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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 29.07.2015

Typ-2 Diabetes

Verfasst von: Morten Schütt
Diabetes mellitus ist eine chronische Erkrankung, deren Leitbefund eine dauerhafte Erhöhung des Blutzuckers darstellt. Der überwiegende Anteil (ca. 90 % der Diabetesfälle) ist auf einen Typ-2-Diabetes und eine enge Assoziation mit Lebensstilbedingungen (Adipositas, körperliche Aktivität/Ernährung) zurückzuführen. Bislang ist es nicht überzeugend gelungen, die Progredienz der Erkrankung und die erhöhte kardiovaskuläre Mortalität medikamentös zu reduzieren.

Einleitung

Diabetes mellitus ist eine chronische Erkrankung, deren Leitbefund eine dauerhafte Erhöhung des Blutzuckers darstellt. Der überwiegende Anteil (ca. 90 % der Diabetesfälle) ist auf einen Typ-2-Diabetes und eine enge Assoziation mit Lebensstilbedingungen (Adipositas, körperliche Aktivität/Ernährung) zurückzuführen. Bislang ist es nicht überzeugend gelungen, die Progredienz der Erkrankung und die erhöhte kardiovaskuläre Mortalität medikamentös zu reduzieren.

Epidemiologie

Die Prävalenz von Glucosestoffwechselstörungen nimmt weltweit ununterbrochen zu und stellt bereits jetzt eine erhebliche sozioökonomische und gesundheitspolitische Herausforderung dar. Es wird geschätzt, dass spätestens im Jahr 2030 jeder 10. Mensch weltweit von einem manifesten Diabetes betroffen sein wird (www.idf.org).
Konkrete Angaben zur Häufigkeit von Diabetes in Deutschland sind aufgrund eines fehlenden Registers nicht möglich. Je nach Quelle der Daten, Zeitpunkt der Datenerhebung und untersuchtem Indexkollektiv wird eine geschätzte Häufigkeit von ca. 5,5–9,7 % angegeben. Zugleich wird angenommen, dass weitere 0,7–2,1 % vorhandene Diabetesfälle nicht bekannt sind und pro Jahr ca. 270.000 Menschen neu an Diabetes erkranken (Köster et al. 2012; Wilke et al. 2013; Heidemann et al. 2013). In einer aktuellen und hoch repräsentativen Erhebung des Robert-Koch-Institutes, der bundesweiten Quer- und Längsschnittstudie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland DEGS, wurde eine Diabetesprävalenz von 7,2 % (Lebenszeitprävalenz eines bekannten Diabetes in der Bevölkerung 18–79 Jahre, s. Abb. 1) gefunden. Im Vergleich mit Daten vom Bundesgesundheitssurvey 1998 nahm die Diabetesprävalenz um 38 % zu, wovon 14 % durch die Alterung der Bevölkerung zu erklären ist (Heidemann et al. 2013).
Der überwiegende Anteil (ca. 90 % der Diabetesfälle) ist auf einen Typ-2-Diabetes und weitere 5–10 % durch einen Typ-1-Diabetes verursacht. Hervorzuheben ist, dass es regional deutliche Unterschiede der Diabetesprävalenz in Deutschland gibt und ein Nordost-Südwest-Gefälle besteht (Schipf et al. 2012). Zudem ist die Typ-2-Diabetesprävalenz in bestimmten Subgruppen höher als in der Gesamtbevölkerung. Hierbei handelt es sich um Menschen mit einem BMI ≥30 kg/m2, Menschen mit niedrigem Bildungsstatus und Menschen in der Altersgruppe >60 Jahre. Bis 2030 wird ein Zuwachs von ca. 1,5 Mio. Menschen mit Typ-2-Diabetes in der Altersklasse 55–74 Jahre erwartet (Meldung Statistisches Bundesamt 08/2012).

Definition und Diagnostik

Diabetes mellitus ist eine chronische Erkrankung, deren Leitbefund eine dauerhafte Erhöhung des Blutzuckers, die bestimmte Grenzwerte überschreitet, darstellt. Es stehen unterschiedliche Prozeduren zur Diagnosefindung zur Verfügung. Die Empfehlung der Deutschen Diabetes Gesellschaft sieht folgendes Diagnostikschema vor (Landgraf et al. 2013, Abb. 2): bei Vorliegen typischer Symptome (u. a. Polyurie, Polyurie, unerklärter Gewichtsverlust), erhöhtem Risiko (z. B. Diabetes mellitus Typ 2 bei erstgradigen Verwandten, Übergewicht und körperliche Inaktivität, arterieller Hypertonie, Dyslipoproteinämie, Zustand nach Schwangerschaftsdiabetes oder nach Geburt eines Kindes mit Geburtsgewicht >4.000 g, Makroangiopathie oder Albuminurie) oder einem erhöhten spontan gemessenen venösen Plasmaglucosewert kann die Diagnose durch 2 Herangehensweisen überprüft werden, nämlich den HbA1c-Wert oder den Plasmaglucosewert im Rahmen eines Nüchternzustandes bzw. des oralen Glucosetoleranztestes. Ein manifester Diabetes mellitus liegt vor, wenn der HbA1c-Wert ≥6,5 % (≥48 mmol/mol) oder der venöse Nüchternplasmaglucosewert ≥126 mg/dl (7,0 mmol/l) ist. Werden diese Definitionskriterien trotz eines hohen Diabetesrisikos nicht erfüllt, sollte ein oraler Glucosetoleranztest durchgeführt werden. Der Test ist positiv, wenn 2 h nach dem Trinken einer 75 g Kohlenhydratlösung der Plasmaglucosewert ≥200 mg/dl (≥11,1 mmol/l) beträgt. Ein Prädiabetes besteht bei HbA1c-Werten im Bereich 5,7–6,4 % (39– <48 mmol/mol) oder Nüchternplasmaglucosewerten zwischen 100–125 mg/dl (5,6–6,9 mmol/l; abnorme Nüchternglucose) oder 2-h-Plasmaglucosewerten im Bereich 140–199 mg/dl (7,8–11,0 mmol/l; gestörte Glucosetoleranz) im oralen Glucosebelastungstest. Insbesondere bei Menschen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko ist aufgrund der höheren Sensitivität die Durchführung eines oralen Glucosetoleranztestes zu empfehlen, da auf diese Weise frühzeitig ein manifester Diabetes erkannt und behandelt werden kann. Zu beachten ist, dass für die verschiedenen Materialien (Kapillarblut oder venöses Blut, Messung im Plasma oder im Vollblut) verschiedene Grenzwerte gelten. Die Messung sollte zeitnah zur Blutentnahme erfolgen. Es dürfen nur qualitätsgesicherte Messsysteme zum Einsatz kommen. Blutzuckermessgeräte zur Blutzuckerselbstkontrolle sind ungeeignet und dürfen für diagnostische Zwecke nicht eingesetzt werden.

Pathophysiologie

Die Einteilung des Diabetes erfolgt nach pathophysiologischen Kriterien, eine Berücksichtigung von Alter, Therapie und Körpergewicht ist obsolet. Der Glucosestoffwechsel wird durch eine Vielzahl von Hormonen und Kommunikationssystemen reguliert, so dass eine Hyperglykämie durch diverse Faktoren verursacht werden kann. Die pathophysiologisch orientierte Einteilung der Diabetestypen unterscheidet zwischen einem Typ-1-Diabetes, Typ-2-Diabetes, Diabetes-Sonderformen (u. a. Maturity Onset Diabetes of the Young, Pankreaserkrankungen, Endokrinopathien) und einem Gestationsdiabetes. Im Vordergrund steht die Balance zwischen Insulinwirkung (u. a. auf die Stimulation des zellulären Glucosetransportes, Suppression der hepatischen Gluconeogenese) und der Insulinsekretion. Ursächlich besteht beim Typ-2-Diabetes im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes kein Insulinmangel, sondern aufgrund einer eingeschränkten Insulinempfindlichkeit (Insulinresistenz) ein erhöhter Insulinbedarf, der in der Frühphase der Erkrankung durch hohe körpereigene Insulinkonzentrationen kompensiert wird. Die daraus resultierende chronische Hyperinsulinämie kann über Jahre mit unauffälligen Plasmaglucosewerten einhergehen. Sie ist jedoch bereits in dieser Phase der kompensierten Normoglykämie mit diversen kardiovaskulären Risikofaktoren wie einer Adipositas, Dyslipidämie, arterieller Hypertonie und einer subklinischen Entzündungsreaktion (metabolisches Syndrom) assoziiert, wodurch eine hohe kardiovaskuläre Ereignisrate (Plaqueruptur) in der Prädiabetesphase resultiert. Die Entwicklung zum manifesten Diabetes hängt entscheidend von der Fähigkeit der Betazellen, die zur Kompensation der Insulinresistenz notwendige Hyperinsulinämie zu gewährleisten, und von dem Ausmaß der reduzierten Insulinempfindlichkeit ab.
Diese genetisch unterschiedlich ausgeprägte Insulinresistenz kann durch erworbene Faktoren akut (z. B. Entzündung, Trauma, Immobilisation, Stress, Medikamente, Schwangerschaft) oder chronisch (z. B. Altern, körperliche Fitness, vermehrtes viszerales Fettgewebe) verstärkt werden (Abb. 3). In Abhängigkeit der Intensität und Anzahl dieser Faktoren und des Insulinsekretionsvermögens der Betazelle schreitet die Stoffwechselstörung weiter voran, bis eine dauerhafte Erhöhung der Blutzuckerwerte (manifester Diabetes mellitus) erreicht wird bzw. bei bereits manifestem Diabestes eine regelmäßige Therapieeskalation bis hin zur Insulintherapie notwendig ist.

Differenzialdiagnostik

Differenzialdiagnostisch sind neben dem Typ-1-Diabetes vor allem Diabetessonderformen und der Gestationsdiabetes zu berücksichtigen. Zu den Sonderformen zählen insbesondere Endokrinopathien (Akromegalie, Cushing-Syndrom, Phäochromozytom, Hyperthyreose, Somatostatinom, Glucagonom, Aldosteronom), Erkrankungen des exokrinen Pankreas (zystische Fibrose, chronische Pankreatitis, Hämochromatose) sowie genetische Defekte der Betazellfunktion (MODY). Diese Erkrankungen werden jeweils gesondert in eigenen Kapiteln dargestellt, so dass hier auf eine eingehende Darstellung verzichtet werden kann. Daneben sind genetische Defekte der Insulinwirkung, seltene immunologisch bedingte Formen sowie genetische Syndrome bekannt, die mit einem Diabetes assoziiert sein können (z. B. Down-, Klinefelter- und Turner-Syndrom). Erhöhte Plasmaglucosewerte können auch medikamentös induziert werden (u. a. durch Glukokortikoide, Schilddrüsenhormone, Betaadrenergika, hormonelle Kontrazeptiva).

Therapie: Allgemeine Behandlungsziele

Zielkorridore und individuelle Therapieziele

Im Vordergrund der Typ-2-Diabetologie stand seit Jahren die Optimierung erhöhter Blutzuckerwerte, um hyperglykämiebedingte Komplikationen zu reduzieren. Mittlerweile ist bekannt, dass ein solches Behandlungskonzept allein nicht ausreicht, um dieses Ziel zu erreichen. Große Endpunktstudien (ACCORD, VADT und ADVANCE) weisen sogar darauf hin, dass die gegenwärtig verfügbaren und in diesen Studien eingesetzten Therapiekonzepte Nachteile besitzen, die den Vorteil einer normnahen Blutzuckereinstellung wieder aufheben (VADT, ADVANCE) oder gar in das Gegenteil verkehren können (ACCORD – Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes Study Group; Gerstein et al. 2008; Duckworth et al. 2009; ADVANCE Collaborative Group 2008);. Diese Ergebnisse dürften neben möglichen anderen unerwünschten Wirkungen vor allem durch therapiebedingte Hypoglykämien und eine therapiebedingte Gewichtszunahme beeinflusst worden sein. Ziel einer zeitgemäßen Differenzialtherapie sollte es deshalb sein, diese negativen Effekte bei möglichst effektiver Blutzuckersenkung zu minimieren. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes eine enorm heterogene Gruppe darstellen und somit individuelle Besonderheiten zu beachten sind. Dies betrifft sowohl die Erkrankung selbst, bei der z. B. die Insulinresistenz oder ein Insulinsekretionsdefekt im Vordergrund stehen können, das Erkrankungsstadium, die Komorbiditäten sowie berufliche und private Lebensumstände. Schließlich sind auch Lebensqualität und Therapieakzeptanz wichtiger Teil differenzialtherapeutischer Überlegungen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass außer Insulin alle antihyperglykämischen Medikamente nur eine begrenzte Wirksamkeit besitzen und somit bei Fortschreiten der Erkrankung Therapiekombinationen nötig werden.
Auf der Basis o. g. Erkenntnisse werden in aktuellen Leitlinien nicht mehr einheitliche HbA1c-„Zielwerte“ angegeben, sondern sog. „Zielkorridore“ unter Berücksichtigung der Krankheitskonstellation bzw. der diabetesbezogenen Gesamtsituation des Patienten (HbA1c-Zielfaktoren der Amerikanischen und Europäischen Diabetesgesellschaft s. Abb. 4). Zudem kann mit einem Patienten ein „individuell vereinbartes Therapieziel“, das von diesem medizinisch begründeten „Zielkorridor“ abweicht, vereinbart und je nach Lebensphase und Lebenssituation wiederholt angepasst werden.
Die Nationale VersorgungsLeitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes (Bundesärztekammer – BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (Nationale Versorgungsleitlinie 2013) gibt weitere Parameter für individualisierte Therapieziele an: Lebensstil, Glucosestoffwechsel, Lipidstatus, Körpergewicht und Blutdruck. Es sollte eine vollständige und verständliche Aufklärung über Nutzen und Schaden der Therapieziele erfolgen und diese im Laufe der Behandlung mindestens einmal jährlich und darüber hinaus je nach Bedarf evaluiert und entsprechend den Ergebnissen erneut verfolgt oder korrigiert werden. Ferner sind die Therapieziele oder deren eventuell begründetes Nichtzustandekommen – nachvollziehbar für Arzt, diabetologisch geschulte Fachkraft und Patient – zu dokumentierten (z. B. Disease Management Program – DMP, Gesundheitspass Diabetes, Deutsche Diabetes Gesellschaft – DDG).

Orientierungsgrößen der Therapieziele

Plasmaglucose

Nüchtern-/präprandiale Plasmaglucose 100–125 mg/dl (5,6–6,9 mmol/l) und postprandiale Plasmaglucose 1–2 h postprandial 140–199 mg/dl (7,8–11,0 mmol/l).

HbA1c-Wert

Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes soll zur Primärprävention von Folgekomplikationen ein HbA1c-Korridor von 6,5–7,5 % (48–58 mmol/mol) unter Berücksichtigung der individualisierten Therapieziele angestrebt werden. Eine Absenkung des HbA1c-Wertes auf unter 6,5 % sollte nur erfolgen, wenn die Absenkung durch eine alleinige Änderung des Lebensstils oder durch Medikamente erreichbar ist, die kein erhöhtes Risiko für bedeutende Nebenwirkungen (z. B. schwere Hypoglykämien, substantieller Gewichtsanstieg, Herzinsuffizienz, Pankreatitis) tragen und deren Nutzen in Bezug auf klinische Endpunkte belegt ist. So wird für eine Therapie mit Glibenclamid und/oder Insulin eine maximale Senkung auf einen HbA1c-Wert von 7 % angegeben.

Lipidstoffwechsel

LDL-Cholesterinsenkung auf Zielwert <100 mg/dl (<2,6 mmol/l).

Körpergewicht

Bei BMI 27–35 kg/m2 ca. 5 % Gewichtsabnahme und bei BMI >35 kg/m2 > 10 % Gewichtsabnahme.

Blutdruck

Systolischer Blutdruck <140 mmHg und diastolischer Blutdruck 80 mmHg.

Therapiespezifische Behandlungsziele (Schütt und Klein 2011)

Vermeidung mikroangiopathischer Komplikationen

Die Mikroangiopathie steht in einem direkten Zusammenhang zur Glucosestoffwechselqualität und Diabetesdauer. Sie betrifft vor allem Gefäßveränderungen im Bereich der Nieren (diabetische Nephropathie), des Augenhintergrundes (diabetische Retinopathie) und der peripheren Nerven (diabetische Polyneuropathie, u. a. Gefahr der Ausbildung eines diabetischen Fußsyndroms oder einer autonomen Neuropathie). Für mikroangiopathische Komplikationen besteht bei Typ-2-Diabetes die größte Evidenz für den Vorteil einer effektiven antihyperglykämischen Therapie. So wurde in der UKPDS (Vergleich HbA1c 7,9 % mit 7,0 %) und auch in der ADVANCE-Studie (Vergleich HbA1c 7,3 % mit 6,5 %) eine signifikante Risikoreduktion mikrovaskulärer Ereignisse durch eine intensivierte Therapie gezeigt. Dabei scheint, unabhängig von der Art der Therapie, primär die Senkung der Blutglucosespiegel wichtig zu sein.

Vermeidung eines diabetischen Fußsyndroms

Menschen mit Diabetes haben ein hohes Risiko für die Entwicklung von Ulzerationen an der unteren Extremität. Im Vordergrund stehen die Neuropathie sowie Mischbilder aus Neuropathie und peripherer arterieller Durchblutungsstörung. Bei Risikopatienten sollten tägliche Fußkontrollen (Angehörige oder Pflegepersonal) sowie eine regelmäßige podologische Fußpflege erfolgen. Wichtigste Therapie ist die Druckentlastung und ein professionelles Wundmanagement (frühzeitige Antibiose, Perfusionsoptimierung, Wunddebridement und stadiengerechte Lokaltherapie).

Reduktion des kardiovaskulären Risikos

Die kardiovaskuläre Mortalität bei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist gegenüber Nichtdiabetikern 2-mal so hoch bei Männern und 4- bis 5-mal so hoch bei Frauen (Abb. 5). Hervorzuheben ist insbesondere eine erhöhte Inzidenz von Herzinfarkten, plötzlichem Herztod und einer Herzinsuffizienz. Zudem besteht eine erhöhte Prävalenz und ein früheres Auftreten einer koronaren Herzerkrankung, die mit einer erhöhten Komplikationsrate und Sterblichkeit beim Herzinfarkt sowie schlechteren Langzeitergebnissen nach operativer und interventioneller Revaskularisation einhergeht (The Task Force on Diabetes and Cardiovascular Diseases of the European Society of Cardiology (ESC) and of the European Association for the Study of Diabetes, EASD 2007). Anders als bei den mikrovaskulären Schäden, bei denen Vorteile einer Normalisierung der Blutzuckerwerte klar belegt sind, ist die Datenlage bei den makrovaskulären Schäden bzw. dem kardiovaskulären Risiko schwieriger. Dies liegt vermutlich daran, dass dabei neben der Blutglucosekonzentration viele andere Faktoren (Insulinspiegel, viszerale Adipositas, Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen, Veränderungen der Blutgerinnung, obstruktives Schlafapnoesyndrom, Hypoglykämien) eine wichtige Rolle spielen, und diese teilweise durch die gegenwärtigen und in den Studien verwendeten antihyperglykämischen Therapieprinzipien negativ beeinflusst werden können. Ein positiver antihyperglykämischer Effekt auf makrovaskuläre Schäden bzw. kardiovaskuläres Risiko kann vermutlich auf diese Weise negativ kompensiert oder gar überkompensiert werden. Tatsächlich haben mehrere Studien, bei denen eine intensive Insulintherapie mit einer weniger intensiven Therapie verglichen wurden, keine signifikante Reduktion des kardiovaskulären Risikos demonstrieren können (Ray et al. 2009), eine Studie wurde wegen größerer Mortalität in der intensiven Gruppe sogar abgebrochen (Gerstein et al. 2008). Ein Nachteil dieser Studien ist, dass ein großer Teil der Patienten bereits bei Aufnahme in die Studien eine fortgeschrittene Erkrankung mit bereits vorhandenen makroangiopathischen Veränderungen bzw. stattgehabten kardiovaskulären Ereignissen hatten. In dieser Patientengruppe mit fortgeschrittener Erkrankung könnten Nebenwirkungen einer sehr intensiven antihyperglykämischen Therapie wie Hypoglykämien oder Gewichtszunahme besonders problematisch sein. Tatsächlich weisen Subanalysen dieser Studien darauf hin, dass Patienten mit kürzerer Krankheitsdauer und fehlenden oder geringeren makrovaskulären Veränderungen bei Einschluss in die Studien eher von einer intensivierten Therapie profitierten. Für den Vorteil einer möglichst normnahen Blutzuckereinstellung in frühen Krankheitsstadien ohne bereits vorhandene/bekannte makroangiopathische Veränderungen sprechen Daten der UKPDS, die zumindest bei adipösen Patienten mit Metforminbehandlung einen positiven Effekt zeigten (ADVANCE Collaborative Group 2008), sowie der UKPDS-Nachbeobachtungsphase (Holman et al. 2008). Als Hinweis, dass einzelne Therapieprinzipien einen Vorteil hinsichtlich des Herzinfarktrisikos bieten könnten, kann die PROactive Studie gewertet werden (Dormandy et al. 2005). Zusammenfassend werden als mögliche Gründe für den bislang schwierigen Nachweis einer kardiovaskulären Risikoreduktion durch möglichst effektive Blutglucosenormalisierung bei Typ-2-Diabetes diskutiert (Gerstein et al. 2008)):
  • ein zu später Beginn der effektiven antihyperglykämischen Therapie
  • therapiebedingte Hypoglykämien, die bei bereits bestehenden makrovaskulären Veränderungen das kardiovaskuläre Risiko erhöhen und
  • negative Einflüsse auf eine oder mehrere Komponenten des „Metabolischen Syndroms“, die den positiven Effekt der Blutzuckernormalisierung wieder zunichte macht
Leider existieren derzeit noch keine weiteren größeren Studien, bei denen das kardiovaskuläre Risiko bei Senkung der Blutglucose mit nicht hypoglykämieauslösenden Medikamenten oder bei weniger kardiovaskulär vorbelasteten Patienten untersucht wurde. Das kardiovaskuläre Risiko wird durch eine diabetische Nephropathie und ein diabetisches Fußsyndrom forciert.

Vermeidung von Übergewicht/Adipositas

Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor sowohl für die Entstehung eines Typ-2-Diabetes als auch für das Entstehen kardiovaskulärer Erkrankungen. Wesentliche Bedeutung für die Insulinempfindlichkeit und das kardiovaskuläre Risiko hat hierbei die Art der Fettverteilung. Menschen mit Typ-2-Diabetes unterscheiden sich von anderen Patienten durch einen größeren Bauchumfang, was einer erhöhten Masse an viszeralem Fettgewebe entspricht (Buchwald et al. 2009). Das viszerale Fettgewebe besteht aus Adipozyten, deren lipolytische Aktivität erhöht ist, so dass bei diesen Patienten die zirkulierenden freien Fettsäuren erhöht sind. Darüber hinaus setzten Adipozyten Hormone und hormonähnliche Substanzen frei, welche die Insulinwirkung zusätzlich zu den freien Fettsäuren negativ beeinflussen (Rosen und Spiegelman 2006). Prognostisch wichtig ist der Zusammenhang zwischen der sekretorischen Aktivität des viszeralen Fettgewebe und der Entstehung arteriosklerotischer Prozesse. Die aus dem viszeralen Fettgewebe freigesetzten inflammatorischen Substanzen können direkt an der Gefäßwand, aber auch über die Induktion von Akutphaseproteinen wie C-reaktives Protein in der Leber, die Entstehung arteriosklerotischer Veränderungen induzieren. Dieser Vorgang wird durch eine Vielzahl weiterer arteriosklerosefördernder Faktoren aus dem viszeralen Fettgewebe (z. B. Angiotensinogen, Angiotensin-Converting-Enzym, Plasminogen-Aktivator-Inhibitor-1) vorangetrieben. Insgesamt hat das viszerale Fettgewebe auf diese Weise eine herausragende Bedeutung für die Entstehung der Hyperglykämie, der arteriosklerotischen Veränderungen sowie, durch eine erhöhte Plaquerupturwahrscheinlichkeit, eines kardiovaskulären Ereignisses.

Vermeidung von Hypoglykämien

Schwere Hypoglykämien mit direkter Todesfolge sind beim Typ-2-Diabetes relativ selten (Murata et al. 2004). Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass Hypoglykämien ein kardiovaskuläres Risiko für Menschen mit einem Typ-2-Diabetes darstellen und eine enge zeitliche Assoziation zwischen schweren Hypoglykämien und kardiovaskulärer Mortalität besteht. Vorsicht ist v. a. auch bei Patienten geboten, die einen schlecht eingestellten Diabetes haben, und bei denen im Rahmen einer Therapieumstellung (Beginn einer Insulintherapie) eine schwere Hypoglykämie droht (Miller et al. 2010; Zoungas et al. 2010). Ein hohes Hypoglykämierisiko haben u. a. auch Patienten mit progredienter Niereninsuffizienz, einem Gewichtsverlust sowie geriatrische Patienten. Vermutlich spielt hierbei die Induktion einer Stressreaktion durch einen zentralen Energiemangel eine Rolle. Hypoglykämien greifen in die Regulation der Energieversorgung des Gehirns ein und resultieren in einer Katecholaminausschüttung. Diese kann auf dem Boden bereits bestehender makrovaskulärer Veränderungen eine klinisch relevante kardiovaskuläre Erkrankung demaskieren. Das Ziel einer normnahen Glucosestoffwechselqualität durch Medikamente, die mit einem erhöhten Hypoglykämierisiko einhergehen, könnte so – auch durch leichte oder unbemerkt nächtliche Hypoglykämien – zu einer Erhöhung der kardiovaskulären Ereignisrate führen. Hinweise darauf ergeben sich u. a. durch die „UK General Practice Research Database“, eine Kohortenstudie an Patienten mit einem Typ-2-Diabetes über ca. 20 Jahre, die eine Zunahme der Mortalität bei Erreichen von HbA1c-Werten <7,0 % unter einer Therapie mit Sulfonylharnstoffen oder Insulin zeigte (Currie et al. 2010).
Ein weiterer Aspekt ist, dass bestimmte Berufsgruppen kein Hypoglykämierisiko haben dürfen (z. B. Busfahrer) und somit der Einsatz hypoglykämiegefährdendender Medikamente folgenschwere individuelle Konsequenzen haben kann. Schließlich scheinen Hypoglykämien mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert zu sein (Whitmer et al. 2009). Hypoglykämien sind zudem eine häufige Ursache von Krankenhausaufenthalten, die mit erheblichen Kosten einhergehen (Liebl et al. 2001).

Vermeidung maligner Erkrankungen

Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein erhöhtes Krebsrisiko, das durch komplexe Faktoren beeinflusst wird (u. a. Alter, Adipositas, Komorbiditäten) und eine kritische Tumorvorsorge impliziert. Mögliche Ursachen könnten eine chronische Hyperinsulinämie, Inflammation und die Hyperglykämie sein (Vigneri et al. 2009). Zusammenhänge zwischen Antidiabetika und dem Krebsrisiko sind komplex und nicht eindeutig geklärt. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass Metformin mit einem niedrigeren Risiko für Krebserkrankungen assoziiert ist (Currie et al. 2009).

Allgemeine Hinweise zur Therapie des Typ 2 Diabetes (Schütt und Klein 2011)

Erkrankungsphase

Die Erkrankung verläuft in unterschiedlichen Stadien, die aufgrund pathophysiologischer Besonderheiten unterschiedliche Therapien der Hyperglykämie erfordern. Ausgehend von einer durch Hyperinsulinämie kompensierten Insulinresistenz spielt bei der Entwicklung des Typ-2-Diabetes eine langsam progrediente Reduktion der Hyperinsulinämie infolge einer Abnahme der maximalen Sekretionsleistung der Beta-Zelle eine große Rolle, da erst die Abnahme der Hyperinsulinämie zu einem Übergang der kompensierten Insulinresistenz in eine hyperglykäme Stoffwechsellage führt.
Pathophysiologisch erscheint es sinnvoll, in der initialen Phase des Typ-2-Diabetes, die Hyperinsulinämie nicht weiter zu erhöhen. Neben einem Schutz der Beta-Zell-Sekretion gilt es, Effekte der chronischen Hyperinsulinämie auf den Fettstoffwechsel, den Blutdruck, die Blutgerinnung, die Endothelfunktion und auf das Ernährungsverhalten zu minimieren. In späteren Phasen resultiert die Hyperglykämie zumeist aus einer Abnahme der Hyperinsulinämie bei gleichbleibend reduzierter Insulinempfindlichkeit. Diese Situation zeigt sich überwiegend durch postprandiale Hyperglykämien, im weiteren Verlauf auch im Nüchternzustand. Der Zeitpunkt des Versagens der initialen Therapie ist individuell sehr unterschiedlich und wird neben der Art der initialen Therapie auch vom Alter sowie von genetischen Besonderheiten beeinflusst.

Genetische Heterogenität

Es sind mittlerweile sehr viele Gene, welche die Insulinwirkung und/oder die Insulinsekretion, aber auch die Entstehung einer Adipositas beeinflussen, bekannt. Nur in Ausnahmefällen spielt ein umschriebener monogenetischer Effekt bei der Auslösung einer Hyperglykämie eine Rolle. Beim Typ-2-Diabetes stehen vielmehr unterschiedliche Polymorphismen, die den Glucosestoffwechsel auf verschiedene Weise beeinflussen, im Vordergrund (Staiger et al. 2009):
  • Insulinsekretion: u. a. glucoseinduzierte Insulinsekretion, inkretininduzierte Insulinsekretion, Proinsulinprozessierung, Glucagonsuppression
  • Insulinwirkung: u. a. insulinstimulierte Glucoseaufnahme im Fettgewebe, Muskelgewebe, Lebergewebe, Hemmung der Gluconeogenese oder Lipolyse und mit unterschiedlichem Ausmaß (Anzahl und Art der Polymorphismen)
Aufgrund der unterschiedlichen genetischen Zusammenhänge, die zur Hyperglykämie führen, ist das Ansprechen auf die verschiedenen Wirkmechanismen der Diabetestherapie individuell unterschiedlich. Dies betrifft auch die Nebenwirkungsrate und -art der Therapie.

Chronische Niereninsuffizienz

Die chronische Nephropathie ist häufig mit einem Diabetes mellitus assoziiert. Sie betrifft langfristig ca. 20–40 % der Patienten mit einem Diabetes mellitus und hat einen erheblichen Einfluss auf die Optionen der Differentialtherapie des Typ-2-Diabetes und der Induktion von Nebenwirkungen wie schwere Hypoglykämien (s. u.). Aufgrund der Beeinflussbarkeit durch Alter, Muskelmasse und Geschlecht dient als Parameter zur Beurteilung der Nierenfunktion die glomeruläre Filtrationsrate (Misbin 2004). Die glomeruläre Filtrationsrate ist Ausdruck des pro Zeiteinheit filtrierten Primärharnvolumens. Sie wird im klinischen Alltag nährungsweise durch die Bestimmung der Kreatininclearance ermittelt. Da das hierfür erforderliche Sammeln von Urin aufwendig und oft fehlerhaft ist, wird in der Praxis zumeist eine Schätzung der GFR durch Näherungsformeln, die auf der Bestimmung des Serumkreatinins beruhen, durchgeführt („estimated“ GFR/eGFR).

Cockroft-Gault-Formel

$$ Kreatininclearance \left( ml/ min\right)=\left(140- Alter\right)\;\cdotp\;K\ddot{o} rpergewicht(kg)/72\;\cdotp\;Serumkreatinin\left( mg/100 ml\right) $$
Bei Frauen ist das Ergebnis mit 0,85 zu multiplizieren.
Verkürzte MDRD(Modification of Diet in Renal Disease)-Formel
$$ Kreatininclearance \left( ml,/, min, ,1,73, ,{m}^2\right)=186\;\cdotp\;\left( Serumkreatinin in mg/ dl\right)-1,154\;\cdotp\;(Alter)-0,203 $$
Bei Frauen ist das Ergebnis mit 0,742 zu multiplizieren.
Die Cockroft-Gault-Formel überschätzt und die MDRD-Berechnung unterschätzt die wahre GFR. Schwächen der eGFR, die für eine Durchführung eines Sammelurins über 24 h sprechen, sind u. a. ein besonders niedriges oder hohes Körpergewicht, Personen mit Amputation von Gliedmaßen, eine rasche Änderung der Nierenfunktion, frühe Stadien der Nierenerkrankung oder die Notwendigkeit der exakten Kenntnis der Nierenfunktion wie z. B. im Rahmen einer Nierenspende (Bundesärztekammer – BÄK, Kassenärztliche Bundesvereinigung – KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (Nationale VersorgungsLeitlinie 2010). Die CKD-EPI-Formel (Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration), welche die Einflussgrößen Geschlecht, Hautfarbe und Kreatininbereiche berücksichtigt, schätzt die GFR genauer als die MDRD-Formel und könnte diese zukünftig ersetzen. Dies gilt besonders für höhere GFR-Bereiche sowie für Patienten, die über 70 Jahre alt sind (Levey et al. 2009).

Lebensalter

Geriatrische Patienten mit Diabetes sind oft multimorbid erkrankt. Es bestehen häufig Defizite in mehreren Funktionsbereichen, eine verringerte Anpassungsfähigkeit und begrenzte Kompensationsfähigkeit. Das Ziel wie auch die Art der Diabetestherapie muss individuell an diese komplexe Situation angepasst werden. Zu beachten ist auch die zumeist zusätzlich bestehende Polypharmakotherapie sowie eine veränderte Pharmakokinetik im Alter. In jedem Fall korreliert eine chronische Hyperglykämie auch beim geriatrischen Patienten mit einer erhöhten diabetesspezifischen Komplikationsrate, dem kardiovaskulären Risiko und der Entwicklung geriatrischer Syndrome (Andersson und Svärdsudd 1995; Kuusisto et al. 1994a, b).

Stadiengerechte und individuell angepasste Differenzialtherapie des Typ-2-Diabetes

Wesentliche Problemzone der Typ-2-Diabetologie ist die Erkenntnis, dass es bislang nicht überzeugend gelungen ist, medikamentös ein Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten und die hohe diabetesassoziierte Sterblichkeit zu senken. Der nachfolgend vorgestellte Therapiealgorithmus ist wesentlicher Inhalt der 2013 publizierten Nationalen Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes – Part DDG/DGIM (Abb. 6).

Stufe 1: Basistherapie

Die Basistherapie umfasst alle lebensstilmodifizierenden, nichtmedikamentösen Maßnahmen wie Schulung des Patienten, Ernährungstherapie, Steigerung der körperlichen Aktivität und Nichtrauchen, Stressbewältigungsstrategien. Ein wichtiges Ziel ist die Stärkung des Willens zu einer gesunden Lebensweise (Landgraf et al. 2013; s. Abb. 6).
Neben den genetischen Besonderheiten wird die Krankheitsprogredienz des Typ-2-Diabetes erheblich von einer Adipositas und von Lebensstilfaktoren, welche die Insulinwirkung negativ beeinflussen, bestimmt. Es ist bekannt, dass die erworbene Insulinresistenz nicht statisch ist, sondern auf Veränderungen eines komplizierten Netzwerkes von Signalwegen innerhalb und zwischen den Organen basiert. Der Benefit von Lebensstilinterventionen auf die Glucosestoffwechselregulation wurde zumeist in Prädiabetesstudien untersucht und in verschiedenen großen Patientenkollektiven gut belegt. Herausforderung einer jeden Diabetestherapie ist es aber auch, in jeder weiteren Phase der Erkrankung und Therapieeskalation Möglichkeiten der Optimierung der Insulinsensitivität durch aktive Lebensstilinterventionen zu erkennen und zu nutzen.
Regelmäßige körperliche Aktivität kann die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes aufhalten, die erhöhte kardiovaskuläre Mortalität in der Prädiabetesphase vermindern und die Klinik des manifestierten Diabetes verbessern (Petrella et al. 2005; Aas et al. 2005). Die positiven Effekte von körperlichem Training auf den Glucosestoffwechsel kann zumindest teilweise auf eine Verbesserung der zellulären Insulinwirkung zurückgeführt werden. Kirwan et al. untersuchten Insulineffekte auf die Glucoseaufnahme und die Aktivierung von Signalproteinen im Skelettmuskel von Menschen, die entweder ein regelmäßiges körperliches Training durchführten oder untrainiert waren. Im Vergleich mit den trainierten Probanden führte in einem euglykämischen-hyperinsulinämischen Glucoseklemmversuch (Bestimmung der Insulinsensitivität) die Insulinapplikation bei den untrainierten Probanden zu einer signifikant geringeren Glucoseaufnahme (Abb. 7). Dieser Befund spricht für eine schlechtere Insulinwirkung auf die insulinvermittelte zelluläre Glucoseaufnahme. An den gleichen Probanden wurden parallel Muskelbiopsien durchgeführt, um die insulinvermittelte Aktivierung bestimmter Signalproteine, die bei der zellulären Weiterleitung des Insulinsignals eine wichtige Rolle spielen, zu untersuchen. Entsprechend der Befunde der Glucoseklemmversuche konnte in diesen Untersuchungen im Skelettmuskel der trainierten Probanden im Vergleich mit den untrainierten Probanden eine deutlich stärkere insulinvermittelte Aktivierung der Signalproteine gefunden werden (Kirwan et al. 2000).
Trotz einer Vielzahl klinischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse ist die Umsetzung und die Akzeptanz regelmäßiger körperlicher Aktivität als wichtiger Baustein der Diabetestherapie problematisch (Levy 2009). Neben ärztlichen Kenntnissen, körperliches Training therapeutisch einzusetzen und zu kommunizieren, spielen individuelle Besonderheiten des Patienten eine große Rolle. Eine Belastung im anaeroben Bereich durch eine zu hohe Intensität des Trainings kann zu einer hyperglykämischen Entgleisung führen oder reduzierende Effekte körperlicher Aktivität auf den Blutzucker wieder aufheben, während gerade die körperliche Aktivität knapp unterhalb der anaeroben Schwelle eine größtmögliche Reduktion des Blutzuckers ermöglicht (Hansen et al. 2009). Menschen mit Typ-2-Diabetes, die zudem häufig adipös und herzkrank sind, verfügen zumeist über eine deutlich reduzierte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit, so dass bereits bei einer körperlichen Belastung auf einem niedrigen Niveau ein hohes Risiko für eine anaerobe Stoffwechsellage besteht. In der Nationalen Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes wird empfohlen, Menschen mit Typ-2-Diabetes zu motivieren, sowohl unstrukturierte körperliche Aktivität (z. B. Treppensteigen, Spaziergänge, Besorgungen zu Fuß, Gartenarbeit) als auch die strukturierte körperliche Aktivität zu steigern. Aerobes Ausdauertraining oder Krafttraining sollte im Rahmen strukturierter Bewegungsprogramme regelmäßig, wenn möglich, mehrmals pro Woche erfolgen. Die Wahl der körperlichen Aktivität oder Sportart und die Intensität ihrer Durchführung orientieren sich an der individuellen körperlichen Verfassung und den Möglichkeiten des Betroffenen (Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (Nationale VersorgungsLeitlinie 2013).
Individuelle Besonderheiten bestimmen auch die Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Typ-2-Diabetes, die zu gesunden, ausgewogenen Kostformen unter Berücksichtigung der bisherigen Ernährungsroutine motiviert werden sollen. Industriell gefertigte Lebensmittel für Diabetiker spielen hierbei keine Rolle mehr. Vielmehr sollen Menschen mit Typ-2-Diabetes erkennen können, welche Nahrungsmittel die Plasmaglucose erhöhen und auf eine ausgewogene Fettzusammensetzung der Nahrung sowie auf deren Bedeutung für den Gewichtsverlauf hingewiesen werden. Im Rahmen der medizinischen Betreuung und strukturierter Schulungs- und Behandlungsprogramme soll eine Ernährungsberatung, die Ernährungsverhalten, Wünsche, Verträglichkeiten, Werte und Bedürfnisse des Patienten, ebenso wie die Möglichkeiten zur Verhaltensänderung und den möglichen Einfluss der Ernährungsänderung auf die Lebensqualität berücksichtigt, ermöglicht werden (Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (Nationale VersorgungsLeitlinie 2013). Folgende Empfehlungen sind wissenschaftlich gut belegt:
  • wenig gesättigte Fette, sondern mehr ungesättigte, bevorzugt einfach ungesättigte Fette
  • mehr Omega-3-Fettsäuren
  • reichlich pflanzliche Lebensmittel, insbesondere Gemüse, Obst, Getreidevollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse, aber wenig Zucker und Weißmehlprodukte
  • Ballaststoffe, d. h. faserreiche Kost zur Optimierung der Insulinempfindlichkeit

Stufe 2: Basistherapie plus Pharmakamonotherapie

Metformin

Wird das individuelle HbA1c-Ziel innerhalb von 3–6 Monaten nicht erreicht, empfiehlt die Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes die Kombination mit einer Pharmakamonotherapie (s. Abb. 6). Hierbei stellt Metformin die 1. Wahl dar. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes, bei denen keine ausreichenden Erfolge durch nichtmedikamentöse Therapiemaßnahmen allein abzusehen sind (Adhärenzprobleme, Schweregrad, Multimorbidität), wird empfohlen, die Diabetestherapie sofort auf Stufe 2 zu beginnen (Bundesärztekammer – BÄK, Kassenärztliche Bundesvereinigung – KBV, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften – AWMF) (Nationale VersorgungsLeitlinie 2013). Ein solches Vorgehen steht zudem im Einklang mit den Empfehlungen der Amerikanischen und Europäischen Diabetesgesellschaft. Hintergrund ist einerseits eine Reduktion der Krankheitsprogredienz und andererseits eine Unterstützung der Lebensstilinterventionen durch Metformin.
Metformin hat neben einer antihyperglykämen Wirkung positive Effekte auf die Insulinempfindlichkeit und das Körpergewicht ohne mit einer Hypoglykämieneigung einherzugehen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass im Vergleich mit Sulfonylharnstoffen unter einer Therapie mit Metformin eine geringere Gesamtmortalität besteht (Currie et al. 2010).
Als Kontraindikation gilt u. a. eine GFR <45 ml/min, eine fortgeschrittene Herzinsuffizienz, eine fortgeschrittene Lungenerkrankung und generell die Situation einer kritischen Erkrankung. Prinzipiell besteht keine Alterseinschränkung. Aufgrund potenzieller gastrointestinaler Nebenwirkungen sollte die Therapie mit einer niedrigen Dosis begonnen werden. Metformin hat eine kurze Halbwertzeit von ca. 3–4 h.
Bei Metforminunverträglichkeit oder Kontraindikationen ist eine Monotherapie mit folgenden Substanzen möglich (alphabetische Reihenfolge):

DPP4-Inhibitoren

Dipeptidylpeptidase (DPP)-4-Inhibitoren (Gliptine) hemmen den Abbau des Inkretinhormons Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) und steigern so dessen Konzentration. GLP-1 führt an den Beta-Zellen des Pankreas zu einer gesteigerten Insulinfreisetzung, die im Gegensatz zur Insulinfreisetzung durch Sulfonylharnstoffe jedoch stark von der Glucosekonzentration abhängt. Hierdurch ergibt sich eine größere therapeutische Breite der DPP4-Inhibitoren und ein nahezu nicht existentes Hypoglykämierisiko bei Monotherapie oder Kombination mit Medikamenten, die ebenfalls nicht zu Hypoglykämien führen. Zudem wird durch GLP-1 die Glukagonfreisetzung gehemmt und es gibt Effekte auf die Regulation von Appetit und Sättigung sowie die Entleerung des Magens (Drucker und Nauck 2006). Diese Effekte dürften zusätzlich zur Insulinsekretionssteigerung zur antihyperglykämischen Wirkung der DPP4-Hemmer beitragen und bewirken, dass sie im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen oder Insulin wenig oder keinen Effekt auf den Körpergewichtsverlauf haben. Die derzeit verfügbaren DPP4-Hemmer Sitagliptin, (Vildagliptin) und Saxagliptin haben den Vorteil eines fehlenden Hypoglykämierisikos, einer guten Verträglichkeit und der Gewichtsneutralität. Vildagliptin ist allerdings aktuell nicht zu Lasten der GKV erstattungsfähig. Zudem wird die häufige Komorbidität arterieller Hypertonus durch einen reduzierenden Effekt der DPP4-Hemmer auf den Blutdruck günstig beeinflusst. Im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes und der Bewertung der jeweiligen Präparate (Zusatznutzen gegen etablierte Therapie) bzw. nachfolgender Preisverhandlungen kann sich die Verfügbarkeit neuer innovativer Substanzen in der Diabetestherapie ändern.

Insulin

Im Rahmen eines Einstiegs in die Insulintherapie erfolgt zumeist die Applikation eines Verzögerungsinsulins zur Nacht, das bis zum Erreichen des morgendlichen Zielwertes titriert wird. Die Analogverzögerungsinsuline Detemir und Glargin weisen im Vergleich mit NPH-Insulin eine geringere Schwankungsbreite und ein geringeres nächtliches Hypoglykämierisiko auf. Weitere Insulintherapiekonzepte (s. Tab. 2) sind auf dieser Behandlungsstufe möglich, werden aber zumeist nicht in dieser Behandlungsphase eingesetzt.

SGLT-2-Hemmer

Der renale natriumabhängige Glucosetransporter Typ 2 (SGLT-2, Sodium dependent Glucose transport 2) ist ein sekundär aktives Carrier-Protein, das in der menschlichen Niere über die proximalen Tubuluszellen Glucose und Natrium aus dem Primärharn resorbiert. Der durch die Natrium-Kalium-Pumpe aufgebaute Natriumgradient stellt hierbei die treibende Kraft für die Glucoseresorption dar. Eine Inhibition des SGLT-2 durch die sog. SGLT-2-Hemmer resultiert in einer Glukosurie, die zu einer Senkung des Blutzuckers ohne Induktion von Hypoglykämien führt. Es handelt sich hierbei um einen Mechanismus, der unabhängig von der Insulinwirkung und Insulinsekretion erfolgt. Derzeit ist der SGLT-2-Inhibitor Dapagliflozin auf dem Markt. In den bislang publizierten Studien führte Dapagliflozin zu einer anhaltenden Gewichtsreduktion (ca. 2–4 kg), Senkung des systolischen Blutdrucks (3–4 mmHg) und Reduktion des HbA1c-Wertes (ca. 0,4–0,8 %) ohne Induktion von Hypoglykämien (Nauck et al. 2011). Effekte auf kardiovaskuläre Endpunkte sind derzeit noch unklar. Zudem ist die Nachhaltigkeit der o. g. Effekte unklar. Das Risiko für Genitalinfektionen ist erhöht. Im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes und der Bewertung der jeweiligen Präparate (Zusatznutzen gegen etablierte Therapie) bzw. nachfolgender Preisverhandlungen kann sich die Verfügbarkeit neuer innovativer Substanzen in der Diabetestherapie ändern.

Sulfonylharnstoffe

Die Sulfonylharnstofftherapie ist eine seit Jahrzehnten etablierte und einfach durchzuführende Therapie. Aufgrund dieser Evidenz und jahrzehntelangen Erfahrung ist die Substanzgruppe Bestandteil von Therapieempfehlungen im Rahmen strukturierter Behandlungsprogramme. Es wird jedoch immer wieder diskutiert, ob sie hinsichtlich des kardiovaskulären Risikos anderen oralen Antidiabetika wie Metformin, GLP-1 Mimetika oder DPP4-Hemmern oder Pioglitazon unterlegen sind (Currie et al. 2010; Rao et al. 2008; Forst et al. 2013). Dabei könnte die Induktion von Hypoglykämien oder die therapiebedingte Gewichtszunahme eine Rolle spielen. Sulfonylharnstoffe scheinen zudem schneller als Metformin oder Glitazone ihre Wirksamkeit zu verlieren (Kahn et al. 2006). Zu beachten ist ferner, dass eine Veränderung der Nierenfunktion bei einer Medikation mit Sulfonylharnstoffen und/oder Insulin mit einer erhöhten Neigung für Hypoglykämien einhergehen kann (Ben-Ami et al. 1999). Sulfonylharnstoffe wirken durch eine Blockade ATP-sensitiver Kaliumkanäle an den Beta-Zellen durch Bindung an spezifische SUR-1-Bindungsstellen. Als Folge der zellulären Depolarisation öffnen sich spannungsgesteuerte Kalziumkanäle und der Kalziumeinstrom führt zu einer Entleerung des Insulins aus den Speichervesikeln. Die Insulinfreisetzung erfolgt unabhängig von der Blutglucosekonzentration (insulinotrope Wirkung). Es gibt verschiedene Generationen von Sulfonylharnstoffen mit unterschiedlichen Halbwertzeiten. Gliquidon wird als einziger Vertreter der Sulfonylharnstoffe nur über die Leber abgebaut und kann daher bei chronischer Niereninsuffizienz gegeben werden. Glinide wirken über den gleichen Mechanismus wie Sulfonylharnstoffe, sie weisen jedoch eine schnellere Resorption und kürzerer Halbwertszeit auf (maximale Plasmakonzentrationen innerhalb einer Stunde, Einnahme kurz vor der Hauptmahlzeit). Repaglinid ist wie Gliquidon zur Diabetestherapie bei fortgeschrittener Nierenerkrankung zugelassen (s. Tab. 1).
Tab. 1
Übersicht orale Antidiabetika und GLP-1-Rezeptoragonisten. (Modifiziert nach Willkomm 2013). GFR glomeruläre Filtrationsrate, CKD chronic kidney disease
Substanzklasse
Allgemeine Information
Besonderheit
Therapie bei Niereninsuffizienz
Hypoglykämierisiko
α-Glucosidasehemmer (Acarbose)
Reduktion postprandialer Hyperglykämien und Hyperinsulinämien
Hinweis auf reduziertes Herzinfarktrisiko
Gewichtsneutral
Gastrointenstinale Nebenwirkungen
Aufgrund der gastrointestinalen Nebenwirkungen und geringen Senkung des HbA1c-Wertes nur selten eingesetzt
Bis GFR 25 ml/min (CKD-Stadium 3) möglich
Nein
Biguanide
(Metformin)
U. a. reduzierte hepatische Gluconeogenese und intestinale Glucoseresorption
Verbesserte Insulinsensitivität
Gewichtsneutral
Positive Effekte auf kardiovaskuläre Mortalität und Krebsrisiko
Risiko der Laktatazidose gering, bei Eintritt jedoch sehr hohe Mortalität
Prinzipiell keine Alterseinschränkung (Cave GFR, Mangel-/Unterernährung)
GFR vor Beginn und während der Therapie bestimmen (einmal jährlich bei normaler Nierenfunktion, 2- bis 4-mal jährlich bei eingeschränkter Nierenfunktion)
Therapie bei NYHA I–II möglich
Bis GFR 60 ml/min möglich
Nein
DPP-4-Hemmer/Gliptine (Saxagliptin, Sitagliptin, Vildagliptin)
Gute Akzeptanz
Gewichtsneutral
Keine Endpunktstudien
Noch keine Erfahrung bzgl. langfristiger Therapiesicherheit
Attraktives Wirkkonzept (blutzuckersenkender Effekt ohne Hypoglykämierisiko)
Erhöhtes Hypoglykämierisiko durch Kombination mit Sulfonylharnstoffen/Insulin (Dosisanpassung der hypoglykämieauslösenden Substanzen)
Sitagliptin:
- ab GFR <60–30 ml/min (CKD-Stadium 3) 50 mg/Tag
- GFR <30 bis <15 ml/min (CKD-Stadium 4–5) 25 mg/Tag
Vildagliptin:
- ab GFR <50 bis <15 ml/min (CKD-Stadium 3–5) 50 mg/Tag
Saxagliptin:
- ab GFR <50 bis <15 ml/min (CKD-Stadium 3–4) 2,5 mg/Tag
Nein
Glinide (Repaglinide, Nateglinide)
Steigerung der Insulinsekretion (Wirkprinzip Sulfonylharnstoffe)
Nateglinide nur in Kombination mit Metformin zugelassen
Aufgrund kurzer Halbwertszeit flexible Dosierung möglich
Bis GFR <15 ml/min (CKD-Stadium 5) möglich
Ab GFR <30 ml/min (CKD-Stadium 4) Dosisreduktion
Ja
GLP-1 Rezeptoragonisten (Exenatid, Liraglutid, Lixisenatid)
Subkutane Applikation
Oft Gewichtsreduktion
Effekte auf die Regulation von Appetit, Sättigung und Magenentleerung
Unterstützung von Lebensstilinterventionen
Keine Endpunktstudien
Noch keine Erfahrung bzgl. langfristiger Therapiesicherheit
Kostenintensiv
Kombination mit Verzögerungsinsulin möglich
Aufgrund von Effekten auf Ernährungsverhalten (Appetit und Sättigungsgefühl) in der Geriatrie eher zurückhaltend einsetzen
Kombination mit jeweils verschiedenen Verzögerungsinsulinen möglich
Präparate mit verschiedener Wirkdauer und Applikationshäufigkeit verfügbar
Exenatid:
- ab GFR 50–30 ml/min (CKD-Stadium 3) 2-mal 5 μg/Tag
Liraglutid:
- bis GFR 60 ml/min, Studien zur Niereninsuffizienz derzeit noch nicht abgeschlossen
Lixisentid:
- bis GFR 50 ml/min, vorsichtige Anwendung bei GFR 30–50 ml/min
Nein
SGLT2-Hemmer (Dapagliflozin)
Wirkprinzip Glukosurie (insulinunabhängig)
Reduktion von Gewicht und Blutdruck möglich
Noch keine Erfahrung bzgl. langfristiger Therapiesicherheit
Diuretikatherapie anpassen
Erhöhtes Risiko für Genitalinfektionen
Erhöhtes Hypoglykämierisiko durch Kombination mit Sulfonylharnstoffen/Insulin (Dosisanpassung der hypoglykämieauslösenden Substanzen)
Verfügbarkeit im Rahmen AMNOG-Verfahren unklar
Keine Kombination mit Pioglitazon (Hinweis auf Blasenkarzinomrisiko)
Bis GFR 60 ml/min möglich
Nein
Sulfonylharnstoffe (Glibenclamid, Glimepirid, Gliquidon)
Steigerung der Insulinsekretion
Langjährige Erfahrung
Evidenz für Reduktion mikrovaskulärer Ereignisse
Gewichtszunahme
Kostengünstig
Verlust der Wirksamkeit
Langwirksame Sulfonylharnstoffe sollten bereits bei einer GFR <60 ml/min durch Gliquidon oder Repaglinide ersetzt werden
Laut Fachinformation dosisreduziert bis GFR 30 ml/min (CKD-Stadium 3) möglich
Ja
Thiazolidindione (Pioglitazon)
Pathophysiologisch sinnvolles Konzept (verbesserte Insulinempfindlichkeit)
Hinweise auf Reduktion makrovaskulärer Ereignisse
Metabolisch neutrale Gewichtszunahme
2011 Ausschluss von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV
Induktion von Ödemen
Risiko einer Herzinsuffizienz
Erhöhte Fraktur- und Osteoporoserate
Kontraindikation bei aktivem oder stattgehabten Blasenkarzinom oder nicht abgeklärter Makrohämaturie
Bis GFR <15 ml/min (CKD-Stadium 5) möglich
Nein
Folgende Substanzen spielen in der aktuellen Diabetestherapie nur noch eine untergeordnete Rolle:

Pioglitazon

Das Thiazolidindion Pioglitazon aktiviert als sogenannter „Insulinsensitizer“ den nukleären PPAR-γ-Rezeptor und verbessert über verschiedene Mechanismen die Wirksamkeit des Insulins. Eine Metaanalyse aus 19 randomisiert-kontrollierten Studien (n = 16.390) weist darauf hin, dass bei Menschen mit einem Typ-2-Diabetes durch Pioglitazon neben einer Verbesserung des Glucosestoffwechsels eine signifikante Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse (Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall) erreicht werden kann (Lincoff et al. 2007). Die Hypoglykämierate wird durch Pioglitazon nicht erhöht. Es kommt zu einer Gewichtszunahme, allerdings betrifft dies vor allem das subkutane Fettgewebe, das im Gegensatz zum viszeralen Fettgewebe weniger schädlich im Hinblick auf Insulinresistenz und kardiovaskuläres Risiko zu sein scheint (Rosen und Spiegelman 2006). Die initiale Gewichtszunahme ist zudem partiell bedingt durch eine Flüssigkeitsretention durch eine PPAR-γ-abhängige Wirkung auf den epithelialen Natriumkanal ENaC am distalen Tubulus. Dies kann bei herzinsuffizienten Patienten zur Dekompensation führen, so dass Pioglitazon bei Herzinsuffizienz kontraindiziert ist. Unter anderem diese Problematik sowie die seit wenigen Jahren bekannte erhöhte Fraktur- und Osteoporoserate, insbesondere bei postmenopausalen Frauen, haben den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) veranlasst, Pioglitazon seit dem 1.4.2011 von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen auszuschließen.

Acarbose

α-Glucosidasehemmer haben generell ein vielversprechendes kardiovaskuläres Wirkprofil, indem postprandiale Hyperglykämien und Hyperinsulinämien ohne Induktion von Hypoglykämien oder einer Gewichtszunahme reduziert werden. Die Ergebnisse einer Metaanalyse randomisierter und plazebokontrollierter Studien ergaben den Hinweis auf ein reduziertes Herzinfarktrisiko unter Acarbose bei Typ-2-Diabetes (Hanefeld et al. 2004). Evidenzbasierte Daten zur antihyperglykämen oder kardiovaskulären Wirksamkeit dieser Kombination liegen nicht vor.

Stufe 3: Basistherapie plus Pharmakazweifachtherapie

Wird das individuelle HbA1c-Ziel innerhalb von 3–6 Monaten nicht erreicht, empfiehlt die Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes die Kombination mit einer Pharmakazweifachtherapie (s. Abb. 6).
Falls keine Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten vorliegen, sollte die Basistherapie Lebensstil plus Metformin auch bei einer Therapieeskalation dauerhaft belassen werden. Metformin ist als Kombinationspartner für sämtliche andere Präparate (orale Antidiabetika, GLP-1-Rezeptoragonisten, Insulintherapie) zugelassen. Die DPP4-Hemmer Sitagliptin und Saxagliptin kommen in erster Linie bei einer unzureichenden antidiabetischen Wirkung von Lebensstil plus Metformin als Therapieeskalation in Betracht. Basierend auf den Vorteilen bzgl. Körpergewicht und fehlendem Hypoglykämierisiko ist es sehr gut vorstellbar, dass diese Kombinationstherapie im Vergleich zu einer Kombination Metformin/Sulfonylharnstoff auch Vorteile hinsichtlich der Dynamik des Therapieversagens und kardiovaskulärer Endpunkte bietet. Ein interessanter Nebenaspekt ist, dass Metformin und DPP4-Hemmer synergistische Effekte auf die Erhöhung der GLP-1-Spiegel haben (Migoya et al. 2010). Die Kombination von Metformin und Sulfonylharnstoffen kann möglicherweise die kardiovaskuläre Mortalität erhöhen.
Bei einer Metforminunverträglichkeit, Vorliegen von Kontraindikationen von Metformin oder nicht ausreichender antidiabetischer Wirkung der jeweiligen Einzelsubstanz besteht auch die Möglichkeit einer Kombination der DPP4-Hemmer mit einem Sulfonylharnstoff oder mit Pioglitazon. Es gilt zu bedenken, dass vor allem die Kombination mit einem Sulfonylharnstoff die Vorteile der DPP4-Hemmertherapie, nämlich ein niedriges Hypoglykämierisiko und Gewichtsneutralität, wieder aufhebt. Bei Kombination mit einem DPP4-Hemmer muss die Dosis von Sulfonylharnstoffen und Insulin zur Vermeidung von Hypoglykämien zumeist angepasst werden.
Als Eskalationsprinzip der inkretinbasierten Therapie ist die Kombination Metformin plus GLP-1-Rezeptoragonist möglich. Die GLP-1-Rezeptoragonisten Exenatid, Liraglutid und Lixisenatid führen zu stärkeren GLP-1-Effekten als die DPP4-Inhibitoren. Hierdurch ergeben sich eine etwas stärkere antihyperglykämische Wirksamkeit, ein stärkerer Effekt auf das Körpergewicht (Gewichtsabnahme), aber auch mehr Nebenwirkungen als bei DPP4-Inhibitoren. GLP-1-Rezeptoragonisten sind eine überzeugende Option vor allem bei deutlich übergewichtigen und/oder hypoglykämiegefährdeten Patienten, bei denen Metformin keine ausreichende Wirkung besitzt. Zumeist ist eine Gewichtsreduktion möglich und Lebensstilinterventionen werden unterstützt. Wie bei den DPP4-Hemmern wird die häufige Komorbidität arterieller Hypertonus durch einen reduzierenden Effekt der GLP-1-Rezeptoragonisten auf den Blutdruck günstig beeinflusst. In einigen Fällen ist es möglich, dass aufgrund genetischer Defekte, die vor allem die inkretininduzierte Insulinsekretion der Beta-Zelle betreffen (beispielsweise die Typ-2-Diabetes Kandidatengene TCF7L2, WFS1 und KCNQ1), nur ein vermindertes Ansprechen auf DPP4-Hemmer oder GLP-1-Rezeptoragonisten besteht (Staiger et al. 2009). Neben der Kombinationstherapie mit Metformin besteht auch eine Zulassung zur antihyperglykämischen Behandlung in Kombination mit einem Sulfonylharnstoff und zur Therapie mit einem Verzögerungsinsulin (unterschiedlicher Zulassungsstatus der Einzelsubstanzen). Letztere Therapieoption bietet die Chance, eine unzureichende Einstellung der Nüchternglucose durch ein Verzögerungsinsulin zu kompensieren. Diese Kombinationstherapie bietet einen vielversprechenden Ansatz für kardiometabolische Risikopatienten, trotz nächtlicher Insulintherapie nicht auf die nahrungsabhängige Insulinausschüttung und Gewichtseffekte von GLP-1 zu verzichten. Im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes und der Bewertung der jeweiligen Präparate (Zusatznutzen gegen etablierte Therapie) bzw. nachfolgender Preisverhandlungen kann sich die Verfügbarkeit neuer innovativer Substanzen in der Diabetestherapie ändern (Tab. 1).

Stufe 4: Basistherapie plus intensivierte Insulin- und Kombinationstherapieformen

Wird das individuelle HbA1c-Ziel innerhalb von 3–6 Monaten nicht erreicht, empfiehlt die Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes eine Insulintherapie ggfs. unter Einbeziehung von oralen Antidiabetika (s. Abb. 6).
Neben einer Basalinsulintherapie (in Kombination mit oralen Antidiabetika sog. basal unterstützte orale Therapie/BOT) sind, je nach individueller Situation, verschiedene andere Insulintherapiekonzepte sinnvoll (Tab. 2). Eine supplementäre Insulintherapie/SIT verfolgt präprandiale Injektionen von kurzwirksamen Insulin. Die Kombination von Basalinsulin und supplementärer Insulintherapie ergibt die komplexe intensivierte Insulintherapie/ICT. Ein einfacheres Therapiekonzept ist die konventionelle Insulintherapie/CT, bei der 1- bis 2-mal täglich eine Applikation von einem Mischinsulin erfolgt (Mischverhältnisse Prandial-/Verzögerungsinsulin 15/85, 25/75, 30/70, 50/50; Verteilung der Gesamtdosis zumeist zwei Drittel morgens und ein Drittel abends). Die Insulintherapie sollte bestmöglich durch eine Metformintherapie begleitet werden, um auch bei insulinbehandelten Patienten eine Optimierung des kardiovaskulären Risikoprofils (Verbesserung des Glucosestoffwechsels einhergehend mit einer geringeren Gewichtszunahme und unveränderten Hypoglykämierate) und der kardiovaskulären Ereignisrate zu ermöglichen (Kooy et al. 2009). Alternativ besteht bei Kontraindikationen oder Unverträglichkeit die Möglichkeit einer Kombinationstherapie mit DPP4-Hemmern oder mit Dapagliflozin. Bei der Umsetzung der Insulintherapie sind die Wirkprofile der verschiedenen Insuline zu beachten (Tab. 3). Priorität hat die Schulung des Patienten sowie der Angehörigen bzgl. Umgang mit der Insulintherapie und mit Hypoglykämien.
Tab. 2
Insulintherapiekonzepte (Empfehlungen) (Bundesärztekammer – BÄK, Kassenärztliche Bundesvereinigung – KBV, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften – AWMF). (Aus Nationale VersorgungsLeitlinie 2013)
Art der Insulintherapie
Erklärung
Zielgruppe
BOT (= Basal unterstütze orale Therapie
Basalinsulin vor dem Schlafengehen unter Beibehaltung oraler Antidiabetika
Patienten, bei denen die Therapieziele mit andreen Maßnahmen (Lebensstiländerungen und/oder Antidiabetika) nicht zu erreichen sind
Konventionelle Insulintherapie (CT)
In der Regel Gabe von 2 Injektionen Mischinsulin (schnelle wirkendes und NPH-Insulin) pro Tag; z. B. früh und abends Mischinsulin
Potenzielle Nachteile einer CT, wie verminderte Flexibilität bei Nahrungsaufnahme, Gewichtszunahme und Hypoglykämierisiko, sollten mit den Patienten besprochen werden
Patienten, bei denen die Therapieziele mit anderen Maßnahmen (Lebensstiländerungen und/oder orale Antidiabetika und Insulin als BOT) nicht zu erreichen sind
Patienten, die keine Hauptmahlzeiten weglassen
Patienten ohne stark wechselnde körperliche Aktivität
Supplementäre Insulintherapie (SIT)
Kurzwirkende Insuline zu den Hauptmahlzeiten (ohne Basalinsulin), ggf. mit Metformin kombiniert
Patienten, bei denen die Therapieziele mit anderen Maßnahmen (Lebensstiländerungen und/oder orale Antidiabetika) nicht zu erreichen sind
Wenn Nüchternglucosewerte im Zielbereich vorliegen und die Werte insbesondere postprandial erhöht sind
Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
Trennung von mahlzeitenabhängigem Bolus- und mahlzeitenunabhängigem Basalinsulin
Durch Gabe von Basalinsulin wird die basale Insulinsekretion und durch Gabe von schnell wirkendem Mahlzeiteninsulin die prandiale Insulinsekretion imitiert. Die ICT ermöglicht eine flexiblere Anpassung an unregelmäßige Nahrungsaufnahme und Bewegung
Patienten, bei denen die Therapieziele mit anderen Maßnahmen (Lebensstiländerungen und/oder orale Antidiabetika und Insulin als BOT) nicht zu erreichen sind
BOT mit GLP-1-Rezeptoragonist
Kombinationstherapie von Verzögerungsinsulin, evtl. orale Antidiabetika (insbesondere Metformin, evtl. SGLT2-Inhibitoren) und GLP-1-Rezeptoragonisten (Zulassungsstatus beachten)
Patienten, bei denen die Therapieziele mit anderen Maßnahmen (Lebensstiländerungen und/oder orale Antidiabetika und Insulin als GLP-1-Rezeptoragonisten) nicht zu erreichen sind
Tab. 3
Orientierung zu Wirkkinetik von Insulinen und Insulinanaloga. Der Wirkeintritt, die Wirkdauer und das Wirkmaximum der Insuline sind stark abhängig vom Ort der Injektion und der Menge des injizierten Insulins. Die angegebenen Zeiten gelten für mittlere Insulindosen. Insbesondere die Zeit bis zum Erreichen des Wirkungsmaximums und die Wirkdauer sind bei großen Insulindosen länger, bei kleinen Dosen kürzer. Die hier aufgeführten Angaben sind grobe Orientierungen (Bundesärztekammer – BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung – KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften –AWMF). (Aus Nationale Versorgungs Leitlinie 2013)
Substanz/-gruppe
Wirkunga
 
Eintritt nach (min)
Maximum nach (h)
Dauer (h)
Normal- und Verzögerungsinsuline
Normalinsulin
30
2
5–7
Verzögerungsinsulin (NPH-Insulin)
60–120
4–6
12–16
Insulinanaloga
Kurz wirksame Insulinanaloga
Insulin lispro
10–20
1
2–5
Insulin apart
10–20
1
2–5
Insulin glulisin
10–20
1
2–5
Lang wirksame Insulinanaloga
 
60–120
20–30
 
60–120
Bis zu 24 h
Mischinsuline
Mischinsuline:
normal/NPH
30–60
4–6
12–16
Mischinsuline:
Kurz wirksame Analoga/NPH
10–20
4–6
12–16
Eine orale Dreifachtherapie wird aufgrund des Fehlens von Studien mit diabetesrelevanten Endpunkten nicht empfohlen. In Ausnahmesituationen, wie dem Busfahrer oder Piloten, der unter einer Therapie z. B. mit Metformin, DPP4-Hemmer und Pioglitazon oder SGLT2-Hemmer insulinfrei den Beruf weiter ausüben kann, ist eine Dreifachkombination, die ohne erhöhtes Hypoglykämierisiko einhergeht, sinnvoll. Der Beginn einer Insulintherapie kann auf diese Weise zumeist verzögert werden. Es besteht aktuell eine Zulassung für die Dreifachkombination DPP4-Hemmer (Sitagliptin, Saxaglitpin) oder Pioglitazon mit Metformin und einem Sulfonylharnstoff.

Therapieoption metabolische Chirurgie

Mittlerweile konnte anhand von großen Fallzahlen gezeigt werden, dass die Adipositaschirurgie mit metabolischen Effekten einhergeht, die zu einer Optimierung des Glucosestoffwechsels führen kann. In einigen Fällen wurde von einer Optimierung bis zur fehlenden Notwendigkeit einer pharmakologischen Behandlung des Typ-2-Diabetes berichtet. In einer Nachbeobachtungsstudie von Schauer et al. über 5 Jahre nach einem laparoskopischen Roux-en-Y-Magen-Bypass konnte bei 79 % von zuvor insulinbehandelten Patienten komplett auf eine Insulintherapie verzichtet werden. Dies betraf auch Patienten, bei denen ein Typ-2-Diabetes mindestens 6–10 Jahre zuvor bekannt war (Schauer et al. 2003). Die metabolischen Erfolge sind eng mit der postoperativen Beobachtungsdauer, ärztlichen Betreuung und individuellen Besonderheiten der Patienten assoziiert. Die Chancen müssen in jedem Einzelfall den komplexen ernährungsphysiologischen, chirurgischen und psychologischen Folgen der Operation (u. a. Mangel an Vitaminen/Spurenelementen/Nährstoffen, Dumping-Syndrom/gastrointestinale Beschwerden, Adhäsionen, Ernährungsverhalten) gegenübergestellt werden und erfordern grundsätzlich eine lebenslange Betreuung der zumeist noch jungen Patienten durch ein interdisziplinär arbeitendes Nachsorgeteam. Hinsichtlich der Behandlung des Typ-2-Diabetes muss davon ausgegangen werden, dass das langfristige Ergebnis postoperativ neben genetischen Besonderheiten und Lebensstileinflüssen vor allem auch durch das Altern beeinflusst wird und sehr viele Patienten mittel- bis langfristig wieder eine behandlungsbedürftige Progredienz des Typ-2-Diabetes aufweisen werden (Chikunguwo et al. 2010).

Verlauf und Prognose

Der Verlauf und die Prognose des Typ-2-Diabetes hängen von diversen individuellen Faktoren ab, so dass keine pauschale Einschätzung dieser Punkte möglich ist. Im Vordergrund stehen:
  • genetische Faktoren, die vor Komplikationen schützen oder diese frühzeitig auftreten lassen
  • der Diagnosezeitpunkt der Erkrankung, der zumeist zu spät erfolgt und mit bereits vorliegenden kardiovaskulären Veränderungen einhergeht
  • individuelle Möglichkeiten und Umsetzen einer aktiven Gesundheitspflege
  • das Erkennen und Behandeln typischer Komorbiditäten sowie
  • eine individuell angepasste, differenzierte Therapie und adäquate Therapieziele
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