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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 12.08.2017

Neuropathologie: Muskelbiopsien

Verfasst von: Eva Neuen-Jacob
Dieses Kapitel gibt in stark komprimierter Form einen Überblick über die für den klinisch tätigen Neurologen relevante neuropathologische Muskelbiopsiediagnostik. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung der Indikation und des Stellenwerts der Muskelbiopsie bei verschiedenen Fragestellungen, der Wertigkeit der angewandten Untersuchungsmethoden sowie der Darstellung von häufigen klinischen Leitsymptomen und ihrer bioptischen Abklärung
Um den Rahmen des Buches nicht zu sprengen und Überschneidungen mit anderen Kapiteln zu vermeiden, soll im Folgenden in stark komprimierter Form ein Überblick über die für den klinisch tätigen Neurologen relevante neuropathologische Muskelbiopsiediagnostik gegeben werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung der Indikation und des Stellenwerts der Muskelbiopsie bei verschiedenen Fragestellungen, der Wertigkeit der angewandten Untersuchungsmethoden sowie der Darstellung von häufigen klinischen Leitsymptomen und ihrer bioptischen Abklärung.

Neuropathologische Untersuchungsmethoden

Bei der Muskelbiopsie sollte ein ausreichend großer, in Längsrichtung orientierter Muskelzylinder entnommen werden, wobei Größe des Präparats, evtl. Fixierung und dessen Transport in Absprache mit dem Untersucher erfolgen sollten. Ein Aufspannen des Präparats ist in der Regel nicht erforderlich und führt lediglich zu Quetschartefakten.
Essenziell für die adäquate neuropathologische Untersuchung der Muskelbiopsie ist die Aufarbeitung von unfixiertem, frischem Muskelgewebe, das unmittelbar nach Eintreffen im Labor auf Korkplättchen aufgeblockt und schockgefroren wird. Von diesem Präparat werden außer Routinefärbungen wie HE und der Trichromfärbung nach Engel zur Darstellung des intermyofibrillären Netzwerks, d. h. den Organellen zwischen den Myofibrillen, verschiedene enzymhistochemische Färbungen (Dubowitz und Sewry 2007) durchgeführt, von denen die folgenden die wichtigsten sind:
  • Myofibrilläre ATPasen bei pH 4,3, 4,6 und 9,4 zur Darstellung der verschiedenen Fasertypen (Typ 1, 2a und 2b) und zur Beurteilung einer möglichen Fasertypgruppierung
  • Oxidative Enzyme wie NADH-Dehydrogenase, Succinatdehydrogenase und Zytochrom-c-Oxidase zum Nachweis von Texturstörungen sowie zur Darstellung von Mitochondrien
  • Oil-red O zum Nachweis von Fett
  • PAS mit und ohne Diastase zur Darstellung von Glykogen und sauren Mukopolysacchariden
  • Enzyme der Glykogenolyse: Phosphorylase, Phosphofruktokinase und Myadenylat-Deaminase. Die drei letztgenannten Enzyme sind im normalen Muskel vorhanden. Ein fehlender Nachweis ist als Hinweis auf einen Enzymdefekt zu werten, der durch eine biochemische Analyse überprüft bzw. quantifiziert werden sollte.
  • Die saure Phosphatase-Reaktion, die im gesunden Muskel keine Reaktion zeigt, dient dem Nachweis von Nekrosen, autophagischen Vakuolen und lysosomalen Speicherprodukten.
Cave
Viele Enzymdefekte und Texturstörungen sind noch nicht im HE-Präparat, sondern erst in histochemischen Spezialfärbungen nachweisbar, die aber unfixiertes, schockgefrorenes Muskelgewebe voraussetzen. Eine ausschließlich formalinfixierte Biopsie ist für eine adäquate moderne Biopsiediagnostik ungeeignet!
Zur Diagnostik von entzündlichen Erkrankungen kann eine ergänzende immunhistochemische Untersuchung am Gefrierschnitt sinnvoll sein, um die Entzündungszellen zu typisieren, eine Hochregulation von MHC-Klasse-I- oder -II-Antigenen als indirekte Entzündungsparameter oder regenerierende Fasern mit Expression von neonatalem Myosin zu detektieren. Außerdem können Einschlusskörper mit bestimmten Antikörpern charakterisiert werden.
Beim Verdacht auf eine Muskeldystrophie sind ebenfalls immunhistochemische Untersuchungen zum Nachweis von muskeldystrophiespezifischen membranständigen oder nukleären Proteindefekten erforderlich, um die Muskeldystrophie genau klassifizieren zu können (Neuen-Jacob 2009).
Bei einer ausreichend großen Biopsie sollte immer versucht werden, auch Material für spätere biochemische und/oder molekulargenetische Untersuchungen zu asservieren und schockzufrieren. Dieses darf nicht aufgeblockt sein, weil das Medium die biochemischen Untersuchungen stört.
Ein kleiner Teil der Biopsie wird in Glutaraldehyd fixiert und für spätere Semidünnschnitt- oder elektronenmikroskopische Untersuchungen in Kunststoff eingebettet.
Fakultativ kann Gewebe in Formalin fixiert und in Paraffin eingebettet werden. Dieses Procedere ist sinnvoll für die Anfertigung von Serienschnitten bei entzündlichen Prozessen oder zum Nachweis und der immunhistochemischen Charakterisierung von Amyloid.

Wesentliche histopathologische Gewebssyndrome

Bei der histologischen Begutachtung der Muskelbiopsie sind prinzipiell drei grobe Kategorien von pathologischen Gewebssyndromen zu unterscheiden: neurogene, myopathische oder entzündliche Muster.
Neurogene Schädigung
Bei einer neurogenen Schädigung kommt es in frühen Stadien der Denervation zu angulär konfigurierten Einzelfaseratrophien. In fortgeschritteneren Stadien ist eine gruppen- oder felderförmige Verteilung der Atrophie typisch, wobei die Fasern angular konfiguriert sein können; bei länger andauernder Denervation kommen eher sehr kleine runde, sog. „uralt“ atrophe Fasern vor. Eine kompensatorische Hypertrophie kann nachweisbar sein, wobei die Fasern meist deutlich größere Durchmesser („Riesenfasern“) aufweisen als bei einem primär myogenen Prozess. Wegen der Atrophie und kompensatorischen Hypertrophie entsteht eine bimodale Kalibervariation mit zahlreichen atrophischen und hypertrophischen Fasern und relativ wenigen normal großen Muskelfasern. Durch eine Reinnervation des zugrunde gegangenen Motoneurons durch „Sprouting“ von benachbarten Fasern entsteht eine Fasertypgruppierung, die mit einem verlängerten Aktionspotenzial mit größerer Amplitude im EMG korreliert. Die normale schachbrettartige Verteilung der Muskelfasertypen ist aufgehoben und ersetzt durch größere Gruppen oder Felder, u. U. auch ganze Faszikel, die aus einem Fasertyp bestehen. Wenn es sich um eine kompensierte neurogene Muskelatrophie handelt, kann auch nur eine Fasertypgruppierung in den ATPasen bei weitgehend fehlender Atrophie sichtbar sein.
Beim Untergang auch des Motoneurons, das vorher die Reinnervation übernommen hatte, resultiert eine felderförmige Atrophie. Als Folge von Denervation/Reinnervation können Texturstörungen im Sinne von Targets vorkommen.
Myogene Prozesse
Bei myogenen Prozessen kommt es infolge der Degeneration von Einzelfasern zu einer mehr unimodalen Kalibervariation mit Einzelfaseratrophien und -hypertrophien. Darüber hinaus können Muskelfasernekrosen und regenerierende Fasern vorkommen. Häufig ist eine pathologische Kernzentralisation zu sehen, oder es sind Texturstörungen nachweisbar, die entweder unspezifisch oder für eine bestimmte Myopathie charakteristisch sind.
Cave
Sowohl neurogene als auch myogene Erkrankungen können in Spätstadien zu einer Vermehrung von Binde- und Fettgewebe im Sinne eines fibrösen und/oder lipomatösen Umbaus der Muskulatur führen, sodass nicht mehr zwischen neurogenen oder myopathischen Veränderungen differenziert werden kann. Die Muskelbiopsie sollte daher nicht aus einem extrem stark betroffenen Muskel erfolgen.
Entzündliche Erkrankungen
Bei entzündlichen Erkrankungen sind Infiltrate das Leitsymptom. Verteilung und Zusammensetzung der Infiltrate sind bei verschiedenen Erkrankungen unterschiedlich und lassen gewisse Rückschlüsse zu. Eine Kalibervariation mit Atrophie ist meist vorhanden, die bei der Dermatomyositis typischerweise die Fasern in der Faszikelperipherie betrifft (sog. perifaszikuläre Atrophie). Eine Hypertrophie gehört in der Regel nicht zu den typischen Befunden, mit Ausnahme der Einschlusskörpermyositis, wo sie sogar besonders charakteristisch ist. Muskelfasernekrosen und regenerierende Fasern als Zeichen einer Muskelschädigung sind häufig.
Die Einteilung in diese drei Kategorien erlaubt nur eine grobe Zuordnung und ist im Einzelfall wenig hilfreich, weil Überlappungen vorkommen können. Bei einer chronischen neurogenen Muskelatrophie können sekundär myopathische Veränderungen nachweisbar sein, die z. T. das Bild beherrschen. Bei einigen Muskeldystrophieformen wie der LGMD2B („limb girdle muscular dystrophy“-LGMD) oder LGMD2L sind ausgedehnte entzündliche Infiltrate sogar typisch für die Erkrankung und können zur Fehldiagnose einer Polymyositis führen. Bei einer Einschlusskörpermyositis ist gerade die Kombination aus chronisch neurogenen mit myopathischen und myositischen Veränderungen typisch.
Die Klassifikation der Muskelerkrankung sollte daher weniger unter Berücksichtigung dieses groben Schubladenprinzips erfolgen, sondern mehr das Gesamtbild unter Berücksichtigung der klinischen Beschwerden und Untersuchungsbefunde, die Lokalisation, aber auch das Alter des Patienten einbeziehen.
Für die Einordnung der morphologischen Befunde ist der Einsatz einer relativ großen Palette an histochemischen und immunhistochemischen Färbungen, aber auch ein enger Dialog mit den einsendenden Klinikern wichtig, weil das gleiche morphologische Bild u. U. zu mehreren Krankheitsbildern passt und umgekehrt. Je genauer die klinischen Angaben sind, umso einfacher ist die Zuordnung und Diagnosestellung.

Indikation zur Muskelbiopsie und Stellenwert der molekulargenetischen Diagnostik

Bei Innervationsstörungen des Muskels infolge einer Störung des 1. und/oder 2. motorischen Neurons oder einer Erkrankung der peripheren Nerven oder -wurzeln kommt es unabhängig von der Ätiologie zu einer neurogenen Muskelatrophie.
Bei diesen Erkrankungen ist eine Muskelbiopsie vor allem dann indiziert, wenn andere Ursachen einer Muskelschädigung, z. B. entzündliche Erkrankungen wie eine Einschlusskörpermyositis oder eine Vaskulitis oder eine primäre Myopathie, ausgeschlossen werden sollen. Die Muskelbiopsie kann auch sinnvoll sein, wenn klinisch myopathische Veränderungen im EMG im Vordergrund stehen und eine Kreatinkinase(CK)-Erhöhung nachweisbar ist. Anhand der Muskelbiopsie kann dann z. B. eine spinale Muskelatrophie Typ Kugelberg-Welander, die oft mit starken sekundären myopathischen Veränderungen einhergeht, von einer Muskeldystrophie unterschieden oder eine Einschlusskörpermyositis nachgewiesen werden.
Zu den Domänen der Biopsiediagnostik zählen die Strukturmyopathien, die über die histologischen Befunde definiert werden, die Muskeldystrophien, die durch den Nachweis des Proteindefekts mittels Immunhistochemie und Westernblot weiter klassifiziert oder zumindest eingegrenzt werden können, die metabolischen Myopathien, bei denen Speicherprodukte oder Enzymdefekte nachgewiesen werden können, und die entzündlichen Systemerkrankungen, die meist nur durch die Biopsie eingeordnet werden können.
Bei Krankheiten, für die das betreffende Gen mittlerweile identifiziert ist, kann die Diagnose durch den Nachweis einer spezifischen Mutation gesichert werden, sodass eine weitergehende klinische Diagnostik bzw. eine Muskelbiopsie häufig nicht mehr erforderlich ist.
Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Nachweis häufiger Mutationen routinemäßig erfolgt, während spezielle Mutationen nicht mittels Routinediagnostik erfasst werden können, sondern erst nach aufwendigen weiterführenden Untersuchungen, die erst nach Rücksprache mit dem jeweiligen Untersucher in Erwägung gezogen werden sollten.
Bei mehreren Krankheitsbildern kann eine molekulargenetische Untersuchung bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Diagnostik eingesetzt werden. Bei gesichertem Nachweis einer Mutation erübrigt sich dann häufig die Durchführung einer Muskel- bzw. Nervenbiopsie. Hierzu zählen Erkrankungen wie die klassische spinale Muskelatrophie, spinobulbäre Muskelatrophie Kennedy, myotone Dystrophie Curschmann-Steinert (myotone Dystrophie 1), proximale myotone Myopathie (PROMM; myotone Dystrophie 2), Muskeldystrophie Duchenne/Becker, fazioskapulohumerale Muskeldystrophie (FSHMD), hereditäre motosensorische Neuropathie (HMSN) Typ 1 oder hereditäre Neuropathie mit Neigung zur Drucklähmung (HNPP). Bei diesen Erkrankungen ist bei typischer klinischer Symptomatik die molekulargenetische Untersuchung sogar sinnvoller als die Durchführung einer Muskel- bzw. Nervenbiopsie, weil die bioptischen Befunde nicht absolut krankheitsspezifisch sind. In den Fällen mit genetischer Heterogenie, d. h. einem Phänotyp, der durch unterschiedliche Gene verursacht sein kann, kann durch einen positiven Mutationsnachweis die Diagnose gesichert werden. Umgekehrt ist aber bei fehlendem Mutationsnachweis der Ausschluss dieser Erkrankung nicht möglich.
Hervorzuheben ist, dass die molekulargenetische Diagnostik die klinische (nichtinvasive) Diagnosestellung nicht vollständig ersetzen kann, sondern sinnvoll ergänzen sollte. Eine gleichzeitige Suche nach mehreren Mutationen von völlig unterschiedlichen Krankheitsbildern ist in der Regel unsinnig.
In den folgenden Unterkapiteln wird eine Übersicht über die Diagnostik verschiedener neuromuskulärer Erkrankungen gegeben, wobei bewusst nur eine Auswahl aufgelistet wird, um den Rahmen dieses Buches nicht zu sprengen. Auf die Darstellung von myotonen Erkrankungen, muskulären Ionenkanalerkrankungen, der Myasthenia gravis und kongenitalen myasthenen Syndromen wird bewusst verzichtet, da bei diesen Erkrankungen keine Indikation zur Muskelbiopsie besteht.
Die Vielzahl der in den folgenden Tabellen aufgelisteten bekannten Gendefekte, die zu einer Muskelerkrankung führen können, macht deutlich, dass die Muskelbiopsie bei den Muskeldystrophien und Strukturmyopathien eine wesentliche Rolle spielt:
  • Durch sie kann das Spektrum der Erkrankung eingegrenzt werden,
  • können Strukturanomalien, die einen Teil der Myopathien definieren, nachgewiesen werden,
  • können krankheitsspezifische Proteindefekte mittels immunhistochemischer Methoden am Schnittpräparat dargestellt werden.
In einigen Fällen, wo entweder keine Antikörper zur Verfügung stehen oder wo verschiedene Gene denselben Phänotyp hervorrufen können, wie z. B. der Nemalin-Myopathie, kann die exakte Klassifikation erst anhand der molekulargenetischen Diagnostik erfolgen.
Bei Stoffwechselkrankheiten ist die biochemische Analyse und die Quantifizierung des jeweiligen Enzymdefekts weiterhin die Methode der Wahl, während die molekulargenetische Diagnostik zurzeit noch mehr auf Einzelfälle begrenzt sein wird, z. B. im Rahmen einer Pränataluntersuchung. Die Muskelbiopsie hat bei vielen Stoffwechselkrankheiten eine Art Screening-Funktion, z. B. bei Glykogenosen, Fettspeichererkrankungen oder Mitochondriopathien. Die weitere Abklärung muss dann über biochemische bzw. molekulargenetische Analysen erfolgen.
Grundsätzlich muss beim Einsatz der molekulargenetischen Diagnostik unterschieden werden, ob es sich um die Abklärung einer Differenzialdiagnose bei einer klinisch manifesten Erkrankung oder um eine prädiktive Diagnostik handelt, die bereits vor dem Auftreten von klinischen Symptomen bei einer spätmanifesten Krankheit bzw. im Rahmen einer Pränataldiagnostik durchgeführt werden kann. Wegen der z. T. erheblichen Konsequenz der Untersuchungen sollte unbedingt eine humangenetische Beratung erfolgen.
Da aufgrund der sehr raschen Entwicklung der molekularen Forschung ständig zahlreiche Krankheiten neu kartiert bzw. deren Gene identifiziert werden, ist eine Aufstellung der molekulargenetischen Diagnostik von neuromuskulären Krankheiten sehr schnell veraltet und kaum noch überschaubar. Hinzu kommt, dass ein bestimmter Gendefekt u. U. mehrere verschiedene Phänotypen hervorrufen kann und umgekehrt ein Phänotyp durch ganz unterschiedliche Gene verursacht sein kann. Für die Genotyp-Phänotyp-Korrelation wird daher der Einsatz von neuen molekulargenetischen Untersuchungsverfahren wie Next-Generation-Sequencing oder Mutationsanalysen an Bedeutung zunehmen.
Der von Victor McKusick 1966 begründete Katalog erblicher Krankheitsbilder (MIM = Mendelian Inheritance in Man) wird als Datenbank (OMIM = Online Mendelian Inheritance in Man) fortlaufend aktualisiert und ist als Website über das Internet zugänglich (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Omim. Zugegriffen am 29.05.2017), sodass dem Kliniker ein rascher Überblick über den aktuellen Stand der genetischen Forschung ermöglicht wird.
Den einzelnen Krankheiten sind 6-stellige OMIM-Nummern zugeordnet, wobei ein Stern (*) vor einer Nummer bedeutet, dass der Erbgang gesichert ist und die Erkrankung einem Gen mit bekannter Sequenz zugeordnet werden kann, während ein (#) vor einer Nummer einen klinischen Phänotypen bezeichnet. Da gleiche Phänotypen durch Mutationen in unterschiedlichen Genen bedingt sein können, wird bei OMIM auf diese Gene verwiesen, die in der Regel eine Nummer mit einem (*) haben. Ein Pluszeichen (+) vor einer Nummer bezieht sich auf ein Gen mit bekannter Sequenz und dem dazugehörigen Phänotyp. Ein Prozentzeichen (%) vor einer Nummer beschreibt einen Phänotypen mit gesichertem Erbgang, aber noch unbekannter Gensequenz. Die erste Ziffer der OMIM-Nummer gibt Auskunft über den Erbgang: 1 = autosomal-dominant (Datensatz vor dem 15.05.1994 eingerichtet), 2 = autosomal-rezessiv (Datensatz vor dem 15.05.1994 eingerichtet), 3 = X-chromosomaler Erbgang, 4 = Y-chromosomaler Erbgang, 5 = mitochondriale Vererbung, 6 = autosomaler Erbgang (Datensatz nach dem 15.05.1994 eingerichtet).

Auswahl des Muskels

Geeignete Muskeln
Am besten geeignet wegen ihrer Lage sind der M. deltoideus, M. biceps brachii, M. quadriceps oder M. tibialis anterior. Der häufig biopsierte M. gastrocnemius ist weniger zu empfehlen, da er wegen seiner oberflächlichen Lage häufig Mikrotraumen mit daraus resultierenden Muskelfasernekrosen oder Vernarbungen ausgesetzt ist, die das histologische Bild verfälschen und damit die Beurteilung erschweren können.
Vorgehen bei Verdacht auf entzündliche Systemerkrankung
Bei klinischem Verdacht auf eine entzündliche Systemerkrankung sollte ein größeres Präparat untersucht werden, da das Ausmaß der Entzündung regional unterschiedlich oder nur fokal nachweisbar sein kann. Das Anfertigen von Serienschnitten auf unterschiedlichen Stufen kann notwendig sein, um die Entzündung zu sichern. Bei Verdacht auf eine Vaskulitis ist eine kombinierte Biopsie aus Muskel, Nerv und/oder Haut zu empfehlen, um die Trefferquote zu verbessern. Da bei einer Suralisbiopsie meist mehrere kleine und mittelgroße Arterien getroffen sind, ist die kombinerte Muskel-Nerv-Biopsie einer Muskel-Haut-Biopsie im Allgemeinen vorzuziehen. Gleiches gilt bei klinischem Verdacht auf CADASIL (zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukoenzephalopathie), da in einer alleinigen Hautbiopsie, insbesondere wenn sie zu wenig Anteile von Subkutis enthält, die Arteriolen mit den CADASIL-spezifischen Befunden nicht immer angeschnitten sind.
Bei einer Panarteriitis nodosa oder einer Churg-Strauss-Vaskulitis sind häufig nur einzelne Arterien befallen, sodass auch hier Serienschnitte wichtig sind. Auf Längsschnitten ist zu sehen, dass die Gefäßwand einer betroffenen Arterie oder Vene häufig nur sektorförmig in den Entzündungsprozess einbezogen ist, während benachbarte Abschnitte des gleichen Gefäßes unauffällig sein können. Die Anfertigung von Quer- und Längsschnitten ist somit bei Vaskulitisverdacht sehr wichtig. Hierfür muss das Präparat aber groß genug sein.
Bei klinischem Verdacht auf eine eosinophile Fasziitis ist eine Haut-Faszien-Muskelbiopsie en bloc zu empfehlen, die auch möglichst en bloc eingebettet werden sollte, da die typischen entzündlichen Infiltrate in erster Linie die Faszie betreffen, während der Muskel selber relativ ausgespart bleibt. Untere Hautschichten können in den Entzündungsprozess einbezogen sein. Eine reine Muskelbiopsie kann somit ein falsch-negatives Ergebnis liefern.
Vorgehen bei Erkrankungen mit bestimmten Schwerpunkten
Bei Erkrankungen mit bestimmten Schwerpunkten sollten zusätzliche Kriterien beachtet werden: bei Erkrankungen mit proximalem Schwerpunkt sollte auch ein proximaler Muskel, d. h. M. quadriceps, M. deltoideus oder M. biceps brachii biopsiert werden. Bei mehr distalem Schwerpunkt ist der M. tibialis anterior vorzuziehen. Bei einseitigem Befall eines Muskels oder einer lokalisierten Schwellung ist es besser, den betroffenen Muskel zu biopsieren, sofern es ethisch aufgrund zu erwartender Ausfälle zu vertreten ist. Augenmuskeln oder kleine Hand- bzw. Fußmuskeln sind sicher nicht geeignet.
Bei generalisierten Krankheitsprozessen ist die Auswahl des Muskels mehr von operationstechnischen bzw. kosmetischen Fragen abhängig. Bei kleinen Kindern, z. B. Säuglingen, wird in der Regel der M. quadriceps biopsiert.
Nadelbiopsie
Eine – technisch optimal durchgeführte – Nadelbiopsie ist bei Kindern die Methode der Wahl. Im Gegensatz dazu ist beim Erwachsenen eine Nadelbiopsie in der Regel nicht zu empfehlen, da relativ zu wenig Muskelgewebe angeschnitten ist. Eine Ausnahme ist die Abklärung eines möglichen Carrierstatus für eine Muskeldystrophie oder Strukturmyopathie. Hier reicht ein vergleichsweise kleines Präparat aus. Beim Erwachsenen sollten aber mehrere Stanzen entnommen werden. Bei Verdacht auf eine entzündliche Systemerkrankung ist beim Erwachsenen eine Nadelbiopsie kontraindiziert, da die Entzündung meist nur herdförmig nachweisbar ist und z. B. nur einzelne Faszikel oder Teile eines Faszikels betreffen kann.
Cave
Grundsätzlich ist zu beachten, dass nicht die Seite biopsiert werden sollte, wo ein EMG durchgeführt wurde oder wo kürzlich Injektionen appliziert wurden. Auch die Auswahl eines besonders stark betroffenen Muskels ist ungünstig, da bei stark fortgeschrittenem fibrösem oder lipomatösem Umbau nicht mehr eindeutig auf die zugrunde liegende Erkrankung zurückgeschlossen werden kann. Insbesondere die eindeutige Abgrenzung einer chronischen neurogenen bzw. spinalen Muskelatrophie von einer Muskeldystrophie kann stark erschwert bis unmöglich sein.
In jedem Fall gilt, dass der Neuropathologe möglichst genaue klinische Angaben benötigt, da die verschiedenen Diagnosen ein unterschiedliches Verfahren bereits beim Zuschneiden bzw. Einbetten der Gewebeproben erfordern.

Neurogene Muskelatrophien

Innervationsstörungen des Muskels führen unabhängig von ihrer Ursache grundsätzlich zu ähnlichen morphologischen Veränderungen der Muskulatur, die bereits bei den histopathologischen Gewebssyndromen aufgelistet wurden (Abb. 1).
Aus der Muskelbiopsie allein sind keine sicheren Rückschlüsse auf die Ursache der chronischen neurogenen Muskelatrophie möglich, insbesondere kann nicht zwischen einer spinalen Muskelatrophie, einer amyotrophischen Lateralsklerose (ALS), einer peripheren Neuropathie oder einer Neuritis unterschieden werden. Es lassen sich auch keine Rückschlüsse auf die Ätiologie einer (Poly-)Neuropathie ableiten. Hierfür ist eine – zusätzliche – Nervenbiopsie erforderlich. Bei der Interpretation der bioptischen Befunde ist auch zu bedenken, dass beim klinischen Verdacht auf eine ALS in sehr weit distal entnommenen Biopsien, z. B. aus dem M. tibialis oder M. gastrocnemius, kaum richtungweisende Befunde nachweisbar sein müssen, weil bei der ALS schwerpunktmäßig die kleinen Hand- und Fußmuskeln bzw. der Hirnstamm im Sinne einer Bulbärparalyse betroffen sind, sodass die Muskelbiopsie nicht repräsentativ für den gesamten Krankheitsprozess sein muss.
Bei einer spinalen Muskelatrophie (SMA) Typ Werdnig-Hoffmann, die früher die häufigste Indikation zur Muskelbiopsie bei der Differenzialdiagnose eines „floppy infant“ war, ist eine Muskelbiopsie inzwischen obsolet. Die Diagnose einer SMA wird molekulargenetisch anhand einer Blutuntersuchung gestellt.
Von der klassischen, proximal betonten, rezessiv erblichen spinalen Muskelatrophie, die durch eine Mutation im SMN1-Gen bedingt ist, lassen sich nach genetischen Gesichtspunkten weitere Formen der spinalen Muskelatrophien abgrenzen, wobei sowohl Erkrankungen mit distalem Schwerpunkt als auch proximale spinale Muskelatrophien mit anderen Gendefekten bzw. anderem Vererbungsmodus unterschieden werden. Die Terminologie ist teilweise verwirrend, da z. T. mehrere unterschiedliche Bezeichnungen für dieselbe Erkrankung verwendet werden. Die spinalen Muskelatrophien (SMA) mit distalem Schwerpunkt werden teilweise als distale SMA, spinale Charcot-Marie-Tooth-Neuropathie (spinale CMT) oder als distale hereditäre motorische Neuronopathie (HMN) klassifiziert. Bei der hereditären amyotrophen Lateralsklerose lassen sich inzwischen zahlreiche Formen definieren, die sich hinsichtlich Genlocus, Erbgang, Manifestationsalter und Krankheitsverlauf unterscheiden.

Muskeldystrophien

Vor der Entdeckung des Dystrophins 1987 als größtem Protein der Muskelfasermembran war die morphologische Diagnose „Muskeldystrophie“ bzw. „myopathisches Gewebssyndrom“ ausreichend und die weitere Klassifikation erfolgte in erster Linie nach klinischen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung von Verteilung der Symptome, Alter, Erbgang und Verlauf. Die Entdeckung und Klonierung zahlreicher weiterer Zytoskelettproteine und Intermediärfilamente an der Muskelfasermembran, im Sarkoplasma sowie im Muskelfaserkern, deren Zusammenspiel für die normale Funktion der Muskelfaser essenziell ist, hat die Klassifikation der Muskeldystrophien revolutioniert. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können aufgrund immunhistochemischer und molekulargenetischer Methoden mehr als 90(!) verschiedene genetisch determinierte Formen der Muskeldystrophie mit bestimmten Proteindefekten bzw. definierten Genloci abgegrenzt werden, denen bestimmte Phänotypen zugeordnet werden können. Die Muskelbiopsie spielt bei der Diagnostik eine zentrale Rolle, weil durch den Einsatz von Immunhistochemie bzw. Immunfluoreszenz und Westernblot die Erkrankung eindeutig definiert oder zumindest eingegrenzt werden kann. Es stehen kommerziell erhältliche Antikörper zur Verfügung, die am Gefrierschnitt den Nachweis einer fehlenden oder reduzierten Expression auf den Muskelfasern ermöglichen. Die meisten relevanten Proteine werden in Assoziation mit der Plasmamembran, Emerin und Lamin A/C nukleär exprimiert. Eine molekulargenetische Untersuchung sollte erst in zweiter Linie erfolgen, mit Ausnahme von Fällen mit Verdacht auf eine FSHMD oder selteneren Gendefekten, bei denen eine primäre molekulargenetische (Blut-)Untersuchung vorzuziehen ist.

Aufbau der Muskelfasermembran

Die Abb. 2 zeigt schematisch die komplexe Struktur der Muskelfasermembran, wie sie zurzeit bekannt ist.
Dystrophin ist ein großes, stäbchenförmiges Zytoskelettprotein mit einem Molekulargewicht von 427 kD, das dicht an der Muskelfasermembran liegt, und über den N-Terminus an Aktinfilamente bindet, während der C-Terminus durch einen Komplex von transmembranösen Proteinen wie β-Dystroglykan, die Sarkoglykane und Sarkospan mit dem extrazellulären α-Dystroglykan verbunden ist, das an das extrazelluläre Matrixprotein Laminin bindet. Dieser Komplex aus Aktin, Dystrophin, Dystroglykan und Laminin bildet die Dystrophin-Achse, die für die Stabilität der Muskelfaser bei Kontraktion und Relaxation essenziell ist.
Der Dystrophin-Glykoprotein-Komplex besteht aus zwei Gruppen von Membranproteinen: α- und β-Dystroglykan stellen transmembrane Brücken zwischen den Zytoskelettproteinen, Dystrophin und den extrazellulären Matrixproteinen Laminin und Agrin her. Die Sarkoglykane (α-, β-, γ-, δ- und ɛ-Sarkoglykan) bilden eine Gruppe von Transmembranproteinen in enger Assoziation zu den Dystroglykanen. Weitere Membranproteine sind Caveolin und Dysferlin.
Die Aktin- und Myosinfilamente im Inneren der Muskelfaser sind zu Bündeln angeordnet, durch die die Z-Bänder entstehen, welche die Aktinfilamente zusammenhalten und für die Spannungsübertragung entscheidend sind. Die 10 nm dünnen Desmin-Intermediärfilamente umhüllen die Z-Streifen und sind mit diesen sowie untereinander durch Plektinfilamente verbunden. Desmin bindet sowohl benachbarte Myofibrillen aneinander als auch an das Sarkolemm und – zusammen mit anderen intermediärfilamentassoziierten Proteinen – an die Muskelfaserkerne. Das Hitzeschockprotein αB-Crystallin dient als Chaperon-Protein dem Schutz der Desminfilamente vor stressinduzierter Schädigung.
Verschiedene Muskeldystrophieformen bzw. Myopathien können durch Mutationen in den jeweiligen Genen entstehen, die für Proteine des Sarkolemms bzw. der Basallamina kodieren, aber auch durch Mutationen des Kernproteins Emerin, der intermediären Kernfilamente Lamin A und C oder durch Mutationen von Desmin, αB-Crystallin und Plektin, die zu einer erhöhten Fragilität der Myofibrillen führen.
Es ist wichtig zu wissen, dass bei einer Mutation eines dieser Proteine infolge der komplexen Bindungen untereinander auch Verluste anderer Proteine möglich sind, sodass immunhistochemisch mehrere Proteine fehlen können, obwohl die Mutation nur ein Protein betrifft.

Klassifikation der Muskeldystrophien

Die wichtigsten Muskeldystrophieformen sind in Tab. 1 aufgelistet.
Tab. 1
Muskeldystrophien (ausgewählte Beispiele)
Erbkrankheit (Symbol)
Phänotyp
OMIM-Nr.
Gen (Genprodukt)
Erbgang
Genlocus
Gen
OMIM-Nr.
Muskeldystrophie Duchenne (DMD)
#310200
DYS (Dystrophin)
XR
Xp21.2-p21.1
*300377
Muskeldystrophie Becker (BMD)
#300376
     
 
EDMD1
#310300
EMD (Emerin)
XR
Xq28
*300384
EDMD2
#181350
LMNA (Lamin A/C)
AD
1q21.2
*150330
EDMD3
#604929
LMNA (Lamin A/C)
AR
1q21.2
*150330
EDMD4
#612998
SYNE1 (Nesprin 1)
AD
6q25.2
*608441
EDMD5
#612999
SYNE2 (Nesprin 2)
AD
14q32.13
*608442
EDMD6
#300696
FHL1 (Four-and-a-half LIM domain 1)
XR
Xq26.3
*300163
 
 
FSHD1
#158900
DUX4 (Double homebox protein 4)
AD
4q35
*606009
FSHD2
#158901
SMCHD1
AD
18p11.32
*614982
Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp (Limb-girdle muscular dystrophies; LGMD)
Autosomal-dominante Formen
 
 
LGMD1A
#159000
MYOT (Myotilin)
AD
5q31.2
*604103
LGMD1B
#159001
LMNA (Lamin A/C)
AD
1q22
*150330
LGMD1C
#607801
CAV3 (Caveolin 3)
AD
3p25.3
*601253
LGMD1D/E
#603511
DNAJB6
AD
7q36.3
*611332
LGMD1F
#608423
TNPO3 (Transportin 3)
AD
7q32.1
*610032
LGMD1G
#609115
HNRNPDL (Heterogenous nuclear ribonucleo-protein-like protein)
AD
4q21.22
*607137
LGMD1H
%613530
?
AD
3p25.1-p23
 
Autosomal-rezessive Formen
     
 
LGMD2A
#253600
CAPN3 (Calpain 3)
AR
15q15.1
*114240
LGMD2B
#253601
DYSF (Dysferlin)
AR
2p13.2
*603009
LGMD2C (SCARMD1; „severe childhood autosomal-recessive muscular dystrophy“ 1)
#253700
SGCG (γ-Sarcoglykan)
AR
13q12.12
*608896
LGMD2D (SCARMD2)
#608099
SGCA (α-Sarcoglykan)
AR
17q21.33
*600119
LGMD2E
#604286
SGCB (β-Sarcoglykan)
AR
4q12
*600900
LGMD2F
#601287
SGCD (δ-Sarcoglykan)
AR
5q33.2
*601411
LGMD2G
#601954
TCAP (Telethonin)
AR
17q12
*604488
LGMD2H
#254110
TRIM32 (Tripartite motif-containing 32)
AR
9q33.1
*602290
LGMD2I (MDDGC5 = Muskeldystrophie-Dystroglykanopathie, „limb girdle“, Typ C, 5)
#254110
#607155
FKRP (Fukutin-related Protein)
AR
19q13.32
*606596
LGMD2J
#608807
TTN (Titin)
AR
2q31.2
*188840
LGMD2K (MDDGC1)
#609308
POMT1 (Protein-O-Mannosyltransferase 1)
AR
9q34.13
*607423
LGMD2L
#611307
ANO5 (Anoctamin 5)
AR
11p14.3
*608662
LGMD2M (MDDGC4)
#611588
FKTN (Fukutin)
AR
9q31.2
*607440
LGMD2N (MDDGC2)
#613158
POMT2 (Protein-O-Mannosyltransferase 2)
AR
14q24.3
*607439
LGMD2O (MDDGC3)
#613157
POMGNT1 (O-linked Mannose β1,2-N-Acetyl-glucosaminyltransferase)
AR
1p34.1
*606822
LGMD2P (MDDGC9)
#613818
DAG1 (Dystrophin-associated Glykoprotein 1)
AR
3p21.31
*128239
LGMD2Q
#613723
PLEC1 (Plectin 1)
AR
8q24.3
*601282
LGMD2R
#615325
DES (Desmin)
AR
2q35
*125660
LGMD2S
#615356
TRAPPC11 (Trafficking protein particle complex)
AR
4q35.1
*614138
LGMD2T (MDDGC14)
#615352
GMPPB (GDP-Mannose-Pyrophosphorylase B)
AR
3p21.31
*615320
LGMD2U (MDDGC7)
#616052
ISPD (Isoprenoid synthase domain containing protein)
AR
7p21.2
*614631
LGMD2V
?
GAA (Saure α-Glucosidase)
AR
17q25.3
*606800
LGMD2W
#616827
LIMS2/PINCH2
AR
2q14.3
*607908
LGMD2X
#616812
BVES (Blood vessel epicardial substance)
AR
6q21
*604577
LGMD2Y
#617072
TOR1AIP1 (Torsin A-interacting protein 1)
AR
1q25.2
*614512
LGMD2Z
#617232
POGLUT1 (Protein O-Glucosyltransferase 1)
AR
3q13.33
*615618
Tibiale Muskeldystrophie, spät manifest/Udd-Myopathie
#600334
TTN (Titin)
AD
2q31.2
*188840
#164300
PABPN1 (Poly(A)-binding protein 1)
AD/AR
14q11.2
*602279
Miyoshi-Muskeldystrophie 3
#613319
ANO5 (Anoctamin 5)
AR
11p14.3
*608662
AD autosomal-dominant, AR autosomal-rezessiv, XR X-chromosomal-rezessiv
Die Klassifikation der Muskeldystrophien ist teilweise verwirrend, weil parallel klassische klinische Bezeichnungen nach den Erstbeschreibern (z. B. Muskeldystrophie Duchenne/Becker, Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie) bzw. der Verteilung (fazioskapulohumerale Muskeldystrophie; Gliedergürteldystrophie), systematische Einteilungen wie LGMD1A, B etc. und der Gendefekt, wie Dystrophinopathie, α-Sarkoglykanopathie etc., als Bezeichnung verwendet werden. Für einige Krankheiten werden so bis zu 3 Bezeichnungen synonym verwendet.
Die Aufstellung macht deutlich, dass die adäquate Klassifikation von Muskeldystrophien nicht nur eine große Expertise, sondern auch ein großes Panel an Antikörpern erfordert, die nur am unfixierten, tiefgefrorenen Muskelgewebe funktionieren. Formalinfixiertes Gewebe ist für diese Diagnostik ungeeignet. Die Diagnostik der Muskelkrankheiten sollte daher einem ausgewiesenen Speziallabor vorbehalten bleiben.
Für das praktische Vorgehen ist es sinnvoll, zunächst Antikörper z. B. gegen Dystrophin, Sarkoglykane, Dysferlin, Caveolin 3, Thelethonin, Plectin, Emerin, oder Kollagen VI einzusetzen, um eine Dystrophinopathie, eine LGMD2C-F, LGMD2B, LGMD1A, LGMD2G, LGMD2Q bzw. eine X-chromosomale Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie oder eine kongenitale Muskeldystrophie Ullrich auszuschließen. In einem zweiten Schritt können dann durch molekulargenetische Blutuntersuchungen weitere Gendefekte abgeklärt werden.
Eine Untergruppe der Muskeldystrophien stellt die Gruppe der kongenitalen Muskeldystrophien dar.

Kongenitale Muskeldystrophien

Kongenitale Muskeldystrophien („congenital muscular dystrophy“, CMD) sind eine heterogene Gruppe von autosomal-rezessiv vererbten Erkrankungen, die durch eine Muskelschwäche und Hypotonie seit der frühen Kindheit und dystrophische Veränderungen in der Muskelbiopsie charakterisiert sind. In den letzten Jahren ist die Zahl der CMD mit nachgewiesenen Mutationen oder definiertem Genort ständig gestiegen, wobei in erster Linie Gene, die z. B. Komponenten der extrazellulären Matrix, der transmembranösen Proteinkomplexe, Kernmembranproteine oder bei der Glykosylierung involvierte Proteine kodieren, von Bedeutung sind. In Tab. 2 werden die wichtigsten Formen aufgeführt. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Liste nur den derzeitigen Stand wiedergibt und laufend aktualisiert werden muss. Durch die molekulargenetische Diagnostik wurde deutlich, dass Mutationen eines Gens sowohl eine CMD als auch eine Gliedergürtel-Muskeldystrophie (LGMD) oder andere, später manifestierende Muskeldystrophien verursachen können. Beispiele hierfür sind FKRP (MDC1C und LGMDI), COL6A1–3 (Ullrich-CMD und Bethlem-Myopathie) und LAMA2 (MDC1A und Emery-Dreifuss-ähnlicher Phänotyp bei partieller Defizienz), Abkürzungen vgl. Tab. 2.
Tab. 2
Kongenitale Muskeldystrophien und Strukturmyopathien (ausgewählte Beispiele)
Erbkrankheit (Symbol)
Phänotyp
OMIM-Nr.
Gen (Genprodukt)
Erbgang
Genlocus
Gen
OMIM-Nr.
Strukturmyopathien
Kongenitale Muskeldystrophie mit Merosindefizienz (MDC1A)
#607855
LAMA2 (Laminin-α2-Untereinheit von Merosin)
AR
6q22.33
*156225
Kongenitale Muskeldystrophie mit Integrin-α7-Defizienz
#613204
ITGA7 (Integrin α7)
AR
12q13.2
*600536
Kongenitale Muskeldystrophien mit abnormer Glykosylierung von Dystroglykan
 
Muskeldystrophie-Dystroglykanopathie (MDDG, Typ A) mit Gehirn- und Augenanomalien (u. a. Walker-Warburg-Syndrom bzw. Muscle-Eye-Brain Disease)
    
 
MDDGA1
#236670
POMT1 (Protein-O-Mannosyltransferase 1)
AR
9q34.13
*607423
MDDGA2
#613150
POMT2 (Protein-O-Mannosyltransferase)
AR
14q24.3
*607439
MDDGA3
#253280
POMGNT1 (O-linked Mannose β1,2-N-Acetyl-glucosaminyltransferase 1)
AR
1p34.1
*606822
MDDGA4 (Fukuyama)
#253800
FKTN (Fukutin)
AR
9q31.2
*607440
MDDGA5
#613350
FKRP (Fukutin-related Protein)
AR
19q13.32
*606596
MDDGA6
#613154
LARGE
AR
22q12.3
*603590
MDDGA7
#614643
ISPD (Isoprenoid synthase domain containing protein)
AR
7p21.2
*614631
MDDGA8
#614830
POMGNT2 (O-linked Mannose β1,2-N-Acetyl-glucosaminyltransferase 2)
AR
3p22.1
*614828
MDDGA9
#616538
DAG1 (Dystrophin-associated Glykoprotein 1)
AR
3p21.31
*128239
MDDGA10
#615041
TMEM5 (Transmembran-Protein 5)
AR
12q14.2
*605862
MDDGA11
#615181
B3GALNT2 (β1,3-N-Acetylgalactosaminyltransferase 2)
AR
1q42.3
*610194
MDDGA12
#615249
POMK (Protein-O-Mannose-Kinase)
AR
8p11.21
*615247
MDDGA13
#615287
B3GNT1 (β1,3-N-Acetylglucosaminyltransferase)
AR
11q13.2
*605517
MDDGA14
#615350
GMPPB (GDP-Mannose-Pyrophosphorylase B)
AR
3p21.31
*615320
Muskeldystrophie-Dystroglykanopathie (MDDG, Typ B) mit/ohne mentale Retardierung
    
 
MDDGB1
#613155
POMT1 (Protein-O-Mannosyltransferase 1)
AR
9q34.13
*607423
MDDGB2
#613156
POMT2 (Protein-O-Mannosyltransferase 2)
AR
14q24.3
*607439
MDDGB3
#613151
POMGNT1 (O-linked Mannose β1,2-N-Acetylglucosaminyltransferase)
AR
1p34.1
*606822
MDDGB4
#613152
FKTN (Fukutin)
AR
9q31.2
*607440
MDDGB5
#606612
FKRP (Fukutin-related Protein)
AR
19q13.32
*606596
MDDGB6
#608840
LARGE
AR
22q12.3
*603590
MDDGB14
#615351
GMPPB (GDP-Mannose-Pyrophosphorylase B)
AR
3p21.31
*615320
Ullrich-Syndrom (UCMD), allelisch mit Bethlem-Myopathie
#254090
COL6A1 (Kollagen VI, Untereinheit α1)
AR/AD
21q22.3
*120220
COL6A2 (Kollagen VI, Untereinheit α2)
21q22.3
*120240
COL6A3 (Kollagen VI, Untereinheit α3)
2q37.3
*120250
Rigid-Spine-Muskeldystrophie (RSMD1)
#602771
SELENON (Selenoprotein N)
AR
1p36.11
*606210
Bethlem-Myopathie, allelisch mit UCMD
#158810
    
 
BTHLM1
 
COL6A1 (Collagen VI, Untereinheit α 1)
AD
21q22.3
*120220
BTHLM2
 
COL6A2 (Collagen VI, Untereinheit α 2)
AD/AR
21q22.3
*120240
BTHLM3
 
COL6A3 (Collagen VI, Untereinheit α 3)
AD
2q37.3
*120250
Strukturmyopathien
     
Central-Core-Myopathie (CCD)
#117000
RYR1 (Ryanodin-Rezeptor 1)
AD/AR
19q13.2
*180901
Multi-/Minicore-Myopathie
#255320
SEPN1 (Selenoprotein N1)
AR
1p35-36
*606210
Multi-/Minicore-Myopathie mit externer Ophthalmoplegie
#255320
RYR1 (Ryanodin-Rezeptor 1)
AR
19q13.2
*180901
Zentronukleäre Myopathie (CNM)
     
 
CNM1
#160150
MTMR14 (Myotubularin-related protein 14)
AD
3p25.3
*611089
DNM2 (Dynamin 2)
AD
19p13.2
*602378
CNM2
#255200
BIN1 (Bridging integrator 1)
AR
2q14.3
*601248
CNM3
#614408
MYF6 (Myogenic factor 6)
AD
12q21.31
*159991
CNM4
#614807
CCDC (Coiled-coil domain-containing protein) 78
AD
16p13.3
*614666
CNM5
#615959
SPEG
AR
2q35
*615950
X-chromosomale myotubuläre Myopathie (MTMX)
#310400
MTM1 (Myotubularin)
XR
Xq28
*300415
Myosinspeichermyopathie (= Myopathie mit hyalinen Körperchen)
#608358
MYH7
AD
14q11.2
*160760
Nemalin-Myopathie (NEM)
     
 
NEM1
#609284
TPM3 (α-Tropomyosin 3)
AD/AR
1q21.3
*191030
NEM2
#256030
NEB (Nebulin)
AR
2q22
*161650
NEM3
#161800
ACTA1 (α-Actin)
AD/AR
1q42.13
*102610
NEM4
#609285
TPM2 (β-Tropomyosin 2)
AD
9p13.3
*190990
NEM5
#605355
TNNT1 (Troponin T1)
AR
19q13.4
*191041
NEM6
#609273
KBTBD13 (Kelch repeat- and BTB/POZ domain-containing protein)
AD
15q22.31
*613727
NEM7
#610687
CFL2 (Cofilin 2)
AR
14q13.1
*601443
NEM8
#615348
KLHL40 (Kelch-like 40)
?
3p22.1
*615340
NEM9
#615731
KLHL41 (Kelch-like 41)
AR
2q31.1
*607701
NEM10
#616165
LMOD3 (Leiomodin 3)
AR
3p14.1
*616112
AD autosomal-dominant, AR autosomal-rezessiv, XR X-chromosomal-rezessiv
Die Bestimmung der CK ist eine wichtige Screeningmethode für die Eingrenzung der CMD. Bei Krankheiten wie der kongenitalen Muskeldystrophie mit Merosindefizienz oder den Erkrankungen aus der Gruppe der Muskeldystrophie-Dystroglykanopathien (frühere Bezeichungen: Walker-Warburg-Syndrom, Muscle-Eye-Brain-Disease, Fukuyama-Muskeldystrophie) ist die CK meist deutlich erhöht, während die CK bei der kongenitalen Muskeldystrophie Typ Ullrich (UCMD) oder der kongenitalen Muskeldystrophie mit Rigid-Spine-Syndrom (RSMD1) nur leicht erhöht oder normal ist. Ein normaler CK-Wert schließt somit die Diagnose einer kongenitalen Muskeldystrophie nicht aus.
Wegweisend für die Klassifikation der CMD ist die immunhistochemische Darstellung mit Antikörpern gegen Merosin und α-Dystroglykan. Zunächst können merosin-positive von merosin-negativen CMD abgegrenzt werden. Letztere werden dann in vollständige und partielle Merosindefizienz unterschieden, wobei Antikörper gegen verschiedene Epitope des Proteins eingesetzt werden müssen. Das Fehlen von α-Dystroglykan spricht für eine Störung der Glykosilierung (posttranslationale Störung). Ergänzend können ein Westernblot zur Differenzierung zwischen quantitativen und qualitativen Veränderungen auf Proteinebene sowie molekulargenetische Genpaneluntersuchungen bzw. Sequenzierungen erforderlich sein.

Strukturmyopathien

Eine Domäne der neuropathologischen Biopsiediagnostik ist die Diagnose von Strukturmyopathien, da die Krankheitsbilder durch den Nachweis von morphologischen Strukturveränderungen definiert sind. Bei vielen Krankheitsbildern ist der Gendefekt bekannt (Tab. 2). Allerdings kann ein Gendefekt verschiedene Krankheitsbilder verursachen bzw. eine Krankheit, wie z. B. die Nemalin-Myopathie, mit Mutationen mehrerer Gene (u. a. α-Tropomyosin, Nebulin, α-Aktin, β-Tropomyosin, Troponin T1) auf unterschiedlichen Chromosomen assoziiert sein. Die Klassifikation beruht daher nach wie vor auf dem Nachweis von histochemischen bzw. ultrastrukturellen Veränderungen. Eine molekulargenetische Untersuchung sollte ergänzend erfolgen (Tab. 2).
Bioptisch sind folgende Krankheitsbilder abzugrenzen:
Central-Core-Myopathie
Die Central-Core-Myopathie (Abb. 3) ist definiert durch den Nachweis sog. „Central Cores“. Hierbei handelt es sich um ein im Zentrum der Muskelfaser, seltener exzentrisch gelegenes, scharf begrenztes Areal mit fehlenden Mitochondrien, daher ohne oxidative Enzymaktivität (Succinatdehydrogenase [SDH], Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid-Dehydrogenase-Tetrazolium-Reduktase [NADH-TR], Zytochrom-c-Oxidase). Es werden sog. strukturierte Cores mit erhaltener Querstreifung und normaler ATPase-Aktivität innerhalb der Cores abgegrenzt von unstrukturierten Cores, die mit einem Verlust der normalen Myofibrillenarchitektur und damit der ATPase-Aktivität einhergehen. Central Cores reichen im Längsschnitt über die gesamte Faserlänge.
Cave
Eine Central-Core-Myopathie ist mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten einer malignen Hyperthermie (MH) assoziiert. Daher sollte bei diesen Patienten unbedingt die Disposition zur malignen Hyperthermie durch den Nachweis einer RYR1-Mutation molekulargenetisch abgeklärt werden.
Multi-/Minicore-Myopathie
Die Multi-/Minicore-Myopathie weist prinzipiell ähnliche Strukturveränderungen wie Central Cores auf. Im Unterschied zu Central Cores reichen Minicores im Längsschnitt nur über wenige Sarkomere und können auch multipel in einer Faser vorkommen.
Außer bei einer Multi-/Minicore-Myopathie als eigene Entität können Multicores in geringerer Anzahl auch als Epiphänomen bei anderen Erkrankungen vorkommen.
Nemalin-Myopathie
Die Nemalin-Myopathie ist durch das Vorkommen von Nemalin-Körpern, die auch als „Rods“ bezeichnet werden, charakterisiert. Nemalin-Körper sind lokale Verdichtungen von Z-Streifenmaterial, die α-Aktinin und Tropomyosin enthalten und mit entsprechenden Antikörpern immunhistochemisch angefärbt werden können. Die Nemalin-Körper sind in der Trichromfärbung als stäbchen(„rod“)-förmige rötliche Einschlüsse zu erkennen, die meist in kleineren oder größeren Gruppen, häufig subsarkolemmal in Kernnähe nebeneinander liegen. In stark betroffenen Fasern füllen die Rods fast die gesamte Faser aus und verdrängen die normalen Myofibrillen an den Rand.
Genetisch handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe mit bisher 10 verschiedenen bekannten Gendefekten.
Nemalin-Körper sind nicht absolut pathognomonisch für eine Nemalin-Myopathie, sondern können in geringerer Anzahl auch in atrophischen Muskeln vorkommen.
Zentronukleäre Myopathie
Die zentronukleäre Myopathie ist durch das Vorkommen von einem, bei adulten Formen (Abb. 3c, d) gelegentlich auch 2–3 zentralen Kernen in einem hohen Prozentsatz der Muskelfasern (meist über 70 %) definiert, wobei die Kerne im Gegensatz zu anderen Erkrankungen mit pathologischer Kernzentralisation, wie der myotonen Dystrophie oder den Gliedergürteldystrophien, im Zentrum der Faser lokalisiert sind. In einem Teil der Fasern können zentrale myotuben-ähnliche Areale mit verstärktem Vorkommen von Mitochondrien und Glykogen, aber fehlenden Myofibrillen nachweisbar sein. Meist ist eine selektive Atrophie der Typ-1-Fasern sowie eine Dominanz von Typ 1 vorhanden (Abb. 3d). Fälle mit X-chromosomalem Erbgang werden als myotubuläre Myopathie, autosomal vererbte Formen als zentronukleäre Myopathie bezeichnet. In fortgeschrittenen Fällen kann ein deutlicher lipomatöser Umbau vorkommen, daher sollte kein zu stark betroffener Muskel biopsiert werden.
Auf die Darstellung weiterer, sehr seltener Strukturmyopathien wird an dieser Stelle verzichtet, um den Rahmen des Buches nicht zu sprengen.

Distale Myopathien

Bei Myopathien mit distalem Schwerpunkt ist eine Muskelbiopsie, die auch aus einem distalen Muskel (am besten: M. tibialis anterior) stammen sollte, in erster Linie indiziert, um eine Erkrankung aus der genetisch heterogenen Gruppe der distalen Myopathien im engeren Sinne von einer Muskelkrankheit mit distaler Muskelschwäche abzugrenzen.
Distale Myopathien weisen bioptisch ein myopathisches Muster auf und zeigen meist Texturstörungen in Form von „Rimmed Vacuoles“ in der Trichrom- und NADH-Färbung. Elektronenmikroskopisch lassen sich Myelinfiguren, sarkoplasmatische Massen mit degenerierenden Myofibrillen, Glykogen, Vakuolen und Lipidablagerungen darstellen, in hereditären Fällen z. T. auch honigwabenartige Strukturen des T-tubulären Systems oder membrangebundene autophagische Vakuolen. Diese Veränderungen sind aber nicht spezifisch für eine bestimmte Erkrankung. Genetisch sind bisher mehrere Formen charakterisiert. Bei der distalen rezessiven Myopathie „Myoshi“, die wie die allele Gliedergürteldystrophie LGMD2B durch einen Defekt im Dysferlin-Gen bedingt ist, und der dominanten distalen Myopathie „Laing“, die auf einer Mutation im MYH7-Gen beruht und mit der Myosinspeichermyopathie allelisch ist, kann die Diagnose am Gefrierschnitt durch den immunhistochemischen Nachweis eines Dysferlin-Mangels bzw. Aggregaten von Schwerketten-Myosin gestellt werden. Weitere Gendefekte betreffen z. B. Caveolin 3, Nebulin, Myotilin, Anoctamin 5, Titin, GNE oder ZASP.
Die Muskelbiopsie kann auch hilfreich sein, um andere Erkrankungen mit vorwiegend distalem Schwerpunkt auszuschließen: Eine Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung oder eine distal betonte spinale Muskelatrophie können eindeutig aufgrund der neurogenen Veränderungen von einer primären Myopathie unterschieden werden. Eine Einschlusskörpermyositis oder Strukturmyopathien im Sinne einer Nemalin-Myopathie, zentronukleären Myopathie oder Central-Core-Erkrankung oder eine Glykogenose Typ III sind aufgrund der pathognomonischen morphologischen Befunde dieser Erkrankungen ebenfalls abzugrenzen.

Myofibrilläre Myopathien

Myofibrilläre Myopathien (MFM) sind eine klinisch und genetisch heterogene Gruppe von Krankheiten, die zu einer progredienten Muskelschwäche und Atrophie führen und mit einer Kardiomyopathie assoziiert sein können. Am häufigsten sind Desminopathien, die durch eine Mutation im Desmin-Gen bedingt sind, und die morphologisch durch den Nachweis von „Rimmed Vacuoles“, desmin-positiven Proteinaggregationen sowie umschriebenem Desarrangement der Myofibrillen charakterisiert sind. Eine MFM kann aber auch durch Mutationen in weiteren Genen bedingt sein, u. a. αB-Crystallin, Myotilin, Filamin-C, ZASP, FHL1 (Four-and-a-half-LIM domain 1), BAG3 und Plectin.

Metabolische Myopathien

Die klinische Symptomatik, Diagnostik, Differenzialdiagnose und Genetik von metabolischen Erkrankungen, die mit einer Myopathie einhergehen können, wird in anderen Kapiteln dieses Buches ausführlich behandelt.
Zu den wichtigsten klinischen Leitsymptomen zählen belastungsabhängige Beschwerden im Sinne von Muskelschmerzen oder -schwäche, die z. B. durch Mitochondriopathien, Glykogenosen, Fettspeichermyopathien oder seltenere Enzymdefekte verursacht sein können. In einem Teil der Erkrankungen ist der Enzymdefekt histochemisch als fehlende Enzymreaktion darstellbar, wie z. B. ein Mangel an Myadenylat-Deaminase (MADA), Phosphorylase, Phosphofruktokinase oder Zytochrom-c-Oxidase. Eine biochemische Untersuchung zur Quantifizierung und zur Absicherung ist dennoch empfehlenswert, um falsch-negative Resultate auszuschließen. Deshalb sollte routinemäßig von jeder Muskelbiopsie ein kleiner Teil in flüssigem Stickstoff schockgefroen und bei −80°C gelagert werden, um die Option einer biochemischen Analyse bzw. einer molekulargenetischen Untersuchung zum Nachweis von definierten Mutationen offen zu halten.
Mitochondriopathien
Bei Verdacht auf eine Erkrankung aus dem Formenkreis der Mitochondriopathien bietet die Trichromfärbung eine erste Information, ob sog. „Ragged-red-Fasern“ vorhanden sind, die für eine Vermehrung und/oder Vergrößerung von Mitochondrien sprechen. Bei gehäuftem Vorkommen von Ragged-red-Fasern geben histochemische Spezialfärbungen zum Nachweis von mitochondrialen Enzymen, wie NADH, SDH oder Zytochrom-c-Oxidase (COX) Aufschlüsse über funktionelle Störungen der Mitochondrien, die mit einem Verlust an Enzymaktivität, d. h. Fasern mit fehlender Anfärbung, einhergehen. Ein vollständiger COX-Mangel findet sich nur bei kongenitaler Manifestation mit letalem Ausgang. Bei erwachsenen Patienten ist mit einem partiellen Enzymmangel in Form von negativen Einzelfasern zu rechnen. Eine elektronenmikroskopische Untersuchung des glutaraldehydfixierten und in Kunststoff eingebetteten Materials dient dem Nachweis von pathologischen Cristaeformationen oder parakristallinen Einschlüssen in den Mitochondrien.
Bei der Einordnung der bioptischen Befunde sind einige Punkte zu beachten:
Cave
Bei einer Mitochondriopathie nehmen die typischen morphologischen Befunde, d. h. Ragged-red-Fasern oder COX-negative Fasern, von kranial nach kaudal ab. Die wegweisenden Befunde sind außer in den äußeren Augenmuskeln, die für eine Biopsie – außer im Rahmen einer Ptosis-Korrekturoperation – nicht zur Verfügung stehen, im M. deltoideus zu erwarten, während am M. quadriceps meist nur geringe oder keine pathognomonischen Befunde zu erwarten sind. Falls in der Biopsie nur einzelne COX-negative Fasern nachweisbar sind, muss die biochemische Quantifizierung dieses Enzyms nicht unbedingt pathologisch ausfallen, weil diese Analyse am Muskelhomogenat durchgeführt wird. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass in höherem Lebensalter das vermehrte Vorkommen von Ragged-red-Fasern als physiologisch anzusehen ist und ohne entsprechende Klinik nicht zur Diagnose einer Mitochondriopathie berechtigt.
Fettspeichermyopathien
Der Nachweis einer Fettspeichermyopathie ist relativ einfach mittels einer Fettfärbung zu führen. Bei einem Carnitinmangel als Ursache kommt es meist zu einer mittel- bis grobtropfigen Sarkoplasmaverfettung. Ein primärer ist von einem sekundären Carnitinmangel zu unterscheiden. Letzterer kann z. B. bei genetischen Störungen wie Mitochondriopathien oder Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel, aber auch bei idiopathischem Reye-Syndrom, bei renalem Fanconi-Syndrom, dialysepflichtiger Niereninsuffizienz, parenteraler Ernährung von Frühgeborenen, iatrogen als Folge einer Valproat-Therapie oder physiologisch während der Schwangerschaft auftreten.
Bei einem Carnitin-Palmitoyl-Transferase-Mangel muss keine nennenswerte Verfettung der Muskelfasern nachweisbar sein. Diese Diagnose kann nur biochemisch am Muskelhomogenat gestellt werden.
Eine verstärkte Faserverfettung kann auch bei generalisierten Stoffwechselstörungen wie Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie, bei Diabetes mellitus oder iatrogen als Folge einer Kortisontherapie vorkommen.
Fallbeispiel
Eine 33 Jahre alte Patientin mit bekanntem Diabetes mellitus Typ 1 hatte bislang keine Muskelsymptome und konnte problemlos Sport treiben (30–40 km Fahrradfahren). Gegen Ende der ersten Schwangerschaft bemerkte sie erstmals eine Muskelschwäche insbesondere beim Treppensteigen. Die Symptomatik war nach der Geburt des Kindes deutlich progredient mit proximal betonter Muskelschwäche der Arme und Beine und starker CK-Erhöhung. Bei klinischem Verdacht auf eine Polymyositis wurde eine Muskelbiopsie durchgeführt, die eine schwere Fettspeichermyopathie (Abb. 4a) zeigte. Wegen der Erstmanifestation in der Schwangerschaft wurde ein Carnitinmangel vermutet, der sich biochemisch im Muskel bestätigen ließ. Unter hoch dosierter oraler Carnitinsubstitution kam es zur Verschlechterung der Symptomatik und zum CK-Anstieg auf 5000 U/l. Bei Hinweis auf eine Fettsäureoxidationsstörung im Sinne eines multiplen Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defekts wurde Carnitin zunächst reduziert, dann abgesetzt. Im weiteren Verlauf wurde ein Coenzym-Q10-Mangel im Muskel nachgewiesen, sodass die Diagnose einer isolierten Myopathie mit Coenzym-Q 10 -Mangel gestellt werden konnte (Horvath et al. 2006). Unter Substitution mit Coenzym-Q10 kam es zu einer raschen und deutlichen Besserung der Muskelkraft.
Glykogenosen
Bei den Glykogenosen kommt es zu einer pathologischen Speicherung von Glykogen oder sauren Mukopolysacchariden, die teils nur im Skelettmuskel, z. T. auch in anderen Organen abgelagert werden. Die Diagnose wird in den meisten Fällen anhand der Muskelbiopsie gestellt. Durch histochemische Färbungen können die Speicherprodukte bzw. ein Phosphorylasemangel (Glykogenose Typ V, McArdle) oder Phosphofructokinasemangel (Glykogenose Typ VII, Tarui) nachgewiesen werden. Seltenere Enzymdefekte können durch biochemische Untersuchungen des asservierten Muskelgewebes oder durch Mutationsanalysen abgeklärt werden.
Beim adulten Morbus Pompe ist klinisch die Kombination einer proximalen Muskelschwäche mit rascher Ermüdbarkeit und Dyspnoe aufgrund einer Beteiligung des Zwerchfells und der Atemhilfsmuskulatur charakteristisch. Bei der Auswahl des Muskels ist darauf zu achten, dass ein proximaler Muskel biopsiert wird, ggf. auch ein Interkostalmuskel. Die histologischen Veränderungen können im Einzelfall sehr diskret sein und nur wenige Muskelfasern betreffen.
Fallbeispiel
Eine 55 Jahre alte Patientin litt seit mehreren Jahren an einer Schwäche der Becken- und Oberschenkelmuskulatur. Eine ähnliche klinische Symptomatik war bei Mutter und Großmutter der Patientin bekannt. Die Mutter war bereits im Alter von 26 Jahren an einem Herzleiden verstorben. Dem Hausarzt waren erhöhte Leberwerte aufgefallen. Ein Alkoholabusus wurde von der Patientin verneint, für eine Hepatitis fanden sich keine Hinweise. Eine Abklärung war bisher nicht erfolgt. Bei der neurologischen Untersuchung fanden sich ein watschelnder Gang, ein positives Trendelenburg-Zeichen und eine leichte CK-Erhöhung. Es wurde eine Muskelbiopsie bei Verdacht auf eine familiäre Gliedergürteldystrophie durchgeführt.
Die Muskelbiopsie zeigte eine schwere vakuoläre Myopathie mit pathologischer Glykogenspeicherung (Abb. 4b–d). Einzelne Muskelfasern bestanden nur noch aus Glykogen mit dünnem Sarkolemmschlauch. Die neuropathologische Verdachtsdiagnose eines adulten Morbus Pompe (Glykogenose Typ II) ließ sich durch die biochemische Untersuchung des Muskelgewebes bestätigen. Die Patientin erhält inzwischen eine Enzymersatztherapie mit Myozyme (Alglucosidase alfa).

Entzündliche (System-)Erkrankungen

Die entzündlichen Systemerkrankungen stellen eine wichtige Indikation zur Muskelbiopsie dar und können häufig erst durch diese diagnostiziert werden. Für die neuropathologische Diagnostik sind histochemische und immunhistochemische Färbungen am Gefrierschnitt entscheidend, wobei die Zusammensetzung der entzündlichen Infiltrate, die Verteilung von Atrophie und Hypertrophie, eine mögliche Fasertypgruppierung, die Lokalisation von Nekrosen und regenerierenden Fasern wesentliche diagnostische Kriterien darstellen. Erkrankungen wie die Einschlusskörpermyositis können am Paraffinpräparat nicht diagnostiziert werden. Paraffinpräparate sind nur bei entzündlichen Gefäßerkrankungen vorzuziehen und sollten in Serienschnitten aufgearbeitet werden. Für alle Erkrankungen dieser Gruppe gilt, dass bei positivem Nachweis der krankheitsspezifischen Veränderungen die Diagnose als gesichert gelten kann, dass aber ein negatives Ergebnis die Verdachtsdiagnose nicht mit Sicherheit ausschließt, weil die Entzündung häufig nur herdförmig, bei Gefäßen sogar nur sektorförmig nachweisbar ist (Sampling error).
Die Biopsie sollte nach Möglichkeit vor Beginn der immunsuppressiven Therapie erfolgen.
Im Folgenden sollen die morphologischen Befunde der für die Biopsiediagnostik relevantesten Krankheitsbilder kurz dargestellt werden.
Polymyositis
Bei der Polymyositis (Tab. 3) handelt es sich um eine nekrotisierende Myositis (Abb. 5a) mit disseminierten Nekrosen als morphologischem Korrelat der erhöhten CK und lymphozytären Infiltraten, die sowohl im Endo- als auch im Perimysium lokalisiert sind und sich immunhistochemisch mehr aus CD8- als CD4-Zellen zusammensetzen, während B-Lymphozyten in der Regel fehlen. Zusätzlich ist die deutliche Hochregulation von MHC-Klasse-I-Antigen auf den Muskelfasern nachweisbar, die beim fehlenden Nachweis von entzündlichen Infiltraten in der Biopsie die Verdachtsdiagnose einer Polymyositis unterstützen kann. Zusätzlich zeigt der Muskel meist eine Faserkalibervariation mit Einzelfaseratrophien, die diffus verteilt sind und im Gegensatz zur Dermatomyositis keine perifaszikuläre Betonung aufweisen. Eine gruppen- oder felderförmige Atrophie, eine Fasertypgruppierung oder eine Hypertrophie gehören nicht zum typischen histologischen Bild. In fortgeschrittenen Fällen kann ein fibröser und/oder lipomatöser Umbau der Muskulatur vorkommen.
Tab. 3
Differenzialdiagnose entzündlicher Systemerkrankungen
 
Dermatomyositis (DM)
Polymyositis (PM)
Vorzugsalter
Alle Altersgruppen
Erwachsene
>50 Jahre
Geschlecht
> Frauen
> Frauen
> Männer
Assoziation mit Neoplasie
Ja (adulte Form)
Seltener
Nein
Klinische Leitsymptome
Muskelschwäche proximal > distal
Schwäche der Halsmuskulatur (66 %)
Schluckstörungen (54 %)
Myalgien (60 %)
Muskelatrophie (50 %)
Muskelschwäche proximal = distal
Schluckstörungen (40 %)
Muskelatrophie, Myalgien (selten)
Neuropathie (25 %)
Diabetes (20 %)
Hauterscheinungen
Ja
Nein
Nein
Labor
CK ↑↑↑
CK ↑↑↑
CK ↑ oder normal
EMG
Myopathisch
Myopathisch
Mischbild myopathisch – neurogen
Muskelbiopsie
Perifaszikuläre Verteilung von Atrophie und Regeneration. In wenig betroffenen Faszikeln u. U. nur äußere Lage von abgeflachten Fasern.
Ablagerung von Komplement C5b-9 auf den Kapillaren. Im Verlauf reduzierte Kapillardichte
Nekrotisierende Myositis mit Nekrosen und regenerierenden Fasern. Einzelfaseratrophien. Invasion von nekrotischen und nichtnekrotischen Fasern durch Lymphozyten
Histologisches Bild einer Polymyositis, zusätzlich neurogenes Muster mit gruppen- bis felderförmiger Atrophie und u. U. starker Hypertrophie. Invasion von nichtnekrotischen Fasern. Texturstörungen: Rimmed Vacuoles
EM: pathologische Filamente
In Spätstadien häufig lipomatöser und/oder fibröser Umbau
Verteilung und Typisierung der Infiltrate
> perimysial
Hochregulation von MHC-Klasse-I-Antigen auf den Muskelfasern
Endomysial, > in und um Nekrosen
CD8 > CD4
Hochregulation von MHC-Klasse-I-Antigen auf den Muskelfasern
Endo- und perimysial
CD8 >> CD4, meist sehr heterogen
Hochregulation von MHC-Klasse-I-Antigen auf den Muskelfasern
Dermatomyositis
Die Dermatomyositis (Tab. 3) ist durch eine perifaszikulär betonte Atrophie (Abb. 5b) und eine perimysiale, häufig gefäßassoziierte Entzündung charakterisiert, wobei sich die entzündlichen Infiltrate in absteigender Reihenfolge aus CD4-Zellen, Makrophagen, CD8-Zellen und B-Lymphozyten zusammensetzen. MHC-Klasse-I-Antigen ist auf den Muskelfasern hochreguliert. In der Faszikelperipherie sind regenerierende Fasern nachweisbar (Abb. 5c), die teilweise zu infarktähnlichen Gruppen angeordnet sein können. Nekrosen kommen meist nur in akuten Stadien vor. Zusätzlich erkennt man eine Ablagerung von Komplement C5b-9 („membrane attack complex“) auf den Kapillaren (Abb. 5d), die bereits in frühen Stadien nachweisbar ist. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zur Zerstörung der Kapillaren mit einer verminderten Kapillardichte. Die perifaszikuläre Verteilung von Atrophie und regenerierenden Fasern kann auch unter Steroidtherapie noch nachweisbar sein, wenn die Infiltrate verschwunden sind. Bei der Dermatomyositis sollten die Biopsate nicht zu klein sein, da die einzelnen Faszikel meist sehr unterschiedlich betroffen sind und Areale mit starker Entzündung und Atrophie neben weitgehend unauffälligen Faszikeln vorkommen können. In wenig betroffenen Faszikeln sind u. U. nur eine äußere Lage aus abgeflachten Fasern oder einzelne regenerierende Fasern mit Expression von neonatalem Myosin auffällig, sodass die Diagnose sehr schwierig sein kann.
Cave
Eine Polymyositis (PM) oder Dermatomyositis (DM) kommen bei erwachsenen Patienten häufig als paraneoplastische Erkrankung vor und können einem Malignom auch vorausgehen, insbesondere einem Mamma-, Bronchial- oder Magenkarzinom. Bei einer PM oder DM sollte daher unbedingt eine Tumorsuche angeschlossen werden. Eine juvenile Dermatomyositis ist nicht mit einer Tumorerkrankung assoziiert.
Einschlusskörpermyositis
Die Einschlusskörpermyositis (IBM) ist eine der häufigsten entzündlichen Systemerkrankungen bei älteren Patienten (Tab. 3). Auch bei der IBM können Areale mit fortgeschrittenem Umbau neben Anteilen mit starker Entzündung und eher unauffälligeren Abschnitten innerhalb einer Biopsie vorkommen. Typischerweise findet man die Kombination von chronisch neurogenen mit myopathischen und myositischen Veränderungen. Im Gegensatz zur PM und DM zeigt die IBM eine felderförmige Atrophie und häufig sehr starke kompensatorische Hypertrophie sowie eine Fasertypgruppierung als Ausdruck einer neurogenen Schädigung. Muskelfasernekrosen und regenerierende Fasern können in großer Zahl vorkommen und kontrastieren oft mit einer nur leicht erhöhten CK. Das Ausmaß der entzündlichen Infiltrate ist regional sehr unterschiedlich. Häufig lassen sich Lymphozyten erst durch die immunhistochemische Untersuchung nachweisen. Das Vorherrschen von CD8-Zellen, insbesondere die Invasion von CD8-Zellen in intakte Muskelfasern ist für die IBM ganz charakteristisch. Für die Diagnose sind außerdem Texturstörungen im Sinne von sog. Rimmed Vacuoles zu fordern, die in der Trichromfärbung dargestellt werden können (Abb. 5e), und ultrastrukturell aus autophagischen Vakuolen und meist kreuz und quer angeordneten pathologischen Filamenten bestehen (Abb. 5f). Die Vakuolen können u. a. Ubiquitin, β-Amyloid und Prionprotein enthalten und immunhistochemisch mit entsprechenden Antikörpern angefärbt werden. Ein fortgeschrittener fibröser und/oder lipomatöser Umbau ist bei der IBM häufig und kann die Diagnose unmöglich machen. Es sollte daher kein zu stark betroffener Muskel für die Biopsie ausgewählt werden. In einem Teil der Fälle sind zusätzlich mehrere Ragged-red-Fasern und COX-negative Fasern als Ausdruck einer mitochondrialen Funktionsstörung nachweisbar, da Mutationen des mitochondrialen Genoms mit der IBM assoziiert sein können. Dieser Befund kann als ergänzendes diagnostisches Kriterium verwendet werden.
Immunvermittelte nekrotisierende Myopathien
Immunvermittelte nekrotisierende Myopathien („immune-mediated necrotizing myopathy“, IMNM) gehen klinisch mit hoher CK, proximal betonter Muskelschwäche und Myalgien, Gewichtsverlust und rheumatologischen Zeichen einher. Morphologisch kommt es zu einer nekrotisierenden Myopathie mit relativ geringen oder fehlenden lymphozytären Infiltraten und Ablagerungen von Komplement C5b-9, die sowohl auf den Kapillaren als auch im Sarkoplasma von nekrotischen Muskelfasern oder auf dem Sarkolemm von nichtnekrotischen Muskelfasern lokalisiert sein können. Die Erkrankung kann mit dem Nachweis von SRP (Signal-recognition particle) oder anderen Autoantikörpern wie HMG-CoA, Jo-1, PL-7, PL-12 assoziiert sein. Eine IMNM kann selten auch als paraneoplastisches Syndrom mit dem Nachweis von Autoantikörpern wie RO-52, Mi-2 oder anti-p155/140 vorkommen. Die Diagnose kann letztlich nur unter Berücksichtigung der serologischen Parameter gestellt werden.
Polymyalgia rheumatica
Bei der Polymyalgia rheumatica ist als einziger pathologischer Befund eine selektive Atrophie der Typ-2b-Fasern nachweisbar. Entzündliche Infiltrate oder Nekrosen gehören nicht zum histologischen Bild.
Sarkoidose
Eine granulomatöse Myositis ist eine weitere wichtige Indikation zur Muskelbiopsie. Eine Sarkoidose ist durch den Nachweis von Granulomen aus Epitheloidzellen und Riesenzellen vom Langhans-Typ bei fehlenden Nekrosen definiert (Abb. 6a). Eine zusätzliche neurogene Komponente kann bei einer Mitbeteiligung der peripheren Nerven vorkommen.
Tuberkulöse Myositis
Eine tuberkulöse Myositis ist in Europa extrem selten und manifestiert sich klinisch durch eine Weichteilschwellung. Die Diagnose basiert auf dem Nachweis von großen verkäsenden Nekrosen mit Granulomen aus Epitheloidzellen, Riesenzellen vom Langhans-Typ und Lymphozyten. Säurefeste Stäbchen müssen nicht unbedingt in der Ziehl-Neelsen-Färbung nachweisbar sein. Zur Diagnosesicherung ist in diesen Fällen der Nachweis von Tuberkelbakterien mittels PCR zu empfehlen.
Eosinophile Fasziitis
Bei Verdacht auf eine eosinophile Fasziitis ist eine Haut-Muskel-Faszien-Biopsie en bloc vorzuziehen, da der Muskel typischerweise bei dieser Erkrankung relativ ausgespart ist und eine reine Muskelbiopsie somit ein falsch-negatives Ergebnis liefern würde. In der Faszie sind ausgedehnte perivaskuläre entzündliche Infiltrate aus Lymphozyten, Plasmazellen, Makrophagen und einzelnen eosinophilen Granulozyten nachweisbar. Die Entzündung kann sich auf die unteren Hautschichten fortsetzen. Die Diagnose „eosinophile“ Fasziitis stützt sich auf die Eosinophilie im Differenzialblutbild und ist nicht vom Nachweis von eosinophilen Granulozyten in der Biopsie abhängig. Eine parasitäre Myositis als mögliche Ursache der Eosinophilie sollte bioptisch ausgeschlossen werden, wobei Toxoplasmen oder Trichinen als wahrscheinlichste Erreger infrage kämen.
Makrophagenreiche Myofasziitis
Sowohl von der eosinophilen Fasziitis als auch von der Sarkoidose ist die makrophagenreiche Myofasziitis (MMF) abzugrenzen. Hierbei handelt es sich um ein Krankheitsbild, das seit der Erstbeschreibung bei mehr als 90 Patienten von der Groupe d’Etudes et Recherches sur les Maladies Musculaires Acquises et Dysimmunitaires (GERMMAD) de l’Association Francaise contre les Myopathies (AFM) berichtet wurde (Gherardi et al. 1998). Leitsymptom sind diffuse Myalgien mit bevorzugter Affektion des M. deltoideus. Seltener werden Arthralgien, Muskelschwäche oder Fieber berichtet. Eine CK- oder BSG-Erhöhung und ein myopathisches EMG können vorkommen. Morphologisch sind zentripetale Infiltrate aus nichtepitheloiden, CD68- und PAS-positiven Makrophagen in der Faszie, dem Perimysium und dem perifaszikulären Endomysium nachweisbar (Abb. 6b), während der Muskel selber relativ unauffällig ist. In den Makrophagen konnten Einschlüsse von Aluminiumhydroxid nachgewiesen werden, das als Vakzine-Adjuvans zur Immunstimulation verwendet wird. Es konnte ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer MMF und einer Impfung mit Alumiumhydroxid enthaltenden Impfstoffen, z. B. gegen Hepatitis A, Hepatitis B oder Tetanus nachgewiesen werden. Eine MMF konnte auch experimentell bei Ratten reproduziert werden. Die MMF wird daher als Folge einer intramuskulären Injektion von aluminiumhydroxidhaltigen Vakzinen mit einer Langzeitpersistenz von Aluminiumhydroxid und anhaltender lokaler Immunreaktion aufgefasst (Gherardi et al. 2001). Die Diagnose wird durch eine Muskelbiopsie gesichert, die nach Möglichkeit aus dem M. deltoideus, bei Säuglingen aus dem M. quadriceps erfolgen sollte. Als Therapie der Wahl gelten Kortikosteroide mit/ohne nichtspezifische Antibiotika.
Panarteriitis nodosa und Churg-Strauss-Vaskulitis
Bei Verdacht auf eine Vaskulitis im Sinne einer Panarteriitis nodosa oder einer Churg-Strauss-Vaskulitis ist eine kombinierte Muskel-Nerv-(Haut-)Biopsie der reinen Muskelbiopsie vorzuziehen, damit eine höhere Trefferquote erzielt werden kann. Bei Nachweis einer nekrotisierenden, granulomatösen, alle Wandschichten durchsetzenden Arteriitis mit Infiltraten aus Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen kann die Diagnose einer Panarteriitis gesichert werden. Bei der Churg-Strauss-Vaskulitis sind auch Venen oder kleinere Gefäße von der Entzündung betroffen. Die Infiltrate sollen außerdem eosinophile Granulozyten und z. T. epitheloidzellige Makrophagen enthalten. Fibrinoide Wandnekrosen sind bei der Churg-Strauss-Vaskulitis seltener als bei der Panarteriitis nodosa. Bei Narbenstadien der Entzündung oder rekanalisierten Thrombosen und fehlenden Infiltraten können mit immunhistochemischen Methoden Lymphozyten in der Gefäßwand detektierbar sein, die den Entzündungsprozess belegen. Es ist zu berücksichtigen, dass bei einer Vaskulitis die Gefäße häufig nur herd- oder sektorförmig von der Entzündung betroffen sind. Serienschnitte sind daher unbedingt erforderlich. Der fehlende bioptische Nachweis einer Vaskulitis schließt die Diagnose keinesfalls aus („Sampling error“).
Rheumatoide Arthritis
Bei der rheumatoiden Arthritis kann ein breites Spektrum von morphologischen Veränderungen vorkommen, da es sich um ein multifaktorielles Krankheitsbild handelt, das die Muskulatur, Gelenke, Weichteile, Gefäße und Nerven in den Krankheitsprozess einbeziehen kann. Daher können in der Biopsie eine selektive Atrophie vom Typ 2 als Korrelat einer Inaktivitätsatrophie, eine neurogene Muskelatrophie, eine Myositis, Vaskulitis, Fasziitis, Pannikulitis oder Neuritis angeschnittener intramuskulärer Nervenäste als Einzelbefunde oder in beliebiger Kombination nachweisbar sein. Häufig ist eine Hochregulation von MHC-Klasse-I-Antigen als indirekter Entzündungsparameter auf den Muskelfasern detektierbar. Die Muskelbefunde sind letztlich nicht pathognomonisch für eine rheumatoide Arthritis, sondern nur im Zusammenhang mit der Klinik einzuordnen.
Erkrankungen mit primären Hautveränderungen
Bei Erkankungen mit primären Hautveränderungen, wie der Sklerodermie oder dem systemischen Lupus erythematodes sind im Muskel eher uncharakteristische entzündliche Veränderungen nachweisbar, sodass eine Muskelbiopsie wenig hilfreich ist. Stattdessen ist eine Hautbiopsie zu empfehlen.

Therapie-induzierte bzw. toxische Myopathien

Steroidmyopathie
Am häufigsten ist die Steroidmyopathie, die bioptisch durch die Kombination einer selektiven Atrophie der Typ-2-Fasern mit einer verstärkten Sarkoplasmaverfettung der Typ-1-Fasern, fakultativ auch mit einer verstärkten Einlagerung von Glykogen definiert ist. Eine Muskelbiopsie ist daher gut geeignet, um ein Rezidiv einer entzündlichen Erkrankung trotz immunsuppressiver Therapie von einer iatrogenen Steroidmyopathie zu unterscheiden.
Critical-Care-Myopathie
Deutlich seltener ist die Critical-Care-Myopathie, die ebenfalls durch eine Muskelbiopsie diagnostiziert wird. Diese Erkrankung kann als Komplikation unter Intensivtherapie bei hoch dosierter Kortisontherapie und/oder nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien (z. B. Curare-Derivaten) in Kombination mit Intubation und Langzeitbeatmung auftreten. Klinisch kommt es zu einer akuten persistierenden Tetraparese, wobei bei Patienten mit schwerem Krankheitsgrad und mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz ein erhöhtes Risiko besteht. Die CK ist meist erhöht, das EMG myopathisch. Die Muskelschwäche ist nach Beendigung der Intensivtherapie meist nach wenigen Wochen bis Monaten reversibel, kann aber in seltenen Fällen persistieren. Bioptisch findet sich eine Myopathie mit selektivem Verlust der dicken Myosinfilamente, die durch umschriebene, core-ähnliche Areale mit fehlender ATPase-Aktivität und Verlust von Myosin in Gefrierschnitten (Abb. 7a) und ultrastrukturellen Nachweis von erhaltenen dünnen Aktinfilamenten und Z-Streifen charakterisiert ist (Abb. 7b).
Seltenere toxische Myopathien
Um den Rahmen des Buches nicht zu sprengen, sollen an dieser Stelle nur Krankheitsbilder mit typischer Histologie dargestellt werden, die durch eine Muskelbiopsie zweifelsfrei diagnostiziert werden können. Sowohl Colchicin, das bei der Langzeittherapie von Amyloidosen zur Vermeidung von Spätschäden wirksam ist, als auch das Antimalariamittel Chloroquin, das bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird, können eine dosisabhängige toxische Myopathie mit myositisähnlichen Symptomen auslösen, die nach Absetzen reversibel ist. Die Muskelbiopsie zeigt in beiden Fällen eine vakuoläre Myopathie mit pathognomonischem Vakuoleninhalt, sodass die Diagnose durch die Muskelbiopsie zweifelsfrei zu stellen ist. Elektronenmikroskopisch lassen sich bei der Chloroquin-Myopathie sog. curvilineare Strukturen wie bei der neuronalen Ceroid-Lipofuszinose nachweisen, bei der Colchicin-Myopathie finden sich Proliferationen von T-Tubuli und honigwabenartige T-System-Netzwerke.
Bei einer medikamenten- oder drogeninduzierten Rhabdomyolyse durch Substanzen wie z. B. Statine, Benzodiazepine, Alkohol, Heroin etc. oder bei Elektrolytentgleisungen können in der Muskelbiopsie Nekrosen bzw. regenerierende Fasern als Korrelat der Rhabdomyolyse nachweisbar sein. Diese Befunde sind aber nicht spezifisch, sodass eine Muskelbiopsie in erster Linie indiziert sein kann, um andere mögliche Ursachen auszuschließen, insbesondere entzündliche oder metabolische Myopathien.
Fallbeispiel
Ein 37 Jahre alter Patient mit genetisch gesichertem familiärem Mittelmeerfieber (FMF) wurde wegen einer sekundären Amyloidose Typ AA mit Niereninsuffizienz und nephrotischem Syndrom seit 6 Jahren mit Colchicin behandelt. Seit 4–6 Wochen klagte der Patient über eine Muskelschwäche in Schulter- und Beckengürtel sowie über eine Schwäche beim Laufen mit Einschränkung der Gehstrecke. Im Labor fielen ein Anstieg von CK (760 U/l), Transaminasen, BSG und eine Myoglobinurie auf. Bei klinischem Verdacht auf eine Myositis wurde eine Muskelbiopsie durchgeführt. Diese zeigte eine vakuoläre Myopathie mit autophagischen Vakuolen und honigwabenartigen Proliferationen des T-tubulären Systems (Abb. 8a, b), d. h. die typischen histologischen Befunde einer Colchicin-Myopathie.
Auf Befragen gab der Patient an, dass er wegen verschlechterter Retentionswerte die Colchicin-Dosis über einen Zeitraum von 3 Monaten von 1,5 mg auf 2 mg erhöht und danach wegen aufgetretener Diarrhöen wieder reduziert habe.
Colchicin wurde abgesetzt. Nach 7 Tagen kam es zum Anstieg der Leukozyten und des C-reaktiven Proteins (CRP) ohne klinische Zeichen eines Schubes des FMF. Unter Behandlung mit dem TNF-α-Antagonisten Etanercept waren CRP und Serum-Amyloid-A-Protein stark rückläufig, Arthralgien und Myalgien stark gebessert.

Facharztfragen

1.
Bei welchen Muskelerkrankungen ist eine Muskelbiopsie sinnvoll?
 
2.
Bei welchen Muskelerkrankungen ist eine Muskelbiopsie nicht indiziert?
 
3.
Was sollte man bei der Auswahl des Muskels für eine Muskelbiopsie beachten?
 
4.
Welche Färbungen sind bei einer Muskelbiopsie essenziell?
 
5.
Was sind typische histologische Kriterien für eine chronische neurogene Muskelatrophie?
 
6.
Wie stellen Sie die Diagnose einer Mitochondriopathie?
 
7.
Was zählt zu den wichtigen diagnostischen Kriterien einer Einschlusskörpermyositis?
 
8.
Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen einer Polymyositis und einer Dermatomyositis?
 
9.
Was ist das Leitsymptom einer tuberkulösen Myositis?
 
10.
Welche großen Gruppen von Muskeldystrophieformen kennen Sie?
 
Literatur
Zitierte Literatur
Dubowitz V, Sewry CD, Oldfors A (2013) Muscle biopsy – a practical approach. Saunders Elsevier, Philadelphia, 4th edition, S 16–27
Gherardi RK, Coquet M, Cherin P et al (1998) Macrophagic myofasciitis: an emerging entity. Groupe d’Etudes et Recherches sur les Maladies Musculaires Acquises et Dysimmunitaires (GERMMAD) de l’Association Française contre les Myopathies (AFM). Lancet 352(9125):347–352CrossRefPubMed
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Weiterführende Literatur
Goebel HH, Sewry CA, Weller RO (Hrsg) (2013) Muscle disease: pathology and genetics, 2. Aufl. Wiley Blackwell, Oxford