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Die Ärztliche Begutachtung
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Publiziert am: 15.06.2022

Entzündliche Herzerkrankungen, Endokarditis, Perikarditis, Kardiomyopathien

Verfasst von: Ali Erdogan
Die WHO definierte im Jahr 1980 Kardiomyopathien als Herzmuskelerkrankungen unbekannter Ursache, um eine Kardiomyopathie von einer kardialen Dysfunktion auf dem Boden einer bekannten kardiovaskulären Grunderkrankung, wie z. B. arterieller Hypertonie, ischämischer Herzerkrankung oder Herzklappenerkrankungen, zu unterscheiden. In der klinischen Praxis jedoch wurde der Begriff Kardiomyopathie auch für Erkrankungen mit bekannter Ursache verwendet, z. B. als ischämische Kardiomyopathie und hypertensive Kardiomyopathie. Deshalb wurde die Klassifikation der Kardiomyopathien erweitert. Unter Berücksichtigung anatomischer und physiologischer Gesichtspunkte werden folgende Arten der Kardiomyopathien unterschieden: dilatative Kardiomyopathie, hypertrophische Kardiomyopathie, restriktive Kardiomyopathie, arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie und unklassifizierte Kardiomyopathie.

Definition, Klassifikation, Epidemiologie und Ätiopathogenese

Kardiomyopathien sind Erkrankungen des Herzmuskels (Abelmann 1984). Die WHO definierte im Jahr 1980 Kardiomyopathien als Herzmuskelerkrankungen unbekannter Ursache, um eine Kardiomyopathie von einer kardialen Dysfunktion auf dem Boden einer bekannten kardiovaskulären Grunderkrankung, wie z. B. arterieller Hypertonie, ischämischer Herzerkrankung oder Herzklappenerkrankungen, zu unterscheiden (WHO/ISFC Task Force). In der klinischen Praxis jedoch wurde der Begriff Kardiomyopathie auch für Erkrankungen mit bekannter Ursache verwendet, z. B. als ischämische Kardiomyopathie und hypertensive Kardiomyopathie. Deshalb erweiterte die Task Force der WHO und der International Society and Federation of Cardiology (ISFC) die Klassifikation der Kardiomyopathien: Ab jetzt wurden alle Herzmuskelerkrankungen eingeschlossen unter Berücksichtigung der ätiologischen und dominierenden pathophysiologischen Aspekte (Richardson et al. 1996). In dieser Klassifikation wurden Kardiomyopathien definiert als „Erkrankungen des Herzmuskels, die mit kardialer Dysfunktion einhergehen“.
Unter Berücksichtigung anatomischer und physiologischer Gesichtspunkte wurden folgende Arten der Kardiomyopathien unterschieden, von denen jede viele unterschiedliche Ursachen aufweisen:
2.
Hypertrophische Kardiomyopathie
 
3.
Restriktive Kardiomyopathie
 
5.
Unklassifizierte Kardiomyopathie
 
Definition Kardiomyopathie
Im Jahre 2006 publizierte die American Heart Association (AHA) eine wissenschaftliche Stellungnahme, die eine zeitgemäße Definition und Klassifikation der Kardiomypathien darstellt (Maron et al. 2006). Das Experten-Konsensus-Panel schlug folgende Definition vor:
„Kardiomyopathien sind eine heterogene Gruppe von Herzmuskelerkrankungen, die mit einer mechanischen und/oder elektrischen Dysfunktion einhergehen. Sie sind gewöhnlich durch eine unverhältnismäßig stark ausgeprägte Hypertrophie und Dilatation des Ventrikelmyokards gekennzeichnet und haben viele Ursachen, von denen zahlreiche genetisch sind. Kardiomyopathien sind entweder auf das Herz beschränkt oder Teil einer generalisierten Systemerkrankung; sie führen oft zum Tod aus kardiovaskulärer Ursache oder zu progredienter Verschlechterung der Leistungsfähigkeit auf dem Boden einer zunehmenden Herzinsuffizienz.“
Diese wissenschaftliche Stellungnahme der AHA reagierte auf Widersprüche der vorausgehenden Klassifikationen und bot jetzt eine neue genomische und molekulare Perspektive an. Hier ist besonders zu betonen, dass damit auch Ionenkanalerkrankungen als primäre Kardiomyopathien anerkannt worden sind, obwohl sie keine makroskopisch erkennbaren strukturellen Abnormalitäten aufweisen.
Die Kardiomyopathien werden in 2 Gruppen eingeteilt (Abb. 1 und Übersicht „Sekundäre Kardiomyopathien“):
1.
Primäre Kardiomyopathien, die genetischer oder nichtgenetischer Ursache sein bzw. erworben werden können
 
2.
Sekundäre Kardiomyopathien, die mit einer Beteiligung eines anderen Organsystems einhergehen können
 
Sekundäre Kardiomyopathien
(Modifiziert nach Maron et al. 2006)
1.
Infiltrativ (Akkumulation abnormaler Substanzen extrazellulär)
  • Amyloidose (primär, familiär autosomal dominant, senil, sekundäre Formen)
  • Hurler-Erkrankung
  • Hunter-Erkrankung
 
2.
Speicherkrankheiten
 
3.
Toxische Kardiomyopathie
  • Medikamente
  • Schwermetalle
  • Chemische Agenzien
 
4.
Endomyokardial
  • Endomyokardfibrose
  • Hypereosinophiles Syndrom (Löffler-Endokarditis)
 
5.
Inflammatorisch (granulomatös)
 
6.
Endokrin
 
7.
Kardiofazial
  • Noonan-Syndrom
  • Lentiginose
 
8.
Neuromuskulär/neurologisch (alle genetischen [familiären] Ursprungs)
 
9.
Kardiomyopathien auf dem Boden von Ernährungsstörungen
  • Beriberi (Thiamin)
  • Pellagra (Niacin)
  • Skorbut (Ascorbinsäure)
  • Selenmangel
  • Karnitinmangel
  • Kwashiorkor
 
11.
Konsequenzen einer Krebstherapie
  • Anthrazykline: Doxorubicin (Adriamycin), Daunorubicin
  • Cyclophosphamid
  • Bestrahlungen
 
Für den kardiologischen Gutachter ist es am sinnvollsten, der Einteilung nach hämodynamischen Kriterien nachzugehen, d. h. zwischen dilatativer Kardiomyopathie, hypertrophischer Kardiomyopathie, restriktiver Kardiomyopathie, arrhythmogener rechtsventrikulärer Kardiomyopathie und anderen Kardiomyopathien wie z. B. der linksventrikulären Non-Compaction-Kardiomyopathie sowie der inflammatorischen Kardiomyopathie zu unterscheiden.
Epidemiologisch ist die Herzinsuffizienz die gemeinsame Endstrecke der meisten Herzerkrankungen, insbesondere auch der Kardiomyopathien. Man nimmt an, dass in Deutschland mehr als 2 Mio. Menschen an einer Herzinsuffizienz leiden. Die Kardiomyopathien sind nach der koronaren Herzkrankheit und der arteriellen Hypertonie die dritthäufigste Ursache für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz. Da bei allen Kardiomyopathien primär der Herzmuskel betroffen ist, resultiert letzten Endes entweder eine diastolische oder eine systolische Herzinsuffizienz.
Eine häufige Ursache einer Herzinsuffizienz ist die dilatative Kardiomyopathie (DCM), welche die dritthäufigste Ursache für eine systolische Herzinsuffizienz darstellt.
Auch die hypertrophische Kardiomyopathie (HCM) kann in der Endphase in eine Herzinsuffizienz einmünden. Mit einer Prävalenz von 0,2 % gilt die HCM als häufigste hereditäre Herzerkrankung (Maron et al. 1995).
Die restriktive Kardiomyopathie ist in Deutschland die am seltensten vorkommende Form der Kardiomyopathien.
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie tritt im nordöstlichen Teil Italiens gehäuft auf, ihre Prävalenz beträgt dort ca. 1/1000 (Nava et al. 1988). Ein weiteres Endemiegebiet findet sich auf der griechischen Insel Naxos (Coonar et al. 1998). In den übrigen Teilen der westlichen Welt wird die Prävalenz der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie auf etwa 1/5000 bis zu 1/10.000 geschätzt (Fontaine et al. 2001).

Dilatative Kardiomyopathie (DCM)

Die dilatative Kardiomyopathie ist durch einen progredienten Verlauf mit zunehmender ventrikulärer Dilatation und initial oft mit diastolischer Dysfunktion, später mit abnehmender systolischer Funktion des linken Ventrikels charakterisiert. Die DCM ist in ca. 20–30 % der Fälle genetisch bedingt.
Bisher sind Mutationen in 24 Genen bekannt. Der häufigste Erbgang bei familiärer DCM ist mit 60–70 % ein autosomal-dominanter (Mestroni et al. 1999). Mutationen im kardialen α-Actin-Gen, ferner in anderen Genen wie in Desmin, d-Sarkoglykan, Phospholamban und Metavinculin verursachen eine reine dilatative Kardiomyopathie. Diese Gene scheinen allerdings nur selten für die familiäre DCM verantwortlich zu sein (Villard et al. 2005). Die übrigen Krankheitsgene mit Ausnahme von β-Myosin und Troponin T sind nur selten für eine autosomal-dominante DCM verantwortlich. Dagegen sind Mutationen im β-Myosingen wesentlich häufiger (ca. 9 % der Patienten) bei familiärer dilatativer Kardiomyopathie ohne skelettmuskuläre Beteiligung und ohne AV-Block (Osterziel und Perrot 2005). Insgesamt sind Mutationen in den Genen von β-Myosin, Troponin T und Lamin A/C sowie Dystrophin relativ häufige Ursachen der familiären dilatativen Kardiomyopathie, während Mutationen in allen anderen Genen selten als Ursache in Frage kommen.

Hypertrophische Kardiomyopathie (HCM)

Die hypertrophische Kardiomyopathie tritt überwiegend familiär mit autosomal-dominantem Erbgang auf. In der Mehrzahl der Fälle lässt sich eine Mutation in einem der bisher 14 bekannten Krankheitsgene nachweisen (Tab. 1). Morphologisch ist die Erkrankung durch eine lokale, septal-betonte asymmetrische Septumhypertrophie, seltener auch durch eine apikale oder auch generalisierte konzentrische Hypertrophie des linksventrikulären Myokards (Wanddicke ≥15 mm) gekennzeichnet.
Tab. 1
Krankheitsgene der hypertrophen Kardiomyopathie. (Modifiziert nach van Driest et al. 2005)
Proteine
Gene
Relative Häufigkeit (%)
β-Myosin-Schwerkette
MYH7
15
Regulatorische Myosin-Leichtkette
MYL2
2
Essenzielle Myosin-Leichtkette
MYL3
0,1
Myosinbindendes Protein C
MYBPC3
20
TNNT2
2,6
Troponin I
TNNI3
1,8
Troponin C
TNNC1
<0,01
Tropomyosin
TPM1
1,2
Actin
ACTC
0,2
Titin
TTN
?
Myosin-Leichtketten-Kinase 2
MYLK2
?
Muskel-LIM-Protein
MLP
?
Caveolin-3
CAV3
?
α-Myosin-Schwerkette
MYH6
?
Die Hypertrophie bewirkt bei der Mehrzahl der Patienten eine diastolische Relaxations- und Compliancestörung. Im Hinblick auf die Hämodynamik wird die häufigere hypertrophisch-nichtobstruktive Kardiomyopathie (HNCM) ohne Druckgradient in der linksventrikulären Ausstrombahn von der bei weniger als 25 % der HCM-Patienten beobachteten hypertrophisch-obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) unterschieden, wobei die Septumhypertrophie eine Obstruktion der Ausstrombahn des linken Ventrikels bewirkt. Der intrakavitäre Druckgradient kann durch systolische Vorwärtsbewegung des vorderen Mitralsegels („systolic anterior motion“, SAM) weiter verstärkt werden. Durch dieses SAM-Phänomen resultiert eine Mitralinsuffizienz unterschiedlichen Schweregrades. Histologisch ist die Erkrankung durch einen Strukturverlust der Myozyten und durch eine interstitielle Fibrose, vor allem des subendokardialen Myokards, gekennzeichnet, in einigen Fällen auch durch eine Verzweigung und Wirbelbildung („disarray“) der Myozyten.
Der linke Vorhof ist einerseits durch die Mitralinsuffizienz, andererseits aber auch durch die erhöhten Füllungsdrücke aufgrund der hämodynamisch überwiegenden diastolischen Dysfunktion sehr oft vergrößert; dies hat häufig Vorhofflimmern zur Folge.

Restriktive Kardiomyopathie

Die ätiologische Klassifizierung der restriktiven Kardiomyopathie ist in der nachfolgenden Übersicht wiedergegeben.
Ätiologische Klassifizierung der restriktiven Kardiomyopathie
1.
Myokardial
a.
Nichtinfiltrativ
 
b.
Infiltrativ
 
c.
Speichererkrankungen
 
 
2.
Endomyokardial
  • Hypereosinophiles Syndrom
  • Endomyokardfibrose
  • Karzinoidsyndrom
  • Metastasiertes Karzinom
  • Bestrahlung
  • Anthrazykline
  • Pharmaka, die eine fibröse Endokarditis verursachen (Serotonin, Methysergid, Ergotamin, Quecksilberverbindungen, Busulfan)
 
Die restriktive Kardiomyopathie ist durch eine pathologische Versteifung des Ventrikels mit erheblicher Füllungsbehinderung und diastolischer Funktionsstörung gekennzeichnet (Richardson et al. 1996). Die links- bzw. rechtsventrikuläre Auswurffraktion ist meist normal; trotzdem kann das Herzminutenvolumen erniedrigt sein, die Füllungsdrücke sind erhöht. Die Wanddicke ist in Abhängigkeit von der Ätiologie normal oder vermehrt. Häufigste Ursache der restriktiven Kardiomyopathien in Deutschland ist die Amyloidose. Weiterhin sind Sarkoidose, einige seltenere Stoffwechsel- und Speichererkrankungen sowie das hypereosinophile Syndrom mit Endokardfibrose (Löffler) als Ursache zu erwähnen.

Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie

Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie ist durch eine lokalisierte oder generalisierte Degeneration und Atrophie des rechtsventrikulären Myokards mit nachfolgendem Ersatz durch Fett- und Bindegewebe charakterisiert. Klinisch stehen Palpitationen und anhaltendes Herzrasen im Vordergrund (Marcus et al. 1982; Marcus und Fontaine 1995; Wichter et al. 1998; Nava et al. 2000). Plötzliche Todesfälle treten gehäuft auf.
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie manifestiert sich meist im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter (15.–35. Lebensjahr) in Form von spontan terminierenden oder auch anhaltenden ventrikulären Tachykardien rechtsventrikulären Ursprungs und daher linksschenkelblockartiger Konfiguration (Marcus et al. 1982; Marcus und Fontaine 1995; Nava et al. 2000) bei der arrhythmogenen rechtsventikulären Kardiomyopathie.

Therapieoptionen der Kardiomyopathien

Die Pharmakotherapie der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) mit verminderter linksventrikulärer systolischer Funktion entspricht den Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz (Hoppe et al. 2005). ACE-Hemmer werden bei allen Patienten mit linksventrikulärer Auswurffraktion ≤35–40 % unabhängig von der Symptomatik (NYHA I–IV) empfohlen (ACC/AHA-Klasse I-A, Oxford-Graduierung 1a). Weiterhin sind Betablocker bei allen Patienten mit symptomatischer stabiler systolischer Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium III–IV zusätzlich zu einer Standardtherapie mit ACE-Hemmern und gegebenenfalls Diuretika indiziert, falls keine Kontraindikationen bestehen (Klasse I-A, Oxford-Graduierung 1a). Derzeit können nur die Betablocker Bisoprolol, Carvedilol und Metoprololsuccinat sowie beim älteren Patienten Nebivolol zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz empfohlen werden (ACC/AHA-Klasse I-A, Oxford-Graduierung 1a). Diuretika sind bei jeder Herzinsuffizienz mit Flüssigkeitsretention oder ehemals vorgelegener Flüssigkeitsretention indiziert (Klasse I-A, Oxford-Graduierung 1a). Ferner sollten Aldosteronantagonisten niedrig dosiert (12,5–50 mg/Tag) bei schwerer systolischer Herzinsuffizienz (NYHA III–IV) additiv zu einer Basistherapie mit ACE-Hemmern, Betablockern und Diuretikum verordnet werden (ACC/AHA Klasse I-A, Oxford-Graduierung 1b).
AT1- Rezeptorblocker sind eine sinnvolle Alternative zu ACE-Hemmern bei Patienten mit symptomatischer systolischer chronischer Herzinsuffizienz (bei dilatativer Kardiomyopathie) und ACE-Hemmerintoleranz zur Verbesserung der Morbidität und Sterblichkeit (Klasse I-A, Oxford-Graduierung 1a) (Hoppe et al. 2005).
Die medikamentöse Basistherapie (oligo-)symptomatischer Patienten bei hypertrophischer Kardiomyopathie besteht in erster Linie aus Calciumantagonisten bzw. Betablockern. Bei höhergradiger Herzinsuffizienz wird auf die typische Herzinsuffizienztherapie zurückgegriffen (Hoppe et al. 2005). Vor allem hat sich bei der HCM die Kombination nachlastsenkender Medikamente mit Betablockern und – bei Indikation – auch mit Antiarrhythmika bewährt. Bei höhergradiger Obstruktion der linksventrikulären Ausstrombahn stehen die transkoronare Ablation der Septumhypertrophie mittels Alkohol (TASH) bzw. die chirurgische Myektomie zur Wahl. Nur wenige Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz werden einer Herztransplantation unterzogen.
In Abhängigkeit von der Lokalisation, dem Ausmaß der linksventrikulären oder rechtsventrikulären Hypertrophie und in einigen Fällen auch von der Art der genetischen Ursache ist die Prognose der Patienten mit hypertrophischer Kardiomyopathie sehr unterschiedlich. Gerade bei Jugendlichen ist der plötzliche Herztod das größte Risiko dieser Erkrankung. Deshalb ist also das wichtigste Ziel der Therapieplanung bei HCM-Patienten die Evaluation des Risikoprofils für einen plötzlichen Herztod. In nachfolgender Übersicht sind die Risikofaktoren für den plötzlichen Herztod aufgelistet. Die Implantation eines Defibrillators (AICD) ist die wirksamste Präventivmaßnahme gegen den plötzlichen Herztod.
Hypertrophische Kardiomyopathie: Risikofaktoren für den plötzlichen Herztod
(Modifiziert nach Scheffold et al. 2005)
  • Vorausgegangener Herzstillstand (Kammerflimmern)
  • Vorzeitiger plötzlicher Herztod in der Familie
  • Synkopen unklarer Genese
  • Linksventrikuläre Hypertrophie ≥30 mm
  • Abnormes Blutdruckverhalten im Belastungs-EKG im Alter <40 Jahre
  • Nichtanhaltende ventrikuläre Tachykardien im Langzeit-EKG
  • 2 und mehr Risikofaktoren
Wichtig für die Therapie der restriktiven Kardiomyopathie ist die Diagnostik der zugrunde liegenden Erkrankung; in Abhängigkeit davon bestehen teilweise palliative Therapieoptionen. In Einzelfällen kann auch hier eine Herztransplantation in Erwägung gezogen werden.
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) verläuft häufig progredient. Patienten mit schwerwiegender Symptomatik (Synkopen, hämodynamisch beeinträchtigende ventrikuläre Tachykardien, überlebter plötzlicher Herztod) werden mit einem implantierbaren Defibrillator (ICD) behandelt. In Einzelfällen kann in Endstadien mit rechts- oder biventrikulärer Herzinsuffizienz eine Herztransplantation notwendig werden.

Prognose

Die Prognose der dilatativen Kardiomyopathie wird durch das Ausmaß der Einschränkung der systolischen/diastolischen links-/rechtsventrikulären Funktion bestimmt (Hoppe et al. 2005).
Bei Patienten mit hypertrophischer Kardiomyopathie gelten als gesicherte Risikofaktoren: ein überlebter Herzstillstand, ferner nichtanhaltende ventrikuläre Tachykardien im Langzeit-EKG, ein abnormaler Blutdruck im Belastungs-EKG, Synkopen unklarer Genese, ein plötzlicher Herztod in der Familie sowie eine massive Hypertrophie des linksventrikulären Myokards (>30 mm) (McKenna und Behr 2002). Bei Patienten mit hypertrophisch-obstruktiver Kardiomyopathie mit fehlender oder nur leichter Symptomatik ist die Höhe des Gradienten in der linksventrikulären Ausstrombahn der wichtigste Prädiktor für einen plötzlichen Herztod. Bei Patienten mit ausgeprägter Symptomatik ist das Ausmaß der Herzinsuffizienz unabhängig von einer Obstruktion der dominierende Prädiktor (Autore et al. 2005; Scheffold et al. 2005).
Die Prognose der restriktiven Kardiomyopathie ist sehr variabel und hängt von der zugrunde liegenden Erkrankung ab. In der Regel handelt es sich um ein progredientes Krankheitsgeschehen mit hoher Mortalität. Da gerade für die primären Formen keine spezifische Therapieoption belegt ist, ist hier die Prognose schlecht.
Die Prognose der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie wird in erster Linie durch die auftretenden ventrikulären Tachyarrhythmien und die Möglichkeit des Auftretens eines plötzlichen Herztodes bestimmt. Bevorzugt ist der plötzliche Herztod bei jungen, sportlich aktiven, bis dahin nicht selten kardial unauffälligen Patienten zu beobachten. Die Erkrankung verläuft häufig progredient.
Das im Jahre 1996 erstmals beschriebene und auch im Herzen nachgewiesene Zell-Zell-Verbindungsprotein Plakophilin-2 (Mertens et al. 1996) wurde als erste genetische Störung erkannt, die für den plötzlichen Herztod anscheinend gesunder junger Menschen verantwortlich zeichnen kann (Gerull et al. 2006). Dieser Befund konnte auch hinsichtlich anderer desmosomaler Proteine des Herzmuskels, d. h. Desmoplakin, Plakoglobin, Desmoglein-2 und Desmocollin-2, bestätigt werden (Norman et al. 2005; Yang et al. 2006; Pilichou et al. 2006; Heuser et al. 2006; Syrris et al. 2006). So gilt bereits heute mehr als die Hälfte der Genkonstellationen aufgeklärt, die zum plötzlichen Herztod junger Menschen führen.

Gutachtliche Bewertung

Die versicherungsrechtliche und sozialmedizinische Beurteilung bei Patienten mit Kardiomyopathien ist aufgrund der unterschiedlichen, teils auch unsicheren Prognose der jeweiligen Form der Kardiomyopathie sehr erschwert. So kann vorwiegend bei hypertrophischen Kardiomyopathien der Krankheitsverlauf über lange Zeit (bis zu Jahrzehnten) stabil bleiben, bis plötzlich Verschlechterungen der Hämodynamik bis zur dekompensierten Herzinsuffizienz mit Symptomen der Stauung im großen bzw. kleinen Kreislauf auftreten. Weiterhin können bei eingeschränkter Pumpfunktion tachykarde Vorhof- oder Kammerrhythmusstörungen auftreten, die innerhalb kurzer Zeit die Hämodynamik gravierend verschlechtern können.
Auch kann bei inflammatorischer Kardiomyopathie (nach abgeklungenem myokarditischen Schub) sowie z. B. bei der alkoholischen Herzschädigung der Spontanverlauf äußerst unterschiedlich sein: So ist bei einem Drittel der Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion nach langjährigem Alkoholabusus eine weitere Progression der Erkrankung bis zur dekompensierten Herzinsuffizienz, bei einem Drittel ein Persistieren des Niveaus der eingeschränkten linksventrikulären Funktion, bei einem Drittel der Patienten allerdings eine deutliche Verbesserung der linksventrikulären Funktion zu erwarten.
Alle diese Faktoren bedingen eine allgemeine Unsicherheit in der prognostischen Beurteilung der Kardiomyopathien bei der Einzelbegutachtung. Es ist daher notwendig, die Begutachtung – je nach Erkrankung – in ein- bis zweijährigen Zeitintervallen zu wiederholen. Weiterhin müssen bei der sozialmedizinischen Beurteilung Veränderungen der Dimensionen der Herzkammern und das Vorliegen einer begleitenden Mitral- und/oder Trikuspidalinsuffizienz berücksichtigt werden.
Liegt bei Patienten mit Kardiomyopathien eine systolische Herzinsuffizienz vor, ist das Ausmaß der Verschlechterung der Prognose in erster Linie vom Grad der Pumpfunktionsstörung, aber auch von der Symptomatik, der Belastbarkeit und Begleiterkrankungen beeinflusst (Bouvy et al. 2003). Entsprechend epidemiologischer Analysen ist die Prognose bei Patienten mit diastolischer Dysfunktion, aber noch erhaltener Pumpfunktion günstiger als bei systolischer Dysfunktion, sie ist aber gleichzeitig deutlich reduziert im Vergleich zu Herzgesunden (Gustafsson et al. 2003).
In den New-York-Heart-Association-(NYHA-)Stadien III und IV ist die Prognose der Patienten mit Kardiomyopathien und Herzinsuffizienz am schlechtesten: So stirbt etwa die Hälfte der Patienten innerhalb eines Jahres. Obwohl durch eine optimierte Herzinsuffizienztherapie (s. oben) und bei Vorhandensein eines Linksschenkelblocks auch durch eine kardiale Resynchronisationstherapie (biventrikuläre Stimulation) in den letzten Jahren eine Verbesserung der Prognose erreicht werden konnte, bleibt die Prognose insgesamt trotzdem schlecht, die Progredienz der Erkrankung kann nur selten aufgehalten werden.
  • Bei einer Kardiomyopathie ohne unter Ruhe- bzw. Belastungsbedingung nachweisbare links- bzw. rechtsventrikuläre Funktionsstörung liegt in der Regel eine normale Berufs- und Erwerbsfähigkeit vor. Dies gilt selbst für Berufe mit schwerer körperlicher Belastung. Aber auch unter dieser primär guten hämodynamischen Ausgangssituation ist eine kurzfristige Überprüfung des kardialen Funktionszustands erforderlich.
  • Im hämodynamischen Stadium I, das durch normale Herzgröße, normale links- und/oder rechtsventrikuläre Funktion sowie unbeeinträchtigtes Leistungsvermögen gekennzeichnet ist, finden sich ausschließlich – oft noch junge – Patienten mit hypertrophischer Kardiomyopathie:
    • Bei hypertrophischer nichtobstruktiver Kardiomyopathie (HNCM) ist Berufsfähigkeit auch bei Berufen mit leichter und mittelschwerer körperlicher Belastung anzunehmen, nicht jedoch bei Berufen, die im Wesentlichen mit schwerer körperlicher Belastung verbunden sind.
    • Patienten mit hypertrophisch-obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) dürfen nur Berufe ausüben, die mit leichter körperlicher Belastung einhergehen, bei denen aber vor allem kein Heben schwerer Gegenstände und kein starkes Pressen erforderlich sind (zur Vermeidung eines Valsalva-Phänomens), da sonst durch Zunahme des Gradienten in der linksventrikulären Ausstrombahn Belastungssynkopen und vital bedrohliche ventrikuläre Arrhythmien auftreten können.
  • Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie sind überwiegend im hämodynamischen Stadium II zu finden, das durch vergrößerte links- bzw. rechtsventrikuläre Dimensionen, normale links- und/oder rechtsventrikuläre Pumpfunktion und gute Belastbarkeit charakterisiert ist. Die Prognose dieser Patienten ist aber nicht sicher abzuschätzen. Aufgrund der begrenzten Beeinflussbarkeit des natürlichen Krankheitsverlaufs und der meist zunehmenden Progredienz der Erkrankung bei unterschiedlicher Genese ist es im Allgemeinen nur begrenzt möglich, die Patienten aktiv im Erwerbsleben zu halten, wobei vorübergehend in erster Linie sitzende Tätigkeiten ohne Schichtdienst in Betracht kommen können.
Wenn auch das Ausmaß der linksventrikulären Dimensionen in der Regel eine beschränkte Aussage über die Belastbarkeit von Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie erlaubt, so ist doch wegen der Gefahr einer Über- oder auch Unterschätzung der Einschränkung der Ventrikelfunktion eine Belastungsuntersuchung unter Überwachung durch einen erfahrenen Arzt anzustreben. Eine submaximale Belastung sollte durchgeführt werden.
Wegen der nicht sicher abschätzbaren Prognose besteht bei Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie trotz geringer oder fehlender Symptomatik (z. B. keine Belastungsdyspnoe, keine pektanginösen Beschwerden, keine vermehrten Palpitationen) Berufsunfähigkeit für alle Berufe, die mit mittelschweren und schweren körperlichen Anstrengungen verbunden sind. Die Erwerbsfähigkeit ist in diesem Stadium der Erkrankung aber grds. noch erhalten, eine teilweise Erwerbsminderung ist zu prüfen. Der Grad der Behinderung (GdB) ist zwischen 0–10 einzuschätzen.
  • Im NYHA-Stadium III (höhergradige Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit; Erschöpfung, Dyspnoe, Angina pectoris und/oder Rhythmusstörungen schon bei geringer körperlicher Belastung) besteht Berufsunfähigkeit für alle Berufe mit körperlicher Arbeit; auch die Erwerbsfähigkeit ist im Stadium III in der Regel eingeschränkt, sodass eine teilweise oder volle Erwerbsminderung vorliegen kann. Der GdB liegt zwischen 50–70 bei pathologischer Ergometerbelastung mit 50 Watt.
  • Im NYHA-Stadium IV liegt sowohl Berufsunfähigkeit als auch volle Erwerbsminderung vor.
Bei Patienten mit hypertrophisch-obstruktiver Kardiomyopathie ist die körperliche Leistungsfähigkeit oft besonders stark limitiert, wobei die Einschränkung der Belastbarkeit im Wesentlichen mit der Höhe des Druckgradienten in der linksventrikulären Ausstrombahn und nicht mit den Dimensionen des linksventrikulären Cavums korreliert. Ist aber bereits eine Dilatation des linken Ventrikels und eine deutliche Vergrößerung des linken Vorhofs eingetreten, muss eine aufgehobene Leistungsfähigkeit festgestellt werden. Bei Fehlen von linksventrikulärer und linksatrialer Dilatation können Patienten mit hypertrophisch-obstruktiver Kardiomyopathie allerdings geistige und leichte körperliche Arbeiten ausführen.
Weiterhin müssen bei der sozialmedizinischen Beurteilung Erfolge neuer Behandlungsverfahren, wie z. B. die Beseitigung eines hämodynamisch relevanten linksventrikulären Ausstrombahngradienten durch interventionelle Okklusion des ersten septalen Astes des Ramus descendens anterior mittels Alkoholinjektion (TASH-Verfahren, transkoronare Ablation der Septumhypertrophie) oder eines chirurgischen Eingriffs (Myektomie) berücksichtigt werden.
Bei Kardiomyopathien mit ventrikulären und supraventrikulären Rhythmusstörungen wird die Leistungsfähigkeit des Patienten in der Regel von der Art und dem Schweregrad der Grunderkrankung determiniert. In der sozialmedizinischen Begutachtung darf deshalb die Rhythmusstörung nicht isoliert betrachtet werden, sondern immer nur im Kontext mit einer begleitenden Erkrankung, z. B. einer koronaren Herzkrankheit, eines durch Myokardinfarkt oder Myokarditis erlittenen Myokardschadens, aber auch im Zusammenhang mit einer begleitend auftretenden arteriellen Hypertonie, einem Diabetes mellitus oder Alkoholabusus.
Ist bei einem Patienten mit Kardiomyopathie durch Auftreten einer therapierefraktären terminalen Herzinsuffizienz eine Herztransplantation erforderlich geworden, ist direkt nach dem Eingriff eine Heilungsbewährung (im Allgemeinen 2 Jahre) abzuwarten; während dieser Zeit ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 anzusetzen. Danach ist der GdB selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression nicht niedriger als 70 zu bewerten. Heute kann bei Herztransplantationen von einer 15-Jahres-Überlebensrate von bis zu 75 % ausgegangen werden. Da es sich bei den transplantierten Herzen um primär funktionstüchtige Organe handelt, werden der weitere Verlauf und die Leistungsfähigkeit der Patienten kurz- und langfristig durch Abstoßungsreaktionen, ferner durch eine das Langzeitüberleben nach Herztransplantation bestimmende Transplantatvaskulopathie determiniert. Die daraus sich ergebenden Änderungen der körperlichen Belastbarkeit sind bei einer sozialmedizinischen Beurteilung vor dem Hintergrund der oben skizzierten eingeschränkten Erwerbsfähigkeit (volle oder teilweise Erwerbsminderung/Berufsunfähikgeit) zu berücksichtigen.

Perikarditis

Das Perikard kann bei einer großen Zahl von Systemerkrankungen beteiligt sein, es kann aber auch isoliert erkranken. Die wesentlichen Manifestationen einer Perikarderkrankung sind Perikarditis und Perikarderguss. Während Perikarditis und Perikarderguss unterschiedliche Phänomene darstellen, treten bei den meisten Patienten mit Perikarderkrankungen beide Manifestationen mehr oder weniger stark auf. Bei einigen Patienten dominiert das klinische Bild einer akuten Perikardentzündung, und die Gegenwart von überschüssiger Perikardflüssigkeit ist klinisch unbedeutend. Bei anderen Patienten sind der Perikarderguss und seine klinischen Konsequenzen von größter Bedeutung.

Ätiopathogenese, Epidemiologie, Kernsymptome und Diagnostik

Klassifikation der Perikarderkrankung
Der Ätiologie der Perikarderkrankungen kann man am besten durch eine Modifikation der altbewährten pathologischen Klassifikation der Erkrankung in inflammatorische, neoplastische, degenerative, vaskuläre und idiopathische Perikarditis gerecht werden (Spodick 1997, 2001; Troughton et al. 2004). Die Hauptursachen sind in Tab. 2 aufgelistet.
Tab. 2
Ätiologie, Inzidenz und Pathogenese der Perikarditis. (Modifiziert nach Maisch et al. 2004)
Ätiologie
Inzidenz
Pathogenese
1. Infektiöse Perikarditis
Viral (Coxsackie A9, B1–4, Echo, Mumps, Ebstein-Barr-Virus, Zytomegalievirus, Windpocken, Röteln, HIV, Parvo B 19
30–35 %
Multiplikation und Ausbreitung des verursachenden Erregers sowie Freisetzung toxischer Substanzen bewirken im Perikard eine seröse, serofibrinöse, hämorrhagische (Bakterien, Viren, Tuberkulose, Pilze) oder purulente Entzündung (Bakterien)
Bakterien (Pneumo-, Meningo-, Gonokokken, Hämophilus, Treponema pallidum, Borreliose, Chlamydien, Tuberkulose)
5–10 %
Kardiale Manifestationen der Grunderkrankungen, oft klinisch mild oder stumm
Pilze (Candida, Histoplasma)
Selten
Unbekannt
Parasiten (Entamoeba histolytica, Echinococcus, Toxoplasma)
Selten
Unbekannt
2. Perikarditis bei systemischen Autoimmunerkrankungen
30 %
Unbekannt
30 %
Unbekannt
Spondylitis ankylosans
1 %
Unbekannt
Systemische Sklerose (Sklerodermie)
>50 %
Unbekannt
Selten
Unbekannt
Periarterritis nodosa
Selten
Unbekannt
Reiter-Syndrom
Ca. 2 %
Unbekannt
0,7 %
Unbekannt
3. Autoimmunerkrankung Typ 2
Fieberhafter Gelenkrheumatismus
20–50 %
Sekundär (nach chirurgischem Eingriff): akute Phase bei Postkardiotomiesyndrom
Postkardiotomiesyndrom (Dressler-Syndrom)
Ca. 20 %
14 Tage nach chirurgischem Eingriff
Postmyokardinfarktsyndrom
1–5 %
(Pericarditis epistenocardica)
Autoreaktive (chronische) Perikarditis
23,1 %
Gemeinsame Form
4. Perikarditis und Perikarderguss bei Erkrankungen der umgebenden Organe
Akuter Myokardinfarkt (Pericarditis epistenocardica)
5–20 %
1–5 Tage nach transmuralem Myokardinfarkt
30 %
Begleitende Epimyokarditis
Aortenaneurysma
Selten
Dissektion: hämorrhagischer Perikarderguss
Lungeninfarkt
Selten
Unbekannt
Selten
Unbekannt
Ösophaguserkrankungen
Selten
Unbekannt
Hydroperikard bei dekompensierter Herzinsuffizienz
Selten
Unbekannt
Paraneoplastische Perikarditis
Häufig
Keine direkten tumorösen Infiltrate
5. Perikarditis bei metabolischen Erkrankungen
Unbekannt
Häufig viral/toxisch/autoimmun
Myxödem
30 %
Seröser cholesterinreicher Perikarderguss
Selten
Membranschwäche?
Diabetische Ketoacidose
Selten
Unbekannt
Cholesterin-Perikarditis
Sehr selten
Transsudation von Cholesterin (steriler serofibrinöser Perikarderguss)
Schwangerschaft
Selten
Unbekannt
6. Traumatische Perikarditis
Direkte Verletzung (den Thorax penetrierende Verletzung, Ösophagusperforation, Fremdkörper)
Selten
Unbekannt
Indirekte Verletzung (nichtpenetrierende Thoraxverletzung, Mediastinalbestrahlung)
Selten
Weniger häufig seit der Einführung der lokalen konvergierenden Bestrahlung
7. Tumoröse Perikarderkrankung
35 %
Primäre Tumoren
Selten
Unbekannt
Sekundäre metastatische Tumoren
Häufig
Seröser oder fibrinöser, häufig hämorrhagischer Perikarderguss
Bronchialkarzinom
40 %
Unbekannt
22 %
Die Grunderkrankung während der Infiltration mit malignen Zellen begleitend
Magen und Kolonkarzinom
3 %
Unbekannt
Andere Karzinome
6 %
Unbekannt
Leukämie und Lymphom
15 %
Unbekannt
3 %
Unbekannt
Sarkom
4 %
Unbekannt
Andere Tumoren
7 %
Unbekannt
8. Idiopathische Inzidenz
3,5 %, in anderen Fallserien >50 %
Seröser, fibrinöser, manchmal hämorrhagischer Perikarderguss bei Verdacht auf virale oder autoimmune sekundäre Immunopathogenese
Eine Perikarderkrankung kann auch Teil einer anderen Erkrankung sein, einschließlich inflammatorischer Darmerkrankung und Meningitis. Die meisten oben aufgeführten Ätiologien können sowohl eine „trockene“ Perikarditis (Perikarditis mit minimalem oder keinem Perikarderguss) als auch einen Perikarderguss verursachen. Einige ursächliche Faktoren sind vorwiegend mit einem Perikarderguss ohne signifikante Perikardentzündung assoziiert, wie z. B. HIV-Infektion und Hypothyreose.
Die akute Perikarditis tritt unabhängig von ihrer Ätiologie in 3 Manifestationen auf: Es wird eine trockene Perikarditis, eine fibrinöse Perikarditis und eine Perikarditis mit Begleitperikarderguss unterschieden (Spodick 2001). Sehr oft beginnt die Erkrankung mit einem Prodromalstadium, das durch Fieber (gewöhnlicherweise <39 °C), ferner durch Übelkeit und Myalgien gekennzeichnet ist; allerdings besteht bei älteren Patienten oft kein Fieber in diesem Stadium. Hauptsymptome sind retrosternaler bzw. linkspräkordialer Druck, der zur linken Schulter ausstrahlen kann und mit der Körperposition variiert, weiterhin ein nichtproduktiver Husten und Atemnot.
Das wichtigste klinisch-diagnostische Verfahren stellt die Herzauskultation dar. Hier ist in erster Linie das auskultierbare Perikardreiben zu erwähnen, das vorübergehend, dabei mono-, bi- oder triphasisch auftreten kann. Weiterhin kann ein Pleuraerguss vorhanden sein. Die Perikarditis wird oft von einer Myokarditis geringen Schweregrades begleitet, die durch globale oder regionale myokardiale Funktionsminderung, durch Myalgien oder Rhabdomyolysen, ferner durch Erhöhung der Serumspiegel von Troponin I/T, von CK-MB, Myoglobin und u. U. auch TNF gekennzeichnet ist.
Der Auskultationsbefund eines neuen 3. Herztons, konvexe ST-Hebungen (vom J-Punkt ausgehend) im EKG, Nachweis von Indium-111-markierten Antikörpern und im Magnetresonanztomogramm nachweisbare strukturelle myokardiale Veränderungen sind klare Indikatoren einer myokardialen Begleiterkrankung (Spodick 2001). In Tab. 3 ist der diagnostische Algorithmus, die Reihenfolge der notwendigen diagnostischen Maßnahmen und das Evidenzniveau im diagnostischen Work-up dargestellt.
Tab. 3
Diagnostischer Algorithmus bei Patienten mit akuter Perikarditis (Evidenzniveau B bei allen Maßnahmen). (Modifiziert nach Maisch et al. 2004)
Methodik
Charakteristische Befunde
Obligatorisch (Indikationsklasse I, Oxford-Graduierung 1b)
1. Auskultation
Perikardreiben (mono-, bi- oder triphasisch)
2. Elektrokardiogramm
Stadium I:
Konkave ST-Hebungen, vom J-Punkt ausgehend, in den Vorderwand- und inferioren Ableitungen
Frühes Stadium II:
ST-Hebungen kehren zur isoelektrischen Linie zurück
Spätes Stadium II:
Progrediente Abflachung und Inversionen der T-Wellen
Stadium III:
Generalisierte T-Wellen-Inversionen
Stadium IV:
Normalisierung des EKG zum Ausgangsbefund vor Perikarditis
3. Echokardiogramm
Perikarderguss Typ B-D (Horowitz)
Zeichen einer Perikardtamponade
4. Blutanalysen
ESR, CRP, LDH, Leukozyten (Entzündungsmarker)
Troponin I/T, CK-MB (Marker einer Myokardläsion)
5. Röntgenthoraxaufnahme
Normalbefund bis Herzschatten in Form einer „Wasserflasche“
Zusätzliche Information über pulmonale/mediastinale pathologische Veränderungen
Erforderlich bei Perikardtamponade (Indikationsklasse Ib, Oxford-Graduierung 1b), optional bei größeren bzw. rekurrierenden Perikardergüssen oder bei nichtschlüssigen vorausgehenden diagnostischen Tests (Indikationsklasse IIa, Oxford-Graduierung 1b) bzw. bei geringgradigem Perikarderguss (Indikationsklasse IIb, Oxford-Graduierung 1b)
6. Perikardiozentese und Perikarddrainage
PCR und Histochemie zur ätiopathogenetischen Klassifizierung der Infektion oder Tumorerkrankung
Optional oder bei nichtschlüssigen Ergebnissen vorausgehender Tests (Indikationklasse IIa, Oxford-Graduierung 1b)
1. CT
Perikarderguss, Peri- und Epikard
2. MRT
Perikarderguss, Peri- und Epikard
3. Perikardioskopie, Perikardbiopsie
Ermittlung der spezifischen Ätiologie

Chronische Perikarditis

Der Begriff chronische Perikarditis (>3 Monate) beinhaltet eine Perikarditis mit Perikarderguss, eine adhäsive Perikarditis sowie konstriktive Perikarditiden (Spodick 2001). Die Symptome sind gewöhnlich sehr gering (retrosternaler Schmerz, Palpitationen und Ermüdung), bezogen auf das Ausmaß der chronischen kardialen Kompression und der bleibenden perikardialen Entzündungszeichen.
Die Aufdeckung heilbarer Ursachen (z. B. bei Tuberkulose, Toxoplasmose, Myxödem, Autoimmunerkrankungen und Systemerkrankungen) lässt eine spezifische Therapie mit hoher Erfolgsrate zu. Die symptomatische Therapie entspricht derjenigen bei akuter Perikarditis. Intraperikardiale Verabreichung eines kristallisierten, nicht absorbierbaren Kortikosteroids hat sich bei autoreaktiven Formen der chronischen Perikarditis als hocheffizient erwiesen (Maisch et al. 2002).
Eine Perikardiozentese ist sowohl als diagnostisches als auch als therapeutisches Verfahren indiziert. Falls die Perikarditiden gehäuft wiederkehren, erscheinen Maßnahmen wie eine pleuroperikardiale Fensterung sowie eine perkutane Ballonperikardiotomie geeignet (Indikationsklasse IIb, Evidenz B, Oxford-Graduierung 1b; Ziskind et al. 1993). Bei chronisch persistierenden bzw. immer wiederkehrenden größeren Perikardergüssen trotz intraperikardialen Therapieversuchs oder nach Ballonperikardiotomie sollte eine Perikardektomie erwogen werden (Sagrista-Sauleda et al. 1999).

Rekurrierende Perikarditiden

Der Begriff rekurrierende Perikarditis umfasst
1.
den intermittierenden Typ (weit variierende, symptomfreie Intervalle ohne Therapie) und
 
2.
den unaufhörlichen, weiter florierenden Typ (Unterbrechung der antiinflammatorischen Therapie führt regelhaft zu einem Perikarditisrezidiv).
 
Die rekurrierende Perikarditis kann auf folgende Mechanismen zurückgeführt werden:
1.
Unzureichende Dosierung und/oder nicht ausreichende Behandlungsdauer der antiphlogistischen oder Kortikoidbehandlung bei einer Autoimmunperikarderkrankung
 
2.
Frühere Kortikosteroidbehandlung, die eine vermehrte virale DNA-/RNA-Replikation im Perikardgewebe bewirkt hat, mit der Folge eines Anstiegs der viralen Antigenexposition
 
3.
Reinfektion
 
4.
Exazerbation einer „Connective Tissue“-Erkrankung
 

Konstriktive Perikarditis

Die konstriktive Perikarditis stellt einen chronisch entzündlichen Prozess dar, in den sowohl die fibröse als auch die seröse Schicht des Perikards einbezogen ist. Die chronische Entzündung des Perikards führt zu einer Behinderung der Füllung des linken und rechten Ventrikels und zu einer reduzierten links- bzw. rechtsventrikulären Funktion. Eine ätiologische Zuordnung ist bei etwa einem Drittel der Fälle möglich, wobei tuberkulöse, toxische und bakterielle Ursachen im Vordergrund stehen. Aber auch Mediastinalbestrahlungen und vorausgehende herzchirurgische Eingriffe sind häufig Ursachen dieser Erkrankung, die in zahlreichen pathoanatomischen Formen auftreten kann (Rienmüller et al. 1993). In geringerem Ausmaß liegen maligne Erkrankungen der chronischen Perikarditis zugrunde.
Die Veränderungen führen zu einer Perikardverdickung und letztlich zu einer Kompression der Herzhöhlen sowie Einflussbehinderung an Hohlvenen- und Lungenvenenmündungen. Etwa zwei Drittel der chronischen Perikarditiden sind kalzifizierender (Pericarditis constrictiva calcarea), etwa ein Drittel nichtkalzifizierender Natur (Pericarditis constrictiva noncalcarea). Die daraus resultierende Behinderung der diastolischen Füllungsphase bewirkt eine Einschränkung der kardialen Funktion.

Kernsymptome

Die Patienten klagen über Ermüdung, periphere Ödeme, Atemnot bei Belastung und auch in Ruhe, weiterhin über Druck- und Völlegefühl im Oberbauch sowie über Anschwellung des Bauches. Das letztere Symptom kann durch einen Eiweißverlust bei exsudativer Enteropathie verstärkt werden. Typisch ist eine lange Verzögerung zwischen der initialen Perikardentzündung und dem Beginn der Perikardkonstriktion. Bei dekompensierten Patienten können Venenstauung, Lebervergrößerung, Pleuraergüsse und Aszites auftreten. Diese hämodynamischen Verschlechterungen des Patienten können zusätzlich durch systolische Dysfunktion des links- und rechtsventrikulären Myokards verstärkt werden, die auf eine Myokardfibrose oder -atrophie zurückzuführen sind.

Therapieoptionen der akuten Perikarditis

Bei Patienten mit einer identifizierten Ursache (aber keiner Virusgenese) ist eine spezifische Therapie indiziert, die der zugrunde liegenden Erkrankung angemessen ist. Im Falle der akuten Virus- oder idiopathischen Perikarditis hat sich keine Therapie als effizient erwiesen, um ernste Komplikationen wie Perikardtamponade und -konstriktion zu verhindern. Glücklicherweise treten diese Komplikationen allerdings selten auf (Permanyer-Miralda et al. 1985; Zayas et al. 1995). Das symptomatische Management der Patienten mit akuter Perikarditis beinhaltet
  • Vermeidung von körperlicher Belastung,
  • eine stationäre Aufnahme, um die Ätiologie abzuklären, ferner um bei schon vorhandener geringgradiger Perikardergusslamelle die Entwicklung des Perikardergusses abzuwarten, ebenso den Erfolg der Behandlung.
Die Schmerzbehandlung besteht in der Verabreichung nichtsteroidaler antiinflammatorischer Substanzen (NSAID) als wesentlichstem ersten Therapieschritt (Klasse-I-Empfehlung, Evidenz B, Oxford-Graduierung 1b). Hierbei ist Ibuprofen wegen seiner geringen Nebeneffekte vorzuziehen. Alternativ können Aspirin (300–600 mg alle 4–6 h) und Indomethacin verabreicht werden; Indomethacin sollte jedoch nicht bei älteren Patienten gegeben werden.
Therapie und Prävention von Perikarditisrezidiven
Colchicin (0,5 mg 2× täglich) sollte zusätzlich zu einem nichtsteroidalen Antiphlogistikum hinzugegeben oder als Monotherapie verabreicht werden. Colchicin scheint sowohl zur Behandlung der initialen Perikardentzündung als auch zur Prävention der Perikarditisrezidive geeignet zu sein (Empfehlung Klasse IIa, Evidenz B, Oxford-Graduierung 1b).
Eine perkutane Ballonperikardiotomie kann bei Patienten erwogen werden, bei denen die medikamentöse Therapie keinen Erfolg zeigt (Empfehlung Klasse IIb, Evidenz B, Oxford-Graduierung 1b).
Kortikosteroide sollten nur bei Patienten mit schlechter allgemeiner Verfassung oder bei häufigen Perikarditisschüben verwendet werden (Empfehlung Klasse IIa, Evidenz C, Oxford-Graduierung 5). Die empfohlene Kortisondosis beträgt im Falle von Prednison 1–1,5 mg/kg Körpergewicht für mindestens einen Monat. Bei Patienten, die keine adäquate Antwort auf diese Therapie zeigen, können Azathioprin (75–100 mg/Tag) oder Cyclophosphamid hinzugefügt werden.
Eine Perikardektomie ist nur bei zahlreichen und hochsymptomatischen Perikarditisschüben indiziert, die keinen Erfolg einer medikamentösen Therapie erkennen lassen (Empfehlung Klasse IIa, Evidenz B, Oxford-Graduierung 1b).
Perikardektomie
Bei der Pericarditis constrictiva wird eine partielle bzw. komplette Perikardresektion zur Entfesselung der Ventrikel in ihrer Gesamtheit angestrebt, um eine möglichst unbehinderte diastolische Füllung zu ermöglichen. Die Operationsindikation ist nach Diagnosesicherung unter Berücksichtigung des präoperativen NYHA-Stadiums zu stellen. Relative Kontraindikationen der Perikardektomie sind eine Mediastinalbestrahlung mit nachfolgender Perikarditis (wegen schlechter Langzeitergebnisse), eine schwere Herzinsuffizienz (NYHA IV) infolge Myokardschädigung, weiterhin chronische oder maligne Erkrankungen, die einen Gewinn des Patienten aus dem operativen Eingriff unwahrscheinlich erscheinen lassen.
Die Perikardektomie ist die einzige mögliche Therapiemaßnahme bei permanenter Konstriktion des Perikards. Die Indikationen basieren auf den klinischen Symptomen, den Befunden der Echokardiografie/Magnetresonanztomografie bzw. auch den Herzkatheterbefunden.
Es gibt 2 Standardeingriffe:
1.
Anterolaterale Thorakotomie (5. Interkostalraum)
 
2.
Mediane Sternotomie (schneller Zugang zur Aorta und zum rechten Vorhof zur Einleitung der extrakorporalen Zirkulation)
 
Das primäre Anlegen eines kardiopulmonalen Bypass wird wegen diffuser Blutungsneigung nach systemischer Heparinisierung nicht empfohlen. Die perioperative Letalität der Perikardektomie bei konstriktiver Perikarditis liegt bei 6–12 %; sie beruht auf einem progredienten Herzversagen, häufig infolge Dilatation des Herzens.
Gelegentlich kann es intraoperativ auch zu einer Ventrikelwandruptur kommen. Die kardiale Mortalität und Morbidität bei der Perikardektomie sind hauptsächlich auf das vor dem Zeitpunkt der Operation noch nicht bekannte Vorhandensein einer Myokardatrophie oder Myokardfibrose zurückzuführen. Ausschluss von Patienten mit extensiver Myokardfibrose und/oder Myokardatrophie reduziert die Mortalitätsrate der Perikardektomie signifikant. Nach 5 Jahren überleben 90 % und nach 20 Jahren 75 % aller operierten Patienten. Neoplastisch bedingte Perikarditiden sowie präoperative Herzinsuffizienz im Stadium NYHA IV beeinflussen die Langzeitprognose negativ.

Gutachterliche Bewertung

Bei akuter Perikarditis oder einem akuten Schub einer rekurrierenden Perikarditis ist auf der Höhe des Krankheitsbildes immer Arbeitsunfähigkeit gegeben.
Nur die chronische konstriktive Perikarditis ist für die Versicherungsmedizin bedeutungsvoll. Sind bereits Zeichen einer ausgeprägten Einflussstauung durch die kardiale Kompression von außen vor dem linken und/oder rechten Herzen vorhanden, so sind die Patienten berufsunfähig bzw. teilweise oder voll erwerbsgemindert. Dann sollte der Operationserfolg der Perikardektomie abgewartet werden, da erst nach der kompletten oder partiellen Dekortikation, die aus technisch-operativen Gründen nicht immer gelingt, häufig eine weitgehende Restitution des Leistungsvermögens eintreten kann. Dann ist die Berufs- und Erwerbsfähigkeit 6 Monate und 1 Jahr nach der Operation erneut zu beurteilen.
Bei geringerer Ausprägung der Symptomatik der Pericarditis constrictiva, d. h. bei geringgradiger links- und/oder rechtsventrikulärer Einflussbehinderung, ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Patienten vom Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung abhängig zu machen:
  • Sind bei dem Patienten keine wesentlichen Zeichen einer Leistungsbeeinträchtigung zu erkennen, d. h. keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot bei Belastung, pektanginöse Beschwerden, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, wie z. B. bei sehr schnellem Gehen (7–8 km/h) oder bei schwerer körperlicher Arbeit, und besteht ferner keine Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung. Der GdB beträgt in diesem Zustand 0–10.
  • Bei Leistungsbeeinträchtigung unter mittelschwerer Belastung, z. B. forschem Gehen (5–6 km/h) oder mittelschwerer körperlicher Arbeit, bei Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung bis 75 Watt (mindestens 2 min lang). Es ist ein GdB von 20–40 anzunehmen.
  • Besteht aber schon eine Leistungsbeeinträchtigung bei alltäglicher Belastung (z. B. Spazierengehen 3–4 km/h, Treppensteigen bis zu 1 Stockwerk) oder bei leichter körperlicher Arbeit oder bestehen Beschwerden und pathologische Messdaten bei der Ergometerbelastung bereits bei 50 Watt (mindestens 2 min lang), so beträgt der GdB 50–70.
Heutzutage ist eine Concretio pericardii tuberkulöser Genese eher eine Seltenheit. Ist ein solcher Patient versicherungsrechtlich zu beurteilen, so ist die Perikarderkrankung dann als Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder Folge eines zu entschädigenden Ereignisses nach dem sozialen Entschädigungsrecht anzuerkennen, wenn die in der Zwischenzeit nicht selten ausgeheilte tuberkulöse Grunderkrankung versicherungsrechtlich entsprechend anzuerkennen ist. Die Minderungs der Erwerbsfähigkeit (MdE) in der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Grad der Schädigungsfolge (GdS) entspricht dann jeweils den o. g. GdB-Einschätzungen.
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