Nephrotoxische Substanzen und insbesondere die Kombination potenziell toxischer Effekte sind zu vermeiden.
Volumenersatzmittel
Die Datenlage zum Einsatz von Volumenersatzmitteln bei Patienten mit
chronischer Niereninsuffizienz als auch zum Einfluss von Volumenersatzmitteln auf die Nierenfunktion bei primär Nierengesunden
ist spärlich. In den letzten Jahren zeichnet sich aber klar ab, dass die Gabe von Lösungen mit einem hohen Chloridanteil die Nierenfunktion verschlechtert [
63]. In einer aktuellen Leitlinie zum Volumenersatz beim Erwachsen wird empfohlen, primär balancierte Infusionslösungen mit einem reduzierten Chloridanteil einzusetzen [
53]. Darüber hinaus stellt sich natürlich auch bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion die Frage, ob ein Volumenersatz – wie im angelsächsischen Raum üblich – v. a. mit kristallinen Lösungen, oder wie im restlichen europäischen Raum praktiziert, mit einer Mischung aus kristallinen und kolloidalen Lösungen erfolgen sollte. Da
Metaanalysen, ohne Spezifizierung auf Patienten mit Nierenfunktionsstörungen, bislang keinen Unterschied in der Letalität im Vergleich zwischen einer
Volumentherapie mit kristalloiden
und kolloidalen Lösungen [
47] herausarbeiten konnten, wird in verschiedenen Leitlinien [
30,
53] empfohlen, bei Patienten mit vorbestehender Nierenfunktionsstörung periinterventionell primär
kristalloide Lösungen einzusetzen. Andererseits leiden Patienten mit chronischer
Niereninsuffizienz häufig begleitend sowohl an einer
Herzinsuffizienz als auch unter einer Hypalbuminämie [
52] und sind somit besonders gefährdet, interstitielle
Ödeme zu entwickeln; dies legt nahe, einen Volumenmangel bei diesen Patienten eher mit
Kolloiden (oder einer Mischung aus Kolloid und Kristalloid) als mit einer reinen Kristalloidlösung zu behandeln.
Prinzipiell stehen für den kolloidalen
Volumenersatz in Deutschland
Hydroxyethylstärke- (HES-)Präparate, Gelatinelösungen und Humanalbumin zur Verfügung. HES-Präparate sind gegenwärtig aufgrund der Ergebnisse mehrerer großer Studien bei septischen und kritisch kranken Patienten, in denen unerwünschten renale Effekte beobachtet wurden, bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und bei kritisch kranken Intensivpatienten kontraindiziert und werden seitens der Arzneimittelzulassungsbehörden nur noch als Volumenersatzmittel der 2. Wahl betrachtet. Daher, stehen für den klinischen Einsatz bei Patienten mit
chronischer Niereninsuffizienz als
Kolloide derzeit nur noch Gelatine und Humanalbumin zur Verfügung.
Gelatinelösungen werden vielfach als „nierenfreundlicher“ angesehen, da sie aufgrund des niedrigen Molekulargewichtes glomerulär filtriert und rasch wieder ausgeschieden werden. Die verfügbaren Daten zu den Effekten von Gelatine auf die Nierenfunktion decken sich allerdings nicht mit dieser Einschätzung. So fand sich bei Patienten mit Eingriff an der Bauchaorta nach Gabe von Gelatine im Vergleich zu 6 % HES 130 eine Verschlechterung der Nierenfunktion [
38]. Auch bei kritisch kranken Patienten war ein Zusammenhang zwischen einer kumulativen Dosis von mehr als 33 ml/kgKG Gelatinelösung bzw. 6 % HES 130 und einem dialysepflichtigen
Nierenversagen bzw. einer Verdopplung des Plasmakreatinins nachweisbar [
54]. Die S-3 Leitlinie zur
Volumentherapie stellt fest, dass Gelatine zum perinterventionellen Volumenersatz eingesetzt werden könne [
53]. Dennoch muss festgehalten werden, dass diese Substanz trotz jahrzehntelangen Einsatzes bislang nur unbefriedigend im Hinblick auf ihr Sicherheitspotenzial untersucht worden ist [
59]. Gelatine ist auch vor dem Hintergrund einer hohen Rate z. T. lebensbedrohlicher allergischer Reaktionen bei Patienten mit
chronischer Niereninsuffizienz als primäres kolloidales Volumenersatzmittel nicht ideal.
Zum Einsatz von
Humanalbumin bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen liegen nur wenige Daten vor. In einer methodisch angreifbaren
Metaanalyse reduzierte hyperonkotisches Humanalbumin (20–25 %) die Inzidenz von Nierenfunktionsstörungen [
62]. Metaanalysen und aktuelle Daten [
9,
16,
19,
61] deuten zwar – im Gegensatz zu einer im Tenor neutralen Cochrane-Analyse [
50] – darauf hin, die Gabe von
Albumin bei kritisch Kranken und insbesondere bei Patienten mit septischem Schock mit einer reduzierten Letalität verbunden ist. Inwieweit sich dies auch auf den operativen Patienten mit
chronischer Niereninsuffizienz übertragen lässt, ist unklar. Vor dem Hintergrund der überwiegend positiven Metaanalysen [
16,
19] erscheint es naheliegend, wenn bei einem Patienten mit Nierenfunktionsstörungen kolloidaler Volumenersatz erforderlich sein sollte, in diesem Fall auf Humanalbumin zurückzugreifen. Der höhere Chloridgehalt der verfügbaren 5 %igen Albuminlösungen und Ergebnisse der bereits zitierte Metaanalyse [
64] – Gabe hyperonkotischer Albuminlösungen hat Vorteile für die Nierenfunktion – implizieren nichtbalanciertes 5 %iges Albumin zurückhaltend einzusetzen. Bei höherem Bedarf sollte – vergleichbar zu einer aktuellen Sepsisstudie [
9] – 20 %iges Albumin in Ergänzung zu balancierten Kristalloiden infundiert werden (ausführliche Übersicht über die Thematik unter [
26]).