer Hypotrichose.
Hereditäre Amyloidosen führen nach Einsetzen der ersten Krankheitssymptome innerhalb von 5–15 Jahren zum Versterben. Die Todesursachen stehen häufig im Zusammenhang mit Herz- oder
Nierenversagen.