Grundlagen
In den Alveolen mischt sich die eingeatmete Luft mit dem dort verbliebenen Restgas der vorherigen Atmungszyklen. O2 wird aufgenommen und CO2 abgegeben.
Da CO2 bei etwa gleichem Molekulargewicht ca. 24-mal löslicher als O2 ist, diffundiert es ca. 20-mal schneller durch die Alveolarwand.
Diffusion ist ein passiver Vorgang entlang eines Konzentrations- oder Partialdruckgradienten.
Unter Raumluft besteht auch bei Lungengesunden eine Differenz von etwa 5–10 mmHg, bei Älteren bis zu 30 mmHg zwischen dem alveolären und arteriellen pO2.
Die als p
A-aO
2 oder A
a\( \dot{\mathrm{D}} \)O
2 bezeichnete alveolo-arterielle pO
2-Differenz dient zur Abschätzung der Leistungsfähigkeit des Gasaustauschapparats
und wird daher häufig für klinische Morbiditätsscoringsysteme
verwendet (z. B. SAPS, APACHE II).
$$ {p}_{A-a}{O}_2={p}_A{O}_2\hbox{-} {p}_a{O}_2 $$
Zur Berechnung benötigt man den alveolären O
2-Partialdruck p
AO
2,
der mittels der alveolären Gasgleichung
bestimmt werden kann:
$$ {p}_A{O}_2={p}_i{O}_2-\frac{p_A{CO}_2}{R}+\left[{p}_A{CO}_2\times {F}_i{O}_2\times \frac{1-R}{R}\right] $$
Der Ausdruck [ ] | ist ein vernachlässigbar kleiner Korrekturfaktor (ca. 2 mmHg), der für den klinischen Gebrauch unerheblich ist. |
R oder RQ = \( \frac{VCO_2}{VO_2} \) | bezeichnet den respiratorischen Quotienten, der das Verhältnis zwischen CO2-Abgabe und O2-Aufnahme darstellt. |
Bezogen auf Standardbedingungen STPD beträgt die O2-Aufnahme (V̇O2) eines Erwachsenen in Ruhe 250–300 ml O2/min, die CO2-Abgabe (V̇CO2) ca. 230 ml/min. Hieraus ergibt sich ein RQ von ca. 0,85, d. h. es wird mehr Sauerstoff ins Blut aufgenommen als CO2 abgeatmet wird.
Der RQ ist 1 bei reiner Kohlenhydratverbrennung, 0,8 bei Proteinverbrennung und 0,7 bei Fettverbrennung.
Als weitere Näherung kann aufgrund der schnellen Equilibrierung der p
ACO
2 dem p
aCO
2 gleichgesetzt werden:
$$ {p}_A{O}_2=\frac{p_i{O}_2-{p}_a{CO}_2}{0,85} $$
und somit:
$$ {p}_{A-a}{O}_2=\left[{p}_i{O}_2-\frac{p_A{CO}_2}{0,85}\right]-{p}_a{O}_2 $$
$$ =\, \left[\left({p}_B-{p}_{H_2O}\right)\times {F}_i{O}_2-\frac{p_a{CO}_2}{0,85}\right]-{p}_a{O}_2 $$
Beispiel 4 Der Proband aus Beispiel 3 mit paCO2= 40 mmHg und paO2= 95 mmHg hätte demnach einen pAO2 von 149 mmHg–40 mmHg/0,85 = 102 mmHg und eine pA-aO2= 7 mmHg.
Der absolute Wert der pA-aO2 hängt von der inspiratorischen O2-Konzentration ab.
Der normale Gradient von 5–10 mmHg unter Raumluft steigt mit der FiO2 aufgrund zunehmender Resorptionsatelektasen auf 50–70 mmHg beim Lungengesunden an. Bei konstantem Metabolismus, respiratorischer Austauschrate und vorgegebener inspiratorischer O2-Konzentration bestimmt die alveoläre Ventilation den pAO2. Umgekehrt lässt sich bei bekannter pA-aO2 der zu erwartende paO2 berechnen nach paO2 = pAO2 − pA-aO2.
Ein durch Hypoventilation bedingter Anstieg des p
aCO
2 (>75 mmHg), z. B. im
Aufwachraum, bewirkt eine
Hypoxie (p
aO
2 <60 mmHg) unter
Atmung von Raumluft, aber nicht bei erhöhter inspiratorischer O
2-Konzentration.
Beispiel 5 Berechnung A) bei Raumluft: FiO2 = 0,21, paCO2 = 80 mmHg, pA-aO2 = 5 mmHg: Es ergibt sich piO2 = 713 × 0,209 = 149 mmHg, pAO2 = 149–80/0,85 = 55 mmHg, damit ist der zu erwartende paO2 = 55–5 = 50 mmHg.
Berechnung B) unter O2-Gabe und FiO2 = 0,5 ergibt einen piO2 = 713 × 0,5 = 356 mmHg, pAO2 = 356–80/0,85 = 262 mmHg, damit wäre der zu erwartende paO2 = 262–50 = 212 mmHg.
Blutgasanalyse
Die O
2-Aufnahme wird überwiegend durch den pulmonalen Blutfluss und weniger durch die O
2-Diffusion bestimmt.
Die O2-Diffussionskapazität DLO2kann durch Ventilations-Perfusions-Störungen, eine ausgeprägte Beschädigung der alveolokapillären Membran oder eine sehr kurze kapilläre Verweildauer beeinträchtigt werden. Daraus ergibt sich, dass körperliche Belastung, die mit einer Steigerung des Herzzeitvolumens einhergeht, insbesondere bei Beeinträchtigung der DLO2 zur Störung der O2-Aufnahme und Zyanose führt.
Der O
2-Gehalt des Bluts ist hauptsächlich von der Menge und dem Anteil oxygenierten
Hämoglobins (Oxyhämoglobin, HB-O
2) abhängig.
Die Menge des gebundenen Sauerstoffs berechnet sich nach Hb × SO
2 × 1,39, die Konzentration im Blut (cO
2) aus gebundenem plus gelöstem Sauerstoff, mithin
$$ {\displaystyle \begin{array}{ll}{cO}_2= & \left( Hb\times {SO}_2\times 1,39\right)\\ {} & +\left({pO}_2\times 0,003\right)\ ml\ {O}_2\, pro\, 100\ ml\, Blut.\end{array}} $$
Als Maß für eine Lageveränderung der O
2-Bindungskurve dient der p
50- oder Halbsättigungswert
. Der p
50 ist der
Partialdruck, bei dem das Hb zu 50 % gesättigt ist. Er beträgt bei adultem Hb ca. 26,6 mmHg.
Ein arbeitender Muskel ist sauer, hyperkapnisch und heiß und profitiert von einer verbesserten O
2-Abgabe (
Rechtsverschiebung).