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Die Anästhesiologie
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Publiziert am: 07.12.2017

Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Respiratorisches System

Verfasst von: Dietrich Henzler
Detaillierte Kenntnisse des respiratorischen Systems sind von grundlegender Bedeutung, um eine maschinelle Beatmung durchführen zu können. Verständnis für die funktionelle und pathologische Anatomie, Lungenmechanik, Gasaustausch und Zirkulation ist zur Narkoseführung notwendig und trägt zur Vermeidung von Komplikationen bei.
Einleitung
Detaillierte Kenntnisse des respiratorischen Systems sind von grundlegender Bedeutung, um eine maschinelle Beatmung durchführen zu können. Verständnis für die funktionelle und pathologische Anatomie, Lungenmechanik, Gasaustausch und Zirkulation ist zur Narkoseführung notwendig und trägt zur Vermeidung von Komplikationen bei.

Klinische Beurteilung des Patienten

Eine gründliche Anamnese und die klinische Untersuchung sind die wichtigsten Inhalte der Prämedikationsvisite. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse dienen zur Beurteilung der „Narkosefähigkeit“ und können weitere apparativ-technische Untersuchungen bedingen (Abschn. 5.2). Die Narkosefähigkeit definiert sich weniger als gegeben oder nicht gegeben, sondern ist die Abwägung des Narkoserisikos gegen den operativen Gewinn. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Narkoserisiko nicht unabhängig vom operativen Eingriff beurteilt werden kann, und die Frage, ob die zunehmend älteren, multimorbiden Patienten von einem operativen Eingriff profitieren, mit dem operativen Partner unter medizinischen und ethischen Aspekten (quality of life) diskutiert werden sollte.
Die respiratorische Anamnese umfasst
  • Belastbarkeit, Kurzatmigkeit, Orthopnoe (funktionelle Klassifikation I–IV)
  • Erkrankungen der Lunge (z. B. Asthma, COPD, Emphysem, Fibrose, Mukoviszidose, Pneumonie, Tuberkulose, Granulomatose etc.)
  • Erkrankungen des Lungengefäßsystems (Z. n. Embolie, pulmonale arterielle/venöse Hypertonie)
  • Voroperationen (z. B. Tumorresektion, Lungenvolumenreduktion, Transplantation)
  • Anzeichen für ein Schlaf-Apnoe-Syndrom
  • Verletzungen (z. B. Kontusion, Pneumothorax)
  • Schädigungen (z. B. inhalativ, toxisch, Pneumokoniose)
  • Dauermedikation (z. B. β-Mimetika, Kortikoide, Theophyllin)
Ein deformierter Thorax kann Hinweise auf Beeinträchtigungen der Atemmechanik geben.
Eine Tachypnoe ist zumeist durch eine respiratorische Insuffizienz bedingt. Andere Formen von pathologischen Atemmustern (z. B. Kussmaul-Atmung, Cheyne-Stokes-Atmung) weisen auf neurologische Störungen hin.
Die meisten anästhesiologisch relevanten Krankheitsbilder lassen sich so schon frühzeitig anhand von Leitsymptomen feststellen (Tab. 1).
Tab. 1
Klinisch-anästhesiologisch relevante Auskultationsbefunde sowie anamnestische Leitsymptome
Leitsymptom
Klinisches Korrelat
Ortho-/Ruhe-/Belastungsdyspnoe
Pulmonale/kardialeErkrankung
„Happy wheezer“, „pink puffer“, Auswurf
Zyanose
Rechts-links-Shunt, schwere Restriktion
Fassthorax, leise Herztöne
Emphysem
Verlängertes Exspirium, Giemen, Spastik
Asthma, exspiratorische Flussbehinderung bei COPD
Grobblasige Rasselgeräusche
Lungenödem, Bronchopneumonie, Sekretretention
Feinblasige Rasselgeräusche, Knisterrasseln
Pneumonie, Atelektase
Reibegeräusche
Pleuritis
Inspiratorischer Stridor
Interstitielles Ödem, Verlegung der oberen Atemwege
Exspiratorischer Stridor
COPD, Asthma
Fehlendes Atemgeräusch
Pneumothorax, Erguss, Zustand nach Pneumektomie
Obligat ist die Inspektion der oberen Luftwege bei der Prämedikationsvisite, da sich hierdurch schon wertvolle Hinweise auf evtl. vorliegende Intubationshindernisse und erschwerte Intubationsbedingungen erhalten lassen (Kap. „Intubation bei schwierigem Atemweg“).
Praktisches Vorgehen
Die Belastbarkeit bietet die zuverlässigste Einschätzung über zu erwartende Schwierigkeiten, d. h. Anstrengungstoleranz (in metabolischen Äquivalenten), die Fähigkeit zur Verrichtung alltäglicher Arbeiten oder Frequenz des Gebrauchs inhalativer Bronchodilatatoren geben Auskunft über die aktuelle Situation. Zur Vorhersagbarkeit pulmonaler Komplikationen (Abschn. 5). Zusätzlich kann eine aktuelle Belastungsprüfung (Treppensteigen, 6-min-walk-Test) hilfreich sein, allerdings ist die Aussagekraft bei kardialer Funktionseinschränkung oder Problemen des Bewegungsapparats nur eingeschränkt verwertbar.
Bei der Auskultation der Lunge lassen sich typische Befunde wie Pneumonie, COPD, Ergussbildung feststellen, die allerdings durch weiterführende Untersuchungen validiert werden sollten. Pathologische Befunde führen nicht automatisch zum Verschieben des Eingriffs, sondern sollten im Hinblick auf die Dringlichkeit der Operation diskutiert und therapiert werden.

Funktionelle Anatomie

Anatomisch wird zwischen extrathorakalen und intrathorakalen, klinisch nach oberen und unteren Luftwegen differenziert. Funktionell unterscheiden sich die luftleitenden Abschnitte – Nasenhöhlen, Pharynx, Larynx, Trachea, Bronchien, Bronchiolen und Bronchioli terminales – von den gasaustauschenden Abschnitten – Bronchioli respiratorii und Alveolen (Abb. 1).

Oberer Luftweg

Eine Übersicht der anästhesiologisch relevanten Befunde der oberen Luftwege: Tab. 2.
Tab. 2
Anästhesiologisch relevante Erkrankungen und Befunde der oberen Luftwege
Befund
Anästhesiologische Relevanz
Diagnostik und Vorgehen
Makroglossie (z. B. Schwellung, Trisomie 21)
Direkte Laryngoskopie häufig schwierig bis unmöglich
Allergieanamnese (Quincke-Ödem?), videoassistierte Intubation bereithalten
Septumdeviation, nasale Tumoren
Erhöhte Verletzungsgefahr bei nasaler Intubation mit Beatmungstubus oder gastrischer Sonde
Anamnese, Durchgängigkeit prüfen, oralen Zugang bevorzugen
Perforationsgefahr bei nasaler Intubation
Mittelgesichts-CT, Liquorrhö?
Sanierungsbedürftiger Zahnstatus
Intubationshindernis, Zahnschäden möglich
Genaue Dokumentation, ggf. zahnärztliches Konsil und besonders marode Zähne ziehen lassen
Pharynxtumoren, große Tonsillen (bei Kindern)
Sichtbehinderung und Blutungsgefahr bei der endotrachealen Intubation
HNO-Befund, fiberoptische oder videoassistierte Intubation erwägen
Larynxtumoren
Erschwerte Intubation durch Sichtbehinderung und Lumeneinengung
HNO-Befund, kleine Tuben bereithalten, ggf. fiberoptische Intubation, Einleitung in Tracheotomiebereitschaft
Inspiratorischer Stridor, Heiserkeit
Fremdkörper, partielle Stimmbandparese, evtl. erschwerte Extubation
HNO-Spiegelbefund, postoperative Tracheostomie erwägen
Nachblutung z. B. nach Tonsillektomie
Erhebliche Aspirationsgefahr, Blutungsschock
Keine Zeit verlieren! Sofortige operative Intervention, Narkoseeinleitung als „rapid sequence induction“ (RSI)

Nase

Der obere Luftweg erstreckt sich bis zum Kehlkopf und dient der Reinigung, Anfeuchtung und Erwärmung der Inspirationsluft.
Nasenhöhlen
Die eingeatmete Luft passiert nach Eintritt durch das Vestibulum nasi im Cavum die Meatus, welche durch 3 Conchae gebildet werden und die engste Stelle innerhalb der Nase darstellen. In enger anatomischer Nähe befinden sich die Nasennebenhöhlen und der Sinus sphenoidalis. Kaudal bilden harter und weicher Gaumen das Dach des Mundraums. Linke und rechte Seite sind durch die Nasenscheidewand getrennt (Abb. 1).
Eine Septumdeviation kann zu Schnarchen, Schlafapnoe und Abflussbehinderung der Nasennebenhöhlen führen, aber auch ein Hindernis bei der Einführung von Beatmungstubus, Bronchoskop, oder Magensonde darstellen. Vor einer Intervention sollte der Patient daher über Seitenunterschiede in der Durchgängigkeit und Voroperationen befragt werden.
Im hinteren Teil münden die Ductus nasolacrimales. Jede Nasenhöhle endet mit einem inneren Nasenloch, Choane, das die Nasenhöhle mit dem Rachen verbindet.
Nasenschleimhaut
Die Nasenschleimhaut besteht aus Flimmerepithel, dessen Zilien koordiniert rachenwärts schlagen, sowie Becherzellen und schleimbildenden Drüsen. Die in der Schleimhaut liegenden Venen geben Wärme an die Atemluft ab und können durch Anschwellen die Nasenhöhlen verschließen. Zusätzlich wird die Atemluft mit anderen Substanzen, z. B. Stickstoffmonoxid (NO), einem potenten Vasodilatator, angereichert [9].
Die Nasenschleimhaut und das weiche Pharynxgewebe sind äußerst vulnerabel, bei Irritationen kommt es leicht zu ödematösen Schwellungen und Blutungen.
Vor Manipulationen sollte ein topischer Vasokonstriktor (Nasentropfen, Lokalanästhetikum mit Adrenalinzusatz) verabreicht werden und das Instrument gut mit Gleitmittel benetzt werden. Grundsätzlich besteht die Gefahr, beim Einführen von Fremdmaterialien in die Nase in eine via falsa, z. B. Schleimhautfalten oder Einbrüche durch die Schädelbasis bei Verletzungen, zu geraten. Blutungen nach Sondierung der Nase sind relativ häufig, weshalb bei Operationen mit Vollheparinisierung (Herz-Lungen-Maschine) eine nasogastrale Sonde erst postoperativ eingelegt werden sollte. Ist die Sonde nur perioperativ erforderlich, sollte diese orogastral gelegt werden.
Innervation und Gefäßversorgung
Innerviert wird die Nase:
  • Sensibel durch Fasern aus dem 1. und 2. Ast des N. trigeminus,
  • parasympathisch aus dem Ganglion pterygopalatinum,
  • sympathisch aus dem Karotisgeflecht.
Gefäßversorgung erfolgt durch:
  • Endäste aus der A. maxillaris,
  • Aa. ethmoidales aus der A. carotis interna.

Mund- und Rachenraum

Epipharynx
Die Nasenhöhlen münden in den oberen Teil des Rachens, den Epipharynx, der mit dem Flimmerepithel der Nasenhöhle ausgekleidet ist. Im Rachendach liegt die Rachenmandel, seitlich mündet beiderseits der Ductus oropharyngealis.
Mundhöhle
Bei der Inspektion der Mundhöhle sind besonders der Zahnstatus und die Kieferform (z. B. Prognathie als Intubationshindernis) zu beachten.
Einzeln stehende, nicht bissfeste Frontzähne stellen nicht nur ein Intubationshindernis dar, sondern sind durch Manipulationen besonders gefährdet. Zahnlücken und gelockerte Zähne müssen deshalb bei der Prämedikation sorgfältig dokumentiert werden.
Oro- und Hypopharynx
Die Mundhöhle mündet in den mittleren Teil des Rachens, den Oropharynx, der in Höhe des Gaumensegels beginnt und mit der Schleimhaut der Mundhöhle ausgekleidet ist. Im Oropharynx kreuzen sich Atem- und Speiseweg.
Der Kehlkopfeingang, Kehlkopf und Recessus piriformis befinden sich im unteren Teil des Rachens, dem Hypopharynx. In Höhe des Ringknorpels geht der Hypopharynx in den Ösophagus über.

Larynx

Der Kehlkopf, Larynx, bildet den Eingang in die Trachea, der beim Schlucken, Würgen und Erbrechen gegen den Rachen verschlossen werden kann. Die inneren Strukturen des Larynx dienen der Lautbildung (Abb. 2).
Beim Schluckakt wird der Kehlkopf reflektorisch nach oben unter die Zunge gezogen, wodurch die Epiglottis auf den Kehlkopfeingang gedrückt wird und diesen verschließt [12].
Die Oberseite der Epiglottis und die Stimmlippen sind mit derbem, mehrschichtigem Plattenepithel ausgekleidet, die Unterseite der Epiglottis mit schwellungsfähigem Flimmerepithel.
Beim Neugeborenen überragt die sehr viel weichere und proportional größere Epiglottis noch den Zungengrund, sodass die Speise seitlich am Kehlkopf vorbei in den Ösophagus gelangen kann (Trinken und Atmen sind gleichzeitig möglich). Hierdurch wird u. U. auch die Sicht auf die Glottis bei der Laryngoskopie behindert (Cave: erschwerte Intubation!).
Kehlkopfskelett
Die einzelnen Teile des Kehlkopfskeletts (Abb. 2) werden durch die inneren Kehlkopfbänder miteinander verbunden, durch die äußeren Kehlkopfbänder wird der Kehlkopf insgesamt zwischen Zungenbein und Trachea befestigt.
Glottis
Die Glottis wird durch die Stimmfalten, die plicae vocales, begrenzt.
Der M. cricothyroideus oder Anticus bewirkt eine Grobspannung des Stimmbandes und wird als einziger Kehlkopfmuskel vom N. laryngeus superior versorgt.
Als alleiniger Stimmbandöffner wirkt der M. cricoarytaenoideus posterior oder Posticus. Da er, wie die restlichen Kehlkopfmuskeln, vom N. laryngeus inferior (aus dem N. laryngeus recurrens) versorgt wird, führt eine einseitige Rekurrensparese (z. B. nach Strumaoperation, Tumoren, Bestrahlung) zu Heiserkeit, eine beidseitige zu schwerer Dyspnoe und fast immer zur Notwendigkeit einer Tracheotomie.
Die Mm. cricoarytaenoidei laterales, arytaenoidei transversus und obliquus sowie tyroarytaenoideus ermöglichen über Einstellungsänderungen der Aryknorpel Phonation und Verschluss der Stimmfalte, was für einen effektiven Hustenstoß notwendig ist. Fehlt letzterer, z. B. bei neuromuskulären Störungen oder bei Restrelaxation nach Allgemeinanästhesien, kommt es zu Sekretretention und stiller Aspiration in den Atemwegen mit konsekutiver Pneumonie. Eine reflektorische Reizung dieser Muskelgruppe resultiert in einem Glottiskrampf, dem Laryngospasmus.
Der M. vocalis schließlich regelt die Feineinstellung und damit die Frequenzmodulation des Stimmbands.
Jede vorbestehende Heiserkeit muss zur Erfassung relevanter Pathologien und aus medikolegalen Gründen abgeklärt werden (HNO-Konsil). Mögliche Ursachen für eine anhaltende Heiserkeit nach Intubation können eine direkte Traumatisierung der Stimmfalte oder eine Luxation der Aryknorpel sein [7]. Über diese Komplikationsmöglichkeit der Intubationsnarkose muss explizit aufgeklärt werden (Kap. „Akute und chronische Schäden nach Intubation“).
Subglottischer Bereich
Von klinischer Bedeutung ist das Lig. cricothyroideum oder Konus elasticus, das zwischen Ringknorpel und Schildknorpel ausgespannt ist. Es liegt kaudal der Glottis. Die Gefäßversorgung des Larynx über die Aa. laryngea superior et inferior aus den Aa. thyroidea superior et inferior ist außerordentlich gut. Bei Verletzung der Gefäße durch Punktions- oder Tracheotomieversuche können lebensgefährliche Blutungen resultieren.
Im Notfall („can not intubate, can not ventilate“) und bei Versagen anderer Techniken wird durch die Krikothyroidotomie oder Koniotomie ein künstlicher Luftweg zur Trachea geschaffen! Die Koniotomie ist aufgrund der einfacheren Lokalisierung und geringerer Verletzungsgefahr der Nottracheotomie vorzuziehen.
Lage des Kehlkopfs
Der Oberrand des Schildknorpels steht beim Erwachsenen mit aufrechter Kopfhaltung in Höhe des 4.–6. Halswirbels, der Unterrand des Ringknorpels am Übergang der Hals- zur Brustwirbelsäule. Beim Neugeborenen liegt der Kehlkopf höher, ca. 3–4. Halswirbel, unmittelbar unter dem Zungenbein. Die engste Stelle des oberen Luftwegs ist beim Erwachsenen der Larynx in Höhe der Glottis, beim Neugeborenen subglottisch in Höhe des Ringknorpels. Reizung und Traumatisierung, z. B. bei wiederholten Intubationsversuchen, können zu Schwellung und Laryngospasmus führen.
Tumoren in Larynx und Pharynx können ein erhebliches Intubationshindernis darstellen: Wucherungen ermöglichen keine oder nur eingeschränkte Sicht auf die Glottis oder Verlegen den Eingang, vulnerables Tumorgewebe führt bei leichtester Berührung zu Blutungen und/oder Larynx oder Trachea sind ummauert mit Lumeneinengung (zum Vorgehen Kap. „Anästhesie in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde“).

Unterer Luftweg

Der untere Luftweg besteht aus Trachea, Bronchien und Alveolen. Die Verzweigungen des Tracheobronchialbaums werden in Generationen eingeteilt (Tab. 3).
Tab. 3
Aufteilung und Dimensionen der Atemwege. (Angaben sind Durchschnittswerte. Nach: [26, 44])
Atemwege
Generation
Durchmesser [mm]
Länge [mm]
Summe der Querschnittsfläche [cm2]
Zahl
Trachea
0
22–15
120–100
3
1
Hauptbronchien
1
15–10
50–30
 
2
Lappenbronchien
2
8–7
25–15
<3!!
5
Segmentbronchien
3
6–5
15–10
6
8
Subsegmentbronchien
4
5–4
10–8
10
16
Kleine Bronchien
5–11
4–1
6–3
 
32–2000
Bronchioli
12–13
1–0,7
3–2
75
4 × 104
Terminale Bronchioli
14–14
0,7
2–1,5
85
16 × 104
Respiratorische Bronchioli
15–18
0,4
1,5–0,9
390
0,3–2,6 × 105
Alveolargänge
19–22
0,3
0,9–0,7
 
3 × 106
Alveolarsack und Alveolen
23
0,4–0,2
0,7–0,5
100–140 m2
8 × 106
Da der Gesamtdurchmesser der Tochterzweige größer ist als der eines Mutterzweigs vor der Aufteilung, nimmt die Gesamtquerschnittsfläche der Atemwege von der Trachea bis zur Peripherie hin zu und der Atemwegswiderstand ab. Die geringste Querschnittsfläche besteht bei der 3. Generation (Abb. 5).

Trachea

Die Trachea verläuft intrathorakal durch das obere Mediastinum bis zur Bifurkation, die sich in Höhe des 4–5. Brustwirbels befindet. Hier teilt sich die Trachea in den rechten und linken Hauptbronchus.
Die Trachea besteht aus 16–20 hufeisenförmigen hyalinen Knorpelspangen, die durch Bandstrukturen verbunden sind und in der Hinterwand bindegewebig und muskulär verschlossen werden.
Die membranöse Hinterwand, Pars membranacea, liegt dem Ösophagus an und ermöglicht durch ihre leicht zu identifizierende Längsstreifung die Orientierung in ventral und dorsal bei der Bronchoskopie (Abb. 3).
3-teilige Wandschichtung
  • Adventitia, ein lockeres Bindegewebe, ermöglicht die Verschiebung der Luftröhre bei In- und Exspiration gegen die umgebenden Organe
  • Tunica fibrocartilaginea setzt sich zusammen aus:
    • Trachealknorpeln
    • Ligg. anularia
    • M. trachealis
Die Längsverspannung der kollagenen und elastischen Fasern des Bindegewebes hält die Luftröhre offen.
  • Das respiratorische Epithel besteht aus einem 2-reihigen, zilientragenden Flimmerepithel mit seromukösen Zellen (Becherzellen) sowie vereinzelten, endokrinen Zellen (Abb. 4).
Die Schleimhaut ist sehr vulnerabel, bereits geringe Druckschädigungen (z. B. durch Tubuscuff, Tracheotomie) können zu Nekrosen und Tracheomalazie (Aufweichung der mechanischen Stabilität der Trachealwand) führen. Toxische Schäden (Inhalationstrauma, Aspiration) und Entzündungen können ödematöse Schwellungen bewirken. Atemmechanisch relevante Stenosen können bei narbiger Abheilung entstehen, dies erfordert operative Interventionen (plastisch-rekonstruktive Trachealerweiterung, Stenteinlage). Von außen können im Halsbereich Struma, Zysten oder Tumoren und intrathorakal Mediastinal- und Bronchialtumoren die Trachea komprimieren.
Innervation und Gefäßversorgung
Die Gefäßversorgung der Trachea erfolgt über Äste aus der A. thyroidea inferior, die Innervation vom N. vagus über Äste des N. laryngeus recurrens und direkte Äste.

Lungen und Bronchialbaum

Bindegewebssepten unterteilen die Lungen in Lappen, Segmente, Läppchen und Azini (Tab. 3; Abb. 6). Die linke Lunge ist in Ober- und Unterlappen, die rechte in Ober-, Mittel- und Unterlappen unterteilt. Die bindegewebig miteinander verbundenen Strukturen der Lunge werden von der Pleura visceralis überzogen. Jede Lunge liegt in einer Pleurahöhle und füllt ihren Teil des Brustkorbs vollständig aus. Bronchien, Blutgefäße, Lymphgefäße und Nerven treten im Lungenhilus ein und aus.
Bronchialbaum
An der Trachealbifurkation ragt ein sagittaler Sporn, die Carina tracheae, nach oben.
Charakteristika der Hauptbronchien
  • Die Hauptbronchien sind asymmetrisch ausgeführt, Wand- und Schleimhautaufbau entsprechen dem der Trachea
  • Linker Hauptbronchus: 4,5–5 cm lang, Durchmesser ca. 12,5 mm, Abwinkelung zur Trachea mindestens 35°
  • Rechter Hauptbronchus: 1–2,5 cm lang, Durchmesser ca. 14 mm. Der Winkel zwischen Trachea und Bronchus beträgt nur ca. 22°
Inhalierte Fremdkörper oder ein zu tief eingeführter Tubus erreichen eher den rechten Hauptbronchus.
Zentrale Lymphome u. a. Tumoren können durch ihre mediastinale Masse zu noch größeren Abwinkelungen und Verziehungen führen und erfordern ein differenziertes Einleitungsregime (Kap. „Anästhesie in der Thoraxchirurgie“).
Aufteilung der Hauptbronchien in den Lungenlappen
  • Rechts in 3 Lappenbronchien, aus denen insgesamt 10 Segmentbronchien hervorgehen, 1–3 im Oberlappen, 4–5 im Mittellappen und 6–10 m Unterlappen
  • Links in 2 Lappenbronchien, aus denen ebenfalls 10 Segmentbronchien hervorgehen, 1–5 im Oberlappen, 6 und 8–10 m Unterlappen (7+8 bilden ein Segment; Abb. 6)
Der Abgang des rechten Oberlappenbronchus ist steil und bereits kurz hinter der Bifurkation lokalisiert, wohingegen der linke Oberlappenbronchus erst nach ca. 2–3 cm im Hauptbronchus abzweigt. Ein Doppellumentubus zur seitengetrennten Ventilation wird meist in den linken Bronchus eingelegt, weil dadurch eine unabsichtliche Obstruktion des Oberlappenbronchus anatomisch unwahrscheinlicher ist. (Ein kostenloser, webbasierter Bronchoskopiesimulator der Universität Toronto ist unter www.thoracic-anesthesia.com abrufbar.)
Jeder Segmentbronchus teilt sich in 2 variable Subsegmentbronchien. In den Subsegmenten erfolgt die weitere dichotome Aufteilung in die kleinen Bronchien, auf die schließlich die Bronchiolen, die Bronchioli terminales und Bronchioli respiratorii folgen.
Der Wand- und Schleimhautaufbau in den großen Bronchien entspricht weitgehend dem in der Trachea. Eine Veränderung beginnt allmählich in den Subsegmentbronchien. Die Knorpel werden plättchenförmig, die äußere Tunica adventitia führt zunehmend elastische Fasern. Die Höhe des respiratorischen Flimmerepithels nimmt ab. Unter der Schleimhaut befindet sich ein Ringmuskelschlauch aus glatter Muskulatur, durch dessen Kontraktion das Lumen der kleinen Bronchien und Bronchiolen verkleinert wird. Die Wand der Bronchioli terminales und respiratorii ist knorpelfrei und wird durch elastische Fasern offengehalten.
Erkrankungen des Bronchialtrakts
Die häufigsten Erkrankungen des Bronchialtrakts sind entzündlicher Art. Eine Tracheobronchitis ist meist akut und äußert sich in trockenem, bellendem Husten und hohem Fieber. Bei der eitrigen Bronchitis kommt grün-gelb stinkender Auswurf hinzu. Chronische Verlaufsformen und Raucherhusten sind durch eher weißlichen Auswurf, ein alveoläres Ödem durch klares bis lachsfarbenes, schaumiges Sekret gekennzeichnet. Beim Emphysem kann es zur schwallartigen Produktion von Sputum kommen („mundvoll Sputum“).
Cave
Bei allen akuten Entzündungen ist mit einer Hyperreagibilität des Bronchialsystems und Bronchospasmus während der Narkose zu rechnen.
Bedingt durch die anästhesie- und eingriffsbedingte Immunsuppression ist eine pneumonische Exarzerbation möglich. Elektiveingriffe sollten daher möglichst verschoben werden.
Bronchiale Fisteln zu Ösophagus, Trachea und Lunge sind seltene Erkrankungen. Sie gehen mit einer erhöhten Pneumonierate einher.
Bronchialkarzinome werden meistens entdeckt und operativ versorgt, bevor sie zu Totalobstruktion, Fistelung oder Einbrüchen von Gefäßen ins Bronchialsystem führen. Das anästhesiologische Vorgehen wird Kap. „Anästhesie in der Thoraxchirurgie“ beschrieben.
Feinbau der Lunge
Bronchioli terminales und Azini
Aus den Bronchioli terminales gehen die Endaufzweigungen der Lunge, Azini, hervor. Ein Azinus umfasst 2 × 103 bis 10 × 103 Alveolen. Die weitere Aufteilung führt über die Bronchioli respiratorii zu den Ductus alveolares, deren Wand aus Alveolen besteht und die im Saccus alveolaris enden. An einem Bronchiolus terminalis hängen ca. 200 Alveolen. Die gesamte Oberfläche beider Lungen beträgt bei ca. 300 × 106 Alveolen etwa 100–140 m2, abhängig von Körpergröße, Geschlecht, Alter und Trainingszustand. Im Gegensatz dazu besitzt eine einzelne Blase mit dem gleichen Volumen von ca. 4 l eine Oberfläche von nur 0,01 m2.
Zwischen den Alveolen gibt es Fenestrierungen, die Kohn-Poren, die neben der dichotomen eine kollaterale Ventilation ermöglichen. Direkte Verbindungen gibt es auch zwischen den kleinen Bronchioli und nebeneinander liegenden Acini (Abb. 7).
Alveolen
Die Alveolen besitzen eine eher polyedrische als sphärische Form, die durch die Oberflächenspannungen an der Luft-Flüssigkeits-Grenze und die elastischen Fasern bedingt sind. Die Wände der Alveolen, die Interalveolarsepten, stellen die Blut-Luft-Schranke dar, sind nur ca. 0,3–2 μm dünn und bestehen aus den Strukturen Alveolarepithel, Bindegewebsseptum und Kapillarendothel (Abb. 8).
Alveolarepithel
Das Alveolarepithel kleidet die Alveolen vollständig aus und wird von 2 Epithelzelltypen gebildet.
Alveolarepithelzelltypen
  • Alveolarepithelzellen Typ I (Pneumozyten Typ I) sind kleine und stellenweise bis zu weniger als 0,1 μm dünne Platten, die der Basallamina aufsitzen. Sie bedecken zu 90 % die Oberfläche der Alveolarsepten. Ein Teil der Zellfortsätze gelangt durch Löcher der Bindegewebsschicht auf die andere Seite und bildet dort auch eine Epithelschicht. Die Fortsätze dieser Alveolarepithelzellen bilden interzelluläre Verbindungsstellen mit Verschmelzung der jeweils äußersten Schichten der Zellmembranen (tight junctions) und stellen auf diese Weise eine Permeationsschranke zwischen Alveolarlumen und interstitiellem Raum dar.
  • Alveolarepithelzellen Typ II (Pneumozyten Typ II) sind fortsatzlose Zellen, die vereinzelt zwischen den Typ-I-Zellen liegen. Sie produzieren das Protein Surfactant, das die Oberflächenspannung der Lunge herabsetzt und dadurch den exspiratorischen Kollaps der Alveolen und terminalen Bronchien verhindert (Abschn. 4.5). Die Surfactantbildung erfolgt während der fetalen Lungenreifung ab der 35. SSW und ermöglicht die Entfaltung der noch vollständig kollabierten Lunge bei der Geburt. Alveolarepithelzellen Typ II bilden auch neue Typ-I-Zellen, die selbst nicht teilungsfähig sind.
Alveoläres Kapillarnetz
Das lückenlose, einschichtige Endothel des alveolären Kapillarnetzes reiht sich auf einer Basallamina auf, die teilweise mit derjenigen des Alveolarepithels verschmilzt. Das Kapillarnetz ist so dicht verwoben, dass das Kapillarbett auch als von Pfosten durchbrochener Raum, ähnlich einer Tiefgarage, betrachtet werden kann (Abb. 9).
Weil die Kapillaren extrem dünn und gerade so groß sind, dass die Erythrozyten hindurchpassen (10 μm), können sie leicht beschädigt werden, z. B. bei erhöhten vaskulären Drücken oder stark gedehnter Lunge („ventilator induced lung injury“, VILI). Hierbei kommt es zu ultrastrukturellen Schädigungen der Gefäßwand mit Übertritt von Plasma und Erythrozyten in das Interstitium und den Alveolarraum.
Alveolarsepten
Das Bindegewebsseptum besteht aus kollagenen und retikulären Bindegewebsfasern und einem elastischen Fasernetz, das die Fortsetzung des Fasersystems der Bronchiolenwände ist. Dadurch sind die Alveolarsepten zwischen Bronchialbaum und Lungenoberfläche elastisch aufgespannt. Diese Fasern liegen in einer dünnen Schicht von Grundsubstanz zusammen mit Fibroblasten, Makrophagen, Mastzellen und Leukozyten und bilden den interstitiellen Raum.
Erkrankungen im alveolären Bereich
Erkrankungen im alveolären Bereich (Abschn. 4.5) sind immer mit einer respiratorischen Insuffizienz vergesellschaftet (Abb. 10; [42]). Abhängig vom Schweregrad besteht die Notwendigkeit zur maschinellen Beatmung.
Innervation der Lunge
Die Lunge ist über efferente Nervenfasern aus dem sympathischen Grenzstrang, 2., 3. und 4. Ganglion des Truncus sympathicus und aus dem parasympathischen N. vagus innerviert. Sie bilden zusammen den Plexus pulmonalis. Die Äste des N. vagus führen auch afferente Fasern, über die Reize von den Dehnungsrezeptoren aus Trachea, Bronchien, Bronchiolen und Pleura zu den Atemzentren in der Medulla oblongata gelangen [22, 27].
Gefäßversorgung der Lunge
Das Gefäßsystem der Lunge und des Bronchialbaums besteht aus den Vasa publica und den Vasa privata (Abschn. 2.2).
Die Vasa publica werden als Lungenkreislauf oder kleiner Kreislauf bezeichnet und teilen sich in die Pulmonalarterien mit ihren Ästen, das alveoläre Kapillarnetz und die Vv. pulmonales.
Die Vasa privata versorgen den überwiegenden Anteil des Bronchialbaums und der Lunge mit den Rr. bronchiales und Vv. bronchiales.

Physiologie

Ventilation

Atemmuskulatur

Das Diaphragma ist ein Muskel mit einer Oberfläche bis zu 900 cm2 bei Erwachsenen. Seine Fasern können sich bis zu 40 % verkürzen. Es leistet mit 75 % den Hauptanteil an der Atemarbeit. Zur Inspiration kontrahiert sich das Diaphragma und generiert einen Unterdruck durch Tiefertreten um ca. 10–12 cm und durch eine Abflachung der Zwerchfelldome. Das Diaphragma wird vom N. phrenicus (C3–5; Merke: „C three-four-five, keeps diaphragma alive“) innerviert. Weitere inspiratorische Atemmuskeln sind die M. intercostales externi.
Die Exspiration ist grundsätzlich passiv, unterstützend wirken die M. intercostales interni und die Bauchmuskeln.
Als akzessorische Atemhilfsmuskeln fungieren die Mm. scaleni, die Mm. sternocleidomastoidei und Mm. pectorales major et minor. Bei respiratorischer Insuffizienz und COPD ist die Funktionalität der Atemhilfsmuskulatur beeinträchtigt, es kommt zu einer Tonisierung der Halsmuskulatur und „Nasenflügeln“. Die Effektivität der Atemhilfsmuskulatur kann (meist unbewusst) durch ein Aufstützen der Hände verbessert werden, was eine funktionelle Umkehr von Muskelursprung und -ansatz bewirkt.

Atemregulation

Gesteuert wird die Atmung durch das Atemzentrum. Weil dieses sehr komplexe System über Informationen von Chemorezeptoren, Mechanorezeptoren und Neurotransmittern mindestens 6 respiratorische Neuronengruppen für In- und Exspiration steuert, spricht man auch vom Rhythmusgenerator oder „central pattern generator“ (CPG) .
Die entscheidenden Regelgrößen der Atmung sind die arteriellen Partialdrücke von Kohlensäure (pCO2) und Sauerstoff (pO2).
Chemorezeptoren in der Medulla oblongata bewirken bei einem Anstieg der Wasserstoffionenkonzentration (metabolische Azidose) oder des pCO2 (respiratorische Azidose) im Liquor eine Steigerung der Ventilation. Ihre Empfindlichkeit ist interindividuell unterschiedlich. Die sog. CO2-Antwortkurve verläuft im Mittelbereich überwiegend linear und kann durch Medikamente, hormonale Veränderungen und Erkrankungen verändert sein. Die Steigung der CO2-Antwortkurve hängt dabei von der Sauerstoffspannung ab – je niedriger der pO2, desto ausgeprägter die Atemantriebsteigerung bei Hyperkapnie (Hypoxämie-Booster). Bei chronischer Hyperkapnie (COPD) ist die CO2-Antwortkurve häufig verschoben, so ass die Atemregulation überwiegend über den arteriellen pO2 geregelt wird.
Zusätzlich stimulieren periphere Chemorezeptoren, hauptsächlich im Karotissinus befindliche Glomuszellen Typ I, bei CO2-Anstieg und Hypoxämie das Atemzentrum (Abb. 11; [45]).
Cave
Bei Patienten mit COPD kann eine überhöhte O2-Zufuhr (mit entsprechendem Anstieg des paO2) zur Abschwächung des Atemantriebs führen.
Dehnungsrezeptoren in der Lunge und der Atemmuskulatur steuern die Atmungstiefe. Durch negative Rückkopplung wird bei übergroßer oder überlanger Einatmung die Ausatmung eingeleitet (Hering-Breuer-Reflex).

Lungenvolumina

Als Ventilation bezeichnet man das Volumen, welches pro Zeiteinheit in die Lunge hinein bzw. heraus bewegt wird.
Die folgenden Lungenvolumina sind von klinischer Bedeutung: (Abb. 12).
Atemminutenvolumen
Das Atemminutenvolumen (MV) ist das pro Minute ventilierte Volumen und ergibt sich aus Atemzug- oder Tidalvolumen (VT) und Atemfrequenz (f):
$$ AMV={V}_T\times f $$
Das Tidalvolumen wird als Integral (oder die Fläche unter der Kurve) der Flusskurve (Flow \( \dot{\mathrm{V}} \)) berechnet.
Totalkapazität
Die totale Lungenkapazität (TLC) ist das gesamte Luftvolumen, welches sich nach einer maximalen Inspiration in der Lunge befindet (beim Erwachsenen ca. 6000 ml). Die TLC setzt sich aus der Vitalkapazität (VC) und dem Residualvolumen (RV) zusammen.
Residualvolumen und Vitalkapazität
Das Residualvolumen ist die Luftmenge, die auch nach maximaler Exspiration in der Lunge verbleibt und nicht abgeatmet werden kann (ca. 26 % der TLC). Das Residualvolumen verhindert den totalen Lungenkollaps in der Exspiration. Die Vitalkapazität ist die Luftmenge, die durch aktive Anstrengung maximal bewegt (maximale Exspiration zu maximaler Inspiration) werden kann.
Im Liegen nimmt die Vitalkapazität im Vergleich zum Stehen um etwa 300 ml ab.
Funktionelle Residualkapazität
Die funktionelle Residualkapazität (FRC) ist das Volumen, welches bei Atemruhelage (normale Exspiration) in der Lunge verbleibt, also die Summe aus Residualvolumen und exspiratorischem Reservevolumen (ERV). Beim gesunden, spontan atmenden Individuum entspricht die FRC etwa 50 % der totalen Lungenkapazität und ergibt sich aus den gegensätzlich wirkenden elastischen Rückstellkräften von Lunge und Thoraxwand.
Die FRC wirkt als Puffer und vermindert Schwankungen der alveolären und arteriellen O2- und CO2-Partialdrücke während des Atmungszyklus (Sprechen, Luftanhalten). Eine verminderte FRC bedeutet daher immer eine verminderte Toleranz gegenüber verlängerten Atempausen, wie etwa vor der endotrachealen Intubation.
Unter Normalbedingungen beim gesunden Erwachsenen beträgt die FRC ca. 3000 ml. Bei vollständiger Denitrogenisierung durch adäquate Präoxygenierung und einem O2-Verbrauch von ca. 300 ml/min werden daher etwa 10 min Apnoe ohne Sättigungsabfall vom Patienten toleriert.
In Rückenlage kommt es zu einer Verminderung der FRC um etwa 20 % im Vergleich zur stehenden oder sitzenden Position.
Obstruktive Lungenerkrankungen erhöhen, restriktive Lungenerkrankungen verkleinern das Residualvolumen (und damit die FRC). Die verminderte FRC bei Säuglingen und Schwangeren bedingt den raschen Sättigungsabfall bei Hypoventilation.
Das Residualvolumen (und damit FRC und TLC) kann nicht mittels Spirometrie, sondern nur mit Körperplethysmographie oder mit Fremdgasverdünnungsmethoden (z. B. Stickstoff, Helium, SF 6) bestimmt werden.
Closing Capacity
Die Verschlusskapazität („closing capacity“, CC) entspricht dem Lungenvolumen, bei welchem es während der Exspiration zu beginnendem Alveolarkollaps und Atelektasenbildung kommt.
Die CC steigt mit dem Alter an und übersteigt in liegender Position mit ca. 44 Jahren, in aufrechter mit ca. 66 Jahren, die FRC. Das bedeutet, dass es bei normaler Atmung in Atemmittellage mit zunehmenden Alter vermehrt zum endexspiratorischen Alveolarkollaps und damit zu einer Erniedrigung des arteriellen pO2 kommt (erhöhter Shunt, Abschn. 3.3).
Messung der Gasvolumina
Entsprechend der Gasgesetze ist das Volumen eines Gases von den Umgebungsbedingungen abhängig, die daher bei der Messung angegeben und berücksichtigt werden müssen:
  • ATPS= „ambient temperature pressure saturated“: Übliche Messbedingungen im Beatmungsgerät mit Umgebungsluftdruck, -temperatur und -feuchtigkeit.
  • BTPS= „body temperature ambients pressure saturated“: Messbedingungen in den Luftwegen unter Körpertemperatur und -feuchtigkeit (d. h. größeres Volumen als bei ATPS).
  • STPD= „standard temperature pressure dry“: Gasvolumina im Blut werden in Standardbedingungen (0 °C, trockenes Gas) ausgedrückt (z. B. O2-Aufnahme \( \dot{\mathrm{V}} \)O2).
Zur Umrechnung siehe z. B. [38], vereinfacht gilt zur Umrechnung eines beliebigen Volumens V [18]:
$$ ATPS\, zu\, BTPS:\, V\, \times \, 1,09 $$
$$ ATPS\, zu\, \ STPD:\, \ V\, \times \, 0,89 $$
$$ BTPS\, zu\, \ STPD:\, V\, \times \, 0,81 $$
Beispiel 1
Ein über 1 min aufgefangenes Exspirationsvolumen AMV von 5 l (ATPS) entspricht einem AMVBTPS von 5,45 l.

Ventilation

Alveoläre Ventilation
Als alveoläre Ventilation wird der Teil des Minutenvolumens bezeichnet, der am Gasaustausch teilnimmt und keine Totraumventilation darstellt:
$$ {AMV}_A=f\times \left({V}_T\hbox{-} {V}_D\right) $$
Totraumventilation
Die Totraumventilation (VD) stellt den Anteil der Ventilation dar, der nicht am Gasaustausch teilnimmt. Hierzu gehören der anatomische Totraum (ca. 2 ml/kgKG) in den luftleitenden Atemwegen, und der alvoläre Totraum, der durch die Ventilation nichtperfundierter Gebiete entsteht (Abschn. 3.4). Der anatomische Totraum ist überwiegend konstant und variiert lediglich gering mit Veränderungen im Bronchialmuskeltonus und der Kopfposition.
Der physiologische Totraum als Summe von alveolärem und anatomischem Totraum ist ein funktionelles Maß. Er kann mit der nach Enghoff modifizierten Bohr-Gleichung bestimmt werden:
$$ \frac{{\mathrm{V}}_{\mathrm{D}}}{{\mathrm{V}}_{\mathrm{T}}}=\frac{{\mathrm{p}}_{\mathrm{A}}{\mathrm{CO}}_2-{\mathrm{p}}_{\mathrm{E}}{\mathrm{CO}}_2}{{\mathrm{p}}_{\mathrm{a}}{\mathrm{CO}}_2} $$
\( \frac{{\mathrm{V}}_{\mathrm{D}}}{{\mathrm{V}}_{\mathrm{T}}} \)
Anteil der Totraumventilation an der Gesamtventilation
paCO2
alveolärer CO2-Partialdruck
PECO2
gemischt-exspiratorischer CO2-Partialdruck, wobei bei zu 100 % befeuchteter Atemluft gilt:
$$ {P}_E{CO}_2=\left({p}_B\hbox{-} {p}_{H_2O}\right)\times {F}_E{CO}_2 $$
(Dalton-Gesetz, Abschn. 3.3).
pB
Barometerdruck (= Umgebungsluft)
\( {\mathrm{p}}_{{\mathrm{H}}_2\mathrm{O}} \)
Wassserdampfdruck (47 mmHg bei 37 °C)
FECO2
CO2-Fraktion in der Exspirationsluft (= CO2-Konzentration)
Unter Normalbedingungen sind alveolärer und arterieller CO2-Partialdruck gleich, dann gilt:
Dieses bezeichnet man als den physiologischen Totraumanteil am Atemvolumen. Er beträgt beim Gesunden 20–35 %.
Für die Berechnung des pECO2 wird der mittlere (gemischt-exspiratorische) CO2-Partialdruck verwendet, und nicht der endexspiratorische pCO2, wie er von Kapnometern angegeben wird.
Beispiel 2
Ein gesunder Proband atmet bei Umgebungsluft ca. 4,5 % CO2 ab und hat einen paCO2 von 41 mmHg. Der pECO2 errechnet sich aus (760 mmHg – 47 mmHg) × 0,045 = 32 mmHg,
somit ist
$$ \frac{{\mathrm{V}}_{\mathrm{D}}}{{\mathrm{V}}_{\mathrm{T}}}\, =\, \frac{41-32\ \mathrm{mmHG}}{41\ \mathrm{mmHg}}\, =\, 0,22\, \mathrm{oder}\, 22\%. $$
Bei einem Patienten mit akuter Lungenembolie erklären sich ein paCO2 von 60 mmHg und 4,0 % CO2 in der Expirationsluft durch den Totraum von:
$$ \frac{60-\left(713\times 0,04\right)}{60}=\, 0,53\, =\, 53\%! $$
Verteilung der Ventilation
Die Ventilation verteilt sich in der Lunge in Abhängigkeit von Körperlage, Dehnbarkeit der Kompartimente und dem Inspirationsfluss.
Beim spontanatmenden Gesunden besteht ein vertikaler Gradient zu Gunsten der abhängigen (d. h. unten liegenden) Kompartimente [44]. In aufrechter Position bedeutet das, dass mehr Ventilation in die unteren Lungenabschnitte gelangt (Abb. 13).
Bei höherem Inspirationsfluss (>1,5 l/s) kommt es zu einer Umverteilung der Ventilation mit Bevorzugung der oben liegenden Abschnitte [26]. In aufrechter Position und in Rückenlage erhält die rechte Lunge (53 %) etwas mehr als die linke Lunge.
In Seitenlage, insbesondere bei anästhesierten und beatmeten Patienten, wird die oben liegende Lunge deutlich mehr ventiliert (bis zu 80 % der Ventilation bei thorakotomierten Patienten; [26, 34]). Ursache sind regionale Unterschiede in der Compliance des respiratorischen Systems (Abschn. 3.5), welche durch Beeinflussung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses erhebliche Auswirkungen auf den Gasaustausch (Abschn. 3.3) haben.

Gasaustausch

Grundlagen

In den Alveolen mischt sich die eingeatmete Luft mit dem dort verbliebenen Restgas der vorherigen Atmungszyklen. O2 wird aufgenommen und CO2 abgegeben.
Diffusion
Das pro Zeiteinheit durch ein Gewebe diffundierte Volumen eines Gases ΔVGas wird durch das Fick-Diffusionsgesetz beschrieben:
$$ \varDelta {V}_{Gas}=\frac{\mathrm{A}}{\mathrm{d}}\times \mathrm{D}\times \left({\mathrm{p}}_1-{\mathrm{p}}_2\right) $$
A
Fläche des Gewebestücks
d
Dicke des Gewebestücks
D
Diffusionskonstante
p1–p2
Partialdruckdifferenz
Die Diffusionskonstante ist spezifisch für jedes Gas und Gewebe und direkt proportional zur Löslichkeit des Gases.
Da CO2 bei etwa gleichem Molekulargewicht ca. 24-mal löslicher als O2 ist, diffundiert es ca. 20-mal schneller durch die Alveolarwand.
Diffusion ist ein passiver Vorgang entlang eines Konzentrations- oder Partialdruckgradienten.
Partialdruck
Nach dem Gesetz von Dalton richtet sich der Partialdruck eines Gases in einem Gasgemisch nach seinem fraktionellen Anteil am Gasgemisch und dem Gesamtdruck des Gasgemisches, in dem es sich befindet:
$$ {p}_x=p\times {F}_x\ \left( trockene\ Gase\right), $$
wobei px der Partialdruck eines Gases und Fx der fraktionelle Anteil am Gesamtvolumen (= Konzentration) ist. Unter physiologischen Bedingungen (wasserdampfgesättigt) gilt:
$$ {p}_x=\left({p}_B-{p}_{H_2O}\right)\times {F}_x $$
pB
Umgebungsdruck (760 mmHg auf Meereshöhe)
\( {p}_{H_2O} \)
Wasserdampfdruck (47 mmHg bei 37 °C)
Beispiel 3
In Berlin beträgt unter Normalbedingungen der O2-Partialdruck in der Inspirationsluft in den Atemwegen (BTPS) piO2= (760 mmHg –47 mmHg) × 0,209 = 149 mmHg
Näherungsformel für den klinischen Gebrauch:
$$ {p}_i{O}_2={F}_i{O}_2\left(\%\right)\times 7 $$
Gasaustauschrate
Die Gasaustauschrate ist also proportional zu der Partialdruckdifferenz und umgekehrt proportional zur Gewebedickde zwischen Alveolarluft und den Kapillaren. Wenn Gas und Plasma im Gleichgewicht miteinander stehen, dann müsste der Partialdruck eines Gases in der endkapillären Lungenstrombahn dem in der Alveole gleich sein. Idealerweise wäre damit der alveoläre gleich dem arteriellen pO2.
Unter Raumluft besteht auch bei Lungengesunden eine Differenz von etwa 5–10 mmHg, bei Älteren bis zu 30 mmHg zwischen dem alveolären und arteriellen pO2.
Die als pA-aO2 oder Aa\( \dot{\mathrm{D}} \)O2 bezeichnete alveolo-arterielle pO2-Differenz dient zur Abschätzung der Leistungsfähigkeit des Gasaustauschapparats und wird daher häufig für klinische Morbiditätsscoringsysteme verwendet (z. B. SAPS, APACHE II).
$$ {p}_{A-a}{O}_2={p}_A{O}_2\hbox{-} {p}_a{O}_2 $$
Zur Berechnung benötigt man den alveolären O2-Partialdruck pAO2, der mittels der alveolären Gasgleichung bestimmt werden kann:
$$ {p}_A{O}_2={p}_i{O}_2-\frac{p_A{CO}_2}{R}+\left[{p}_A{CO}_2\times {F}_i{O}_2\times \frac{1-R}{R}\right] $$
Der Ausdruck [ ]
ist ein vernachlässigbar kleiner Korrekturfaktor (ca. 2 mmHg), der für den klinischen Gebrauch unerheblich ist.
R oder RQ = \( \frac{VCO_2}{VO_2} \)
bezeichnet den respiratorischen Quotienten, der das Verhältnis zwischen CO2-Abgabe und O2-Aufnahme darstellt.
Bezogen auf Standardbedingungen STPD beträgt die O2-Aufnahme (V̇O2) eines Erwachsenen in Ruhe 250–300 ml O2/min, die CO2-Abgabe (V̇CO2) ca. 230 ml/min. Hieraus ergibt sich ein RQ von ca. 0,85, d. h. es wird mehr Sauerstoff ins Blut aufgenommen als CO2 abgeatmet wird.
Der RQ ist 1 bei reiner Kohlenhydratverbrennung, 0,8 bei Proteinverbrennung und 0,7 bei Fettverbrennung.
Als weitere Näherung kann aufgrund der schnellen Equilibrierung der pACO2 dem paCO2 gleichgesetzt werden:
$$ {p}_A{O}_2=\frac{p_i{O}_2-{p}_a{CO}_2}{0,85} $$
und somit:
$$ {p}_{A-a}{O}_2=\left[{p}_i{O}_2-\frac{p_A{CO}_2}{0,85}\right]-{p}_a{O}_2 $$
$$ =\, \left[\left({p}_B-{p}_{H_2O}\right)\times {F}_i{O}_2-\frac{p_a{CO}_2}{0,85}\right]-{p}_a{O}_2 $$
Beispiel 4 Der Proband aus Beispiel 3 mit paCO2= 40 mmHg und paO2= 95 mmHg hätte demnach einen pAO2 von 149 mmHg–40 mmHg/0,85 = 102 mmHg und eine pA-aO2= 7 mmHg.
Der absolute Wert der pA-aO2 hängt von der inspiratorischen O2-Konzentration ab.
Der normale Gradient von 5–10 mmHg unter Raumluft steigt mit der FiO2 aufgrund zunehmender Resorptionsatelektasen auf 50–70 mmHg beim Lungengesunden an. Bei konstantem Metabolismus, respiratorischer Austauschrate und vorgegebener inspiratorischer O2-Konzentration bestimmt die alveoläre Ventilation den pAO2. Umgekehrt lässt sich bei bekannter pA-aO2 der zu erwartende paO2 berechnen nach paO2 = pAO2 − pA-aO2.
Ein durch Hypoventilation bedingter Anstieg des paCO2 (>75 mmHg), z. B. im Aufwachraum, bewirkt eine Hypoxie (paO2 <60 mmHg) unter Atmung von Raumluft, aber nicht bei erhöhter inspiratorischer O2-Konzentration.
Beispiel 5 Berechnung A) bei Raumluft: FiO2 = 0,21, paCO2 = 80 mmHg, pA-aO2 = 5 mmHg: Es ergibt sich piO2 = 713 × 0,209 = 149 mmHg, pAO2 = 149–80/0,85 = 55 mmHg, damit ist der zu erwartende paO2 = 55–5 = 50 mmHg.
Berechnung B) unter O2-Gabe und FiO2 = 0,5 ergibt einen piO2 = 713 × 0,5 = 356 mmHg, pAO2 = 356–80/0,85 = 262 mmHg, damit wäre der zu erwartende paO2 = 262–50 = 212 mmHg.

Klinische Anwendung

Atmung in großen Höhen
Der Luftdruck hat direkten Einfluss auf den pAO2. So beträgt z. B. in Denver (ca. 1600 m üNN) wegen des erniedrigten barometrischen Drucks der piO2 (650–47 mmHg) × 0,209 = 126 mmHg, bei den höchsten permanenten menschlichen Siedlungen in ca. 6000 m Höhe (pB = 370 mmHg) 67 mmHg und auf dem Mt. Everest (Höhe 8848 m, pB = 250 mmHg) nur 43 mmHg. Das bedeutet, dass ca. 80 % Sauerstoff nötig sind, um auf dem Mt. Everest einen piO2 wie auf Meereshöhe sicherzustellen (Abb. 14; [16]).
Beispiel 6
Passagierflugzeuge fliegen üblicherweise in 35.000 Fuß (= 10.700 m) Höhe. Bei einem atmosphärischen Druck von 178 mmHg betrüge der piO2 für die Passagiere nur (178–47) × 0,209 = 27 mmHg, entsprechend einer inspiratorischen O2-Konzentration von 3,8 % auf Meereshöhe – eine hypoxische Mischung. Daher wird der Kabinendruck erhöht, bei einem A 320 z. B. auf 607 mmHg entsprechend einer sog. „Kabinenhöhe“ von 1830 m, was den piO2 auf 117 mmHg anhebt und einer FiO2 von 16,5 % auf Meereshöhe gleich kommt.
Die Adaptation in großen Höhen erfolgt hauptsächlich durch Hyperventilation, was eine Absenkung des pACO2 und dadurch Steigerung des paCO2 bewirkt. Darüber hinaus steigt der Hämatokrit, wodurch die O2-Transportkapazität ansteigt – ein von Sportlern gern genutztes, legales Mittel zur Leistungssteigerung (sog. Höhentraining).
Hyperbare Oxygenierung
Aus der alveolären Gasgleichung ergibt sich ebenfalls der maximal erreichbare paO2 im Blut, bei 100 % Sauerstoffatmung, nämlich:
Eine weitere Steigerung zu therapeutischen Zwecken ist nur möglich durch Erhöhung des atmosphärischen Drucks, was in speziellen Druckkammern erreicht werden kann (hyperbare Oxygenierung). Bei 3 atm Druck (entsprechend 20 m Tauchtiefe) werden so O2-Partialdrücke bis 2025 mmHg erreicht.

Blutgasanalyse

Die O2-Aufnahme wird überwiegend durch den pulmonalen Blutfluss und weniger durch die O2-Diffusion bestimmt.
Die O2-Diffussionskapazität DLO2kann durch Ventilations-Perfusions-Störungen, eine ausgeprägte Beschädigung der alveolokapillären Membran oder eine sehr kurze kapilläre Verweildauer beeinträchtigt werden. Daraus ergibt sich, dass körperliche Belastung, die mit einer Steigerung des Herzzeitvolumens einhergeht, insbesondere bei Beeinträchtigung der DLO2 zur Störung der O2-Aufnahme und Zyanose führt.
Physikalisch gelöster Sauerstoff
Nach dem Gasgesetz von Henry ist die Menge eines gelösten Gases proportional zu seinem Partialdruck. Für Sauerstoff sind 0,003 ml O2/100 ml Blut pro mmHg pO2 gelöst, bei einem paO2 von 100 mmHg entsprechend 3 ml O2/l Blut. Bei einem Herzzeitvolumen von 6 l/min ergeben sich 6 × 3 = 18 ml O2, die pro Minute ins Gewebe transportiert würden. Da allerdings schon in Ruhe ca. 200–300 ml O2, während Anstrengung bis zum 10-fachen, benötigt werden, ist klar, dass es noch einen anderen Mechanismus zum O2-Transport geben muss.
Gebundener Sauerstoff
Der Sauerstoff wird im Blut überwiegend an Hämoglobin (Hb) gebunden transportiert. Ein g Hb kann theoretisch 1,39 ml O2 binden (Hüfner-Zahl, andere Angaben mit 1,34–1,36 berücksichtigen das Vorhandensein von Met-Hb und CO-Hb).
Der O2-Gehalt des Bluts ist hauptsächlich von der Menge und dem Anteil oxygenierten Hämoglobins (Oxyhämoglobin, HB-O2) abhängig.
Die Menge des gebundenen Sauerstoffs berechnet sich nach Hb × SO2 × 1,39, die Konzentration im Blut (cO2) aus gebundenem plus gelöstem Sauerstoff, mithin
$$ {\displaystyle \begin{array}{ll}{cO}_2= & \left( Hb\times {SO}_2\times 1,39\right)\\ {} & +\left({pO}_2\times 0,003\right)\ ml\ {O}_2\, pro\, 100\ ml\, Blut.\end{array}} $$
Sauerstoffbindungskurve
Die charakteristische, sigmoide O2-Bindungskurve zeigt die Abhängigkeit der O2-Sättigung (SaO2) vom paO2.
Der flache Kurvenverlauf im Bereich arterieller pO2-Werte von 70–100 mmHg bewirkt, dass die Sättigung auch bei einem Abfall des pO2 um 20–30 mmHg nur geringfügig abnimmt.
Trotz geringer arteriovenöser O2-Gehaltsdifferenz (avDO2 ca. 5 ml O2/100 ml Blut) besteht eine große Differenz zwischen gemischt-venösen und alvelären O2-Partialdrücke. Dies fördert die schnelle pulmonale Aufnahme von Sauerstoff.
Durch den steilen Verlauf im mittleren Teil der O2-Bindungskurve wird in den Geweben die O2-Abgabe durch Abnahme der O2-Sättigung erleichtert, ohne dass der paO2 gleichermaßen stark sinkt. Ein relativ hoher paO2 im Bereich der Kapillaren ist günstig, da dadurch die O2-Partialdruckdifferenz (pO2 Kapillare-Gewebezelle-Mitochondrien: 40–20–2 mmHg) aufrechterhalten wird. Diese erleichtert die Diffusion von Sauerstoff in die Zellen.
Eine Rechtsverschiebung der O2-Bindungskurve bedeutet, dass die Affinität des Sauerstoffs für Hämoglobin reduziert ist, d. h. Sauerstoff kann leichter abgegeben werden. Eine Linksverschiebung hingegen erhöht die O2-Affinität. Sauerstoff kann im Gewebe schlechter abgegeben werden.
Als Maß für eine Lageveränderung der O2-Bindungskurve dient der p50- oder Halbsättigungswert. Der p50 ist der Partialdruck, bei dem das Hb zu 50 % gesättigt ist. Er beträgt bei adultem Hb ca. 26,6 mmHg.
Modifikatoren der O2-Bindungskurve
  • Rechtsverschiebung der O2-Bindungskurve durch pCO2-Anstieg und/oder pH-Abfall über einen vermehrten intraerythrozytären H+-Ionen-Anfall
  • Die Reduktion des Hämoglobins durch die Bindung der Wasserstoffionen setzt die O2-Affinität des Hb herab (Bohr-Effekt)
  • Metabolische Alkalose und erniedrigter pCO2 (Hyperventilation) führen zu einer Linksverschiebung (erhöhte O2-Affinität)
  • 2,3-Diphosphoglycerat (2,3-DPG) fällt bei der anaeroben Glykolyse im Erythrozytenstoffwechsel an. Es setzt die Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff besonders stark herab, indem es sich an die β-Ketten anlagert und den Sauerstoff verdrängt. Die 2,3-DPG-Produktion ist bei chronischer Hypoxie, z. B. bei Aufenthalten in großer Höhe, und bei chronischen Lungenkrankheiten gesteigert. Die alkalosebedingte Linksverschiebung der O2-Bindungskurve kann durch den nachfolgenden Anstieg der 2,3-DPG-Konzentration und die damit verbundene Rechtsverschiebung ausgeglichen werden. Für diese Kompensation sind ca. 24 h nötig. Die klinische Bedeutung dieses Phänomens ist bislang unklar
  • Temperaturerhöhung bewirkt eine Rechtsverschiebung
Ein arbeitender Muskel ist sauer, hyperkapnisch und heiß und profitiert von einer verbesserten O2-Abgabe (Rechtsverschiebung).

Perfusion

Pulmonaler Blutfluss

Das Gefäßsystem der Lunge und des Bronchialbaums besteht aus den Vasa publica und den Vasa privata (Abschn. 2.2).
Die zwischen A. pulmonalis (Vasa publica) und Rr. bronchiales (Vasa privata) bestehen Anastomosen bilden einen anatomischen Rechts-links-Shunt. Das sog. Shuntvolumen ist der Anteil am Herzzeitvolumen (HZV), der nicht am Gasaustausch teilnimmt.
Der Gefäßwiderstand in der Lungenstrombahn ist wesentlich niedriger als im systemischen Kreislauf, daher beträgt bei gleichem Blutfluss (HZV) der mittlere pulmonale Druck nur ca. 1/10 des mittleren systemischen Drucks. Geregelt wird der Blutfluss durch den vaskulären Widerstand, der sich generell nach ΔP/Q berechnet.
Für den Lungenkreislauf wird berechnet:
$$ PVR=\frac{MPAP- PCWP}{CO}\times 80\left[ dyn\ s\times {cm}^{-5}\right] $$
PVR
pulmonary vascular resistance
MPAP
mean pulmonary artery pressure
PCWP
pulmonary capillary wedge pressure
CO
cardiac output
80
Umrechnungsfaktor von der SI-Einheit [mmHg/min]

Regelung der Lungendurchblutung

Pulmonaler Blutfluss
Der pulmonalvaskuläre Widerstand (PVR) gibt nur eine globale Auskunft über das gesamte Gefäßbett der Lunge. Tatsächlich existieren regional verschiedene Widerstände nebeneinander, die mit unterschiedlichen Füllungszuständen der Gefäße korrelieren. Es bestehen daher auch immer nicht perfundierte, d. h. verschlossene Gefäße. Bei erhaltener Autoregulation ist der pulmonale Gefäßwiderstand konstant, d. h. kardial bedingte Druck- und Volumenschwankungen in der pulmonalen Strombahn werden sowohl durch Eröffnung dieser Abschnitte (Rekrutierung) als auch durch Aufweitung bereits offener Abschnitte (Distension) aufgefangen.
Lungenvolumen
Der PVR wird durch das Gasvolumen der Lunge beeinflusst und ist am niedrigsten, wenn das Lungenvolumen der FRC entspricht. Durch weitere Volumenzunahme (Inspiration) kommt es zu einer Dehnung der Alveolen, einer Verringerung der Kapillardurchmesser und damit zu einem exponentiellen Anstieg des PVR. Dieser Mechanismus führt bei Erkrankungen mit chronisch erhöhtem Alveolardruck, z. B. Überblähung bei COPD, zu einer chronischen Erhöhung des PVR und pulmonaler Hypertonie.
Regionale Verteilung
Abhängig vom hydrostatischen Druck gibt es in aufrechter Position einen Druckgradienten von apikal nach basal [46, 47].
Nach dem klassischen Model von West wird die Lunge in 3 Zonen eingeteilt (Abb. 15). Von besonderer klinischer Bedeutung ist dieser Mechanismus beim Auftreten von Ventilations-Perfusions-Störungen (s. unten).
Neuere Konzepte auf der Basis hochauflösender Perfusionsmessungen legen die Annahme einer fraktalen Durchblutung der Lunge zugrunde. Die von Mandelbrot 1983 eingeführte fraktale Geometrie der Natur, also selbstwiederholende Struktur in immer kleineren Dimensionen, lässt sich auch auf das Geäst der pulmonalen Gefäße anwenden – mit Variationen der Perfusion an jeder Bifurkation und damit jeder Dimension [16]. Ein so hochkomplexes Modell der Heterogenität der Durchblutung hat eine weniger lineare Korrelation zwischen Schwerkraftgradient und Perfusion dargestellt [24].
So konnte auch in Zone 1 nach West eine Durchblutung gemessen werden, und teilweise stellte sich eine verminderte Perfusion in den abhängigen Partien der Lunge dar. Dieser Effekt war nach experimenteller Induktion eines Lungenversagens reversibel und die Verteilung der Perfusion entsprach den vorhergesagten Werten anhand des West-Modells [23].
Physiologische Reflexe
Der Euler-Liljestrand-Reflex (hypoxische pulmonale Vasokonstriktion = HPV) bewirkt eine Drosselung der Durchblutung in hypoxischen, d. h. schlecht oder nicht ventilierten Bereichen, wodurch der Blutfluss in besser ventilierte Bereiche umverteilt wird.
Die HPV ist ein protektiver Mechanismus beim Ausfall großer, nichtventilierter Bereiche, z. B. bei pneumonischer Konsolidierung, Atelektasen oder der Ein-Lungen-Ventilation.
Pharmakochemische Regulation
Der pulmonale Gefäßtonus unterliegt einer Reihe von körpereigenen Hormonen (Tab. 4). Die Wirkung wird über Endothel oder Gefäßmuskeln vermittelt. Therapeutisch lassen sich einige dieser Substanzen zur Senkung des PVR einsetzen. Besonders geeignet sind inhalierbare Substanzen, die pulmonalvaskulär wirken aber nur eine geringe systemische Wirkung besitzen (z. B. NO, Prostazyklin; Kap. „Kardiogene Kreislaufinsuffizienz“; [11]).
Tab. 4
Effekte verschiedener Substanzen auf den pulmonalen Gefässtonus. (Nach: [10, 26])
Vasodilatation
Variabel
Vasokonstriktion
Adrenalin
Noradrenalin
Dopamin
Acetylcholin
Endothelin
Angiotensin
Adenosin
Bradykinin
ATP
 
  
Prostazyklin
  
  

Ventilations-Perfusions-Verhältnis

Grundlagen

Die Verweildauer eines Erythrozyten im alveolären Kapillarbett (kapilläre Transitzeit) beträgt normalerweise ca. 0,75 s. Wird das HZV gesteigert, verkürzt sich die Transitzeit auf bis zu 300 ms. Ist die Diffusionskapazität der alveokapillären Membran normal, reicht das für eine vollständige Äquilibrierung zwischen alveolärem und endkapillärem pO2. Im idealen Lungenmodell müsste daher der arterielle dem alveolären pO2 entsprechen. Allerdings ist ein Teil des HZV, die Shuntfraktion, nicht am Gasaustausch beteiligt, und die Beimischung von gemischt-venösem Blut senkt den arteriellen pO2 ab. Das Ausmaß des Shunts ist für die Schwere der Oxygenierungsstörung verantwortlich.
Die venöse Beimischung ist Ausdruck des physiologischen Shunts, der sich aus einem anatomischen und einem funktionellen Shuntanteil zusammensetzt. Der anatomische Shunt entsteht durch direkte Recht-links-Verbindungen unter Umgehung des Lungenkreislaufs (s. o.). Dazu zählen physiologischerweise die Vv. bronchiales und Vv. thebesii, die das Blut aus den Koronargefäßen direkt in den linken Vorhof drainieren. Pathophysiologisch führen intrapulmonale arteriovenöse Fisteln und intrakardiale Septumdefekte ebenfalls zu einer Erhöhung des Shunts und damit zu einer Oxygenierungsstörung (zyanotisches Herzvitium).
Der funktionelle Shunt bezeichnet den Anteil des HZV, der auf kapillärer Ebene durch nichtventilierte Lungenareale fließt. Je höher der Shunt, desto ausgeprägter das Ventilations-Perfusions-(V̇A/Q̇)-Missverhältnis.
Berechnung des Shunts
Wenn \( {\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{t}} \) der Gesamtblutfluss (= HZV), \( {\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{c}} \) der kapilläre und \( {\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{s}} \) der Shuntfluss ist, dann gilt:
$$ {\dot{Q}}_c+{\dot{Q}}_s={\dot{Q}}_t $$
Analog zur Bohr-Gleichung (Berechnung des Totraums, s. o.) legt die Shunt-Gleichung zugrunde, dass die transportierte Menge Sauerstoff pro Minute im arteriellen Blut gleich der Summe der transportierten Mengen an Sauerstoff in Kapillarblut und Shunt ist (Abb. 16). Da die transportierte Menge Sauerstoff pro Minute das Produkt aus O2-Gehalt und Blutfluss ist, gilt
$$ {C}_c{O}_2\times {\dot{Q}}_c+{C}_v{O}_2\times {\dot{Q}}_s={C}_a{O}_2\times {\dot{Q}}_t $$
oder durch Umformen:
$$ \frac{{\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{s}}}{{\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{t}}}=\frac{{\mathrm{C}}_{\mathrm{c}}{\mathrm{O}}_2-{\mathrm{C}}_{\mathrm{a}}{\mathrm{O}}_2}{{\mathrm{C}}_{\mathrm{c}}{\mathrm{O}}_2-{\mathrm{C}}_{\mathrm{v}}{\mathrm{O}}_2} $$
\( {\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{s}} \)/ \( {\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{t}} \) bezeichnet den Anteil des Shuntvolumens am HZV, welcher beim Gesunden ca. 3–5 % beträgt. (C bezeichnet den O2-Gehalt, zur Berechnung Abschn. 3.3). Da der kapilläre pcO2 klinisch nicht leicht gemessen werden kann, wird der alveoläre pAO2 in die Formel zur Berechnung des CcO2 eingesetzt und die ScO2 100 % gleichgesetzt. Das Ergebnis wird um so genauer, desto höher die inspiratorische O2-Konzentration ist. Daher gilt als Näherung für den klinischen Gebrauch bei einer FiO2 von 1,0 oder paO2 >150 mmHg die Formel:
$$ \, \frac{{\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{s}}}{{\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{t}}}=\frac{\left( Hb\times 1,39+{p}_a{O}_2\times 0,003\right)-\left( Hb\times 1,39\times {S}_a{O}_2+{p}_a{O}_2\times 0,003\right)}{\left( Hb\times 1,39+{p}_a{O}_2\times 0,003\right)-\left( Hb\times 1,39\times {S}_{\overline{v}}{O}_2+{p}_{\overline{v}}{O}_2\times 0,003\right)} $$
Zur klinischen Abschätzung des Shunts eignen sich Normogramme (z. B. nach Nunn [26]; Abb. 17), oder als Näherungsformel:
$$ \frac{{\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{s}}}{{\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{t}}}\left(\%\right)=\frac{p_{A-a}{O}_2}{20} $$
Die Zunahme des pA-aO2 mit steigender inspiratorischer O2-Konzentration beruht auf der Bildung von Resorptionsatelektasen und dadurch Zunahme des \( {\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{s}} \)/ \( {\dot{\mathrm{Q}}}_{\mathrm{t}} \).

Ventilations-Perfusions-Störungen

In einem idealen Lungenmodell wäre das Verhältnis zwischen Ventilation und Perfusion (\( {\dot{\mathrm{V}}}_{\mathrm{A}}/\dot{\mathrm{Q}} \)) 1,0. Aufgrund der oben beschriebenen Mechanismen ist das Gesamtverhältnis auch beim Gesunden nur ca. 0,93.
Ventilations-Perfusions-Gleichung:
$$ \frac{{\dot{V}}_a}{\dot{Q}}=8,63R\frac{C_a{O}_2-{C}_{\overline{v}}{O}_2}{p_A{CO}_2} $$
R
respiratorischer Quotient
Es gibt regional stark unterschiedliche Werte, die von \( {\dot{\mathrm{V}}}_{\mathrm{A}}/\dot{\mathrm{Q}} \) = 0 (Shunt) bis \( {\dot{\mathrm{V}}}_{\mathrm{A}}/\dot{\mathrm{Q}} \) = unendlich (Totraum) reichen. Die Verteilung entspricht bei Gesunden einer Normalverteilung (Abb. 18).
Der Hauptanteil von Ventilation und Perfusion befindet sich rund um 1, d. h. überwiegend bei einem ausgeglichenen \( {\dot{\mathrm{V}}}_{\mathrm{A}}/\dot{\mathrm{Q}} \)-Verhältnis. Die Abweichungen ergeben sich durch die unterschiedlichen Gradienten bei der Verteilung der Ventilation und Perfusion von apikal nach basal.
Besonders ausgeprägt ist das \( {\dot{\mathrm{V}}}_{\mathrm{A}}/\dot{\mathrm{Q}} \)-Mißverhältnis beim ARDS. Dabei kommt es in den untenliegenden, den sog. abhängigen Lungenabschnitten mit Zunahme des hydrostatischen Drucks zu einer Minderbelüftung bis hin zu Atelektasen. Die obenliegenden, nichtabhängigen Abschnitte werden stärker ventiliert, es kommt also zu einer Umverteilung der Ventilation von unten nach oben [33]. Die weiterhin vermehrt durch die abhängigen Abschnitte geleitete Durchblutung bewirkt einen erhöhten Shuntanteil (Abb. 19). In den nichtabhängigen Abschnitten hingegen werden die gutventilierten Alveolen kaum oder gar nicht perfundiert (Totraumventilation). Im Extremfall haben Ventilation und Perfusion ihre Maxima bei unterschiedlichen Werten, sodass eine 2-gipfelige Kurve entsteht (Abb. 18; [33]).
Das Ventilations-Perfusions-Missverhältnis ist der Hauptmechanismus für die schwere Oxygenierungsstörung beim ARDS, die daher auch durch Erhöhung der FiO2 nur kaum verbessert werden kann.

Atemmechanik

Lungendehnbarkeit und elastische Retraktionskräfte

Elastance
Unter Spontanatmung wird bei der Inspiration durch die Vergrößerung des Thoraxraumes eine Druckdifferenz (ΔP) zwischen Alveolarraum und Umgebungsluft erzeugt. Unter Beatmung wird dieses ΔP, klinisch auch als „driving pressure“ bezeichnet, durch positiven Beatmungsdruck erzeugt. Die Exspiration hingegen erfolgt passiv durch die elastischen Retraktionskräfte von Lunge und Thorax (Abb. 20). Die Elastance bezeichnet den Druckunterschied, der notwendig ist, eine bestimmte Volumenänderung zu bewirken, also:
$$ E=\frac{\Delta P}{\Delta V} $$
Aufgeteilt für die elastischen Kräfte von Lunge (EL) und Thoraxwand (EW) ergibt sich für die Elastance des respiratorischen Systems (ERS):
$$ {E}_{RS}={E}_L+{E}_W $$
Transpulmonaler und transmuraler Druck
Bei der Spontanatmung generieren Zwerchfell und Thoraxwand einen subatmosphärischen Druck im Pleuraspalt ppl, der aufgrund des Gewichts der Lunge basal weniger negativ ist als apikal. Da ppl klinisch nicht gemessen werden kann, wird stattdessen der Ösophagusdruck poes ermittelt, der im unteren Drittel dem Druck im Pleuraspalt entspricht. Der Atemwegsdruck paw ist der Druck in der Trachea. Er entspricht bei Spontanatmung und offener Glottis dem Atmosphärendruck, bei Beatmung dem inspiratorischen Plateaudruck (Kap. „Lungenphysiologie und Beatmung in Narkose“).
Der transpulmonale Druck pTP stellt die Druckdifferenz zwischen Trachea und Pleura dar und ist der effektiv treibende Druck bei der Atmung. Neuere Studien legen nahe, dass bei der Beatmung von Patienten mit ARDS der pTP zur Optimierung der Beatmungsparameter hilfreich ist. Es gilt:
$$ {p}_{TP}={p}_{aw}\hbox{-} {p}_{pl} $$
Beispiel 7
Spontanatmung ptp = 0 – (–5) = 5 cmH2O. Überdruckbeatmung (IPPV) ptp = 25 – 0 = 25 cmH2O.
Der transmurale Druck ptm ist die Druckdifferenz zwischen dem Druck im Pleuraspalt und dem Atmosphärendruck und spiegelt die Retraktionskraft des Thorax wider.
In Atemruhelage ist die Summe aus transpulmonalem und transmuralem Druck 0, d. h. die Retraktionskraft der Lunge wird durch die Retraktionskraft des Thorax kompensiert (Abb. 20).
Compliance
Klinisch wird häufig der reziproke Wert der Elastance, die Dehnbarkeit oder Compliance: C = 1/E angegeben. Je besser die Dehnbarkeit des respiratorischen Systems, desto leichter, d. h. mit weniger Druckaufwand, lässt sich eine Volumenänderung erreichen.
Analog gilt:
$$ C=\frac{\Delta V}{\Delta P} und\frac{1}{C_{RS}}=\frac{1}{C_L}+\frac{1}{C_W} $$
Die in der Physiologie gebräuchliche SI-Einheit l/kPa hat sich in der Klinik nicht durchgesetzt, stattdessen werden ml/cmH2O verwendet, wobei 1 cmH2O ≈ 1 mbar. Umrechnungsfaktor: 1 l/kPa ≈ 100 ml/mbar.
Die Compliance des respiratorischen Systems (CRS) beträgt bei Erwachsenen normalerweise 85–100 ml/cmH2O; die Thoraxwandcompliance CW (Norm: 200–250 ml/cmH2O) ist dabei wesentlich höher als die Lungencompliance CL (Norm: 150–200 ml/cmH2O). Das heißt, bestimmend für die Dehnbarkeit des respiratorischen Systems und damit für den notwendigen Kraftaufwand bei der Inspiration ist hauptsächlich die Lunge; die Compliance der Thoraxwand ist vernachlässigbar, es sei denn, dass sie durch pathologische Veränderungen stark abnimmt.
Sowohl Veränderungen der Lungendehnbarkeit (Pneumonie, ARDS, Fibrose, Erguss), als auch der Thoraxwandcompliance (Sepsis, erhöhter intraperitonealer Druck, Skoliose) führen zu Veränderungen der Lungenmechanik mit unterschiedlichen therapeutischen Konsequenzen [32].
Oberflächenspannung
Die elastischen Retraktionskräfte der Lunge beruhen nicht primär auf der Kraft der gedehnten elastischen Fasern, sondern auf der Oberflächenspannung an der Grenzschicht Gas–Flüssigkeit.
Die Grenzfläche hat das Bestreben, sich zu verkleinern (energetisch günstigster Zustand). Der Druck ist daher innerhalb der Gasblase größer als außerhalb. Alveolen verhalten sich in dieser Hinsicht ähnlich wie Bläschen. Die Druckverhältnisse in einer Gasblase werden durch das Laplace-Gesetz beschrieben:
$$ p=\frac{2\upsigma}{r} $$
p
Druck in kPa
σ
Oberflächenspannung in dyn×cm–1
r
Radius in cm
Demnach ist der Druck in einer Gasblase direkt proportional zur Oberflächenspannung und umgekehrt proportional zu seinem Radius. Bei 2 verschieden großen, nebeneinander liegenden Alveolen, wird sich die kleinere in die größere entleeren und somit zum Totalkollaps der kleineren Alveole führen (Abb. 21).
Der Kollaps wird nur durch Surfactant verhindert, eine komplexe Mischung aus Lipiden und Proteinen (Abschn. 3.7). Bei Abnahme des Durchmessers steigt reduziert die Zahl der Surfactantmoleküle pro Flächeneinheit und die Oberflächenspannung sinkt. Wie effektiv Surfactant wirkt, wird an 2 Beispielen deutlich:
Beispiel 8
Um einem Luftballon mit 500 ml Luft aufzublasen, benötigt man einen Druck von ca. 30 mbar. Es sind jedoch nur ca. 2–3 mbar nötig, um das gleiche Volumen in eine isolierte Lunge zu applizieren.
Beispiel 9 Abb. 21, [26])
In 2 nebeneinanderliegenden Alveolen x und y, und dem Radius rx = 0,1 und ry = 0,05 und einer σ = 20 dyn/cm würde nach dem Gesetz von LaPlace der Druck px = 2 × 20/0,1 = 0,4 kPa = 4 mbar, und py = 2 × 20/0,05 = 0,8 kPa = 8 mbar betragen. Es käme also zu einer Entleerung der kleinen in die große Alveole. Durch Surfactant wird die Oberflächenspannung s auf ein Viertel reduziert, der py fällt auf 2 × 5/0,05 = 0,2 kPa = 2 mbar. Damit findet ein Fluss von der größeren zur kleineren Alveole statt.
Die Oberflächenspannung ändert sich mit dem Lungenvolumen. Bei Inspiration nimmt mit zunehmender Oberfläche die Dichte der Surfactantmoleküle ab und die Oberflächenspannung steigt. Bei Exspiration sinkt die Oberflächenspannung, da die Surfactantmoleküle dichter zusammenrücken. Bei Verkleinerung der Oberfläche wird Surfactant unter die Oberfläche gebracht und bildet kleine Mizellen. Bei späterer Inspiration ermöglicht die Vergrößerung der Oberfläche, dass die Mizellen an die Oberfläche gelangen.

Gasfluss

Atemwegswiderstand/Resistance
Wenn Gas durch eine Röhre fließt, entsteht eine Druckdifferenz zwischen den Enden, die von Flussmuster und -geschwindigkeit abhängig ist.
Den Widerstand, der dem Fluss damit entgegenwirkt, bezeichnet man als Resistance.
Der Widerstand wird für laminare Strömungen nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz bestimmt:
$$ Fluss\ \dot{V}=\Delta p\frac{\pi {r}^4}{8\upeta \times \mathrm{L}} $$
η
dynamische Viskosität
L
Länge der Röhre
Analog zum Ohm-Gesetz bei elektrischen Widerständen (U = R × I ↔ R = U/I) gilt für die Resistance R:
$$ R=\frac{\Delta p}{\dot{V}}\leftrightarrow R=\frac{8\upeta \times \mathrm{L}}{\pi {r}^4} mbar/l\times {s}^{-1} $$
Eine Halbierung des Durchmessers hat daher eine 16-fache Erhöhung der Resistance zur Folge.
Je geringer die Viskosität eines Gases, desto geringer die Resistance.
Laminare und turbulente Strömung
Ist der Fluss laminar, steigt der Widerstand linear mit dem Fluss. Bei turbulentem Fluss steigt der Widerstand exponentiell. Die gasspezifische Reynolds-Zahl beschreibt das Verhältnis von Durchmesser und Gasfluss und beziffert, ob der Fluss überwiegend laminar oder turbulent ist.
$$ \mathit{\operatorname{Re}}=\frac{DV_p}{\mu } $$
D
Durchmesser
V
Velocity
p
Dichte
μ
Viskosität
Bei Re <2.000 ist der Fluss überwiegend laminar.
Therapeutisch wird dies durch die Anwendung von Heliox genutzt, einem Helium-Sauerstoff-Gemisch mit einer niedrigen Dichte im Vergleich zu Luft-Sauerstoff. Der Fluss ist dadurch überwiegend laminar, wodurch einerseits die Resistance gesenkt, und andererseits Partikel (z. B. vernebelte Mikrotropfen bronchospasmolytisch wirksamer Substanzen) besser transportiert werden.
Verteilung des Atemwegswiderstands
Der größte Teil des Atemwegswiderstands fällt in den oberen Luftwegen und in den ersten 6 Generationen des Tracheobronchialbaums mit einem Durchmesser von >2 mm an (überwiegend turbulenter Fluss), bei Nasenatmung verursacht der Nasen-/Epipharynxbereich den größten Widerstand. Bei Luftatmung wird mit der weiteren Aufzweigung der Fluss zunehmend laminar, wodurch der Wiederstand gesenkt und die Ventilation bis in die Alveolaren erleichtert wird (Abb. 5).
Der Atemwegswiderstand der Lunge ist vom Lungenvolumen abhängig und nimmt mit zunehmendem Volumen ab.
Zur Inspiration muss also noch ein zusätzlicher, die Resistance überwindender Druck aufgebracht werden. Von klinischer Bedeutung ist das bei der Bestimmung von Druck-Volumen-Beziehungen und bei der Beatmungstherapie.
Flusslimitierung
Durch die anatomischen Eigenschaften der Atemwegswiderstände ergibt sich auch beim Gesunden eine exspiratorische Flusslimitierung, d. h., auch eine Erhöhung des exspiratorischen Drucks führt nicht zu einer weiteren Steigerung des Ausatemflusses. Sobald ein kritischer Wert erreicht wird, ist der resultierende Atemwegswiderstand so hoch, dass der intrathorakale Druck zur Überwindung des Widerstands zum Kollaps des Atemwegs führt. Dies ist ein exspiratorisches Phänomen, welches durch Kompression der Bronchioli von außen hervorgerufen wird.
Demgegenüber besteht in der Regel kein Problem während der Inspiration, da dann der Druck innerhalb der Atemwege erhöht ist und diese dadurch aufhält.
Diese Flusslimitierung wird klinisch insbesondere bei Verengung der kleinen Atemwege (Bronchokonstriktion bei COPD) relevant. Klinisch imponiert die Bronchokonstriktion mit verlängertem Exspirium, um bei verringertem Exspirationsfluss die vollständige Ausatmung zu ermöglichen.

Druck-Volumen-Beziehungen

Spontanatmung
In Atemruhelage wirken die Retraktionskraft der Lunge und des Thorax entgegengesetzt, wodurch ein Unterdruck im Pleuraspalt entsteht.
Zum Blähen der Lunge ist eine Druckdifferenz zwischen Alveolar- und Pleuradruck nötig. Aktive Muskelkraft wirkt auf das entspannte respiratorische System. Die auswärts gerichtete Kraft der Inspirationsmuskeln auf der einen und die Retraktionskraft der Lunge auf der andern Seite bewirken einen verstärkt negativen Pleuradruck und verursachen einen negativen alveolären Druck. Dadurch strömt Luft entlang des Druckgradienten in die Lunge bis die Retraktionskräfte von Lunge und Thorax die Muskelkraft aufwiegen. Der Alveolardruck ist zu diesem Zeitpunkt 0.
Die normale Exspiration beginnt durch Relaxation der Inspirationsmuskeln. Die positive Retraktionskraft des respiratorischen Systems führt dazu, dass der Alveolardruck den Atmosphärendruck übersteigt. Daraus resultiert solange ein exspiratorischer Gasfluss, bis der Alveolardruck gleich dem Atmosphärendruck ist ([19]; Abb. 22).
Beatmung
Unter Beatmung kehrt sich der Kurvenverlauf um, mit zunächst positivem Druckanstieg.
Die Steigung des Anstiegs (Δp/ΔV) repräsentiert bei niedrigem Gasfluss (<9 /min) die statische Compliance Cstat. Im Gegensatz zur dynamischen Compliance Cdyn spielt hierbei die Resistance als Einflussgröße keine Rolle.
Messmethoden und Interpretation: Kap. „Kardiozirkulatorisches und respiratorisches Monitoring“.

Mechanische Störungen der Atmung

Jede Veränderung der mechanischen Eigenschaften der Thorakoabdominalwand hat durch Veränderung der Thoraxwandcompliance (CW) Einfluss auf die Atemmechanik und den Gasaustausch.
Instabiler Thorax
Ein instabiler Thorax kann nach Rippenserienfrakturen („flail chest“), Sternektomie oder bei Rachitis auftreten. Einer Inspirationsbemühung der Atmungsmuskulatur kann die Thoraxwand dabei nur ungenügend Druck entgegensetzen. Während der Inspiration kommt es zu thorakalen Einziehungen, während der Exspiration zu Vorwölbungen des Abdomens. Dieses Phänomen wird als paradoxe oder Schaukelatmung bezeichnet (Atembewegung „schaukelt“ zwischen Thorax und Abdomen) und geht mit respiratorischer Insuffizienz einher.
Vernarbungen
Durch Rippenserienfrakturen, Osteomalazien, Verknöcherungen der Rippengelenke und großflächiger Narbenbildung der Haut, z. B. nach Verbrennungen, kann die Thoraxrigidität erhöht und die Compliance vermindert sein.
Skoliose und Kyphose
Bei der Skoliose ist die Wirbelsäule zumeist nach rechts lateral mit begleitender Rotation der Wirbelkörper verkrümmt. Sie kann idiopathisch (Inzidenz 4/1000) oder durch neuromuskuläre Erkrankungen (Meningomyelozele, Poliomyelitis, zentrale Lähmungen oder muskuläre Dystrophie, multiple Sklerose) bedingt sein.
Osteoporotisch bedingte Wirbelfrakturen und Sinterungen können die thorakale Kyphose grotesk verstärken (Rippenbuckel), wodurch die Rippenbewegung eingeschränkt wird. Es entsteht eine relative Fixation des Thorax in Inspirationsstellung. Das Zwerchfell steht hoch und seine Beweglichkeit ist eingeschränkt. Restriktive Lungenerkrankungen und pulmonalarterielle Hypertension bis hin zum Cor pulmonale sind unbehandelt die häufigste Todesursache von Patienten mit schwerer Kyphoskoliose.
Erhöhung des intraabdominellen Druckes
Adipositas, Schwangerschaft und andere Erhöhungen des intraabdominellen Drucks (laparoskopische Operationen, abdominelles Kompartmentsyndrom) behindern die Zwerchfellexkursion, führen zu einer Versteifung der Thoraxwand, zu einer Abnahme aller Lungenvolumina, zu einer erhöhten Resitance und zu einer Verminderung der totalen Compliance. Entsprechend ist die mechanische Atemarbeit um ein Mehrfaches (3- bis 5-fach) erhöht [20].

Muskuläre und neurogene Atemstörungen

Myasthenia gravis
Obwohl bei der Myasthenia gravis primär nur die durch Hirnnerven innervierte Muskulatur betroffen ist (Facies myasthenica, Ptosis), kann es bei weiterer Ausdehnung auf respiratorische Muskelgruppen zu einer respiratorischen Insuffizienz kommen (Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Myasthenia gravis“). Wichtigster Parameter für die präoperative Einschätzung ist die Erschöpfungszeit bei körperlicher Anstrengung.
Myopathien
Viele verschiedene Myopathien, z. B. Muskeldystrophie, Kearns-Sayre-Syndrom, „central core disease, ATP-Defizit-Syndrom u. a. gehen mit einer muskulären Schwäche einher. Während der Durchführung der Anästhesie stehen in der Regel Komplikationen des Herz-Kreislauf-Systems oder eine Neigung zur malignen Hyperthermie im Vordergrund.
Neurogene Störungen
Verschiedenste neurogene Störungen können Partiallähmungen bis hin zur kompletten Parese der Atemmuskulatur verursachen.
Inflammatorisch-immunologische Prozesse, z. B. Guillain-Barre-Syndrom (GBS), amyotrophe Lateralsklerose (ALS) oder multiple Sklerose, verursachen eine aufsteigende Atemlähmung, die sich innerhalb von Stunden (GBS) oder Jahren (ALS) entwickeln kann.
Ein akuter hoher Querschnitt ist durch HWS-Trauma, degenerative HWS-Erkrankungen oder den Spinalkanal komprimierende Tumoren möglich.
Beim M. Parkinson liegen degenerative Veränderungen im Bereich der Basalganglien mit einer Reduktion von dopaminergen Neuronen vor, welches zum Überwiegen der zentralen cholinergen Aktivität führt (Akinesie, Rigor und Tremor beim extrapyramidal-motorischem Syndrom und motorische Funktionsstörungen).
Bei allen akuten Ereignissen ist die künstliche Beatmung angezeigt, bei chronischen Verlaufsformen sind häufig die Anlage eines Tracheostomas und intermittierende Überdruckbeatmung (CPAP) erforderlich. Grund hierfür sind die Schleimretention bei mangelndem Hustenstoß, die Atelektasenbildung mit erhöhtem Shunt und die Pneumoniegefahr bei chronischer Hypoventilation.
Einen Sonderfall stellt die „critical illness polyneuropathie“ (CIP) dar, die bei langzeitbeatmeten Patienten – insbesondere nach schweren septischen Verläufen – auftreten kann. Sie geht mit einer globalen muskulären Schwäche einher. Es handelt sich hierbei nicht um ein einheitliches Krankheitsbild. Als Ursachen werden u. a. eine chronische Erschöpfung der Muskeln („fatigue“), eine Verminderung der motorischen Endplatten in der quergestreiften Muskulatur, axonale Schädigung der Nerven und eine generelle Muskelatrophie diskutiert [21].
Poliomyelitis
Aufgrund der breiten Impfprophylaxe ist die Poliomyelitis heutzutage in den Industrieländern eine Rarität. Die Polioviren wirken zytotoxisch auf die motorischen Vorderhornneurone und verursachen eine schlaffe Lähmung.
Mechanische, muskuläre und neurologische Beeinträchtigungen der Atemmechanik stellen keine Kontraindikation zur Durchführung einer Narkose dar. Durch den Einsatz von modernen, kurzwirksamen Anästhetika und den Verzicht auf Muskelrelaxanzien können die meisten Eingriffe ohne größere Beeinträchtigung der postoperativen Atemfunktion durchgeführt werden. Bei Eingriffen mit erhöhtem Risiko für pulmonale Komplikationen (Abschn. 5.1) ist die Indikation zur postoperativen Intensivtherapie großzügig zu stellen. Limitierend wirkt nicht nur verminderte Muskelkraft der Atempumpe, sondern auch die gestörte Hustenmechanik und Schleimretention mit erhöhtem Aspirations- und Pneumonierisiko.

Nichtventilatorische Eigenschaften der Lunge

Surfactantsystem

Surfactant ist eine komplexe Mischung aus Phospholipiden und Proteinen und wird in den Typ-II-Alveolarzellen gebildet. Palmitoyl-Phosphatidylcholine bilden den Großteil der Lipidfraktion. Es gibt 4 surfactantassoziierte Proteine (SP), SP-A, B, C, D.
Während die Lipide hauptsächlich für die oben besprochenen mechanischen Eigenschaften des Surfactants verantwortlich sind, vermitteln die Proteine zusätzlich stabilisierende, antiinfektive und antiinflammatorische Wirkungen (Tab. 5).
Tab. 5
Eigenschaften des Surfactant
Mechanische Eigenschaften
Sonstige Eigenschaften
Herabsetzung der Oberflächenspannung in den Alveolen
Unspezifische Abwehr
Verhinderung von Kollaps und Atelektase
Antioxidative Funktion
Stabilisierung des Lungenvolumens
Antibakterielle und Antivirale Wirkung
Reduktion des pulmonalen Shunts
Barriere für Pathogene
Intraalveoläre Flüssigkeitsclearance
Chemotaxis, Opsonierung
Unspezifisch wirkt Surfactant antimikrobiell, antiviral (SP-A) und auch antioxidativ gegen das Lungengewebe schädigende Sauerstoffradikale (ROS). Bei der spezifischen Abwehr wirken SP-A und SP-D chemotaktisch auf Alveolarmakrophagen und stimulieren die Produktion inflammatorischer Mediatoren. Noch nicht geklärt ist, ob SP-A durch spezifische Rezeptoren direkt eine Komplementaktivierung verursachen kann [14].
Substitutionstherapie
Die Substitutionstherapie ist mit synthetischem und natürlichem Surfactant möglich. Nachteil der bislang verfügbaren synthetischen Surfactantpräparationen ist, dass diese nicht oder mit nur einem der SP angereichert sind und dadurch schlechtere biophysikalische Eigenschaften haben.
Während beim neonatalen ARDS (acute respiratory distress syndrome) des unreifen Frühgeborenen eine eindeutige Indikation zur prophylaktischen und therapeutischen Gabe von Surfactant besteht [36], sind Indikation, Dosierung und Applikationsweg für andere pulmonale Erkrankungen strittig. Beim ARDS kommt es nicht nur zu einer Verminderung des alveolären Surfactantgehalts, sondern auch zu einer Alteration der Surfactantstruktur, mit Beeinträchtigung der mechanischen Wirkung und reduziertem Proteingehalt. Obwohl die Substitutionsbehandlung in kleineren Studien zu einer signifikanten Verbesserung der Oxygenierung geführt hat, konnte in multizentrischen Studien jedoch bislang keine Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit gezeigt werden [6].

Reinigende und zytochemische Eigenschaften

Die Lunge ist kontinuierlich Kleinstfremdkörpern und infektiösem Material ausgesetzt, sodass sie über eine Reihe von Abwehrmechanismen verfügt.
Abwehrmechanismen der Lunge
  • Filtration: Große Partikel werden physikalisch durch die Härchen und Mukosaauskleidung der Nase filtriert
  • Nies- und Hustenreflexe, welche Fremdpartikel durch explosionsartig ansteigende Atemwegsdrücke sowie die resultierende Luftströmung herausbefördern
  • Mukoziliäre Reinigung: Kleinere inhalierte Partikel werden von einer dünnen, mukösen Schicht umschlossen. Rhythmische Flimmerbewegung der epithelialen Ziliarkörper entfernen sie aus dem respiratorischen Trakt. Inhalierte Toxine (Zigarettenrauch) oder Anästhetika können die Zilien paralysieren
  • T-Zellen produzieren proinflammatorische Peptide (Interleukine, γ-Interferon und den Tumornekrosefaktor TNFα), die zu einer Vermehrung zytotoxischer Lymphozyten und Rekrutierung zytotoxischer Lymphozyten führen
  • B-Lymphozyten sezernieren IgG und IgA in den Luftwegen
  • Makrophagen und polymorphkernige Neutrophile (PMN‘s) phagozytieren Partikel und Mikroorganismen in den terminalen Luftwegen und Alveoli. Für die pulmonale Abwehr wichtige zytotoxische Substanzen werden sezerniert, besonders Proteasen (sog. ROS „reactive oxygen species“; „respiratory burst“)

Enzymatische Funktionen

Zahlreiche Substanzen werden bei Passage durch die Lunge aktiviert oder in der Lunge gespeichert und bei Bedarf freigesetzt (Tab. 6).
Tab. 6
Wichtige in der Lunge vorhandene oder synthetisierte Substanzen
Substanzgruppe
Substanz
Elastase
Hydrolasen
Sauerstoffradikale (ROS)
Wasserstoffperoxid
Superoxidradikal
Hydroxylradikal
Enzyminhibitoren
α1-Antitrypsin
Proinflammatorisch: IL-1b, IL-6, IL-8, TNF-α, PAF
Antiinflammatorisch: IL-1-RA, Anti-IL8, IL-10
Enzymsysteme
  • Gerinnungssystem: Reichlich Plasminaktivator im pulmonalen Gefäßendothel und Heparin bewirken rasche Fibrinolyse und Antikoagulation (wichtiger Mechanismus bei der Auflösung ständig auftretender Mikrothrombembolien)
  • Angiotensin-Converting-Enzyme, ACE: Obwohl ACE frei im Plasma vorhanden ist, erfolgt ein Großteil der Konversion des Angiotensins in der Lunge
  • Arachidonsäuremetabolismus: Die Lunge ist ein wichtiger Ort für Synthese, Metabolisierung und Umsatz von Arachidonsäuremetaboliten im Cyclooxygenaseweg (Prostaglandine, Thromboxan) und Lipooxygenaseweg (Leukotriene).

Blutfiltration

Die pulmonalen Gefäße verhalten sich in der Blutzirkulation als Filter. Der Durchmesser der Pulmonalkapillaren beträgt ca. 8 μm. Sie filtern größere Partikel bzw. verlangsamen deren Passage durch die Lunge. Kleinere Koagel werden durch das fibrinolytische System aufgelöst.
Cave
Die genaue Filtergröße ist nicht bekannt, es können aber auch größere Blasen bei Fett- oder Luftembolie in den systemischen Kreislauf gelangen, ohne dass ein intrakardialer Shunt besteht.

Respiratorische Erkrankungen

Der folgende Absatz befasst sich pathophysiologisch mit narkoserelevanten Problemen der häufigsten Atemwegserkrankungen. Für das Vorgehen bei Allgemeinanästhesien Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Lungenerkrankungen: Grundlagen“, Kap. „Anästhesie bei Patienten mit COPD“, Kap. „Anästhesie bei Patienten mit restriktiven Lungenerkrankungen“, Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Cor pulmonale““, Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Asthma bronchiale“, Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Schlafapnoesyndrom“, Kap. „Anästhesie bei Patienten mit allergischer Diathese sowie zur Intensivbehandlung“, Kap. „Respiratorische Insuffizienz“ und Kap. „Maschinelle Beatmung und Weaning“.

Obstruktive Erkrankungen

Asthma bronchiale

Historisch wurde dieser Begriff mit allen Arten von rezidivierender Atemnot assoziiert. Heute bezeichnet er eine genetisch bedingte entzündliche Erkrankung des Bronchialbaums, die mit Hyperreagibilität und Bronchialobstruktion einhergeht. Die Inzidenz ist nach neuesten Erhebungen weltweit steigend, bei regional unterschiedlicher Prävalenz. Die Erstmanifestation ist überwiegend vor dem 10. Lebensjahr und betrifft derzeit zwischen 10–20 % der Gesamtbevölkerung [31].
Anfälle können durch Allergene, Medikamente (nichtsteroidale Antiphlogistika) oder körperliche Anstrengung ausgelöst werden. Auf zellulärer Ebene kommt es nach Triggerung zu einer Aktivierung von T-Lymphozyten, die zu Degranulation von Mastzellen und Eosinophilen mit der Freisetzung der bronchokonstriktorischen Substanzen Histamin und Leukotrienen führt. Die genaue Anamnese zu abgelaufenen Exarzerbationen und Anfallshäufigkeit ist besonders wichtig, da im symptomfreien Intervall eine normale Lungenfunktion besteht. Im Anfall sind die Patienten schwerst beeinträchtigt, neben in- und v. a. exspiratorischem Stridor bestehen häufig bis zur Panik reichende Angstzustände.
Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Asthma bronchiale“.

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

Im Gegensatz zum Asthma ist die COPD eine chronisch progressive Erkrankung mit persistierender Flusslimitierung und intermittierenden, meist infektbedingten, Exarzerbationen.
Zu den Hauptursachen der COPD zählen:
  • Nikotinabusus,
  • langjährige Inhalation von Stäuben und Gasen,
  • rezidivierende Atemwegsinfekte,
  • endogene Ursachen wie z. B. α1-Antitrypsinmangel.
Zwei morphologische Varianten werden unterschieden: der bronchitische Typ mit Entzündung der kleinen Atemwege („blue bloater“) und der emphysematische Typ mit permanenter Erweiterung und Überblähung der Atemwege („pink puffer“).
Eine obstruktive Ventilationsstörung ist durch Einengungen der luftführenden Atemwege verursacht. Bereits kleine Abnahmen des Radius erhöhen nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz den Strömungswiderstand beträchtlich, wobei insbesondere der exspiratorische Widerstand besonders betroffen ist. Durch den erhöhten intramuralen Druck bei forcierter Ausatmung kollabieren die kleinen Atemwege. Dementsprechend ist die FRC chronisch erhöht und der Fluss reduziert.
Zur Überwindung des exspiratorischen Widerstands ist eine Erhöhung des Atemwegsdrucks erforderlich. Dies wird durch eine aktive Ausatmung gegen einen Widerstand (Lippenbremse) erreicht. Bei unvollständiger Kompensation oder Beatmung mit zu kurzer Exspirationszeit verbleibt bei jedem Atemzug Restluft in den Alveolen („air-trapping“), und es kommt zur dynamischen Überblähung und Ausbildung eines sog. intrinsischen PEEP. Bei jeder Inspiration muss dieser zusätzliche Druck überwunden werden, wodurch sich die Atemarbeit erhöht. Diese kann durch die Applikation eines externen PEEP bei nichtinvasiver Beatmung mit Masken-CPAP effektiv gesenkt werden (Kap. „Respiratorische Insuffizienz“ und Kap. „Maschinelle Beatmung und Weaning“).
Sekundär kommt es zu strukturellen Veränderungen mit dem Abbau elastischer Fasern, Schwund der Alveolarsepten und der Kapillaren, im fortgeschrittenen Stadium zur Ausbildung eines Emphysems. Das Emphysem ist durch morphologische Veränderungen mit einer irreversiblen Erweiterung der lufthaltigen Räume distal der Bronchioli terminales und dem Untergang von Alveolarsepten gekennzeichnet. Dadurch verringert sich die Alveolaroberfläche erheblich. Auskultatorisch hört man ein durch den turbulenten Luftfluss bedingtes, exspiratorisches Giemen, das bei progredienter Obstruktion auch inspiratorisch auftritt.
Cave
Bei schwerster Obstruktion kann auskultatorisch kein Giemen zu hören sein, da der Luftfluss sistiert.
Infolge dieser strukturellen Veränderungen kommt es zu einem ausgeprägten Ungleichgewicht der Ventilations-Perfusions-Verteilungen. Einer erhöhten alveolären Totraumventilation (der paCO2 ist chronisch erhöht) steht ein gesteigerter Blutfluss durch niedrige \( {\dot{\mathrm{V}}}_{\mathrm{A}}/\dot{\mathrm{Q}} \) -Areale gegenüber. Diese chronische Hypoxie führt nach jahrelangem Bestehen zu einer fixierten hypoxisch pulmonalen Vasokonstriktion (HPV) mit einer Erhöhung der pulmonalen Drücke. Eine häufige Folge ist dann die Entwicklung eines Cor pulmonale.
Diese Patienten sind im Akutstadium aschfahl, häufig kaltschweißig, und es besteht Hypoxiegefahr. Schlimmstenfalls kann die Obstruktion bis zur Asphyxie mit nachfolgendem Kreislaufstillstand führen.
Eine Übersicht über Symptome und differenzialdiagnostische Befunde Tab. 7, zur präoperativen Risikoeinschätzung Abschn. 5.
Tab. 7
Differenzialdiagnostische Symptome und Befunde der obstruktiven Lungenerkrankungen
 
Bronchitische COPD („blue bloater“)
Emphysematische COPD („pink puffer“)
Krankheitsbeginn
70 % <30 Jahre
>50 Jahre
>60 Jahre
Zigarettenrauchen
/
++++
++++
Verlauf
Anfälle
Chronisch-progressiv
Chronisch-progressiv
Dyspnoe
/ bis ++++
/ bis +
++ bis ++++
Habitus
 
Asthenisch
Pyknisch
Kolorit
Normal
Zyanotisch
Aschfahl
Nebengeräusche
Giemen, Spastik
Feuchte + trockene
Nur trockene
Infektionen der Atemwege
Akute Exazerbation
Schwere akute Exazerbation
Akute Exazerbation
Röntgen Thorax
Meist unauffällig
Häufig Peribronchitis
Überblähung
paCO2
Normal oder ↓ (bei Anfall)
↑, respiratorische Globalinsuffizienz
Normal oder ↑, respiratorische Partialinsuffizienz
paO2
Normal oder ↓ (bei Anfall)
DLCO
Normal
Normal oder leicht ↓
FEV1 (% der VC)
↓ bei Anfall, sonst normal
Stark ↓
Stark ↓
TLC
Normal, bei Anfall ↑
Normal oder leicht ↑
Immer stark ↑
RV
Normal (bei Anfall ↑)
Normal oder leicht ↑
Stark ↑
Selten!
Häufig
Selten
Normal
Meist normal
Meist erhöht
Behandlung
Kap. „Anästhesie bei Patienten mit COPD“.

Restriktive Erkrankungen

Bei restriktiven Ventilationsstörungen ist die Dehnbarkeit der Lunge bzw. des Thorax reduziert. Primär ist die Inspiration betroffen.
Restriktive Lungenerkrankungen treten als Folge von Fibrosen, Pneumokoniosen, Skoliosen oder raumfordernden Tumoren auf. Viele interstitielle und immunologische Lungenerkrankungen verursachen restriktive Störungen. Eine interstitielle Fibrose, z. B. als Spätform der Sarkoidose, erhöht die elastischen Rückstellkräfte und senkt so die Compliance der Lunge. Als extrapulmonale Faktoren können ausgeprägte Adipositas, eine Phrenikusparese oder Pleuraschwarten eine restriktive Ventilationsstörung verursachen.
Kennzeichnend sind die verminderte Vitalkapazität, Totalkapazität und funktionelle Residualkapazität sowie das erhöhte Residualvolumen. Die Compliance des gesamten respiratorischen Systems ist vermindert. Häufig liegt jedoch keine exspiratorische Flussbehinderung vor, so dass der FEV1/FVC-Quotient (Abschn. 5.2) normal ist.
Bei restriktiven Lungenerkrankungen erhöht sich die elastische Arbeit. Patienten atmen deshalb bei geringerer FRC, um die elastische Arbeit und damit die Gesamtarbeit zu reduzieren.
Kap. „Anästhesie bei Patienten mit restriktiven Lungenerkrankungen“.

Zystische Fibrose

Die zystische Fibrose (syn. Mukoviszidose) stellt eine Besonderheit dar, da es sowohl zu obstruktiven als auch zu restriktiven Veränderungen kommt.
Ursache ist eine Störung der mukosalen Clearance, die auf einem Gendefekt des Chromosoms 7 beruht. Aufgrund einer Fehlfunktion des Chloridkanals ist die Viskosität des Mukos erhöht. Betroffen sind alle Organe.
In der Lunge kommt es zu Schleimretention und bakterieller Kolonialisation (>80 % Pseudomonas aeroginosa) bzw. Infektion. Schleim in den Atemwegen verursacht eine Obstruktion und der zunehmend fibrotische Umbau der Lunge bedingt eine zunehmende Restriktion.
Langfristig gesehen bietet die Lungentransplantation die einzige Behandlungsmöglichkeit, die mittlere Lebenserwartung nach Transplantation liegt bei ca. 10 Jahren [29].
Cave
Mukoviszidosepatienten sind im Endstadium der Erkrankung respiratorisch schwerst beeinträchtigt (paO2 <50 mmHg) und aufgrund der verminderten FRC während der Narkoseeinleitung extrem hypoxiegefährdet. Eine Maskenbeatmung ist aufgrund der ausgeprägten Restriktion oftmals nicht möglich.

Obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS)

Die Inzidenz obstruktiver Schlafapnoe (OSAS) hat in den letzten Jahren beständig zugenommen, wobei neben dem Anstieg zivilisatorischer Erkrankungen sicher auch die zunehmende Bewusstwerdung der Symptome und Konsequenzen dieses Syndroms bei der Diagnosestellung eine Rolle spielt.
Pathophysiologisch liegt der OSAS eine neurogene Störung oder eine Fehlstellung der oberen Atemwege in Rücklage zugrunde, oft gekoppelt mit Adipositas. Die Diagnose wird im Schlaflabor verifiziert und ist durch Atempausen und den Abfall der O2-Sättigung, teilweise auf Werte unter 80 %, gekennzeichnet. Chronische Hypoxämie, Hyperkapnie, Cor pulmonale, Polyzythämie und Bluthochdruck sind häufige Begleiterkrankungen (Übersicht; nach: [18]).
Klinische Symptome, die das Vorliegen eines OSAS nahelegen (ASA Practice Guideline)
1.
Prädisponierende Physis
  • Body Mass Index >35 kg/m2
  • Halsumfang >43 cm (Männer) bzw. >40 cm (Frauen)
  • Kraniofazaile Deformitäten
  • Anatomische Obstruktion der Nasengänge
  • Sich in der Mitte berührende Tonsillen
 
2.
Anamnestisch (1 Kriterium bei alleine lebenden Patienten, ansonsten 2 Kriterien erforderlich)
  • Lautes Schnarchen
  • Häufiges Schnarchen
  • Beobachtete Atempausen im Schlaf
  • Erstickungssensationen beim Aufwachen
  • Häufiges Aufwachen
  • Eltern berichten unruhigen Schlaf, Schwierigkeiten beim Atmen, Atemanstrengungen beim Schlafen
 
3.
Somnolenz (ein oder mehrere Kriterien vorhanden)
  • Ständige Müdigkeit trotz „ausreichend“ Schlaf
  • Einschlafen bei nichtstimulierender Umgebung (Fernsehen, Lesen, Autofahren)
 
Einteilung nach Schweregrad
Im Schlaflabor wird der Schweregrad nach der Anzahl Schlafstörungen pro Stunde in mild, moderat oder ausgeprägt eingestuft. Liegt kein Befund vom Schlaflabor vor, sollten alle symptomatischen Patienten als „moderat“ eingestuft werden, es sei denn, ein gänzlich abnormaler Wert (z. B. extrem hoher BMI oder ausgeprägte Atempausen) legen eine höhere Eingruppierung nahe.
Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Schlafapnoesyndrom“.

Akutes Lungenversagen

Im Gegensatz zu chronischen Erkrankungen können verschiedene Noxen (Pneumonie, Trauma, Sepsis, Aspiration, neurogenes Trauma, Transfusion, Ertrinkungsunfall, maschinelle Beatmung) ein akutes Lungenversagen mit Verlust der gasaustauschenden Funktion der Lunge unterschiedlicher Schweregrade auslösen. Hauptmechanismus der Oxygenierungsstörung ist der erhöhte Shuntanteil (Abschn. 3.5).
Beim akuten Lungenversagen („acute respiratory distress syndrome“, ARDS) kommt es zu strukturellen Veränderungen und Schädigungen von Endothel und Alveolarepithel.
Pathophysiologische Veränderungen beim ARDS
  • Eine erhöhte Permeabilität der alveolokapillären Schranke führt zum Übertritt proteinreicher Ödemflüssigkeit nach intraalveolär mit Bildung hyaliner Membranen sowie zur Beeinträchtigung der Surfactantfunktion.
  • Die alveoläre Flüssigkeitsclearance ist gestört und der Verlust der bakteriellen Barriere kann bei Pneumonie zum septischen Schock führen.
  • Neutrophile wandern durch das beschädigte Endothel nach alveolär und sezernieren Oxidanzien, Proteasen (sog. ROS, „reactive oxygen species“), Leukotriene und andere proinflammatorische Moleküle.
  • Aktivierte Alveolarmakrophagen sezernieren die proinflammatorischen Zytokine TNF-α, IL-1, IL-6, IL-8 und bewirken nicht nur Chemotaxis, sondern auch über die Stimulation der Matrixmetalloproteinasen und Kollagenasen eine Aktivierung der Fibroblasten und somit eine interstitielle Fibrose.
  • Typ-I-Zellen gehen zugrunde (Apoptose) und geschädigte Typ-II-Zellen produzieren weniger und abnormalen Surfactant ([42]; Abb. 10).
Bei ausgeprägter Lungenschädigung ist ein konventionelles Narkosebeatmungsgerät während einer Operation oder auf dem Transport zur suffizienten Ventilation und Oxygenierung u. U. nicht ausreichend.
Folgendes Vorgehen hat sich bewährt: Auf der Intensivstation die Beatmungsparameter möglichst identisch auf das Transportbeatmungsgerät übertragen, dann Patienten konnektieren und Kreislauffunktion und O2-Sättigung beobachten. Nach 5–10 min BGA abnehmen, wenn die Blutgase akzeptabel sind, ist ein Transport möglich. Andernfalls ist auch unterwegs und im OP die Beatmung mit besonders ausgerüsteten Intensivbeatmungsgeräten erforderlich.
Diagnostisch werden konventionelle und computerisierte Röntgenogramme eingesetzt. Zu weiteren Details und zur Therapie Kap. „Respiratorische Insuffizienz“.

Präoperative Risikoeinschätzung

Vorhersage postoperativer Komplikationen

Postoperative pulmonale Komplikationen sind mindestens genauso häufig wie kardiale [25]. Von Bedeutung sind aber nur klinisch relevante Komplikationen, die entweder zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt oder zu erhöhter Morbidität und Letalität führen. Pneumonie, akutes Lungenversagen mit verlängerter Beatmungsdauer, Bronchospasmus, Atelektasen, Exarzerbation einer vorbestehenden Lungenerkrankung und Schlafapnoe (Abschn. 4.4) sind die wichtigsten Komplikationen (Tab. 8).
Tab. 8
Risikofaktoren für postoperative pulmonale Komplikationen
Patientenbedingte Faktoren
Operationsbedingte Faktoren
Operationen im Oberbauch (offen > laparoskopisch)
Genereller Gesundheitszustand (ASA >II; [37])
Thoraxchirurgische Operationen
Alter (>70 Jahre, nur in Kombination mit COPD)
Langdauernde Eingriffe >3 h
COPD (mit Belastungsinsuffizienz) [48]
Schlafapnoesyndrom (OSAS) [18]
 
Faktoren mit unbestimmten Risiko
Nichtlungenprotektive Beatmung
Der stärkste Prädiktor pulmonaler Komplikationen sind Operationen in der Nähe des Zwerchfells, mit 10–40 % Komplikationsrate.
Rauchen ist seit 1944 in vielen Studien als Risikofaktor abgesichert, auch für Patienten ohne chronische Lungenerkrankung. Das pulmonale Risiko vermindert sich erst 8 Wochen nach Beendigung des Nikotinabusus, paradoxerweise erhöht es sich bei einem kürzeren Zeitintervall der Nikotinkarenz.
Perioperative Medizin
Spezifische Scores zur präoperativen Risikoeinschätzung sind v. a. für kardiale und lungenchirurgische Eingriffe entwickelt worden. Der traditionelle Ansatz, bei dem Chirurgen, Internisten oder Kardiologen über die „Narkosefähigkeit“ eines Patienten entscheiden, greift jedoch eindeutig zu kurz mit der Konsequenz, dass ein wahres interdisziplinäres Vorgehen erforderlich ist. Die Kombination von operativen und patientenseitigen Risikofaktoren sollte eine Optimierung des präoperativen Zustands und eine auf die individuellen Patientenbedürfnisse zugeschnittene postoperative Versorgung (Intensivtherapie, Schmerztherapie, Pharmakotherapie zur Vermeidung thromboembolischer Ereignisse) zum Ziel haben [4]. Die Rolle des Anästhesisten ist daher, im Team mit den anderen perioperativen Partnern eine interdisziplinäre Abwägung des Risikos gegen den Operationsgewinn vorzunehmen [38].
Eine COPD stellt nur bei klinisch manifester Einschränkung einen Risikofaktor dar. Daraus wird ersichtlich, dass der präoperativen medikamentösen Therapieoptimierung höchste Priorität eingeräumt werden sollte, auch wenn sich dadurch der Operationstermin verschiebt.
Für Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen erhöht sich das Komplikationsrisiko, wenn ein pathologisches Röntgenbild (Überblähung, interstitielle Veränderungen) und/oder kurzfristig angesetzte Bronchodilatatoren hinzukommen [8]. Dies macht deutlich, dass v. a. schlecht- oder nichttherapierte Patienten besonders gefährdet sind.
Eine Optimierung der antiobstruktiven Therapie ist vor elektiven Eingriffen obligat, der Therapieerfolg kann mit Hilfe der Spirometrie überprüft werden.
Den besten Vorhersagewert bietet nach wie vor die Klassifikation der American Society of Anesthesiologists (sog. ASA-Klassifikation; [30]) dar. Der respiratorische Status wirkt sich nur bei einer Beeinträchtigung der klinischen Situation aus. Ein hoher ASA-Status ist ein Prädiktor postoperativer pulmonaler Komplikationen, unabhängig ob die klinische Beeinträchtigung durch pulmonale oder andere Risikofaktoren bedingt ist.
Lungenprotektive Beatmung
Während es in der Intensivmedizin unstrittig ist, dass sich eine lungenprotektive Beatmung bei Patienten mit akutem Lungenschaden positiv auf das Überleben auswirkt, ist der Effekt beim Lungengesunden noch nicht geklärt. Einige Untersuchungen haben gezeigt, dass auch eine konventionelle Beatmung ohne PEEP mit moderat hohem Tidalvolumen keine besondere proinflammatorische Antwort hervorruft [49]. Demgegenüber hat bei thoraxchirurgischen und bei intraabdominellen Eingriffen eine Beatmung mit PEEP und niedrigem Tidalvolumen und limitiertem Beatmungsdruck zu einer geringeren Rate an postoperativem Lungenversagen geführt [13, 15].

Spezielle Diagnostik

Bildgebende Verfahren und Funktionstests sollten nur nach eingehender klinischer Untersuchung und keinesfalls als präoperative Routineuntersuchung angewendet werden (Kap. „Anästhesiologische Visite“).
Wichtigster Indikator für die Notwendigkeit weiterführender Untersuchungen ist eine Einschränkung der klinischen Belastbarkeit des Patienten („exercise tolerance“). Anamnestisch sprechen eine Belastbarkeit von <4 metabolischer Äquivalente (MET) oder eine Strecke von <350 m beim „6-minute-walk-test“ (SMWT) für eine eingeschränkte Belastungstoleranz.
Anmerkung
1 MET ist definiert als der O2-Verbrauch eines 70 kg schweren 40-jährigen Mannes in Ruhe und entspricht 3,5 ml Sauerstoff pro Kilogramm Körpergewicht pro Minute beim Mann bzw. 3,15 ml/kg/min bei Frauen. Der SMWT wurde für die Pulmonologie entwickelt und dient insbesondere der Messung behandlungsbedingter Leistungsverbesserung. Auch dem hohen Aufwand geschuldet hat sich der SMWT in der anästhesiologischen Voruntersuchung nicht durchgesetzt und es fehlen Evaluationen zur klinischen Relevanz in der Anästhesie.

Spirometrie und Bodyplethysmographie

Respiratorische Erkrankungen können durch Lungenfunktionsprüfungen evaluiert werden. Es gibt allerdings eine erhebliche anwendungsbedingte und interindividuelle Variabilität, die die Vorhersagekraft deutlich einschränkt. Die Spirometrie eignet sich jedoch gut zur Verlaufsbeurteilung einer Therapie (Abb. 23; [10]; Normwerte Tab. 9).
Tab. 9
Spirometrie: Variablen und Normwerte unter BTPS. (Nach: [40])
Variable
 
Normalwert Erwachsener
Einheit
Sollwertformel (H = Größe in [m]; A = Alter)
Spirometrie
Atemzugvolumen
Vt
0,4–0,6
l
ca. 6–8 ml/kgKG
Vitalkapazität
VC
4,8
l
M: 6,103 × H − 0,028 × A − 4,654
F: 4,664 × H − 0,026 × A − 3,28
Ein-Sekunden-Kapazität, Tiffeneau-Index
FEV1
3,8
l
M: 4,301 × H − 0,029 × A − 2,492
 
>70 % VC
 
F: 3,95 × H − 0,025 × A − 2,6
Maximaler exspiratorischer Fluss („peak flow“)
PEF
8
l/s
M: 6,14 × H − 0,043 × A − 0,15
F: 5,5 × H − 0,03 × A − 1,1
Maximalfluss nach 50 % VC
MEF50
6
l/s
M: 3,79 × H − 0,031 × A − 0,35
F: 2,45 × H − 0,025 × A + 1,16
Exspiratorisches Reservevolumen
ERV
1,3
l
M: 1,31 × H + 0,022 × A − 1,23
F: 1,81 × H + 0,016 × A − 2
Bodyplethysmographie
Intrathorakales Gasvolumen
IGV
2,4
l
M: −7,511 + 0,017 × A + 6,98 × H − 1,73 × BI
F: −1,4 + 0,0034 × A + 3,456 × H − 1,404 × BI
Totale Lungenkapazität
TLC
6,5
l
M: 7,99 × H − 7,08
F: 6,6 × H − 5,79
Atemwegswiderstand
RAW
2,2
mbar/l/s
 
BI: Broca-Index: kgKG/H [cm] ×100
IGV entspricht unter Normalbedingungen der FRC, die unterschiedliche Bezeichnung trägt der unterschiedlichen Messmethode Rechnung (plethysmographisch vs. Heliumverdünnung)
Ein-Sekunden-Kapazität
Eine FEV1 unter 40 % der VC (= Tiffeneau-Index) oder <0,8 l galt früher als Kontraindikation für Allgemeinanästhesien.
Heute wird die FEV1 überwiegend zur Beurteilung des Therapieerfolgs und Operabilität bei Lungenresektion eingesetzt.
Cave
Eine FEV1 <2,5 ist bei Pneumonektomien, ein FEV1 <1,0 bzw. 1,5 (Alter >70 Jahre) für Lobektomien mit einem stark erhöhten Risiko behaftet (Abb. 25; Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, 1994).
Zur weiteren Risikostratifizierung sind weitere Tests erforderlich (Szintigraphie; [5]). Zur Berechnung der prädiktiven postoperativen Lungenfunktion Kap. „Anästhesie in der Thoraxchirurgie“.
Fluss-Volumen-Bestimmung
Zur graphischen Darstellung wird ein vollständiges Atemmanöver auf dem Niveau der totalen Lungenkapazität durchgeführt, mit vollständiger Exspiration, anschließender Inspiration und Beginn des Messmanövers nach maximaler Inspiration.
Anhand der erhaltenen Fluss-Volumen-Kurven werden die verschiedenen Ventilationsstörungen unterschieden.
Der MEF50 (Maximalfluss nach Exspiration von 50 % der FVC) ist ein weiterer Parameter für obstruktive Ventilationsstörungen (Abb. 24).
Es gibt keine Daten, welche, ohne Vorliegen sonstiger Risikofaktoren oder anderer pulmonaler Erkrankungen, die Spirometrie als Indikator für Hochrisikopatienten validieren. Als präoperativer Test ist sie daher nur bei Patienten vor abdominellen oder thorakalen Eingriffen angebracht, wenn Husten, Dyspnoe oder eine ungeklärte Belastungsinsuffizienz vorliegen. Bei Patienten mit obstruktiver Lungenerkrankung kann sie zur präoperativen Therapieoptimierung hilfreich sein. Die Ergebnisse der Spirometrie sollten nicht als alleinige Begründung zur Ablehnung einer Operation bzw. Narkose dienen.

Thoraxröntgen

Der Wert präoperativer Thoraxröntgenaufnahmen ist zur Beurteilung des Risikos pulmonaler Komplikationen ausgesprochen limitiert. Als Routinemaßnahme wird gemäß den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) eine Aufnahme bei ASA-III- und -IV-Patienten, bei klinischem Verdacht auf Vorliegen einer kardiopulmonalen Pathologie (s. Leitlinie anästhesiologische Voruntersuchung der DGAI, http://www.dgai.de/) oder bei geplanter postoperativer Intensivbehandlung empfohlen. Über die Frage, wie aktuell eine solche Aufnahme sein sollte, gibt es keine einheitliche Meinung. Zumeist gibt es keinen Grund, eine 6–12 Monate alte Aufnahme zu wiederholen, wenn sich der klinische Zustand des Patienten in dieser Zeit nicht verändert hat. Die Task Force on Pre-anesthesia Evaluation der American Society of Anesthesiologists [1] empfiehlt eine Thoraxröntgenaufnahme lediglich bei klinischem Verdacht auf eine neue oder fortgeschrittene kardiopulmonale Pathologie und stellt der Wert einer routinemäßigen Aufnahme grundsätzlich in Frage.
Eine Röntgenaufnahme wird nach Bildqualität, Abbildungsgeometrie und vorhandenen Pathologien beurteilt (zur Technik und Interpretation von Thoraxröntgenaufnahmen Kap. „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Röntgendiagnostik der Thoraxorgane“).
Bei einer Reihe von Erkrankungen, z. B. akuter Bronchitis, minderschwerer COPD ohne Lungenemphysem oder akuter Lungenembolie ohne Infarkt, sind Röntgenbilder relativ unspezifisch und wenig hilfreich. Zu röntgenologisch sichtbaren Lungenpathologien mit anästhesiologischer Relevanz Tab. 10.
Tab. 10
Für die anästhesiologische Betreuung relevante Befunde im Thoraxröntgen a.-p.
Röntgenbefund
Anästhesiologische Relevanz
Konsequenz
Erhebliche Gefahr der Entwicklung eines Spannungspneumothorax unter Überdruckbeatmung
Besondere Beachtung der Beatmungsdrücke, ggf. Thoraxdrainage präoperativ
Emphysem
Überblähung, „air-trapping“, Gefahr des Pneumothorax bei rupturierter Bulla
Beatmung mit niedrigem I:E-Verhältnis (z. B. 1:3), Beobachtung der exspiratorischen Flusskurve
Infiltrate
Oxygenierungsstörung, Pneumonie, Sepsis
Postoperative Intensivtherapie, intraoperative BGA. Wenn möglich OP verschieben
Erguss
Einschränkung der Compliance, Atelektasenbildung und erhöhter Shunt
ggf. Thoraxdrainage
Lungenstauung, Lungenödem
Schwere Oxygenierungsstörung
Präoperative Optimierung, ggf. Diuretika, Dialyse, kardiale Rekompensation. Intraoperative BGA
Fibrosierung
Beatmung erschwert, verlängertes Weaning
Intraoperative BGA, postoperative Intensivtherapie
Lungentuberkulose
Aerogene Übertragungsgefahr bei offener TB
Spezielle Hygienemaßnahmen bei Personal und im OP

Messung des Gasaustausches

Pulsoxymetrie
Die Messung der partiellen O2-Sättigung (SpO2) ist gemäß ASA seit 1990 Standard für intraoperatives Monitoring und ermöglicht eine kontinuierliche und nichtinvasive Messung (zu Prinzip und Limitierungen Kap. „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Respiratorisches System“ und Kap. „Kardiozirkulatorisches und respiratorisches Monitoring“).
Die Pulsoxymetrie ermöglicht eine Quantifizierung zyanotischer Zustände. Ein Abfall der SpO2 während Hypoventilation (Narkoseeinleitung, Intubationsprobleme, Herz-Kreislauf-Stillstand) korreliert gut mit der arteriellen Sättigung und sollte zu Sofortmaßnahmen führen (Kap. „Häufige perioperative kardiovaskuläre und respiratorische Komplikationen“). Der Absolutwert (Norm: >96 % unter Raumluft) kann messtechnisch (Tab. 11) oder patientenbedingt stark erniedrigt sein, ohne dass eine klinische Beeinträchtigung vorliegt. Eine SpO2 von 80 % kann bei Kindern mit zyanotischem Herzvitium durchaus normal sein. Häufigste Ursache für Fehlmessungen sind Kopplungsprobleme des Sensors und periphere Vasokonstriktion bei Kreislaufzentralisation und Hypothermie.
Tab. 11
Äußere Einflüsse auf die pulsoxymetrische Messung
Keine Beeinflussung der SpO2
Falsch-hohe SpO2-Werte
Falsch-niedrige SpO2-Werte
Roter Nagellack
HbF, Sichelzell-Anämie
Farbiger Nagellack (blau/grün/schwarz)
Hautpigmentation
CO-Hb-Vergiftung
Methylenblau, Indocyaningrün
COHb bis 14,5 %
Met-Hb bei Hypoxie: Bei Zunahme der MetHb-Konzentration sinkt die SpO2 um etwa die Hälfte des Anstiegs des MetHb, daher falsch-hoher SpO2. Bei MetHb>20 % bleibt die SpO2 80–85 %
Kreislaufzentralisation mit peripherer Vasokonstriktion
Xenon- und Fluoreszenzlicht
Unabgeschirmte Infrarotwärmelampen
Die Messung der SpO2 bei der Prämedikationsuntersuchung ermöglicht frühzeitig eine Abschätzung der Leistungsfähigkeit des pulmonalen Gasaustauschapparates. Vor Einleitung der Narkose sollte die SpO2 bestimmt werden, um einen Richtwert für die intraoperativ und postoperativ anzustrebende O2-Sättigung zu bekommen.
Als zusätzliches diagnostisches Mittel kann die SpO2 unter Belastung, z. B. beim Treppensteigen, als Maß für die Leistungsfähigkeit des kardiorespiratorischen Systems gelten.
Blutgasanalyse (BGA)
Die Blutgasanalyse kann das Ausmaß einer präoperativen Oxygenierungs- oder Ventilationsstörung quantifizieren und ist bei Patienten angezeigt, die stark erniedrigte Werte der SpO2 aufweisen oder einer geplanten postoperativen Intensivtherapie zugeführt werden. Zu Einzelheiten Kap. „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Blutgasanalyse und Säure-Basen-Haushalt“.
Erhöhte paCO2-Werte sind in kleineren Studien als Risikofaktor für das Auftreten postoperativer pulmonaler Komplikationen identifiziert worden, waren aber immer mit COPD und signifikanter Obstruktion vergesellschaftet. Die BGA allein ist daher ungeeignet, besonders komplikationsgefährdete Patienten zu identifizieren.

Computertomographie

Ein Thorax-CT ist bei Verdacht auf intrapulmonale Prozesse (Abszess, Tumor, interstitielle Lungenerkrankungen, ARDS) indiziert. Direkte Konsequenzen ergeben sich daraus in der Regel nur für das weitere therapeutische Vorgehen. Häufig liegt allerdings gerade bei Hochrisikoeingriffen aus operationstaktischen Gründen ein CT vor, das zusätzlich zur Beurteilung der Lungenfunktion herangezogen werden kann. Ein ausgeprägtes Emphysem, Pneumokoniosen oder andere strukturelle Veränderungen der Lunge legen eine erhöhte Komplikationsgefahr nahe und sollten die großzügige Indikation zu invasivem Monitoring und postoperativer Intensivtherapie triggern.
Für das anästhesiologische Vorgehen relevante (Überraschungs)befunde im Thorax-CT
  • Pneumothorax: Ventrale und intrapulmonale Pneumothoraces sind im konventionellen a.-p.-Röntgenbild meistens nicht zu erkennen
  • Lungenembolie: Vor allem in Verbindung mit i.v.-Kontrastmittel und Spiral-CT lässt sich eine klinisch relevante Lungenembolie nachweisen bzw. ausschließen („Angio-CT“).

Ventilations-Perfusions-Szintigraphie

Die konventionelle Lungenfunktionsuntersuchung erlaubt eine globale Bestimmung der Ventilationsparameter. Mit nuklearmedizinischen Methoden hingegen können wenig invasiv Funktionsabläufe wie Ventilation und Perfusion gemessen werden.
Funktionsprinzip
Perfusionsszintigraphie
Mit 99mTechnetium markierte Makroaggregate oder Mikrosphären aus Humanalbumin werden i.v. injiziert. Da ihr Durchmesser größer ist als die der pulmonalen Präkapillaren, wird vorübergehend etwa jede 10.000ste Kapillare verschlossen. Mit einer Gammakamera wird die Verteilung der Aktivität repräsentativ für die regionale Perfusion registriert.
Ventilationsszintigraphie
Eine Gammakamera registriert bei Inhalation die Aktivität von mit radioaktivem Edelgas kontaminierter Luft. Nach Erreichen eines konstanten alveolären Aktivitätsgrades wird die Edelgaszufuhr abgeschaltet. Beobachtet wird außer der lokalen Anreicherung die Geschwindigkeit des Abtransports der Radioaktivität aus den Lungenregionen. Erfolgt der Abtransport lokal verzögert, so ist auf eine Behinderung des Gasaustausches z. B. durch eine Obstruktion zu schließen.
Klinische Anwendung
Bestimmung der relativen Seitenanteiligkeit der Lungenfunktion. Im Rahmen der präoperativen Vorbereitung kann die nach einer evtl. Pneumonektomie noch verbleibende Lungenfunktion aus der Kenntnis der Gesamtfunktion und der relativen Seitenanteiligkeit vorausgesagt werden ([23]; Abb. 25).
Traditionell ist bei Verdacht auf Lungenembolie die Indikation zur Ventilations-Perfusions-Szintigraphie gegeben. Im Zuge der Entwicklung hochauflösender und leistungsschneller Computertomographen (Spiral-CT, Angio-CT, s. o.) ist allerdings die Anwendung für diese Indikation deutlich zurückgegangen und ist im Akutfall aufgrund der langen Untersuchungszeit wenig hilfreich.
Zur Narkosevorbereitung und Abschätzung des pulmonalen Risikos sind szintigraphische Untersuchungen ungeeignet. Bei spezieller Indikation (Vorhersage der Lungenfunktion nach Lungenresektion) kann die Szintigraphie hilfreich sein. Indikationsstellung und Befundinterpretation obliegen aber nicht dem Anästhesisten.

Maßnahmen bei OSAS

Mittels eines einfachen Punktesystems kann das perioperative Risiko abgeschätzt werden (Tab. 12), ein Wert >5 gilt als signifikantes Risiko. Obwohl für diesen Fall eine postoperative Intensivbehandlung oder -überwachung absolut sinnvoll erscheint, wird die Frage, ob der Eingriff verschoben werden muss, wenn ein Überwachungsbett nicht zur Verfügung steht, von den Fachgesellschaften nicht eindeutig bejaht [18].
Tab. 12
Beispiel für ein Schlaf-Apnoe-Risikoscoring. (Nach: [18])
 
Punkte
Schweregrad der Schlafapnoe (lt. Schlafstudie oder klinisch)
- Mild
1
- Moderat
2
- Ausgeprägt
3
Invasivität des Eingriffs
- Oberflächlicher Eingriff unter Lokalanästhesie oder Regionalanästhesie ohne Sedierung
0
- Oberflächlicher Eingriff mit moderater Sedierung oder Allgemeinanästhesie
1
- Peripherer Eingriff mit Neuroaxialanästhesie (nur leichte Sedierung)
1
- Peripherer Eingriff mit Allgemeinanästhesie
2
- Eingriff an den Atemwegen mit moderater Sedierung
2
- Großer Eingriff unter Allgemeinanästhesie
3
- Eingriff an den Atemwegen mit Allgemeinanästhesie
3
Erfordernis postoperativer Opiate zur Schmerztherapie
- Keine
0
- Niedrig dosiert, nur orale Verabreichung
1
- Parenterale oder neuroaxiale Verabreichung
3
Summe
 
Neben der kontinuierlichen, pulsoximetrischen Überwachung für 24 h hat sich auch die Verwendung von Masken-CPAP bewährt, praktischerweise sollten die Patienten ihr eigenes Heimgerät mitbringen oder präoperativ in den Gebrauch eingewiesen werden.
Alle Maßnahmen betreffen die postoperative Versorgung, z. B. Entlassfähigkeit bei ambulant geplanten Eingriffen, Intensivüberwachung, und sollten anhand der lokalen Gegebenheiten mit den operativen Partnern festgelegt und in Form einer SOP ausformuliert werden [34].

Strategien zur Risikominimierung

Nur für wenige Maßnahmen ist eine Reduktion der Komplikationsrate bei gefährdeten Patienten nachgewiesen worden [35, 38].

Manöver zur Lungenentfaltung

Standard ist die prä- und postoperative Physiotherapie mit Atemtraining und dadurch Eröffnung von Atelektasen. Außerdem wird die Atemmuskulatur effektiv trainiert. Die Komplikationsrate kann dadurch bis zu 50 % gesenkt werden.
Personell aufwändiger und kostenintensiver ist CPAP-Training („continuous positive airway pressure“). Dabei atmet der Patient über eine Maske oder ein Mundstück mit Nasenklammer gegen ein Ventil. Der intrapulmonale Druck wird hierdurch über null gehalten (in der Regel 5–8 mbar). Die Methode ist nicht von der Patientenmitarbeit abhängig. CPAP zur Narkoseeinleitung ist ebenfalls zur Verminderung der Atelektasenbildung effektiv.

Schmerztherapie

Eine suffiziente Schmerztherapie verhindert flache Schonatmung und beugt somit Atelektasen vor. Sie wirkt supportiv für eine effektive Physiotherapie bzw. kann diese erst ermöglichen. Regionalanästhesiologische Verfahren haben den besonderen Vorteil, nicht vigilanzmindernd zu wirken. Was die geschilderten Risikoeingriffe an Thorax und Abdomen anbelangt, so kommt hier eine Periduralanästhesie, vorzugsweise thorakal angelegt, in Betracht (Kap. „Rückenmarknahe Regionalanästhesie: Periduralanästhesie“ und Kap. „Respiratorische Insuffizienz“).
Einen Überblick weiterer risikoreduzierender Strategien: Tab. 13.
Tab. 13
Evidenzbasierte Strategien zur Minimierung postoperativer pulmonaler Komplikationen. (Nach: [25])
 
Nutzen
Präoperative Maßnahmen
- Nikotinkarenz
>8 Wochen
Unklar
- Optimierung der antiobstruktiven Therapie
Gesichert
- Atemübungen, Physiotherapie
Unklar
Intraoperative Maßnahmen
- Laparoskopische vs. offene Technik
Möglich
- Regional- vs. Allgemeinanästhesie
Wahrscheinlich
- Zusätzliche Epiduralanästhesie
Unklar
- Verzicht auf langwirksame Muskelrelaxanzien
Wahrscheinlich
- Verwendung eines Pulmonaliskatheters
Kein
Postoperative Maßnahmen
- Suffiziente Analgesie
Wahrscheinlich
- Kontinuierliche epidurale Analgesie
Unklar
- Atemübungen, Physiotherapie, ggf. CPAP bei abdominellen Eingriffen
Gesichert
- Parenterale Ernährung
Kein
- Enterale Hyperalimentierung
Kein
- Immunonutrition
Unklar
- Gastrale Dekompression bei selektierten abdominellen Eingriffen
Wahrscheinlich
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