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Pädiatrie
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Publiziert am: 27.02.2020

Impfungen und Reiseimpfungen bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Fred Zepp und Markus Hufnagel
Impfungen durch aktive Immunisierungen gehören zu den wirkungsvollsten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin. Neben dem individuellen Schutz der geimpften Person lässt sich bei einem hohen Durchimpfungsgrad durch die meisten heute empfohlenen Impfungen auch die Zirkulation des entsprechenden Krankheitserregers vermindern. Der resultierende Kollektivschutz der Bevölkerung (Herdenprotektion) schützt indirekt auch nichtgeimpfte Personen vor einer impfpräventablen Infektionskrankheit. Bei hohen Durchimpfungsraten ist es sogar möglich, Krankheitserreger, deren einziges Reservoir der Mensch ist, regional zu eliminieren und schließlich weltweit auszurotten, wie es am Beispiel der Pocken erfolgreich demonstriert wurde. Mit der breiten Nutzung von wirksamen und sicheren Impfstoffen hat die Inzidenz von impfpräventablen Infektionskrankheiten im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts weltweit eindrucksvoll abgenommen. Passive Immunisierungen kommen bei ausgewählten Indikationen insbesondere zur Postexpositionsprophylaxe zum Einsatz und vermitteln nur einen passageren Immunschutz.

Aktive Immunisierung

Grundlagen

Bedeutung

Impfungen durch aktive Immunisierungen gehören zu den wirkungsvollsten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin. Neben dem individuellen Schutz der geimpften Person lässt sich bei einem hohen Durchimpfungsgrad (idealerweise über 95 %) durch die meisten heute empfohlenen Impfungen auch die Zirkulation des entsprechenden Krankheitserregers vermindern. Der resultierende Kollektivschutz der Bevölkerung (Herdenprotektion oder Herdenimmunität) schützt indirekt auch nichtgeimpfte Personen vor einer impfpräventablen Infektionskrankheit. Bei hohen Durchimpfungsraten ist es sogar möglich, Krankheitserreger, deren einziges Reservoir der Mensch ist, regional zu eliminieren und schließlich weltweit auszurotten, wie es am Beispiel der Pocken erfolgreich demonstriert wurde. Mit der breiten Nutzung von wirksamen und sicheren Impfstoffen hat die Inzidenz von impfpräventablen Infektionskrankheiten im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts weltweit eindrucksvoll abgenommen.
Das Verschwinden schwerwiegender, oft tödlich verlaufender Infektionskrankheiten infolge von Impfungen hat allerdings zu einer deutlichen Veränderung der Risikowahrnehmung in der Bevölkerung gegenüber impfpräventablen Infektionskrankheiten geführt. Trotz des unbestreitbaren Erfolgs von Impfungen sind die Bedenken der Öffentlichkeit gegenüber potenziellen, meist nur vermuteten oder sehr seltenen Risiken von Impfstoffen gewachsen und bestimmen heute in hohem Maße Akzeptanz und Nutzung von Impfungen. Der mit dem Erfolg moderner Impfprogramme einhergehende Verlust einer offensichtlichen Bedrohung durch Infektionserkrankungen fördert bei vielen Menschen den Eindruck, Impfungen seien überflüssig geworden. Es liegt in der Verantwortlichkeit aller Akteure des Gesundheitswesens, dieser grundsätzlich gesundheitsgefährdenden Fehlwahrnehmung aktiv durch Information und Beratung entgegenzuwirken.
Der Staat unterstützt diese Aufgabe unter anderem durch die Entwicklung von öffentlichen Impfempfehlungen. In Deutschland werden Impfempfehlungen durch die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut in Berlin erarbeitet und nach Abstimmung mit den Gesundheits- oder Sozialministerien der Bundesländer von diesen übernommen und umgesetzt. Die Verantwortung der STIKO ist im Infektionsschutzgesetz festgelegt. STIKO-Impfempfehlungen stellen den Goldstandard für die Prävention von Infektionskrankheiten dar. Sie dienen primär der Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens (Impfungen in öffentlichem Interesse) und sollen übertragbare Krankheiten mit relevanter Morbidität oder Mortalität für das Individuum und die Gesellschaft verhindern. Darüber hinaus enthalten die STIKO-Empfehlungen auch Hinweise für Indikations- und Nachholimpfungen, sowie Hinweise zu verschiedenen Aspekten individuell sinnvoller Impfungen. Grundlage von öffentlichen Impfempfehlungen sind infektionsepidemiologische Daten und publizierte bzw. den Behörden zur Verfügung stehende Daten zur Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Impfstoffen. Weitere Kriterien bei der Entwicklung allgemeiner Impfempfehlungen betreffen die Definition von Impfzielen, die Kalkulation der dazu erforderlichen Impfquoten, die prospektive Akzeptanz der Impfung, infektionsepidemiologische Folgen sowie Evaluation und Überwachung (Surveillance-Programme), insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung und den Erfolg der Empfehlung.
Auch mehr als 200 Jahre nach der Inaugurierung des Impfens durch Edward Jenner gilt uneingeschränkt, dass Impfungen der sicherste und beste Weg sind, Gesundheitsvorsorge zu betreiben und Infektionskrankheiten zu kontrollieren.

Immunologische Grundlagen

Immunität beschreibt die Fähigkeit des Organismus, Schutz gegenüber einer Infektion durch potenziell pathogene Mikroorganismen bzw. deren infektionsassoziierten Konsequenzen (Infektionskrankheit) zu gewährleisten. Das Immunsystem des Menschen umfasst natürliche unspezifische und erworbene spezifische Abwehrmechanismen (Kap. „Physiologie der B- und T-Lymphozyten“). Nur das sog. spezifische Immunsystem ist in der Lage, eine immunologische Gedächtnisantwort aufzubauen und stellt daher auch den primären Ansatzpunkt für eine Immunisierung durch Impfungen dar. Die aktive Immunisierung induziert eine körpereigene, spezifische Immunität, die mit einer zeitlichen Latenz von 1–2 Wochen eintritt und deren Schutzdauer, je nach Impfstoff, über Monate bis zu Jahrzehnten anhält. Im Gegensatz dazu werden bei der passiven Immunisierung körperfremde Antikörper dem Impfling substituiert. In diesem Fall tritt der Immunschutz sofort ein, ist aber zeitlich auf wenige Monate begrenzt.
Spezifische Immunität
Die spezifische Immunität wird durch B-Lymphozyten und von diesen produzierten Antigen-spezifischen Antikörpern (humorale Immunität) sowie durch verschiedene Populationen von T-Lymphozyten (zelluläre Immunität) vermittelt. Die wichtigste Eigenschaft der spezifischen Immunität liegt in der Fähigkeit, nach der ersten Auseinandersetzung mit einem Pathogen eine „immunologische Gedächtnisantwort“ auszubilden, die bei erneutem Kontakt eine wesentlich schnellere und in der Regel auch wirkungsvollere Abwehrreaktion (Recall-Antwort) gewährleistet. Das immunologische Gedächtnis ist die Grundlage von Infektionsschutz durch erworbene Immunität und stellt die Voraussetzung für die Infektionsprävention durch Impfungen dar.
Um einen Krankheitserreger zuverlässig erkennen zu können, verfügen die Zellen des spezifischen Immunsystems über spezielle Rezeptormoleküle (membrangebundene Antikörpermoleküle und T-Zell-Rezeptoren), die mit Strukturbestandteilen (Antigenen) von Mikroorganismen spezifisch interagieren und die Immunantwort einleiten. Gleichzeitig müssen B- oder T-Lymphozyten in der Lage sein, zwischen körpereigenen Strukturen („Selbst“) und körperfremden Substanzen (den sog. Fremdantigenen, wie z. B. Viren, Bakterien oder bakteriellen Toxinen) zu unterscheiden. Diese Fähigkeit erwerben sie während der frühen Differenzierung durch negative und positive Selektionsprozesse in den primären lymphatischen Organen (Kap. „Physiologie der B- und T-Lymphozyten“). In der Regel präsentieren Mikroorganismen und ihre Stoffwechselprodukte eine Vielzahl antigener Strukturen, die – abhängig von den immungenetischen Voraussetzungen eines Individuums – nach Identifikation durch die Rezeptorstrukturen des spezifischen Immunsystems zur Initiierung einer antigenspezifischen Immunantwort führen. Die Mehrzahl der heute verfügbaren Impfstoffe besteht aus inaktivierten Toxinen (z. B. Diphtherie-, Tetanus-Toxoid), abgetöteten Erregern bzw. Komponenten von pathogenen Mikroorganismen oder attenuierten (abgeschwächten) lebenden Erregern (bevorzugt virale Impfstoffe). Aktuelle Impfstoffentwicklungen verfolgen das Ziel, durch Reduktion der im Impfstoff enthaltenen Antigene die Reaktogenität von Impfstoffen zu vermindern. Um zusätzlich die Impfantwort zu verstärken und/oder die Qualität der Immunantwort gezielt zu beeinflussen, werden neuartige Adjuvanzien (z. B. Toll-Like-Rezeptoragonisten, wie Monophospholid A) eingeführt. Alternative innovative Impfkonzepte basieren auf rekombinanten viralen Vektoren oder Antigen-spezifischen RNA-Molekülen.
B-Lymphozyten
Die Rezeptoren von B-Lymphozyten sind die auf der Zelloberfläche exprimierten Antikörpermoleküle. Die in der Zellmembran verankerten Immunglobulinmoleküle repräsentieren die gleiche Antigenspezifität wie die später nach Aktivierung der spezifischen Immunantwort von den differenzierten B-Zellen (Plasmazellen) sezernierten Antikörpermoleküle. Die Oberflächen-Antigenrezeptoren der B-Zellen erkennen Antigene als komplexe dreidimensionale Strukturen. Jede Veränderung der dreidimensionalen Struktur eines Antigens, z. B. durch Denaturierung eines Proteins, kann dementsprechend Folgen für die Antigenerkennung haben. Dies ist von Bedeutung für die Impfstoffentwicklung: So können ausgeprägte strukturelle Veränderungen eines Impfantigens, z. B. bei der Toxin-Inaktivierung, dazu führen, dass die nach Impfung gebildeten Antikörper das ursprüngliche mikrobielle Antigen nicht oder nur ungenügend erkennen.
Eine aktivierte B-Zelle differenziert im Verlauf der Primärantwort zunächst zu einer Immunglobulin-M-produzierenden (IgM) Plasmazelle. Unter dem Einfluss von dendritischen Zellen (DC) und T-Helferzellen wechselt die Antikörperproduktion im weiteren Verlauf der Immunantwort zu IgG-Molekülen (Isotypen-Switch). Gleichzeitig werden Antigen-spezifische B-Gedächtniszellen gebildet, die für einen dauerhaften Infektionsschutz nach Impfung entscheidende Voraussetzung sind. Wiederholte Auseinandersetzung mit einem Antigen, z. B. durch Auffrischimpfungen, verbessert über somatische Mutationen die Qualität der Antigen-spezifischen B-Zell-Antwort und steigert die Bindungsaffinität der produzierten Antikörper. Diese B-Zell-Differenzierung wird durch Chemokine begünstigt, die die Migration aktivierter B-Zellen in Richtung von T-Zellen der parafollikulären Lymphknotenzonen stimulieren. Nur wenige natürliche Antigene können B-Zellen unabhängig von einer „Hilfe“ durch T-Zellen aktivieren.
T-Lymphozyten
Das T-zelluläre Immunsystem besteht aus verschiedenen Zellsubpopulationen mit unterschiedlichen Regulator- und Effektorfunktionen. T-Helferzellen tragen das CD4-Molekül und kontrollieren die humoralen und zellulären Immunreaktionen mit Effektorfunktion. Regulatorische T-Zellen sind für die übergeordnete Begrenzung einer Immunantwort verantwortlich und sorgen für die Aufrechterhaltung der T-Zell-Toleranz gegenüber Selbstantigenen. Zytotoxische T-Zellen werden durch das CD8-Oberflächenmolekül charakterisiert und erkennen Zellen, die Fremdantigen auf ihren Histokompatibilitätsstrukturen (MHC-Molekülen) exprimieren (siehe unten). Dabei kann es sich um veränderte körpereigene Zellen, wie beispielsweise virusinfizierte Zellen, oder auch um körperfremde Zellen (z. B. Transplantatzellen) handeln. Zytotoxische T-Zellen sind in der Lage durch Ausschüttung zytotoxischer Botenstoffe die als verändert erkannten Zellen zu eliminieren. Wie B-Zellen besitzen T-Zellen auf ihrer Oberfläche spezifische Antigenrezeptoren (TCR). Im Unterschied zu B-Zellen erkennen T-Zell-Rezeptoren Fremdantigene nicht nativ (in ursprünglicher Form), sondern in Assoziation mit körpereigenen Histokompatibilitätsstrukturen (HLA- oder MHC-Moleküle) auf antigenpräsentierenden Zellen (APC). Verschiedene Zellpopulationen, wie dendritische Zellen in Lymphknoten, Langerhanszellen in der Haut oder auch aktivierte B-Zellen, können als APC fungieren. T-Zell-Antigene werden erst nach Bearbeitung durch die APC auf MHC-Molekülen präsentiert. Dazu müssen größere Protein-Antigene durch die APC zu kleinen, etwa 8–15 Aminosäuren umfassenden Peptiden verarbeitet werden (Prozessierung). Abhängig von den Eigenschaften eines Antigens, der Prozessierung und Präsentation durch antigenpräsentierende Zellen (APC) sowie Chemokinen und Zytokinen werden im weiteren Verlauf einer Immunantwort zytotoxische T-Zellen und T-Helferzellen rekrutiert und aktiviert. Letztere können sich zu T-Helfer-1-Zellen (Th1) oder T-Helfer-2-Zellen (Th2) weiterentwickeln. Th1-Zellen unterstützen zellvermittelte zytotoxische Abwehrreaktionen, z. B. bei Virusinfektionen, und steuern die IgG-1-Produktion. Th2-Zellen kontrollieren die B-zelluläre-Immunantwort und die Entwicklung des B-zellulären Gedächtnisses. Die Stimulation von T-Zellen nach Antigenkontakt führt im Verlauf der Immunantwort zur Ausbildung von T-Gedächtniszellen.
In den vergangenen Jahren wurden weitere T-Zell-Subpopulationen beschrieben, die regulativ in den Ablauf der Immunantwort eingreifen. Für die Kontrolle der humoralen Immunantwort sind spezifische follikuläre T-Helferzellen in den Lymphknoten von Bedeutung. Eine detaillierte Darstellung der Aktivierungs- und Kontrollmechanismen findet sich in Kap. „Physiologie der B- und T-Lymphozyten“.
Immunantwort
Die protektive Immunantwort nach Impfung ist das Resultat der Interaktion von verschiedenen Komponenten des spezifischen Immunsystems. Idealerweise besteht ein Impfstoff aus antigenen Strukturen, die sowohl B-Zellen als auch T-Zellen stimulieren, um eine potente B- und T-Gedächtnisantwort auszulösen. Für virale Impfstoffe kann neben der Induktion von Antikörpern auch die Aktivierung spezifischer zytotoxischer T-Zellen ein Ziel sein. Dies trifft insbesondere auf die viralen Lebendimpfstoffe zu.
Die Überprüfung der T-Zell-Effektivität im Rahmen einer aktiven Immunisierung ist mit Standardmethoden leider nicht möglich. Der Nachweis spezifischer Antikörper nach Impfung dient daher grundsätzlich als Surrogatmarker für die erfolgreiche Auseinandersetzung des Immunsystems mit Impfantigenen. Die Höhe der nachgewiesenen Antikörpertiterkonzentrationen korreliert für die meisten Impfstoffe aber nur unzureichend mit der Qualität und Stärke des Impfschutzes. Für Zulassungszwecke sind national, regional und/oder international Antikörperkonzentrationen definiert worden, die in klinischen Studien mit „Wirksamkeit“ (Protektion) korrelierten. Dazu müssen allerdings definierte serologische Methoden (Funktionstests) verwendet werden, die für die klinische Routine meist nicht zur Verfügung stehen, etwa spezielle Bakterizidie-Titer oder Neutralisationstests. Durch hohen Infektionsdruck, z. B. durch eine große Menge an Tetanustoxin, kann der Schutz durch neutralisierende Antikörper aber auch einmal „überrannt“ werden.

Impfstoffe

Konventionelle Impfstoffe bestehen aus vermehrungsfähigen Krankheitserregern wie attenuierten Viren (Lebendimpfstoffe) oder aus vollständigen nicht vermehrungsfähigen Erregern bzw. isolierten Teilelementen derselben (Totimpfstoffe) oder aus mikrobiellen Produkten, wie inaktivierten Toxinen. Der rasante Fortschritt von immunologischen und molekulargenetischen Technologien ermöglicht heute die Entwicklung innovativer Vakzinen, wie rekombinante Impfantigene, virusähnlicher Partikel (sog. Virus-like particles, z. B. HPV-Vakzine) oder DNA- und RNA-Impfstoffe, die nur antigenkodierende genetische Information enthalten.
Lebendimpfstoffe werden aus „Wildvarianten“ eines Krankheitserregers, in der Mehrzahl Viren, durch direkte Modifikation oder durch Nutzung bestimmter Kulturbedingungen mit dem Ziel der Abschwächung der Pathogenität (Attenuierung) entwickelt. Die resultierenden abgeschwächten Erreger sind replikationsfähig und erzeugen im Impfling eine „Impf-Infektion“, die grundsätzlich der natürlichen Infektion entspricht, jedoch ohne die typischen schweren klinischen Symptome der Infektionskrankheit verläuft. Gelegentlich entwickeln die Impflinge leichte Symptome der durch den Impfstoff repräsentierten Infektionskrankheit. Lebendimpfstoffe simulieren somit den Verlauf einer typischen Immunantwort vergleichbar mit einer „Wildinfektion“ und lösen eine der natürlichen Abwehrreaktion entsprechende schützende Impfantwort aus. Risiken bestehen vor allem bei Menschen mit Störungen der spezifischen Immunfunktionen, bei denen es nach Impfung mit attenuierten Erregern zu einer unkontrollierten Vermehrung der Impfviren mit schweren Komplikationen bis hin zum Tod kommen kann. Bei schwerwiegenden Störungen der spezifischen Immunfunktion und in der Schwangerschaft sind Lebendimpfungen daher kontraindiziert.
Typische Lebendimpfstoffe sind die Impfstoffe gegen Mumps-, Masern-, Röteln-, Varizella-Zoster-, Rota- und Gelbfieberviren. Die früher empfohlene BCG-Impfung (Bacille Calmet Guerlain) zum Schutz vor Tuberkulose ist eine bakterielle Lebendvakzine. Wegen unzureichender Wirksamkeit wird dieser Impfstoff in Deutschland nicht mehr als Regelimpfung eingesetzt. Alternative, besser wirksame Impfstoffe gegen Tuberkulose sind gegenwärtig auch in der Forschung noch nicht verfügbar. Gegen Typhus, Influenza- und Polioviren gibt es neben Lebend- auch Totimpfstoffe. In Ressourcen-armen Ländern wird bevorzugt der orale Polio-Impfstoff (OPV) als Lebendimpfung eingesetzt, da er wesentlich kostengünstiger als der Totimpfstoff ist und den Vorteil hat, dass keine Kühlkette einzuhalten ist. In Deutschland ist der Polio-Lebendimpfstoff nicht mehr frei verfügbar, da die enthaltenen Impfviren sehr selten (unter 1:1.000.000) zu einer pathogenen Wildvirusvariante rückmutieren (revertieren) konnten und dann beim Impfling (oder bei Kontaktpersonen) eine paralytische Poliomyelitis-Erkrankung (als Vakzine-assoziierte paralytische Polio [VAPP] bezeichnet) auslösen konnten.
Bei den meisten Lebendimpfstoffen reicht eine einzige Impfung aus, um einen wirksamen Schutz zu erreichen. Während bisher davon ausgegangen wurde, dass Lebendimpfungen einen lebenslangen Infektionsschutz vermitteln, wird diese Einschätzung durch aktuelle infektionsepidemiologische Erkenntnisse in Frage gestellt. Die Vorstellung, dass Lebendimpfstoffe lebenslangen Schutz vermitteln, beruht im Wesentlichen auf der Beobachtung, dass Menschen nach überstandener Wildinfektion in der Regel nicht erneut an derselben Infektion erkranken. Hierfür waren vor Einführung entsprechender Impfungen allerdings vor allem wiederholte erneute Kontakte mit dem Erreger durch andere erkrankte Menschen verantwortlich. Im Verlauf der Lebensspanne wurde auf diesem Weg das immunologische Gedächtnis stets aufs Neue reaktiviert, ähnlich einer Auffrischimpfung. Durch die erfolgreiche Einführung allgemeiner Impfprogramme wurde dieser Zyklus in den vergangenen Jahrzehnten unterbrochen. Auch wenn die immunologische Gedächtnisantwort nach Lebendimpfung durchaus bis zu 20 Jahre nachweisbar ist, werden mit zunehmendem Alter auch bei regelrecht Geimpften Durchbruchsinfektionen, z. . für Mumps oder Varizella-Zoster beobachtet. Es ist daher durchaus möglich, dass zukünftig auch für Lebendimpfungen Booster-Impfungen im Verlauf des Lebens in Erwägung gezogen werden müssen.
Inaktivierte Impfstoffe (Totimpfstoffe) bestehen entweder aus vollständigen abgetöteten Erregern oder aus gereinigten, für die protektive Immunantwort relevanten Antigenstrukturen von Bakterien oder Viren (Komponentenimpfstoffe). Inaktivierte Impfstoffe sind nicht replikationsfähig. Sie führen daher auch nicht zu einer Infektion oder zu erregerspezifischen Krankheitssymptomen. Um eine ausreichende Immunantwort zu induzieren, werden viele Totimpfstoffe mit Adjuvanzien (Inflammationsmediatoren, wie z. B. Aluminiumsalze) verstärkt. Neuere Impfstoffe enthalten Adjuvanzien, die gezielt spezifische, die Immunantwort verstärkenden Rezeptoren des Immunsystems aktivieren (z. B. Monophospholipid A für Toll-Like Rezeptor 4). Die Inhaltsstoffe von Totimpfstoffen können lokale Reaktionen an der Injektionsstelle (Schwellung, Rötung, Schmerz) bzw. auch systemische Begleiterscheinungen auslösen, wie Fieber oder passagere körperliche Abgeschlagenheit. Im Gegensatz zu den Lebendimpfstoffen sind zum Erreichen einer schützenden Immunantwort mit Totimpfstoffen in der Regel mehrere Impfungen (Impfserie) erforderlich. Zum Aufrechterhalten des Impfschutzes sind regelhafte Wiederholungsimpfungen (sog. Booster-Impfung) notwendig, wobei das Zeitintervall für die Wiederimpfung von der Zusammensetzung des Impfstoffes abhängt. Für Menschen mit Störungen der Immunfunktion stellen Totimpfstoffe kein Infektionsrisiko dar. Grundsätzlich können Totimpfstoffe daher auch bei immunologischen Störungen eingesetzt werden. Die Qualität der Impfantwort ist jedoch von dem Schweregrad der Immunfunktionsstörung abhängig. Im ungünstigsten Fall kann es zum Ausbleiben des erwarteten Impfschutzes kommen. Beispiele für Totimpfstoffe sind inaktivierte Polio- (IPV), Rabies-, Hepatitis-A-, Typhus- oder Cholera-Impfstoffe. Gleichermaßen können Totimpfstoffe bei entsprechender Indikation auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Für Influenza- und Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Kombinations-Impfstoffe ist die Sicherheit der Impfung in der Schwangerschaft sehr gut belegt.
Bei den in Totimpfstoffen verwendeten Antigenen werden Protein-Antigene von Polysaccharid-Antigenen unterschieden. Protein-Antigene induzieren eine T-Zell-abhängige Immunantwort. Zu diesen Antigenen gehören beispielsweise Impfstoffe gegen Diphtherie, Tetanus (beides Toxoide), Zellbestandteile von Pertussis, inaktivierten Polioviren Typ I–III oder Hepatitis B (HBs-Antigen). Polysaccharid-Antigene sind Strukturbestandteile von kapseltragenden Bakterien und induzieren primär nur eine T-Zell-unabhängige Immunantwort, die in den ersten 2 Lebensjahren schlecht immunogen und schlecht boosterfähig ist. So stimuliert der 23-valente Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) zwar bei Erwachsenen, nicht aber bei Säuglingen und Kleinkindern eine schützende Impfantwort. Die unzureichende Impfantwort gegenüber Polysaccharid-Antigenen bei Kindern bis zum 2. Lebensjahr konnte erst durch die Entwicklung von Konjugatimpfstoffen überwunden werden. In Konjugatimpfstoffen werden Polysaccharid-Antigene an Eiweiße, wie Tetanus- oder Diphtherie-Toxoid, gebunden (konjugiert). Über das konjugierte Protein erhält die Polysaccharid-Antigen-spezifische B-Zelle die für die Ausbildung der schützenden Gedächtnisantwort erforderliche Unterstützung durch T-Helferzellen. Das Prinzip der Konjugatimpfstoffe konnte zwischenzeitlich bei einer Vielzahl von Polysaccharid-Impfstoffen erfolgreich genutzt werden. Heute sind dies Konjugatimpfstoffe gegen Hämophilus Typ b (Hib), Pneumokokken (10- oder 13-valent, als PCV 10 oder PCV 13 abgekürzt) und Meningokokken der Serogruppe C (MenC) oder der Serogruppen A, W, C, Y (MenACWY). Der Impfstoff gegen Meningokokken der Serogruppe B (MenB) ist ein gentechnisch hergestellter Protein-basierter Impfstoff.
Fraktionierte Komponentenvakzinen reduzieren die Inhaltsstoffe auf die für eine schützende Immunantwort relevanten Antigene. Zu dieser Gruppe gehören die modernen azellulären Pertussis- und Influenza-Vakzinen sowie der Hepatitis-B-Impfstoff. Auch bei Antitoxin-Impfstoffen, wie -Diphtherie- oder Tetanustoxoid, sowie Polysaccharid-Impfstoffen, handelt es sich um fraktionierte Vakzinen.
Die stetig wachsende Zahl wirksamer und gut verträglicher Impfstoffe für das Säuglings- und Kleinkindesalter ermöglicht es heute, Kinder schon sehr früh gegen eine Vielzahl von Infektionskrankheiten zu schützen. Um die Applikation der empfohlenen Impfungen auch im 1. Lebensjahr praktikabel und für Säuglinge und Eltern akzeptabel zu gestalten, wurden auf Basis der Einzelimpfstoffe in den vergangenen Jahren multivalente Kombinationsimpfstoffe entwickelt. Die heute verfügbaren Kombinationen enthalten bis zu 13 verschiedene Einzelimpfstoffe (z. B. Diphtherie-Toxoid, Tetanus-Toxoid, azelluläre Pertussis-Komponenten, Hepatitis-B-Vakzine, inaktivierte Poliovakzine Typ I–III und konjugierte Hämophilus Typ-b-Vakzine oder der 10- bzw. 13-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff).
Die Kombinationsimpfstoffe erlauben die sichere und einfache simultane Applikation mehrerer Antigene in einer Injektion – mit einer Gesamtreduktion des Anteils an Adjuvanzien – und haben seit ihrer Zulassung eine deutliche Steigerung der Durchimpfungsraten ermöglicht. Viele Untersuchungen bestätigen, dass diese Impfstoffe kein Risiko und keine Belastung für das kindliche Immunsystem darstellen. Auch junge Säuglinge und sogar ehemalige Frühgeborene sollen daher ab der vollendeten 8. Lebenswoche mit den öffentlich empfohlenen Impfungen geschützt werden, idealerweise in Form von Kombinationsimpfstoffen. Die zukünftige Entwicklung von Kombinationsimpfstoffen ist weniger durch das Reaktionsvermögen des kindlichen Immunsystems, sondern vielmehr durch die aufwendigen technischen Produktionsprozesse limitiert. Auch die neuen Pneumokokken- und Meningokokken-Konjugatimpfstoffe sind konzeptionell Kombinationsimpfstoffe.
Die moderne Impfstoffentwicklung nutzt in zunehmendem Umfang die Fortschritte der molekularen Medizin. Schon heute werden Komponentenvakzinen gentechnologisch als rekombinante Impfstoffe hergestellt, z. B. die Hepatitis-B-Impfstoffe. Bei neuen Impfstoffen gegen Rotaviren oder gegen humane Papillomaviren handelt es sich teilweise um lebend rekombinante Vakzinen oder um virusähnliche Partikel, die lediglich die Hülle von Viren ohne genetische Information repräsentieren. Durch den Einsatz neuer Adjuvanzien (Impfstoffzusätze, die die Initiierung und Ausprägung einer Immunantwort unterstützen und kontrollieren können) werden in Zukunft noch wirksamere, spezifischere und länger schützende Impfstoffe entwickelt werden.

Impfplan

In Deutschland wird der Impfkalender für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut in Berlin entsprechend den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes laufend weiterentwickelt. Die aktuellen Empfehlungen können auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts (www.rki.de) bzw. der STIKO (www.stiko.de) eingesehen und kostenfrei abgerufen werden.
Der sog. STIKO-Impfkalender stellt die optimalen Impfzeitpunkte der Standardimpfungen für Säuglinge, Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene und Senioren in Deutschland dar (Abb. 1). Grundlage sind zum einen definierte Impfziele, zum anderen die Zulassungsrahmenbedingungen der verfügbaren Impfstoffe. Der aktuelle Impfkalender (Stand: August 2019) umfasst Impfungen zum Schutz vor Rotaviren (RV), Diphtherie (D/d), Tetanus (T), Pertussis (aP, ap), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Hepatitis B (HBV), Poliomyelitis (IPV), Pneumokokken (Pnc), Meningokokken Serogruppe C (MenC), Masern, Mumps, Röteln (MMR), Varizellen (VZV) sowie humanen Papillomaviren (HPV). Für Erwachsene werden neben Auffrischimpfungen für Diphtherie (d), Tetanus (T) und Pertussis (ap) (Abschn. 1.1, „Impfstoffe“) gegen Pneumokokken und Influenza sowie seit 2019 auch gegen Herpes Zoster routinemäßig empfohlen.
Die Impfungen im 1. Lebensjahr legen das Fundament für den Aufbau einer langanhaltenden Immunität und entsprechen aus immunologischer Sicht einer Grundimmunisierung, d. h. dem ersten Kontakt des Immunsystems mit einem „Erreger“ (Abb. 1). Nach der Ausbildung einer spezifischen Immunreaktion durch die Impfung kommt es im zeitlichen Verlauf zum langsamen Verschwinden der Impfimmunität, z. B. mit abfallenden Antikörpertitern. Um nach der Grundimmunisierung einen lange persistierenden Impfschutz zu erhalten, ist es bei Totimpfstoffen nötig, eine erneute Impfung (Auffrischimpfungen, Booster) nach einem längeren Zeitintervall durchzuführen. Der zeitliche Mindestabstand für eine Auffrischimpfung beträgt üblicherweise mindestens 6 Monate. Die STIKO empfiehlt zu Beginn des 2. Lebensjahres Auffrischimpfungen. Erst durch diese Impfungen wird eine gute, langanhaltende immunologische Gedächtnisantwort aufgebaut. „Impf-Epidemiologen“ sprechen deshalb auch erst nach der 4. (Auffrisch-)Impfung (zurzeit in Deutschland 3+1 für DTap-Hib-IPV-HBV und 2+1 für PCV13) vom Abschluss der Grundimmunisierung und meinen damit das Erreichen eines langjährigen Impfschutzes.
Jeder Kontakt, z. B. im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen für Säuglinge und Kinder, Schuleingangsuntersuchungen, Schuluntersuchungen, Jugendgesundheitsuntersuchungen sowie bei späteren ärztlichen Untersuchungen sollte genutzt werden, um die Vollständigkeit des individuellen Impfschutzes zu überprüfen. Sofern keine spezifischen Kontraindikationen (z. B. Immundefekt) vorliegen, erhalten auch Personen mit chronischen Krankheiten die empfohlenen Standardimpfungen. Der zurzeit gültige STIKO-Impfkalender mit den empfohlenen Standardimpfungen, dem empfohlenen Impfalter und den Mindestabständen zwischen den Impfungen ist in Abb. 1 dargestellt. Mindestabstände dürfen nicht unterschritten werden, um den optimalen Impfschutz sicherzustellen und sollen nicht überschritten werden, um frühestmöglich Immunschutz zu bekommen.
Neben den Standardimpfungen werden Indikationsimpfungen für Personen mit besonderen Infektionsrisiken empfohlen. Die Indikationen für die einzelnen Impfungen werden ebenfalls in den jeweils aktuellen STIKO-Empfehlungen erläutert.
Die Standardimpfungen sollten bei jedem Kind ohne akute medizinische Probleme möglichst frühzeitig, beginnend nach der vollendeten 8. Lebenswoche, durchgeführt werden. Die 1. Rotavirus-Impfung kann und soll bereits mit 6 Lebenswochen, auch bei ehemaligen Frühgeborenen, verabreicht werden. Versäumte Impfungen werden unter Berücksichtigung der empfohlenen Zeitabstände und möglicher Kontraindikationen sobald wie möglich nachgeholt. Grundsätzlich gilt, dass jede früher verabreichte Impfung zählt und auch bei unvollständiger Grundimmunisierung nur die fehlenden Impfungen nachgeholt werden müssen. Bei unbekanntem Impfstatus muss im Zweifelsfall von fehlendem Impfschutz ausgegangen werden. In diesen Fällen empfiehlt sich eine vollständige Grundimmunisierung.
Frühgeborene Säuglinge sollen ebenfalls mit Erreichen des empfohlenen Impfalters von vollendeten 8 Lebenswochen (bzw. 6 Lebenswochen für die RV-Impfung) geimpft werden. Verträglichkeitsrisiken bestehen nicht und die Impfantwort entspricht auch bei ehemaligen Frühgeborenen der reifgeborener Säuglinge. Bei sehr jungen Frühgeborenen (Geburt vor der 32. Schwangerschaftswoche) besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für Apnoen im Rahmen der Impfung, weshalb die 1. Impfung routinemäßig unter stationären Bedingungen gegeben werden sollte.
Zwischen der Applikation von Lebend- und Totimpfstoffen müssen keine Zeitabstände eingehalten werden. Auch mehrere Lebendimpfstoffe, z. B. MMR-VZV, können gleichzeitig verabreicht werden. Ist dies nicht möglich, muss bei Lebendimpfstoffen ein zeitlicher Abstand von 4 Wochen eingehalten werden, um den Impferfolg sicherzustellen.
Alle Impfungen (Datum, Impfstoff, Dosis, Applikationsart, Hersteller, Chargennummer) sind durch den impfenden Arzt in einem Impfbuch (z. B. Deutsches Grünes Kreuz, 35037 Marburg) und in der Patientenakte zu dokumentieren. Das Impfbuch soll in den Händen des Impflings verbleiben.

Nebenwirkungen und Komplikationen

Reaktogenität
Unter der Reaktogenität eines Impfstoffs versteht man in der Regel harmlose lokale Reaktionen, wie Schmerz, Schwellung oder Rötung am Ort der Injektion und allgemeine Begleitreaktionen, wie Fieber, Unwohlsein, Appetitlosigkeit u. a., die keine Folgeschäden hinterlassen. In Abhängigkeit vom Erfassungssystem (aktive oder passive Registrierung von Meldungen über Nebenwirkungen) und der Definition von Nebenwirkungen, untersuchtem Impfstoff, Zahl der vorangegangenen Injektionen und Alter des Impflings werden klinisch relevante lokale Reaktionen bei 2 % (z. B. erste DTaP-Dosis beim Säugling) bis zu 70 % (z. B. DTaP-Booster-Dosis) der Impflinge berichtet. Schwere lokale Reaktionen (≥2 cm) kommen bei den modernen Impfstoffen nur noch in einer Größenordnung von <2 % vor. Die Mehrzahl der heute genutzten Impfstoffe können mit einer Fieberreaktion einhergehen, wobei hohes Fieber (Temperaturen >39,0 °C) mit den heute empfohlenen Impfstoffen bei <5 % aller Impflinge auftritt. Lokale und allgemeine Reaktionen nach Gabe von Totimpfstoffen treten praktisch ausschließlich innerhalb von 48 Stunden nach Applikation auf. Neue Adjuvanzien, die spezifisch immunologische Verstärkermechanismen aktivieren, weisen eine geringfügig stärkere Reaktogenität auf. Lebendimpfstoffe (MMR, Varizellen) induzieren ebenfalls lokale und systemische Impfreaktionen (Fieber, Hautausschlag), typischerweise in den ersten Tagen nach Impfung und erneut zwischen dem 7. und 14. Tag nach Impfung. Selten entwickeln die Impflinge auch abgeschwächte Symptome der Infektion gegen die geimpft wurde.
Allergie
Eine Anaphylaxie gegen Bestandteile von Impfstoffen kann schon bei der ersten Injektion auftreten. Sie entwickelt sich meist innerhalb von Minuten post vaccinationem und nahezu immer innerhalb von 30–60 min. Aus diesem Grund ist empfohlen, Personen nach Impfung für mindestens 30 min z. B. in der Arztpraxis zu überwachen. In einer Studie wurde die Häufigkeit schwerer, interventionsbedürftiger Anaphylaxie-Fälle mit 1:1.200.000 ermittelt. Von der Anaphylaxie zu unterscheiden ist die sofort nach Injektion auftretende anaphylaktoide Reaktion, die möglicherweise Folge einer versehentlichen intravasalen Injektion ist, ferner die vasovagale Reaktion (sog. Kollaps).
Mangelhafte Impftechnik
Abszess, Blutung und Verletzung, z. B. eines Nervs, sind Folgen mangelhafter Impftechnik. Auch sterile Abszesse, Granulome oder Zysten an der Impfstelle sind mit schlechter Technik assoziiert, wenn z. B. Adsorbatimpfstoff außen an der Impfnadel haftet und den Stichkanal benetzt. Oft resultieren über Wochen bis Monate tastbare Knötchen an der Injektionsstelle. Eine intragluteale Impfung wird heute nicht mehr durchgeführt. In den ersten Lebensjahren wird üblicherweise in die laterale Oberschenkelmuskulatur (M. vastus lateralis, Abb. 2), später in die Oberarmmuskulatur (M. deltoideus, Abb. 3) geimpft. Studien weisen darauf hin, dass Impfungen in die Oberschenkelmuskulatur bis zum 3. Lebensjahr seltener mit lokalen Nebenwirkungen vergesellschaftet sind.
Impfstofftypische Ereignisse
Von den allgemeinen Nebenwirkungen abzugrenzen sind impfstofftypische Komplikationen. Hier werden vorübergehende Impfkomplikationen, die in einer Häufigkeit von 0,1–1 % auftreten, von den sehr seltenen bleibenden Impfkomplikationen (Häufigkeit von <1:1.000.000) unterschieden. Zu den impfstofftypischen Ereignissen zählte beispielsweise das sehr seltene Auftreten einer schlaffen Lähmung nach Gabe von oralem Poliovirus-Lebendimpfstoff (OPV), in der Literatur bekannt als Vakzine-assoziierte paralytische Polio (VAPP), mit einer Häufigkeit von 2–4:1.000.000 Geburten, oder die Dissemination des Tuberkuloseimpfstamms (BCG) vor allem bei Kindern mit schwerem Immundefekt. Beide Impfstoffe sind in Deutschland seit Ende des letzten Jahrhunderts (u. a. wegen ihrer Nebenwirkungen) nicht mehr empfohlen und nicht mehr erhältlich. Da etwa 40 % der VAPP-Fälle durch ein revertiertes Impf-Poliovirus 2 verursacht waren, wird weltweit seit April 2016 in Ländern mit OPV-Impfprogrammen nur noch ein 2-valenter OPV (Polio 1 und Polio 3) eingesetzt. Andere sehr seltene Impfkomplikationen sind die transiente Thrombozytopenie nach Gabe von Mumps-Impfstoff (seltener als 1:30.000), die akute, transiente Röteln-Arthropathie, vor allem bei erwachsenen weiblichen Impflingen, die Invagination nach Rotavirus-Impfung, das Guillain-Barré-Syndrom nach Influenza-Impfungen (<1 Fall unter 1.000.000 Geimpfter) oder das Auftreten eines fiebergebundenen Krampfanfalls (bei genetisch suszeptiblen Kindern) nach Impfungen, insbesondere auch nach MMR-VZV-Impfung.
Unerwünschte Ereignisse versus Nebenwirkungen
Der erste Impfstoff der modernen Impfstoffentwicklung (gegen Pocken) war nicht nur mit erheblicher Reaktogenität belastet, er führte auch regelhaft zu impfstoffassoziierten Komplikationen wie Sepsis, weil man im 18. Jahrhundert die Regeln einer hygienischen, sterilen Impfstoffproduktion nach heutigen Vorstellungen noch gar nicht kannte. Durch moderne Herstellungsverfahren sind Impfstoffe heute sehr sicher, impfstofftypische Komplikationen mit bleibenden Schäden sind extrem selten. Dennoch werden Impfstoffe immer wieder als Ursache von schwerer Krankheit verdächtigt. Beispiele sind die Ganzkeim-Pertussis-Impfung (sie verursacht weder plötzlichen Kindstod noch Hirnschäden), die Hepatitis-B-Impfung (sie ist nicht Ursache von multipler Sklerose) oder die Masernimpfung (sie kann weder einen Morbus Crohn noch Autismus auslösen). Einzelne Fallberichte oder auch Fallserien sind prinzipiell ungeeignet, um zwischen einer Nebenwirkung (Impfstoff ist Ursache eines Ereignisses) und einem unerwünschten Ereignis in zeitlichem Zusammenhang nach Impfstoffgabe (Kausalität ist unbekannt) zu differenzieren.
Erfassung und Bewertung seltener, unerwünschter Ereignisse und Impfaufklärung
Um der Bevölkerung auch zukünftig die besten und vor allem sichere Impfstoffe anbieten und auch sehr seltene Nebenwirkungen als solche erfassen zu können, ist es von größter Wichtigkeit, dass alle unerwünschten Ereignisse nach Impfung an das Gesundheitsamt, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, die Zulassungsbehörde (Paul-Ehrlich-Institut in Langen) und/oder den Impfstoffhersteller gemeldet werden. Nach standardisierten gesetzlichen Vorgaben registrieren, sichten und bewerten diese Institutionen die gemeldeten unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit Impfungen und untersuchen, ob das beobachtete Ereignis in ursächlichem Zusammenhang mit der Impfstoffgabe steht. Die STIKO publiziert regelmäßig, mit welchen Reaktionen und Komplikationen nach Gabe eines in Deutschland zugelassenen Impfstoffs zu rechnen ist. Diese Publikation sollte Grundlage der Impfaufklärung sein. Zu den Pflichten des Impfarztes zählt es auch, andere Ursachen eines unerwünschten Ereignisses nach Impfung differenzialdiagnostisch auszuschließen und hierzu gegebenenfalls adäquate Untersuchungsmaterialien zu asservieren. Das Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht auf seiner Internetplattform alle gemeldeten Impfstoffnebenwirkungen (http://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/pharmakovigilanz/uaw-datenbank/uaw-datenbank-node.html) für Deutschland.
Begutachtung von vermuteten Impfschäden
Nach den Empfehlungen der STIKO nehmen in Deutschland rund 600.000 Kinder in den beiden ersten Lebensjahren an insgesamt 6 Impfterminen teil. Jede Krankheit – gleich wie selten sie ist –, die in diesen 24 Monaten auch ohne Impfen auftritt, kann daher mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch in zeitlicher Koinzidenz mit einer Impfung beobachtet werden. Für die epidemiologische Begutachtung eines Kausalzusammenhangs haben nur kontrollierte Studien Beweiskraft (Vergleich der Häufigkeit eines unerwünschten Ereignisses zwischen einer geimpften und einer vergleichbaren, ungeimpften Population). Fallberichte oder Fallserien sind bestenfalls geeignet, Hypothesen zu generieren („Impfstoff verursacht eine Komplikation“), die wissenschaftlich anhand publizierter Kriterien überprüft werden müssen. Tritt das beobachtete Ereignis nach Re-Exposition in gleicher Weise erneut auf, wird ein Kausalzusammenhang wahrscheinlich. „Biologische Plausibilität“ (theoretisch oder epidemiologisch nachgewiesen) ist ein weiteres Argument dafür, dass ein Impfstoff Ursache eines unerwünschten Ereignisses sein könnte.
Anerkennung eines „Impfschadens“
Nach § 61 Infektionsschutzgesetz genügt zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs. Wenn in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit über einen möglichen Kausalzusammenhang zwischen Impfung und einer Krankheit besteht, kann das zuständige Versorgungsamt den Gesundheitsschaden dennoch als Impfschaden anerkennen. Diese – auch im internationalen Vergleich – großzügige Unterstützung selbst für geringste Verdachtsfälle dient dem Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung in den Nutzen und die Sicherheit der hierzulande verfügbaren Impfstoffe zu stärken.

Routineimpfungen

Tetanus-Schutzimpfung

Eine Wundinfektion mit Clostridium tetani kann zum Wundstarrkrampf (Tetanus) führen. Es ist eine neurotoxische Erkrankung mit schmerzhaften Muskelkontraktionen, die bei einem Viertel der Fälle tödlich verläuft.
Außer der passiven Immunisierung mit speziell angereicherten menschlichen Immunglobulin-Präparaten gegen Tetanustoxin gibt es gegen den Wundstarrkrampf keine kausal wirksame Therapie. Die aktive Tetanusimpfung stellt daher die wichtigste Präventivmaßnahme dieser lebensbedrohlichen Infektionskrankheit dar.
Impfstoffe
Tetanusimpfstoffe sind Toxoid-Impfstoffe, die aus dem Kulturfiltrat von Clostridium tetani gewonnen werden. Das Toxin wird mit Formaldehyd zum Toxoid inaktiviert, anschließend an Aluminiumhydroxid oder Aluminiumphosphat adsorbiert und mit Konservierungsstoffen versetzt. Konservierungsstoffe auf Quecksilberbasis, wie Thiomersal, sind in den in Deutschland verfügbaren Impfstoffen nicht mehr enthalten. Eine passive Immunisierung mit Tetanus-Immunglobulin wird nur „postexpositionell“ durchgeführt, in der Regel in Verbindung mit der aktiven Impfung (Simultanprophylaxe; Tab. 1).
Tab. 1
Tetanusimmunprophylaxe im Verletzungsfall (Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 34/2019)
 
Dokumentierter Tetanus-Impfstatus
Zeit seit letzter Impfung
TDaP/Tdap2
Tetanus-Immunglobulin (TIG)3
Saubere geringfügige Wunden
Ungeimpft oder unbekannt
 
Ja
Ja
1 oder 2 Impfstoffdosen
 
Ja4
Nein
≥3 Impfstoffdosen
≥10 Jahre
Ja
Nein
<10 Jahre
Nein
Nein
Alle anderen Wunden1
<3 Impfstoffdosen oder unbekannt
 
Ja4
Ja
≥3 Impfstoffdosen
≥5 Jahre
Ja
Nein
<5 Jahre
Nein
Nein
1Tiefe und/oder verschmutzte (mit Staub, Erde, Speichel, Stuhl kontaminierte) Wunden, Verletzungen mit Gewebszertrümmerung und reduzierter Sauerstoffversorgung oder Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Quetsch-, Riss-, Biss-, Stich-, Schusswunden), schwere Verbrennungen und Erfrierungen, Gewebsnekrosen, septische Aborte
2Kinder unter 6 Jahren erhalten einen Kombinationsimpfstoff mit TDaP, ältere Kinder und Jugendliche Tdap. Erwachsene erhalten ebenfalls Tdap, wenn sie noch keine Pertussis-Impfung im Erwachsenenalter (≥18 Jahre) erhalten haben oder sofern eine aktuelle Indikation für eine Pertussis-Impfung besteht
3TIG = Tetanus-Immunglobulin. Im Allgemeinen werden 250 IE TIG verabreicht. TIG wird simultan mit dem TDaP- bzw. Tdap-Impfstoff kontralateral appliziert. Die TIG-Dosis kann auf 500 IE erhöht werden bei: (a) infizierten Wunden, bei denen eine angemessene chirurgische Behandlung nicht innerhalb von 24 h gewährleistet ist; (b) tiefen oder kontaminierten Wunden mit Gewebszertrümmerung und reduzierter Sauerstoffversorgung; (c) Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Biss-, Stich- oder Schusswunden); (d) schweren Verbrennungen und Erfrierungen, Gewebsnekrosen und septischen Aborten
4Im Falle von Patienten, bei denen die Grundimmunisierung begonnen, aber noch nicht abgeschlossen ist (z. B. Säuglinge), muss der Abstand zur letzten Dosis berücksichtigt werden. Eine postexpositionelle Impfung am Tag der Wundversorgung ist nur sinnvoll, wenn der Abstand zu der vorhergehenden Impfstoffdosis mindestens 28 Tage beträgt. Bezüglich des Abschlusses einer Grundimmunisierung gelten im Übrigen die Nachholimpfempfehlungen der STIKO
Wirkmechanismus
Die aktive Impfung mit Tetanustoxoid induziert die Bildung neutralisierender Antikörper gegen Tetanustoxin.
Im Säuglings- und Kleinkindalter wird der Impfstoff als Bestandteil von Kombinationsimpfstoffen (meist hexavalent: DTaP-Hib-HBV-IPV) mit einer Toxoidkonzentration von mindestens 40 IE verimpft. Ab dem 6. Lebensjahr enthalten die Booster-Impfstoffe einen auf 20 IE reduzierten Toxoidanteil, um gelegentlich auftretende stärkere Lokalreaktionen zu vermeiden (Abschn. 1.2, „Diphtherie-Schutzimpfung“, „Pertussis-Schutzimpfung“). Im Gegensatz zu den ebenfalls in der Konzentration reduzierten Pertussis(aP oder ap)- und Diphtheriekomponenten (D oder d) wird die Tetanuskomponente, trotz reduzierter Antigenkonzentration, immer mit dem Großbuchstaben T gekennzeichnet.
Protektion
Eine Konzentration von ≥0,01 IE/ml im In-vivo-Neutralisationstest (NT) gilt als schützend. Der Grenzwert stammt allerdings aus historischen Tierversuchen. Andere Testverfahren – vor allem kommerziell erhältliche ELISA-Verfahren – korrelieren insbesondere in Bereichen niedriger Antikörperkonzentration nur schlecht mit den Ergebnissen des NT. Für In-vitro-Verfahren wird ein Grenzwert von 0,1 IE/ml als Surrogatmarker für Protektion akzeptiert, für spezifische ELISA-Testverfahren wird ein Grenzwert von 0,01 IE/ml angegeben.
Nebenwirkungen
Tetanusimpfstoffe führen bei einem kleinen Anteil der Geimpften zu lokalen Reaktionen, die aber harmlos sind und sich spontan wieder zurückbilden. In klinischen Studien bei älteren Kindern und Erwachsenen wurde ein Zusammenhang zwischen dem Schweregrad lokaler Nebenwirkungen einerseits und der vorbestehenden Höhe der Tetanusantitoxin-Konzentrationen dokumentiert. Seltener als lokale Reaktionen sind Fieber, Kopfschmerzen und allgemeines Krankheitsgefühl. Über das Auftreten von peripheren Neuropathien oder eines Guillain-Barré-Syndroms im zeitlichen Zusammenhang mit der Tetanusimpfung wurde berichtet.
Kontraindikationen
Außer bei Anaphylaxie gegen Bestandteile des Impfstoffs gibt es keine Kontraindikationen gegen eine Tetanusimpfung. Ist eine Auffrischimpfung nicht möglich, ist im Verletzungsfall abhängig vom Zeitpunkt der letzten aktiven Impfung eine passive Immunisierung indiziert (Tab. 1, nach STIKO 2019).
Impfziele
Ziel der Impfung ist der Individualschutz vor Tetanus und dessen Komplikationen.
Impfplan
Alle Menschen sollten gegen Tetanus immun, d. h. geschützt, sein. Insbesondere werdende Mütter sollten über eine ausreichende Antikörperkonzentration verfügen, um ihr Neugeborenes durch die diaplazentare Übertragung von Antikörpern vor neonatalem Tetanus (Nabeltetanus) zu schützen. Die Grundimmunisierung erfolgt im Säuglingsalter ab dem Alter von 8 Wochen mit einem DTaP-Kombinationsimpfstoff (Abschn. 1.2, „Diphtherie-Schutzimpfung“).
Die Verimpfung von Tetanus-Monokomponentenimpfstoff ist heute – auch im Bereich der Traumaversorgung in der Unfallchirurgie – nicht mehr zeitgemäß. In der Regel ist die Gabe eines Tetanustoxoid enthaltenden Kombinationsimpfstoffes (Tdap; Tdap-IPV) sinnvoll. Patienten, die eine Immunisierung gegen Tetanus benötigen, sollten grundsätzlich auch vor einer Wundinfektion durch C. diphtheriae geschützt werden. Zudem wird für Erwachsene, die in den zurückliegenden 10 Jahren keine Pertussis-Schutzimpfung erhalten haben, eine Pertussis-Auffrischimpfung empfohlen (Abschn. 1.2, „Pertussis-Schutzimpfung“). Da ein monovalenter azellulärer Pertussisimpfstoff nicht verfügbar ist, kann diese Impfung nur mit Tdap- bzw. Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoffen durchgeführt werden. Dementsprechend sollte jede Gelegenheit, auch die Impfindikation nach Verletzung, genutzt werden, den Impfschutz gegenüber Tdap zu verbessern. Häufig wird davon abgeraten, innerhalb von 5 Jahren nach Tetanusimpfung erneut eine Impfung mit Tetanuskomponenten durchzuführen, da verstärkte Lokalreaktionen befürchtet werden. Neuere Studien belegen, dass dieses Risiko deutlich überschätzt wird. Bei bestehender Indikation für eine Pertussisimpfung kann auch kurz nach einer vorausgehenden Tetanusimpfung (in Studien nach 1 Monat) ein Tetanus-enthaltender Kombinationsimpfstoff, ohne höheres Nebenwirkungsrisiko, verimpft werden.
Neben den üblichen Booster-Impfungen ist eine Auffrischung unter Umständen als Simultanimpfung mit kontralateraler Gabe von Tetanus-Immunglobulin angezeigt, wenn eine Verletzung bei Tetanusgefährdeten vorliegt und seit der letzten Impfung mehr als 5 oder 10 (abhängig vom Verletzungstyp, Tab. 1) Jahre vergangen sind.

Diphtherie-Schutzimpfung

Eine Tröpfcheninfektion mit Corynebacterium diphtheriae kann zur Diphtherie führen. Die Infektion beginnt meist als langsam einsetzende Pharyngitis, die sich über 2–3 Tage zu einem schweren Krankheitsbild mit massiven pharyngalen Exsudationen und fibrinösen Membranen, die zur Verlegung der Atemwege führen, entwickelt. Vor der Einführung der Diphtherieimpfung war Diphtherie eine der Hauptursachen für Kindersterblichkeit und ist auch heute noch in vielen Entwicklungsländern endemisch.
Das von C. diphtheriae produzierte Exotoxin ist der wichtigste pathogene Faktor des Erregers. Die Fähigkeit von C. diphtheriae, Toxin zu produzieren, resultiert aus einer nicht lytischen Infektion durch eine Reihe von verwandten Bakteriophagen, die eine genetische Sequenz enthalten, die das Toxin kodiert. Auf Schleimhäuten verursacht das Toxin lokal eine Gewebezerstörung. Akkumulierter Gewebedebris und Fibrin führen zu der charakteristischen Membranbildung in der Trachea. Absorbiertes Toxin ist für weitere Manifestationen verantwortlich, die insbesondere den Herzmuskel (Myokarditis), das Nervensystem (periphere Neuritis mit Lähmungen) und die Nieren betreffen. Da die Letalität von Diphtherie fast vollständig durch das Toxin bestimmt wird, hängt die klinische Immunität hauptsächlich von der Anwesenheit von neutralisierenden Antikörpern gegen das Toxin ab. In 5–(20) % der Fälle verläuft die Infektion in nicht immunen Individuen tödlich.
Die früher häufiger eingesetzten Diphtherie-Antiseren stehen in Deutschland nur noch über die Auslandsapotheke zur Verfügung. C. diphtheriae ist gegenüber Penicillin und Erythromycin sensibel, die Behandlung sollte bei nachgewiesener Infektion für mindestens 14 Tage erfolgen. Eine kausal wirksame Therapie der toxinvermittelten Symptome existiert nicht, sodass der Prävention mittels aktiver Impfung eine entscheidende Bedeutung in der Kontrolle dieser lebensbedrohlichen Infektionskrankheit zukommt.
Impfstoffe
Diphtherieimpfstoffe enthalten inaktiviertes Diphtherietoxin, das aus dem Kulturüberstand eines Stamms von C. diphtheriae mit hoher Toxinproduktion gewonnen wird. Das Toxin wird mit Formaldehyd inaktiviert und als Toxoid an Aluminiumhydroxid und/oder Aluminiumphosphat adsorbiert.
Die Einzeldosis für Kinder enthält mindestens 30 IE Diphtherietoxoid (abgekürzt als D). Ab dem 6. Lebensjahr werden nur noch Impfstoffe mit einer verminderten Toxoiddosis (2 IE) eingesetzt (abgekürzt mit [klein] d), weil höhere Dosen häufiger ausgeprägte lokale Impfreaktionen hervorrufen können. Es wird vermutet, dass vorangehende asymptomatische Infektionen mit apathogenen Corynebakterien Ursache dieser überschießenden Immunreaktionen beim älteren Kind und Erwachsenen sind.
Wirkmechanismus
Diphtherieimpfstoffe induzieren die Bildung neutralisierender Antikörper gegen Diphtherietoxin.
Protektion
Ein Antitoxinspiegel von 0,01 IE/ml im Neutralisationstest ist das niedrigste Niveau, das einen gewissen Grad an Schutz bietet. Antikörperspiegel von >0,1 IE/ml werden als schützend angesehen, Werte von >1,0 IE/ml und mehr sind mit einem Langzeitschutz verbunden. Wie für die Tetanusimpfung sind die Erkenntnisse über protektive Antikörperkonzentrationen im Wesentlichen im Tiermodell erhoben worden (Abschn. 1.2, „Tetanus-Schutzimpfung“).
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle werden vor allem bei Erwachsenen beobachtet. Aus diesem Grund werden ab dem 6. Lebensjahr nur Diphtherie-Impfstoffkombinationen mit einem reduzierten Antigengehalt eingesetzt. Eine anaphylaktische Reaktion gegen Inhaltsstoffe ist sehr selten, ebenso Polyneuropathien oder Neuropathien. Andere gravierende, impfstofftypische unerwünschte Ereignisse sind nicht bekannt.
Impfziele
Impfziel ist der Individualschutz vor Diphtherie. Da der Impfstoff primär die durch bakterielle Toxine vermittelte Komplikation der Corynebakterien-Infektion verhindert, sind herdenprotektive Effekte biologisch eher unwahrscheinlich. Belastbare Untersuchungen liegen zu dieser Thematik nicht vor.
Impfplan
Die Impfung gegen Diphtherie wird für alle Menschen empfohlen (Impfstoffe Kombinationsimpfstoffe; Abschn. 1.1, „Impfstoffe“). Ein Aussetzen der regelhaften Impfung im Verlauf der politischen Umstrukturierung führte 1990 in den neuen unabhängigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion zu einer Diphtherie-Epidemie mit mehr als 157.000 Erkrankungs- und 5000 Todesfällen zwischen 1990 und 1998. Erst durch Intensivierung der Impfbestrebungen konnte die epidemische Ausbreitung beendet werden. Diese wie viele andere Ausbrüche belegen zweifelsfrei, dass die Verhinderung der Diphtherie nur durch den suffizienten Impfschutz einer Population über den gesamten Lebensverlauf hinweg erreicht werden kann.
Die Impfung gegen Diphtherie wird mit Kombinationsimpfstoffen auf Basis von DTaP-Kombinationen ab dem Alter von 8 Wochen durchgeführt (DT, DTaP, Td, Tdap, Tdap-IPV), für eine D-Monoimpfung gibt es außer im Rahmen einer Epidemie keine Indikation mehr. Die Grundimmunisierung im Kindesalter ist in Abb. 1 dargestellt.
Beginnt die Grundimmunisierung gegen Diphtherie nach dem 5. Lebensjahr (z. B. Migranten mit inkomplettem Impfstatus), werden 2 Injektionen eines Tdap- oder Td-Kombinationsimpfstoffs innerhalb von 4 Wochen appliziert, eine 3. Injektion 6(–12) Monate nach der 2. Impfdosis. Obwohl diese Impfstoffe mit geringerem Antigengehalt primär für die Booster-Impfung entwickelt und zugelassen wurden, belegen Studien, dass ein ausreichender Immunschutz erreicht wird. Anschließend sind regelmäßige 10-jährliche Auffrischimpfungen empfohlen. Ab dem Alter von 5–6 Jahren werden, wie vorangehend erläutert, Impfstoffe mit reduziertem Antigengehalt (d) eingesetzt, um eine akzeptable Reaktogenität zu gewährleisten.

Pertussis-Schutzimpfung

Die Infektion mit Bordetella pertussis führt im Kindesalter zum klinischen Bild des Keuchhustens mit schweren, stakkatoartigen, über Wochen persistierenden Hustenanfällen, die oft mit Erbrechen und Apnoen einhergehen. Insbesondere Säuglinge sind durch rezidivierende Apnoen gefährdet, eine hypoxische Enzephalopathie zu entwickeln. Abhängig von der Dauer der Pertussis kann im Säuglingsalter eine Gedeihstörung auftreten. Der Immunschutz nach Impfung, aber auch nach Infektion hält 3 bis maximal 8 Jahre an. Während Kinder und Adoleszenten durch das in Deutschland etablierte Impfprogramm (6 Impfungen bis zum Erwachsenenalter) geschützt sind, haben Erwachsene spätestens 10 Jahre nach der letzten Impfung ein erhöhtes Risiko, erneut an Pertussis zu erkranken. Im Erwachsenenalter manifestiert sich Pertussis meist ohne die typischen Symptome des Kindesalters als über Wochen persistierender hartnäckiger Husten. Die Infektion des Erwachsenen bleibt häufig unerkannt und ohne adäquate antibiotische Therapie. Die Therapie mit Makrolid-Antibiotika ist zudem nur in der Frühphase einer Bordetella-pertussis-Infektion wirksam und wird, wenn überhaupt, in der Erwachsenenmedizin in der Regel zu spät eingesetzt. Daher stellen unzureichend geschützte Erwachsene, die unerkannt an Pertussis erkrankt sind, das größte Ansteckungsrisiko für noch nicht geimpfte Neugeborene und junge Säuglinge dar. Der Prophylaxe durch Impfung kommt konsequenterweise eine besondere Bedeutung für die Kontrolle dieser für Säuglinge lebensbedrohlichen Infektionskrankheit zu.
Impfstoffe
Ganzkeim-Impfstoffe
Die ersten in den 1960er-Jahren verfügbaren Ganzkeim-Pertussis-Impfstoffe (gP oder wP – „whole cell pertussis“) bestanden aus abgetöteten „vollständigen Bordetella-pertussis-Organismen“. Die Antigen-Zusammensetzung dieser Impfstoffe ist mit mehr als 3000 antigenen Strukturen komplex und im Fertigungsprozess außerordentlich variabel. Es ist daher wenig überraschend, dass Wirksamkeitsstudien in den 1980er- und 1990er-Jahren für den Ganzkeim-Impfstoff Wirksamkeitsraten zwischen 40 und >90 % aufwiesen.
Ganzkeim-Pertussis-Impfstoffe sind mit einer vergleichsweise hohen Reaktogenität assoziiert, was u. a. auf die Vielzahl ihrer Antigene zurückgeführt wird. Publikationen über vermeintliche schwere neurologische Schäden nach Ganzkeim-Impfung führten in den späten 1960er-Jahren zur Verunsicherung der Bevölkerung und schließlich in vielen Ländern der Erde, so auch in Deutschland, zum Aussetzen der Impfempfehlung gegen Pertussis. Auch wenn spätere kontrollierte Studien schlüssig belegten, dass Ganzkeim Pertussis-Impfstoffe weder mit der Entstehung von Hirnschäden noch mit plötzlichem Kindstod assoziiert waren, konnte die Pertussis-Impfung erst nach Entwicklung besser verträglicher azellulärer Impfstoffe (siehe unten) 1996 wieder in Deutschland eingeführt werden. Wegen ihres niedrigen Preises werden DTwP-Kombinationsimpfstoffe in vielen Ländern der Erde auch heute primär für Immunisierungsprogramme im Säuglings- und Kindesalter eingesetzt.
Azelluläre Pertussis-Impfstoffe
Azelluläre Pertussis-Impfstoffe (aP) wurden als Alternative für die als zu reaktogen wahrgenommenen Ganzkeim-Impfstoffe (wP) entwickelt. Sie bestehen entweder aus Extrakten von B.-pertussis-Kulturen oder aus gereinigten B.-pertussis-Komponenten. Die wichtigsten in azellulären Impfstoffen eingesetzten Antigene sind Pertussistoxoid (PT), die Oberflächenadhäsionsmoleküle filamentöses Hämagglutinin (FHA) und Pertactin (PRN) sowie verschiedene Fimbrien (FIM). Es ist bis heute nicht bekannt, welche B.-pertussis-Antigene in welcher Zusammensetzung den optimalen Schutz vor Keuchhusten verleihen. So schützen monovalente Pertussistoxoid-Impfstoffe zwar vor den klinischen Symptomen der Infektion, können aber nicht die Infektion und Übertragung des Erregers verhindern. Möglicherweise kommt Pertactin eine protektive Bedeutung zu. Wahrscheinlich erhöht die Einführung jeder weiteren Komponente die protektive Potenz azellulärer Pertussis-Impfstoffe.
Wirkmechanismen
Die pathophysiologischen Effekte einzelner Toxine und Faktoren von B. pertussis sind bekannt, dennoch bleibt die exakte Pathogenese des Keuchhustens ungeklärt. Azelluläre Pertussis-Impfstoffe induzieren die Bildung von Antikörpern gegen PT sowie gegen Adhäsionsfaktoren (FHA, PRN, FIM) von B. pertussis. Die Konzentration Pertussis-spezifischer Antikörper fällt nach Impfung, aber auch nach Infektion, über einen Zeitraum von 4–8 Jahren ab. Nach aktuellen Daten besteht ein Infektionsschutz nach Impfung für etwa 4–6 Jahre, nach überstandener Infektion für etwa 6–8 Jahre. Möglicherweise spielt für die Protektion vor Pertussis neben Antikörpern die T-zellvermittelte Immunität (B. pertussis ist ein fakultativ intrazelluläres Pathogen) eine wichtige Rolle: Die antigen-spezifischen T-zellulären Impfantworten bleiben über einen langen Zeitraum hinweg nachweisbar, auch wenn Antikörper im peripheren Blut bereits nicht mehr messbar sind.
Protektion
In klinischen Studien hatten DTaP-Impfstoffe je nach Zusammensetzung eine Wirksamkeit zwischen 78 und 96 %. Die ermittelte Wirksamkeit hängt in diesen Untersuchungen auch von der Definition des Krankheitsbildes ab: Vor „leichtem Keuchhusten“ (nur wenige Tage Husten) schützen Pertussis-Impfstoffe schlechter (rund 60 %) als vor „schwerem Husten“ (rund 85 %; nach WHO-Definition: ≥3 Wochen anfallsweiser Husten). Kinder, die trotz Impfung an Keuchhusten erkrankten, hatten eine signifikant kürzere Hustendauer und waren weniger schwer krank als ungeimpfte Kinder. Bislang existiert kein Biomarker zur Messung des Impfschutzes. Serologische Verfahren sind nicht geeignet, den Impferfolg oder gar die Qualität des Schutzes zu messen.
Nebenwirkungen
Die Inzidenz von lokalen Nebenwirkungen steigt mit der Zahl verabreichter Impfungen und liegt nach der 4. Injektion im Alter von 11 Monaten bei etwa 50 %. Selten (1/1000 Booster-Dosen) entwickeln Kinder zwischen dem 3. und 10. Tag nach Impfung eine nicht schmerzhafte Schwellung des gesamten Oberschenkels, die das Allgemeinbefinden des Kindes nicht beeinträchtigt und sich ohne Therapie innerhalb weniger Tage spontan zurückbildet. Die Ursache ist unbekannt. Im Vergleich mit den Ganzkeim-Impfstoffen sind azelluläre Pertussis-Vakzinen signifikant weniger reaktogen. Hohes Fieber (>39 °C) wird nur bei 1 % der DTaP-Impflinge beobachtet, hingegen bei bis zu 40 % der Impflinge nach DTwP. Hypoton-hyporesponsive Reaktionen (plötzliches Auftreten einer erniedrigten Muskelspannung [hypoton], reduzierte Reaktion auf Reize [hyporesponsiv]) kommen bei Verwendung azellulärer Impfstoffe nur in einer Größenordnung von rund 1:60.000 Dosen vor. DTwP-Impfstoffe sind ebenfalls häufiger mit anhaltendem (>3 Stunden) unstillbarem Schreien der Säuglinge assoziiert. Die gute Verträglichkeit der aP hat dazu geführt, dass alle Länder, die die Impfung mit Ganzkeim-Impfstoffen ausgesetzt hatten, zwischenzeitlich wieder Pertussis-Impfprogramme für Säuglinge eingeführt haben.
Kontraindikationen
Anaphylaxie gegen einen der Inhaltsstoffe, hypoton-hyporesponsive Reaktion oder unstillbares Schreien sind (relative) Kontraindikationen für die Gabe weiterer DTaP-Dosen. Die frühere Empfehlung, Kinder mit progressiven neurologischen Krankheiten nicht gegen Pertussis zu immunisieren, basierte auf der falschen Annahme, dass Pertussis-Impfungen das neurologische Grundleiden aggravieren würden. Nach heutigem Wissensstand sind Pertussis-Impfungen, gleich welcher Art, nicht mit neurologischen Folgeschäden assoziiert. Da Kinder mit ZNS-Krankheiten jedoch besonders durch Pertussis-Infektionen gefährdet sind, ist ihnen die DTaP-Impfung in besonderem Maße anzuraten.
Impfziele
Ziel der Pertussis-Impfung ist der Individualschutz ab dem Säuglingsalter vor schwerer Krankheit und vor Komplikationen einschließlich Tod. Erwachsene erkranken meist unerkannt an atypisch (unspezifischer Husten) verlaufender Pertussis und stellen dadurch ein wesentliches Infektionsrisiko für Neugeborene und sehr junge Säuglinge dar, die noch keinen vollständigen Impfschutz erworben haben. Diese Altersgruppe ist in besonderem Maße von schwerwiegenden Pertussis-Komplikationen bedroht. Aktuell wird allen Erwachsenen, die in den zurückliegenden 10 Jahren keine Pertussis-Impfung erhalten bzw. keine Bordetella-Infektion erlitten haben, empfohlen einmalig eine Pertussis-Auffrischimpfung, in der Regel in Kombination mit dT, durchzuführen. Für Frauen im gebärfähigen Alter und enge Haushaltskontaktpersonen oder Betreuer von Neugeborenen und jungen Säuglingen ist die Pertussis-Auffrischimpfung besonders wichtig. Da weder der Impfschutz noch die Immunität nach Infektion über mehr als 10 Jahre persistiert, wäre, zumindest solange keine besseren Pertussis-Impfstoffe zur Verfügung stehen, eine regelmäßige Pertussis-Impfung in 10-jährigem Abstand die sinnvollste Empfehlung. Bislang konnte diese durchaus plausible Empfehlung allerdings wegen Fehlen entsprechender klinischer Studien mit Erwachsenen nicht durch die STIKO empfohlen werden. Um Neugeborene und sehr jungen Säuglinge, die noch nicht oder nur unvollständig Pertussis-geimpft wurden, zu schützen besteht auch die Möglichkeit Frauen im letzten Trimenon der Schwangerschaft dTap zu impfen. Zahlreiche Studien belegen, dass dieses Vorgehen für die Mutter und das ungeborene Kind sicher sind. Wird die Impfung bis zu 7 Tage vor Geburt durchgeführt sind über 90 % der Neugeborenen über den maternalen Nestschutz zuverlässig geschützt. Die Empfehlung einer Pertussis-Impfung von Schwangeren zum Schutz des Neugeborenen wird in den nächsten Jahren erwartet.
Impfplan
Pertussis-Impfstoffe sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt (mit dem Alter von 8 Wochen) 3-mal im Abstand von 4 Wochen i. m. appliziert werden. Weitere Dosen werden im Alter von 11 Monaten, vor dem Schuleintritt und im Altersfenster zwischen 9 und 17 Jahren empfohlen. Im Säuglings- und Kleinkindalter erfolgt die Impfung mit Kombinationsimpfstoffen (DTaP-HBV-IPV-Hib), ab dem Vorschulalter mit Booster-Impfstoffen (dTap oder dTap-IPV) mit reduziertem Antigengehalt.
Aufgrund des zeitlich begrenzten Impf- bzw. Post-Infektionsschutzes stellen nichtimmune Erwachsene ein wichtiges Reservoir für B. pertussis dar (Kap. „Bakterielle Infektionen bei Kindern und Jugendlichen: gramnegative Stäbchen“, Abschn. „Pertussis und Parapertussis“). Sie führen den Erreger wahrscheinlich immer wieder aufs Neue in die pädiatrische Population ein und gefährden insbesondere Neugeborene, junge Säuglinge und chronisch Kranke. Daher ist dTap als Indikationsimpfung empfohlen für:
  • Frauen mit Kinderwunsch präkonzeptionell, zukünftig unter Umständen auch im Verlauf der Schwangerschaft,
  • Haushaltskontaktpersonen zu Neugeborenen und Säuglingen (Eltern, Geschwister, Betreuer; idealerweise 4 Wochen vor Geburt des Kindes) als sog. Kokon-Strategie,
  • medizinisches Personal, insbesondere in der Pädiatrie und Gynäkologie sowie in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter und in Kinderheimen (Kokon-Strategie).
Der Infektionsschutz vor Pertussis dauert nach Impfung und auch nach Infektion maximal 4–7 Jahre. Daher empfiehlt die STIKO seit 2009 Erwachsenen, deren letzte Pertussis-Impfung mehr als 10 Jahre zurückliegt, einmalig eine Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Auffrischimpfung (siehe Impfziele), um Pertussis populationsweit zu verhindern und gefährdete junge Säuglinge vor Pertussis-assoziierten Risiken zu bewahren. Klinische Untersuchungen belegen, dass Jugendliche und Erwachsene mit unbekanntem Impf- oder Immunitätsstatus durch eine einmalige Pertussis-Impfung zuverlässig vor Pertussis geschützt werden können.
Pertussis-Impfstoffe sind gegenwärtig nur in Kombination mit d- und T-Impfungen verfügbar. Die gelegentlich geäußerte Befürchtung, dass die Pertussis-Auffrischimpfung durch die Kombination mit den Td-Komponenten ein höheres Nebenwirkungsrisiko hat, wird überschätzt. In einer französischen Studie wurde gezeigt, dass Erwachsene, die 4 Wochen nach einer Td-Impfung mit einem Tdap-IPV-Impfstoff erneut geimpft wurden, nicht mehr unerwünschte Nebeneffekte entwickelten als Personen, die eine Plazebo-Impfung erhielten.

Poliomyelitis-Schutzimpfung

Poliomyelitis ist eine akute Infektionskrankheit, die durch einen von drei Serotypen (1–3) des Poliovirus verursacht wird. Infektionen mit Polioviren manifestieren sich primär als gastrointestinale Infektionen. Selten kommt es zur Virusreplikation in den Motoneuronen der Vorderhornzellen des Rückenmarks mit Zellzerstörung und Entwicklung einer schlaffen Lähmung (spinale Poliomyelitis). Gelegentlich können auch Hirnstammzellen, die die Atemmuskulatur innervieren, betroffen sein, was zu Atmungsproblemen (Bulbärparalyse) führt. Zusätzlich zu der akuten Lähmung kann es auch Jahrzehnte nach der akuten paralytischen Episode zu einer weiteren Verschlechterung der Lähmungen (Postpolio-Syndrom) kommen.
Etwa 4 % der Menschen mit einer Poliovirusinfektion entwickeln eine nichtparalytische Poliomyelitis (aseptische Meningitis) mit Fieber, Halsschmerzen, Erbrechen, Unwohlsein und meningealer Reizung. Im weiteren Verlauf treten Opisthotonus, starke Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und gelegentlich eine passagere Muskelschwäche hinzu. Diese Form der Krankheit dauert 2–10 Tage, und die Genesung ist in der Regel schnell und vollständig. Weniger als 1 % der Infizierten erkranken an einer paralytischen Poliomyelitis. Nach zunächst leichter gastrointestinaler Infektion entwickeln die Patienten eine schlaffe Lähmung mit Fieber und Progression bis zur maximalen Ausprägung der Lähmung innerhalb weniger Tage. Die Paralyse ist normalerweise asymmetrisch, geht mit dem Verlust der tiefen Sehnenreflexe und einer intakten sensorischen Wahrnehmung einher. Die Paralyse ist dauerhaft, die Erkrankung kann in 5 % der Fälle tödlich verlaufen.
Impfstoff
Die Entwicklung der Polioimpfstoffe begann in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. In dieser Zeit wurden sowohl inaktivierte Totimpfstoffe (Salk) als auch attenuierte Lebendimpfstoffe zur oralen Applikation (Sabin) entwickelt. Aufgrund günstigerer Wirksamkeitsdaten, geringerer Kosten und der einfacher zu verabreichenden oralen Impfung setzten sich zunächst Sabin-Impfstoffe durch. Durch weltweiten Einsatz der Polio-Schluckimpfung ist es in den vergangenen 50 Jahren gelungen, die paralytische Poliomyelitis nahezu vollständig zu eliminieren. Heute treten Polio-assoziierte Lähmungen nur noch in wenigen Ländern mit niedrigem Lebensstandard bzw. in Krisengebieten, wie Afghanistan auf. Die Eradikation der Poliomyelitis ist ein erklärtes Ziel der WHO.
Bei Anwendung von Polio-Lebendimpfstoffen kann es in sehr seltenen Fällen durch Revertanten zu einer Vakzine-assoziierten Poliomyelitis – VAPP (Häufigkeit ca. 1:1.000.000 bei der 1. Impfung im Säuglingsalter) kommen. Um dieses Risiko zu vermeiden haben viele Staaten, so auch Deutschland (STIKO-Beschluss vom 21.01.1998), die bis dahin allgemein empfohlene orale Polio(-Lebend)-Vakzine (OPV) durch eine neue inaktivierte Polio(-Tot)-Vakzine (IPV) ersetzt. Obwohl OPV auch heute noch für Riegelungsimpfungen bei Poliomyelitis-Ausbrüchen unverzichtbar sind, ist es ein Ziel der WHO zukünftig auch in Entwicklungsländern bevorzugt IPV alleine oder in Form von IPV/OPV-Kombinationsimpfungen einzusetzen.
Der heute verwendete trivalente Impfstoff enthält nichtvermehrungsfähige, inaktivierte Poliowildviren aller 3 Typen. Seit April 2016 werden nach WHO-Empfehlung weltweit nur noch OPV mit den Poliostämmen 1 und 3 verwendet. Hintergrund für diese Entscheidung war die Beobachtung, dass seit über 10 Jahren nur noch mit dem Impfstamm OPV2-assoziierte Poliofälle aufgetreten waren. Für die inaktivierte Vakzine (IPV) stehen Einzel- und Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung (IPV, Tdap-IPV).
Wirkmechanismen
Im Gegensatz zur oralen Lebendvakzine, die einen umfassenden (B- und T-zellulär vermittelten) mukosaorientierten Schutz induziert, erzeugt die inaktivierte Poliovakzine primär neutralisierende Serumantikörper, die die Erregerinvasion in das ZNS, jedoch nicht zuverlässig die gastrointestinale Infektion, verhindern. Mit Polio-Lebendimpfstoff geimpfte Kinder scheiden die Impfviren über 6–8 Wochen mit dem Stuhl aus und vermitteln dadurch häufig auch eine Impfauffrischung bei engen Kontaktpersonen, z. B. im familiären Umfeld. Dieser Nebeneffekt der oralen Impfung ist bei IPV nicht gegeben. Die IPV-Impfung vermittelt ausschließlich einen Individualschutz, was die Notwendigkeit zeitgerechter Impfungen zusätzlich unterstreicht.
Protektion
Nach 2 Injektionen bilden mindestens 90 %, nach 3 Injektionen 99–100 % der Kinder protektive Antikörper gegenüber den im Impfstoff enthaltenen Poliotypen. Aufgrund der nur mäßigen intestinalen Immunität können IPV-geschützte Individuen Wildviren aufnehmen, im Darm replizieren und mit dem Stuhl ausscheiden. Daher besteht auch in IPV-geimpften Populationen für Nichtgeimpfte bei Polioausbrüchen ein hohes Ansteckungs- und Erkrankungsrisiko.
Nebenwirkungen
Die IPV-Impfung wird generell gut vertragen. In seltenen Fällen treten lokale Rötungen und Schwellungen auf, gelegentlich auch Fieber. Für einen kausalen Zusammenhang zwischen IPV und dem Auftreten eines Guillain-Barré-Syndroms liegen keine wissenschaftlichen Belege vor.
Kontraindikationen
Abgesehen von Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber Bestandteilen des Impfstoffs gibt es keine Kontraindikationen. Im Unterschied zur oralen Polio-Lebendimpfung können auch Personen mit Einschränkungen der Immunfunktionen unbedenklich mit IPV geimpft werden. In diesen Fällen ist lediglich zu berücksichtigen, dass der Impfschutz durch die Immunschwäche vermindert sein kann, erhöhte Nebenwirkungsrisiken bestehen nicht.
Impfziele
Die WHO hatte sich zunächst die weltweite Eliminierung der Poliomyelitis bis zum Jahre 2010 zum Ziel gesetzt. Dieses ehrgeizige Ziel konnte nicht erreicht werden, gegenwärtig wird die Eradikation zwischen 2025 und 2030 angestrebt. Da prinzipiell auch nach Identifikation des wahrscheinlich letzten Poliofalles immer noch die Gefahr einer erneuten Einschleppung besteht, müssen auch in den nächsten Jahrzehnten hohe Durchimpfungsraten aufrechterhalten werden.
Impfplan
Die Grundimmunisierung im Kindesalter besteht bei Verwendung von Kombinationsimpfstoffen aus 4 i. m.-Injektionen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten. Bei Verwendung von Einzelimpfstoffen sind 2 Impfdosen im Abstand von 4–8 Wochen im 1. und eine weitere Dosis im 2. Lebensjahr (frühestens 6 Monate nach der 2. Impfung) ausreichend. Im Alter von 9–17 Jahren ist eine Auffrischimpfung in Kombination mit dTap empfohlen. Sollte eine Grundimmunisierung mit OPV begonnenen worden sein, kann diese mit IPV komplettiert werden. Nach Erreichen des 18. Lebensjahrs sollen gefährdete Personen (z. B. Laborpersonal, medizinisches Personal, das engen Kontakt zu Erkrankten haben könnte, Personal in Gemeinschaftseinrichtungen für Aussiedler, Flüchtlinge, Asylbewerber oder Reisende in Regionen mit Infektionsrisiko) eine Auffrischimpfung erhalten, wenn die letzte Impfung mehr als 10 Jahre zurückliegt. Erwachsene, die nicht geimpft sind oder über keinen dokumentierten Impfschutz verfügen, werden mit IPV geimpft und zwar – je nach Herstellerinformation – mit 2 oder 3 Impfdosen.

Schutzimpfung gegen Haemophilus influenzae Typ b

Kapseltragende H. influenzae sind Ursache invasiver septischer Krankheitsverläufe (vor allem als Meningitis, Epiglottitis und Osteomyelitis) insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern. Die Erkrankungen werden über Schmier- oder Tröpfcheninfektion übertragen und können tödlich (bis 5 %) verlaufen oder neurologische Dauerschäden (bis 30 %) verursachen. Es gibt 6 bekannte Kapselpolysaccharidtypen (Typ a–f). In Deutschland war H. influenzae Typ b (Hib) vor Einführung der Konjugatimpfung für > 95 % der septischen Krankheitsfälle im Säuglings- und Kleinkindalter verantwortlich.
Impfstoffe
Hib-Impfstoffe sind Konjugatimpfstoffe und enthalten das Kapselpolysaccharid von Hib (Polyribosylribitolphosphat, PRP), das chemisch an ein immunogenes Trägerprotein gekoppelt ist, (Abschn. 1.1, „Impfstoffe“). Als Trägerproteine werden Tetanus- und Diphtherietoxoid (PRP-T, PRP-D, PRP-HbOC) sowie Membranproteine von Neisseria meningitidis B (PRP-OMP) verwendet. Es stehen Einzel- und Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung.
Hib-Konjugatimpfstoffe induzieren opsonisierende und komplementbindende Antikörper, vor allem vom IgG-Typ, die spezifisch das Kapselpolysaccharid PRP binden. Reine Polysaccharid-Impfstoffe sind bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum Alter von 2 Jahren nicht oder nur schwach immunogen. Insbesondere induzieren reine Polysaccharidimpfstoffe in dieser Altersgruppe keinen Isotypenswitch von IgM zu IgG und damit auch keine immunologische Gedächtnisantwort. Durch Konjugation an ein Trägerprotein werden proteinspezifische T-Zellen und Makrophagen stimuliert, die die Polysaccharid-spezifischen B-Zellen bei der Entwicklung einer protektiven Gedächtnisantwort unterstützen. Nur durch die Entwicklung der Konjugatimpfstoffe war es möglich, schon im Säuglingsalter eine schützende Impfantwort gegen Hib aufzubauen.
Protektion
Die Impfung schützt zu über 95 % vor invasiven Hib-Erkrankungen. Aufgrund der Zulassungsstudien wird angenommen, dass PRP-Antikörperkonzentrationen von mindestens 0,15 μg/ml mit einem kurzzeitigen Infektionsschutz, spezifische Antikörperspiegel von ≥1 μg/ml mit Langzeitschutz korrelieren. Neuere Studien weisen allerdings darauf hin, dass die Höhe der Antikörperkonzentrationen nicht der entscheidende Parameter für die Infektionsprotektion ist. Viel wichtiger scheint die Fähigkeit zu sein, bei Kontakt mit dem Krankheitserreger unverzüglich eine PRP-spezifische B-Zell-Gedächtnisantwort abrufen zu können. Die heute verfügbaren Hib-Konjugatimpfstoffe besitzen unterschiedliche immunologische Charakteristika. Für alle Impfstoffe ergab sich jedoch in Feldversuchen eine hervorragende Wirksamkeit. In Deutschland traten vor Einführung der generellen Hib-Impfung durchschnittlich 2000 invasive Hib-Erkrankungen pro Jahr auf. Nach Einführung der Impfung im Säuglingsalter sank die Zahl der jährlichen Erkrankungsfälle seit 1999 auf unter 25 ab.
Bei der Entwicklung von multivalenten Kombinationsimpfstoffen mit der Hib-Komponente (DTaP-HBV-IPV-Hib) fiel in Studien eine Verminderung der Konzentration Hib-spezifischer Antikörper im Vergleich zur alleinigen Verabreichung des Impfstoffs auf. Eine Vielzahl klinischer Studien und auch infektionsepidemiologische Beobachtung nach Einführung der Kombinationsimpfstoffe belegen zweifelsfrei, dass die niedrigeren Hib-spezifischen Antikörperkonzentrationen ohne klinische Bedeutung für die protektive Wirksamkeit des Impfstoffs sind, sofern eine Booster-Dosis im 2. Lebensjahr gegeben wird. Diese Einschätzung wird durch die Beobachtung gestützt, dass auch nach breiter Nutzung von hexavalenten Kombinationsimpfstoffen (ca. 90 %) invasive Hib-Infektionen unverändert gut kontrolliert sind.
Ein positiver Nebeneffekt der Hib-Impfung ist die Verminderung der Kolonisierung im Nasopharynx der Geimpften mit Haemophilus influenzae b. Bei hohen Durchimpfungsraten (95 %) verringert sich das Übertragungsrisiko von Hib in der Population. Nichtgeimpfte Individuen werden infolge des geringeren Expositionsrisikos ebenfalls geschützt. Die Verringerung der Krankheit in einem nicht immunisierten Teil der Bevölkerung wird als Herdenschutz bezeichnet.
Nebenwirkungen
Nach Impfung kann es lokal zu Rötung und Schmerzen an der Injektionsstelle und kurz andauerndem Fieber kommen. Schwerwiegende Impfkomplikationen wurden bisher nicht berichtet.
Kontraindikationen
Außer Unverträglichkeitsreaktionen gegen Bestandteile des Impfstoffs sind keine Kontraindikationen beschrieben.
Impfplan
Die Impfung soll in den ersten beiden Lebensjahren durchgeführt werden und kann uneingeschränkt bis zum Alter von 4 Jahren nachgeholt werden. Im Säuglingsalter wird die Hib-Konjugat-Komponente ab dem Alter von 8 Wochen 3-mal im Abstand von 4 Wochen, in der Regel zusammen mit DTaP-IPV-HBV, als Sechsfach-Kombinationsimpfung i. m. injiziert. Eine 4. Impfung wird im Alter von 11 Monaten empfohlen. Für die Grundimmunisierung mit Monovakzinen sind 3 Impfungen, z. B. im 3., 5. und 12.–15. Lebensmonat ausreichend. Bisher ungeimpfte Kinder benötigen nach dem 12. Lebensmonat für den Impfschutz nur eine einmalige Hib-Impfung. Ab dem Alter von 5 Jahren ist das Infektionsrisiko durch Hib für gesunde Kinder gering und eine Nachholimpfung wird nicht mehr empfohlen. Einzige Ausnahme sind Menschen mit anatomischer oder funktioneller Asplenie, die lebenslang ein erhöhtes Risiko für Infektionen durch kapseltragende Bakterien haben und für die auch in späterem Alter die Hib-Impfung empfohlen wird.

Hepatitis-B-Schutzimpfung

Das Hepatitis-B-Virus (HBV) wird über Blut, Geschlechtsverkehr, Wundsekrete und perinatal (über chronisch HBV-infizierte Mütter) übertragen. Bei perinatal über die Mutter infizierten Neugeborenen besteht das höchste Risiko (90 %) für die Entwicklung einer chronischen Hepatitis (Kap. „Hepatitis bei Kindern und Jugendlichen“) und späterer Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms. Die Hepatitis-B-Impfung schützt vor einer akuten Infektion mit Hepatitis-B-Viren, insbesondere aber vor den Spätfolgen der chronischen Infektion, wie Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom. Die generelle HB-Impfung wird seit 1995 für alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland empfohlen.
Impfstoffe
Die heute genutzten HBV-Impfstoffe enthalten hochgereinigtes Hepatitis-B-Oberflächenantigen (HBsAg), das in rekombinanten Zelllinien hergestellt wird, sowie zusätzlich Aluminiumhydroxid als Adjuvans. Die Impfstoffe stehen in einer pädiatrischen und einer adulten Formulierung zur Verfügung, sie besitzen eine hohe Effizienz und sind absolut infektionssicher. Im Säuglings- und Kindesalter werden HBV-Impfstoffe bevorzugt in Kombinationsvakzinen, z. B. DTaP-HBV-IPV-Hib eingesetzt. Alternativ gibt es auch monovalente Impfstoffe und Kombinationsimpfstoffe mit Hepatitis-A-Komponente.
Bei der Postexpositionsprophylaxe kann die Infektion auch durch passive Immunisierung mit Hepatitis-B-Immunglobulin (HB-IG) verhindert werden. Der passive Infektionsschutz dauert nur wenige Monate an. HB-IG werden primär zur Prophylaxe einer vertikalen Infektion des Neugeborenen durch HBs-Ag positive Mütter eingesetzt. Die Gabe von HB-IG innerhalb von 48 Stunden nach Exposition schützt in über 75 % vor einer Hepatitis B. Durch simultane Immunprophylaxe mit HB-IG und mit Hepatitis-B-Impfstoff kann die Wirksamkeit des Schutzes vor perinataler HBV-Übertragung auf 95 % gesteigert werden.
Wirkmechanismus und Protektion
Etwa 95 % aller gesunden, jüngeren Impflinge sprechen auf die Grundimmunisierung (3 Dosen im 1. und 1 Booster-Dosis zu Beginn des 2. Lebensjahres) an. In Deutschland wird ein erfolgreicher Impfschutz bei Anti-HBs-Konzentrationen >100 IE/l angenommen, international ist ein Impftiter von >10 IE/l als ausreichend akzeptiert. Bis zu 5 % der Impflinge entwickeln entweder keine (Non-Responder) oder nur eine verminderte Impfantwort (Low-Responder, Anti HBs-Antikörper 10–99 IE/l). Durch zusätzliche Impfungen (bis zu 5 Injektionen im Abstand von 3 Monaten) kann bei mehr als 3/4 der Non-/Low-Responder eine positive Immunantwort ausgelöst werden. Für Menschen mit erhöhtem Hepatitis-Risiko und gleichzeitig bestehenden immunologischen Einschränkungen (z. B. Dialyse-Patienten) wurden Hepatitis-Impfstoffe mit höherem Antigengehalt oder alternativen Adjuvanzien (z. B. MLP: Monophospholipid A) entwickelt, die deutlich stärkere Impfantworten, in der Regel aber auch verstärkte (lokale) Nebenwirkungen hervorrufen. Diese Impfstoffe können auch bei Individuen mit schwacher oder fehlender Impfantwort (Non-/Low-Responder) eingesetzt werden.
Nebenwirkungen
Die Verträglichkeit des HB-Impfstoffs ist sehr gut. Nebenwirkungen nach der Impfung sind selten und im Allgemeinen mild. Mit Ausnahme lokaler Schmerzen zeigen Placebo-kontrollierte Studien Symptome wie Myalgie und passageres Fieber bei Impfstoffen nicht häufiger als nach Placebo (<10 % bei Kindern, 30 % bei Erwachsenen). Schwere Nebenwirkungen, die in einem eindeutigen kausalen Zusammenhang mit der Impfung stehen, wurden bisher nicht beobachtet. Insbesondere gibt es keine Hinweise für einen Zusammenhang der Hepatitis-B-Impfungen mit Guillain-Barré-Syndrom oder demyelinisierenden Erkrankungen, einschließlich multipler Sklerose.
Kontraindikationen
Außer der sehr seltenen Überempfindlichkeit gegen Bestandteile des Impfstoffs gibt es keine Kontraindikation.
Impfziele
Ziel der Impfung ist der Individualschutz durch Verhinderung der (chronischen) Infektion mit lebensbedrohenden Folgekomplikationen, wie dem hepatozellulären Karzinom sowie die Ausrottung der Hepatitis B. Die Hepatitis-B-Impfung ist der erste krebsvorbeugende Impfstoff.
Impfplan
Für die Grundimmunisierung im 1. Lebensjahr sind insgesamt 3 Dosen (jeweils im Abstand von 4 Wochen) eines HB-Impfstoffs empfohlen. Der Impfstoff wird i. m. verabreicht. Die Grundimmunisierung wird bei Säuglingen ab dem Alter von 8 Wochen gemeinsam mit den DTaP-Hib-IPV-Impfungen durchgeführt. Eine 4. Auffrischimpfung wird mit der Gabe des Sechsfachimpfstoffs im Alter von 11 Monaten durchgeführt. Bei der Impfung mit einem Monoimpfstoff ist die Gabe von 2 Dosen im Abstand von 8 Wochen, gefolgt von einer 3. Impfung nach 6–12 Monaten im 2. Lebensjahr ausreichend.
Ob regelmäßige Auffrischimpfungen im weiteren Lebensverlauf notwendig sind, hängt vom individuellen Expositionsrisiko ab. Eine allgemeine Auffrischimpfung nach dem Kindesalter ist in Deutschland nicht empfohlen. Serologische Nachtestungen zur Kontrolle des Impferfolgs sind nach der Routineimpfung im Kindes- und Jugendalter nicht erforderlich. Bei Risikopatienten und Menschen mit besonderen beruflichen Infektionsrisiken sollen hingegen die Impftiter kontrolliert und bei einem Anti-HBs-AG-Titer unter 100 IE/l eine Auffrischimpfung durchgeführt werden.
Indikationen
Neben der generellen Routineimpfung von Kindern und Jugendlichen sollte die selektive HB-Impfung bei Erwachsenen mit erhöhtem Infektionsrisiko durchgeführt werden, z. B. bei medizinischem und zahnmedizinischem Personal; bei Beschäftigten in medizinischen Laboratorien; beim Personal psychiatrischer Einrichtungen oder Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte; beim Personal von Einrichtungen für Flüchtlinge und Asylbewerber; bei Patienten mit Dialyse, chronischer Lebererkrankung (vor allem HCV-Infektion), HIV-Infektion; bei Patienten mit häufiger Übertragung von Blut oder Blutbestandteilen sowie bei Personen mit erhöhtem nichtberuflichen Expositionsrisiko, z. B. wegen Drogenkonsums oder Sexualverhalten mit erhöhtem Infektionsrisiko, bei Gefängnisinsassen, Haushaltskontaktpersonen mit HBs-Antigenträgern u. a. Im Gegensatz zur Routineimpfung bei Kindern und Jugendlichen sollte nach selektiver Impfung eine Überprüfung der Impfantwort durchgeführt werden (1–2 Monate nach der 3. Dosis).
Anhaltspunkte für den Zeitpunkt einer notwendigen Wiederimpfung sind:
  • Anti-HBs-Titer <10 IE/l (Non-Responder): sofort (und Kontrolle),
  • Anti-HBs-Titer 10–100 IE/l (Low-Responder): nach 6–12 Monaten,
  • Anti-HBs-Titer >100 IE/l: nach 10 Jahren (bei fortbestehender Indikation).
Bei Neugeborenen infektiöser Mütter sollte sofort die kombinierte aktive und passive Immunisierung durchgeführt werden (unmittelbar post partum, d. h. innerhalb von 12 Stunden 1 ml spezifisches Hepatitis-B-Immunglobulin [200 IE] +0,5 ml aktiver Hepatitis-B-Impfstoff i. m.). Die begonnene HB-Grundimmunisierung wird 1 Monat nach der 1. Impfung durch eine 2. aktive Impfung mit einem monovalenten Impfstoff und frühestens 5 Monate nach der 2. Impfung durch eine 3. Impfung vervollständigt. Diese 3. Impfung kann im Rahmen der Grundimmunisierung im Alter von 11–14 Monaten mit einem Sechsfachimpfstoff erfolgen.
Bei Neugeborenen von Müttern, deren HBsAg-Status nicht bekannt ist, wird ebenfalls post partum die Grundimmunisierung mit dem aktiven HB-Impfstoff begonnen. Bei nachträglicher Feststellung einer HBsAg-Positivität der Mutter kann beim Neugeborenen innerhalb von 7 Tagen postnatal die passive Immunisierung nachgeholt werden. Nach Abschluss der Grundimmunisierung ist die serologische Kontrolle erforderlich.
Bei akzidenteller Inokulation mit infektiösem Material muss bei Personen mit keiner oder unvollständiger Grundimmunisierung sofort die simultane aktive und passive Immunisierung durchgeführt werden (Abb. 4; Abschn. 2). Für geimpfte Personen hängt das Vorgehen von den aktuellen Impftitern ab.

Rotavirus-Schutzimpfung

Rotaviren werden als Schmierinfektion übertragen und sind weltweit die häufigste Ursache von infektiösen Durchfallerkrankungen im frühen Kindesalter. Die Durchseuchung bis zum Alter von 3 Jahren liegt bei mehr als 90 %. Die Letalität von Rotavirus-Gastroenteritiden ist mit mehr als 450.000 bis 600.000 Fällen pro Jahr in Entwicklungsländern ausgesprochen hoch, in Industrienationen ist sie hingegen trotz hoher Morbidität aufgrund der guten medizinischen Versorgungsstruktur nur gering (USA 20–60 Fälle/Jahr). Im Gegensatz zur Situation mit anderen Darmpathogenen haben Hygienemaßnahmen nur wenig Einfluss auf die Erregerübertragung.
Die Entwicklung von Rotavirusimpfstoffen war zunächst durch das vermehrte Auftreten von postvakzinalen Invaginationen bei jungen Säuglingen belastet. So musste der erste in den USA zugelassene Impfstoff 1999, 1 Jahr nach der Einführung, vom Markt genommen werden, weil es durchschnittlich nach jeder 10.000. Impfung zum Auftreten einer Invagination (Intussuszeption) gekommen war. In den folgenden Jahren wurden 2 neue Rotavirus-Impfstoffe entwickelt. Die beiden 2006 bzw. 2008 zugelassenen Lebendimpfstoffe stehen hinsichtlich ihres Nebenwirkungsprofils unter strenger Überwachung. Für beide Vakzinen ergaben sich in klinischen Studien mit jeweils mehr als 70.000 Probanden nur marginale Hinweise für ein diskret erhöhtes Invaginationsrisiko nach der 1. Impfung. Daten aus Ländern mit hohen RV-Impfraten ergeben ein Invaginationsrisiko durch RV-Impfung von etwa 1–2 zusätzlichen Invaginationen pro 100.000 geimpften Säuglingen (Basisrate in Deutschland 61,7 Invaginationen/100.000 Kinder <1 Jahr und 19,2/100.000 bei Säuglingen <3 Monaten). Die Wirksamkeit beider Impfstoffe liegt bei etwa 90 % für schwerwiegende Rotavirus-Gastroenteritis und/oder Rotavirus-assoziierte-Hospitalisation.
Knapp die Hälfte aller Fälle von Diarrhö im frühen Kindesalter können durch die Impfung verhindert werden. Das minimal erhöhte Risiko für eine Invagination nach der 1. Impfung wird angesichts der hohen protektiven Wirksamkeit als vertretbar eingeschätzt. Die Eltern sind über das Risiko und die klinischen Symptome einer Invagination vor Impfung aufzuklären. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Einhalten eines engen Zeitfensters für die Durchführung der Impfung (frühester Beginn 6 Lebenswochen bzw. nicht mehr nach einem Alter von 12 Wochen, letzte Dosis mit 24 [für den 2-Dosen-Impfstoff] bzw. 32 Lebenswochen [für den 3-Dosen-Impfstoff]).
Impfstoffe, Impfplan und Impfziele
Für die Impfung stehen 2 orale Impfstoffe zur Verfügung. Der 2-Dosen-Impfstoff enthält als Impfantigen einen lebendattenuierten humanen Rotavirus (Stamm RIX4414). Der Impfstoff vermittelt einen Impfschutz gegenüber den Genotypen G1P, G2P, G3P, G4P und G9P sowie gegenüber Stämmen mit P(8)-Genotyp. Die Impfserie besteht aus 2 oral verabreichten Dosen. Die 1. Dosis kann ab einem Alter von 6 Wochen gegeben werden. Wegen des mit zunehmendem Alter leicht steigenden Invaginationsrisikos sollte nicht nach der 12. Lebenswoche mit der Impfung begonnen werden. Zwischen den einzelnen Dosen ist ein Zeitabstand von mindestens 4 Wochen einzuhalten. Die Impfserie sollte vorzugsweise vor dem Alter von 16 Wochen verabreicht werden, muss aber auf jeden Fall bis zum Alter von 24 Wochen abgeschlossen sein.
Der 2. Impfstoff besteht aus lebenden humanbovinen Rotavirus-Reassortanten, die auf Verozellen gezüchtet wurden. Der 5-valente Impfstoff repräsentiert die Rotaviren-Typen G1, G2, G3, G4 und P1A. Die vollständige Immunisierung besteht aus 3 Dosen. Die 1. Dosis kann ab Vollendung der 6. Lebenswoche, sollte jedoch nicht später als vor Vollendung der 12. Lebenswoche verabreicht werden. Ein Abstand von mindestens 4 Wochen sollte zwischen den einzelnen Dosen eingehalten werden. Die 3 Dosen sollten vorzugsweise vor Vollendung der 20.–22. Lebenswoche, spätestens jedoch bis zur Vollendung der 32. Lebenswoche verabreicht werden. Seit Mitte 2013 ist die Rotavirusimpfung in die öffentlich empfohlenen Impfungen der STIKO aufgenommen worden (Abb. 1).
Impfziel ist der Individualschutz vor schwerwiegenden Verläufen mit der Notwendigkeit der Hospitalisierung.
Nebenwirkungen
Etwa bei einem Drittel der geimpften Säuglinge wird über Nebenwirkungen berichtet. Am häufigsten kommt es zu Fieberreaktionen, weiterhin werden Durchfall, Appetitlosigkeit und Erbrechen beobachtet. Das Risiko einer Invagination nach der 1. Impfung ist gering (siehe oben), trotzdem müssen die Eltern bei der Impfaufklärung darauf hingewiesen werden und ihnen bei postvakzinalen Bauchschmerzen eine Vorstellung beim Kinderarzt empfohlen werden.
Bei Neugeborenen mit angeborenen T-Zell-Defekten, die klinisch nicht immer in den ersten Lebensmonaten auffallen müssen, besteht das Risiko einer schweren Rotavirusinfektion mit protrahierter Virusausscheidung. Geimpfte Säuglinge scheiden das Impfvirus über 6–8 Wochen mit dem Stuhl aus. Übertragungen auf Säuglinge in der Umgebung wurden berichtet, ohne dass dabei Komplikationen aufgetreten sind.

Pneumokokken-Schutzimpfung

Pneumokokken-Infektionen werden durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion übertragen und verursachen organbezogene (vor allem der Atemwege) oder invasive (vor allem Meningitis, Sepsis) Infektionen. Die Morbidität und Letalität durch invasive Pneumokokken-Infektionen ist hoch, besonders bei Kindern unter 2 Jahren und Personen über 65 Jahren. Das Erkrankungsrisiko durch Pneumokokken wird durch Grundkrankheiten wie funktionelle oder anatomische Asplenie, drastisch erhöht (Kap. „Bakterielle Infektionen bei Kindern und Jugendlichen: grampositive und gramnegative Kokken“, Abschn. „Pneumokokken-Infektionen“). Ein weiteres infektiologisches Problem ist die zunehmende Resistenz von Pneumokokken gegenüber Makrolid- und β-Laktam-Antibiotika.
Impfstoff
Der klassische Polysaccharidimpfstoff besteht aus gereinigten Kapselpolysacchariden von 23 Serotypen, die für 85–90 % der invasiven Pneumokokken-Infektionen verantwortlich sind. Die reine Polysaccharidformulierung stimuliert lediglich eine T-Zell-unabhängige Immunantwort ohne Aufbau eines wirksamen immunologischen Gedächtnisses. Reine Polysaccharidimpfstoffe erzeugen bei Säuglingen und Kleinkindern unter 2 Jahren keine ausreichende Schutzwirkung.
Analog zu den konjugierten Haemophilus-influenzae-Typ-b-Impfstoffen wurden durch Kopplung der Polysaccharide an Proteine multivalente Pneumokokken-Konjugatimpfstoffe entwickelt. Seit Frühjahr 2001 steht in Deutschland ein 7-valenter Pneumokokken-Konjugatimpfstoff zur Verfügung, der bereits im Säuglingsalter zuverlässig eine protektive Immunantwort induziert. Der Impfstoff enthält an das Trägerprotein CRM197 (atoxische Mutante des Diphtherietoxins) gekoppelte Poly- bzw. Oligosaccharide der Pneumokokken-Serotypen 4, 6B, 9V, 14, 18C, 19F und 23F. Der 7-valente Impfstoff deckte bei Einführung etwa 70 % der in Deutschland für das Kleinkindalter krankheitsrelevanten Pneumokokken-Serotypen ab. Aktuell wird eine 13-valente Weiterentwicklung dieses Impfstoffs mit den Pneumokokkenpolysaccharid-Serotypen 1, 3, 4, 5, 6A, 6B, 7F, 9V, 14, 18C, 19A, 19F, 23F, ebenfalls an CRM gekoppelt, verwendet. Weiterhin ist ein 10-valenter Konjugatimpfstoff, der die Serotypen 1, 4, 5, 6B, 7F, 9V, 14, 18C, 19F und 23F enthält, zugelassen. Dieser Impfstoff enthält Protein D von nicht typisierbaren Haemophilus-Stämmen, Tetanustoxoid (Serotyp 18C) und Diphtherietoxoid (Serotyp 19F) als Konjugatproteine. Aktuell sind 20-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoffe in der Entwicklung.
Wirkmechanismus
Die Konjugatimpfstoffe stimulieren die Produktion opsonisierender Antikörper gegen die in der Vakzine enthaltenen Pneumokokken-Serotypen. Die Antikörper verstärken die Elimination der Pneumokokken durch Opsonophagozytose.
Protektion
Nach Studien von Moberly aus dem Jahre 2013 sowie WHO-Metaanalysen, die vorwiegend bei Erwachsenen durchgeführt wurden, schützen reine Polysaccharidimpfstoffe nur ca. 24 % der Geimpften für maximal 5 Jahre vor invasiven Infektionen. Gegen lokale Infektionen (Pneumonie, Otitis media, Sinusitis) besteht kein Schutz.
In einer in Kalifornien durchgeführten Studie zeigte der 7-valente Konjugatimpfstoff eine hohe Wirksamkeit gegen die invasiven Pneumokokken-Infektionen (95 %; Meningitis, bakteriämische Verläufe), deren Serotypen im Impfstoff vorhanden waren. Deutlich geringere Wirksamkeiten wurden gegen lokalisierte Pneumokokken-Infektionen (35 % gegen Pneumonie jeglicher Ursache, 57 % Otitis media durch Impfstoff-Serotypen) ermittelt. Aktuelle Studien belegen die Wirksamkeit der 10- und 13-valenten Impfstoffe und weisen darauf hin, dass die Impfstoffe auch einen protektiven Einfluss auf die Kolonisierung des Nasen-Rachen-Raums haben. Epidemiologische Studien zum Verdrängungspotenzial (Replacement) der in den Impfstoffen enthaltenen kolonisierenden Serotypen durch nicht im Impfstoff enthaltene Serotypen sind auch in Zukunft wichtig. Bisher ist ein solches Verdrängungsszenario nicht dokumentiert.
Nebenwirkungen
In den ersten Tagen nach Impfung können milde lokale (Schmerzen, Rötung, Schwellung) und mäßige systemische Reaktionen (Fieber, Schläfrigkeit, Myalgien) auftreten. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bisher nicht beobachtet.
Kontraindikationen
Kontraindikationen sind akute hochfieberhafte Erkrankungen und Unverträglichkeitsreaktionen gegen Bestandteile der Impfstoffe.
Impfplan
Pneumokokken-Konjugatimpfstoff
Seit Juli 2006 wird die generelle Impfung gegen Pneumokokken mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff für alle Kinder bis 24 Monate empfohlen. Das aktuelle Impfschema besteht aus 2 Impfungen im Abstand von 8 Wochen ab dem Alter von 8 Wochen, gefolgt von einer 3. Impfung im Alter von 11 Monaten. Bei frühgeborenen Säuglingen (vor 37 Gestationswochen) werden 3 Impfungen ab dem Alter von 8 Wochen jeweils im Abstand von je 4 Wochen benötigt. Erfolgt die Grundimmunisierung erst zwischen dem 12. und 24. Lebensmonat werden 2 Impfungen im Abstand von 8 Wochen verabreicht.
Der 10- oder 13-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff kann simultan mit den bisher verfügbaren hexavalenten Impfstoffen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B und mit MMR-Impfstoff und Varizellen-Impfstoff verabreicht werden.
Polysaccharid-Impfstoff
Kinder, auch nach dem 2. Lebensjahr, sollten primär immer zunächst mit einem Konjugatimpfstoff geschützt werden. Mit Konjugatimpfstoff geimpfte Kleinkinder sollten bei fortdauernder gesundheitlicher Gefährdung (z. B. Splenektomie) ab dem 3. Lebensjahr zusätzlich eine Impfung mit dem 23-valenten nur Kapselpolysaccharide enthaltenden Impfstoff erhalten (Mindestabstand von 2 Monaten nach der letzten Impfung mit Konjugatimpfstoff, idealer Abstand nach 6–12 Monaten), um einen möglichst umfassenden Infektionsschutz sicherzustellen. Bei fortdauerndem Risiko kann die Impfung im Abstand von frühestens 3 Jahren (bei Kindern <10 Jahren) bzw. 6 Jahren (bei Kindern ≥10 Jahren und Erwachsenen) wiederholt werden. Die Wirksamkeit von Booster-Impfungen mit nichtkonjugierten Impfstoffen ist in Diskussion.
Für bisher ungeimpfte Kinder im Alter vom 3. bis vollendetem 5. Lebensjahr mit hohem Risiko wird zunächst 1 Impfung mit dem 10/13-valenten Konjugatimpfstoff empfohlen, gefolgt von 1 Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff im Abstand von mindestens 2, idealerweise 6–12 Monaten.
Indikationen
Von der STIKO (Stand 2017) wird die Pneumokokken-Impfung für folgende Risikogruppen empfohlen:
  • Kinder (ab vollendetem 2. Lebensjahr), Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten mit T- und B-zellulären Restfunktionen (z. B. Hypogammaglobulinämie, Komplement- und Properdindefekte, funktionelle oder anatomische Asplenie, Sichelzellanämie, hämatologische und onkologische Erkrankungen, Neutropenie, septische Granulomatose, HIV-Infektion, Zustand nach Knochenmarktransplantation) und chronischen Krankheitszuständen (z. B. Herz-Kreislauf-Krankheiten, chronische Leber- und Lungenleiden, Diabetes mellitus und andere Stoffwechselstörungen, Niereninsuffizienz/nephrotisches Syndrom, vor Organtransplantation und vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie), Liquorfisteln, Cochlea-Implantat.
  • Personen >60 Jahre (Standardimpfung): Für diese Altersgruppe ist mittlerweile auch der 13-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff zugelassen.
  • Berufliche Tätigkeiten wie Schweißen und Trennen von Metallen, die zu einer Exposition gegenüber Metallrauchen, einschließlich metalloxidischen Schweißrauchen führen.

Meningokokken-Schutzimpfung

Meningokokken werden über Tröpfchen- und Schmierinfektion übertragen und können eine lebensbedrohliche Meningitis und Sepsis verursachen, die in bis zu 15 % der Fälle tödlich verlaufen. Etwa 10–20 % der Patienten, die die Meningokokken-Erkrankung überleben, leiden unter dauerhaften Folgen.
Impfstoffe
Außer für Meningokokken Gruppe B bestehen Meningokokkenimpfstoffe aus Polysacchariden der jeweiligen Bakterienkapsel. In Deutschland sind reine Polysaccharidimpfstoffe, die ersten zugelassenen Impfstoffe gegen Meningokokken, heute nicht mehr erhältlich. Das höchste Erkrankungs- und Komplikationsrisiko von Meningokokkeninfektionen liegt bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum 4. Lebensjahr. Da diese Altersgruppe nur eine schwache Impfantwort auf reine Polysaccharidantigene entwickelt, wurden analog zu Hib- und Pneumokokkenimpfstoffen Meningokokken-Konjugatimpfstoffe entwickelt. Die ersten zugelassenen Impfstoffe dieser Gruppe waren Konjugatimpfstoffe für Meningokokken Typ C. Seit 2012 stehen tetravalente A-, C-, W135- und Y-Impfstoffe als Konjugatformulierungen zur Verfügung. Die tetravalenten Impfstoffe nutzten entweder ein Diphtherietoxoid, CRM197 oder Tetanustoxoid als Konjugatprotein. Konjugatimpfstoffe gegen Meningokokken der Gruppe C sind bereits ab einem Alter von 2 Monaten einsetzbar. Tetravalente Meningokokken-Konjugatimpfstoffe sind ab dem Alter von 6 Wochen (Tetanuskonjugat) bzw. ab 24 Lebensmonaten (CRM-Konjugat) zugelassen.
2013 wurde der 1. Meningokokken-Typ-B-Impfstoff zugelassen. Dies ist eine wichtige Entwicklung für Deutschland, da derzeit mehr als 60 % aller schwerwiegenden Meningokokkeninfektionen durch Typ B verursacht werden. Im Gegensatz zu den anderen Meningokokken-Serogruppen eignet sich die Polysaccharidkapsel von Typ B aufgrund von Strukturähnlichkeiten mit einer köpereigenen Sialinsäure nicht als Impfantigen. Auf den „outer-membrane“ Vesikeln von Meningokokken Typ B basierende Impfstoffe (OMV-Impfstoffe) haben erfolgreich Epidemien, z. B. in Neuseeland oder Norwegen bekämpft. Da es allerdings Dutzende OMV-Varianten gibt, sind diese Impfstoffe für einen generellen Einsatz nicht geeignet. Andere Proteinantigene von Meningokokken sind strukturell variabel, was ihre Nutzung in Impfstoffen ebenfalls einschränkt. Erst mittels moderner gentechnologischer Ansätze (reverse Vakzinologie, d. h. systematische Suche nach geeigneten Proteinantigenen im Genom) ist es gelungen, eine Mehrkomponenten-Proteinvakzine zu entwickeln. Eine der neu formulierten Meningokokkenvakzinen der Gruppe B basiert auf 3 rekombinant hergestellten Proteinen von Meningococcus Gruppe B. Dabei handelt es sich um das Neisserien-Adhäsin A (NadA), das Faktor-H-bindende Protein (fHBP) und das Neisserien-Heparin-bindende Antigen (NHBA). Zusätzlich enthält der Impfstoff das „outer membrane vesicle“ (OMV), das von dem in Neuseeland epidemischen Stamm B:4:P1.7-2,4 abstammt, und das die Antikörperantwort gegen die Proteine weiter steigert. Ein 2. rekombinanter MenB-Impfstoff wurde 2017 in Deutschland zugelassen. Dieser Impfstoff besteht aus 2 Varianten des Faktor-H-bindenden Proteins und kann ab dem 10. Lebensjahr eingesetzt werden.
Wirkmechanismen
Die Impfung mit reinen Kapselpolysacchariden (MenA, C, W, Y) führt zur Bildung opsonierender Antikörper gegen den entsprechenden Serotyp. Wie bei anderen Polysaccharidimpfstoffen hängt die Qualität und Quantität der Immunantwort vom Alter des Impflings ab. Kinder unter 2 Jahren entwickeln nur eine unzureichende Antikörperantwort. Auch bei älteren Kindern sind die Antikörperkonzentrationen nach Impfung niedriger als bei Erwachsenen. Konjugatimpfstoffe hingegen induzieren eine ausgeprägtere Antikörperantwort und eine bessere immunologische Gedächtnisantwort.
Die Bewertungen der Meningokokken-Impfstoffimmunogenität stützt sich auf die Messungen der komplementvermittelten Serumbakterizidie-Aktivität (SBA). In diesem Test wird das Testserum erhitzt, um endogenes Komplement zu inaktivieren. Anschließend werden Verdünnungen des Testserums 60 Minuten mit Meningokokken und einer Quelle für exogenes Komplement (früher Kaninchen, heute Humankomplement) inkubiert. Die Ergebnisse werden als Verdünnung des Serums ausgedrückt, bei der 50 % der Bakterien abgetötet werden. In Deutschland wird ein Titer von 1:4 im hSBA (humaner Serumbakterizidie-Test) als schützender Titer akzeptiert. Für MenA-, C-, W-, Y-Impfstoffe ist zudem eine Reduktion der inapparenten Kolonisierung mit den im Impfstoff enthaltenen Meningokokkengruppen belegt.
Protektion
Die Meningokokken-Konjugatimpfstoffe weisen nach 2 Dosen für die Serotypen C, W und Y eine nahezu 100-prozentige Serokonversionsrate (über hSBA-Titer von 1:4) und eine entsprechende schützende Wirksamkeit auf. Die Serokonversionsrate für den Serotyp A liegt bei über 80 %.
Eine der verfügbaren MenB-Vakzinen ist für den Einsatz ab dem Alter von 2 Monaten entwickelt, da diese Altersgruppe das höchste Erkrankungsrisiko trägt. Die publizierten Zulassungsdaten belegen, dass diese Vakzine in dieser Altersgruppe hoch immunogen und wirksam gegen ein breites Spektrum von Meningokokken-Gruppe-B-Stämmen ist. Die zweite ab dem 10. Lebensjahr zugelassene MenB-Vakzine besitzt ebenfalls eine hohe Serokonversionsrate und Wirksamkeit.
Nebenwirkungen
Wie für andere Totimpfstoffe liegt die Inzidenz relevanter lokaler Reaktionen unter 10 %, systemische Reaktionen sind selten. Als unerwünschte Ereignisse sind selten vorübergehende Schwäche, Parästhesien und Kopfschmerzen beschrieben worden. Bleibende Schäden nach Impfung sind nicht bekannt.
Im Vergleich zu anderen im Säuglings- und Kleinkindesalter verimpften Impfstoffen (DTaP, Hib, IPV, HBV und Pnk) entwickeln Impflinge nach der MenB-Komponenten-Impfung häufiger Fieberreaktionen, wenn sie gleichzeitig mit Routineimpfungen appliziert wird. Ein erhöhtes Risiko für fiebergebundene Krampfanfälle ist in diesem Zusammenhang bislang in den Studien jedoch nicht aufgefallen.
Kontraindikationen
Außer den sehr seltenen Unverträglichkeitsreaktionen bestehen keine Kontraindikationen gegen die verfügbaren Meningokokkenimpfstoffe. Daten über den Einsatz während der Schwangerschaft liegen derzeit nicht vor.
Impfziele
Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C mit einem konjugierten Meningokokken-C-Impfstoff für alle Kinder ab dem Alter von 12 Monaten. Primäres Impfziel ist es, die Morbidität invasiver Meningokokken-Erkrankungen der Serogruppe C und die resultierenden Folgen wie Hospitalisierung, schwere Komplikationen, Behinderung und Tod zu verhindern. Ein zweiter, niedrigerer Inzidenzgipfel der Erkrankung besteht in Deutschland für Jugendliche. Bisher wurde in Deutschland keine Catch-up-Kampagne – wie zum Beispiel im UK – zum Schließen der Lücke bis zu dieser Altersgruppe empfohlen. Allerdings spricht sich die STIKO dafür aus, dass eine fehlende MenC-Impfung bis zum 18. Geburtstag nachgeholt wird. Wenn eine entsprechende Indikation besteht (z. B. Auslandsreise) kann die Impfung im 2. Lebensjahr auch mit einem 4-valenten MenA-, C-, W-, Y-Konjugatimpfstoff durchgeführt werden. Für den seit Januar 2013 zugelassenen MenB-Komponentenimpfstoff gibt es bisher noch keine generelle öffentliche Impfempfehlung. Die Krankheitslast durch Meningokokken der Serogruppe B ist derzeit niedrig (<200 Fälle/Jahr) und weiterhin abnehmend. Vor Einführung einer allgemeinen Impfempfehlung sind aus Sicht der STIKO weitere Informationen zur Impfeffektivität nach abgeschlossener Grundimmunisierung, zur Charakterisierung von MenB-Stämmen, die trotz Impfung invasive Erkrankungen verursachen, zur Schutzdauer und Notwendigkeit von Auffrischimpfungen sowie zum Effekt auf das Trägertum erforderlich. Basierend auf vorliegenden Daten zur Immunogenität und ersten Daten zur Impfeffektivität aus England ist allerdings grundsätzlich anzunehmen, dass die Impfstoffe vor invasiven Erkrankungen durch einen Großteil der in Deutschland zirkulierenden MenB-Stämme schützen können.
Indikationsimpfungen gegen alle 5 Serogruppen werden empfohlen für Reisende in Endemiegebiete, für möglicherweise exponiertes Laborpersonal, für Personen mit Immundefekten, sofern eine ausreichende immunologische Restfunktion besteht (Komplementdefekte; Properdindefekte; Hypogammaglobulinämie; Asplenie, Eculizumab-Therapie), sowie auf Empfehlung der Gesundheitsbehörden im Rahmen einer Epidemie, hervorgerufen durch einen Kapseltyp, der in einem der Impfstoffe vertreten ist.
Impfplan
Die Immunisierung mit MenC-Konjugatimpfstoffen erfolgt im Rahmen der/als Standardimpfung ab dem Alter von 12 Monaten mit 1 Dosis und sollte vor Erreichen des 2. Geburtstages durchgeführt worden sein. Bei Indikation ist die Impfung im 1. Lebensjahr ab dem Alter von 2 Monaten durch 2-malige i. m.-Injektion mit 0,5 ml Impfstoff im Abstand von mindestens 2 Monaten möglich. Bei Beginn der Impfung im 1. Lebensjahr ist eine Dosis im 2. Lebensjahr als Booster erforderlich. In Deutschland ist die Nachholimpfung bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres routinemäßig empfohlen.
Der neue MenB-Komponentenimpfstoff ist ab dem vollendeten 2. Lebensmonat zugelassen, allerdings in Deutschland noch nicht als Standardimpfung empfohlen. Zum Erreichen des Impfschutzes sind im 1. Lebensjahr 3 Dosen im Abstand von mindestens 1 Monat und eine Booster-Impfung im 2. Lebensjahr erforderlich. Ab dem 6. Lebensmonat sind 2 Dosen im Abstand von 2 Monaten plus 1 Booster im 2. Lebensjahr ausreichend. Nach dem 2. Lebensjahr werden 2 Dosen (Abstand mindestens 2 Monate) und die 3. Dosis nach 12–23 Monaten empfohlen. Bei älteren Kindern sind 2 Einzeldosen ausreichend. Bei fortbestehender Indikation (z. B. Asplenie oder Komplementdefekt) sind Auffrischimpfungen alle 3–5 Jahre indiziert. Der 2. zugelassene MenB-Impfstoff kann ab dem 10. Lebensjahr eingesetzt werden. Für die Grundimmunisierung sind 2 Dosen (je 0,5 ml), die im Abstand von 6 Monaten verabreicht werden, erforderlich.
Für die Kombinationsimpfung gegen Meningokokken ACWY stehen 2 Konjugatimpfstoffe zur Verfügung die ab 6 Wochen bzw. ab 2 Jahre eingesetzt werden können.

Masern-Schutzimpfung

Masern werden über Tröpfchen- und Schmierinfektion übertragen und sind eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten des Kindesalters, da sie zahlreiche Komplikationen verursachen können (Kap. „Masern, Mumps, Röteln bei Kindern und Jugendlichen“). Die wichtigste impfpräventable Komplikation ist eine potenziell tödlich verlaufende Enzephalitis, die mit einer Inzidenz von 1 Fall unter 700–1000 Erkrankten auftritt. Außer der aktiven Impfung und der passiven Immunisierung mit Standardimmunglobulinpräparaten gibt es keine kausale Therapie.
Impfstoff
Der Impfstoff enthält vermehrungsfähige, abgeschwächte Masernviren, die in Hühnerfibroblasten angezüchtet wurden. Das Impfvirus ist licht- und wärmeempfindlich (Kühlkette beachten!). Masernimpfstoff wird vorzugsweise in Kombination mit Mumps- und Rötelnimpfstoff, evtl. auch mit VZV-Impfstoff verabreicht. Er existiert auch als Einzelimpfstoff. Nach Angaben des Herstellers wird der Impfstoff entweder i. m. oder s.c. injiziert.
Wirkmechanismen
Der Impfstoff erzeugt neutralisierende Antikörper und eine spezifische T-Zell-Immunität.
Protektion
Die Serokonversionsrate nach einer Impfdosis beträgt ca. 95 %. Die Dauer des Impfschutzes nach 2-maliger Impfung liegt wahrscheinlich bei mehreren Jahrzehnten, ist gegenwärtig aber nicht zuverlässig bekannt.
Nebenwirkungen
Zwischen dem 7. und 14. Tag p.v. können Fieber, Exantheme und Konjunktivitis auftreten. Eine Thrombozytopenie wird bei ca. 1:30.000 Impflingen beobachtet. Ob das Masernimpfvirus auch eine Enzephalitis auslösen kann, ist wissenschaftlich umstritten. Es besteht kein Zusammenhang zwischen Masernimpfung und entzündlichen Darmerkrankungen und Autismus.
Geimpfte Kinder sind nicht infektiös.
Kontraindikationen
Kontraindikationen sind Allergien auf Bestandteile des Impfstoffs (z. B. Neomycin, Gelatine), akute hochfieberhafte Erkrankungen, primäre und sekundäre Immunmangelzustände und Schwangerschaft. Asymptomatische HIV-infizierte Kinder können geimpft werden, wenn die CD4-positive Lymphozytenzahl mindestens 25 % des altersentsprechenden Normalwerts erreicht. Keine Kontraindikationen sind banale Infektionen mit Schnupfen und subfebrilen Temperaturen, Hühnereiweißallergie, Zerebralschäden und chronische Infektionen.
Impfziele
Ziel der WHO in Europa ist die Elimination von Masern bis zum Jahr 2020. Die aktuelle Entwicklung mit zunehmender Zahl von Masernausbrüchen weltweit macht die Realisierung dieses Vorhabens aber wenig wahrscheinlich. Auch in Deutschland treten immer wieder lokale Epidemien mit z. T. über 1500 Erkrankten auf. Um einen zuverlässigen Herdenschutz zu erreichen, ist eine ≥95-prozentige Durchimfpungsrate für 2 Impfungen in allen Jahrgängen erforderlich. Das 2-Dosen-Impfschema gewährleistet die Populationsimmunität durch Reduktion von Impfversagern.
Impfplan
Im Gegensatz zu Totimpfstoffen enthalten Lebendimpfstoffe wie die Masernvakzine vergleichsweise geringe Mengen an Antigen (Impfviren). Die im 1. Lebensjahr noch vorhandenen maternalen Antikörper können das Impfvirus neutralisieren und dadurch die Effektivität der Impfung einschränken. Aus diesem Grund wird heute die Masernimpfung erst nach dem vollendeten 11. Lebensmonat empfohlen. Bei Exposition in einem jüngeren Alter kann die Impfung auf den 9. Lebensmonat (gegebenenfalls sogar 6. Lebensmonat) vorgezogen werden. Dann ist allerdings mit einer geringen Schutzwirkung zu rechnen und eine zusätzliche Impfung erforderlich. Die 2. Impfung soll im Alter von 15–23 Monaten erfolgen, frühestens 4 Wochen nach der 1. Impfung. Auch Erwachsene, z. B. mit unbekanntem Impfstatus, können bedenkenlos geimpft werden. Für die Wiederimpfung gibt es nach oben keine Altersbegrenzung. Nach der Gabe von Blutprodukten und Immunglobulinen sollte, je nach verabreichter IgG-Menge, ein Abstand von mindestens 3–10 Monaten zur Masernimpfung eingehalten werden.
Die 2. Impfung, üblicherweise als Kombinationsimpfung mit Mumps, Röteln und gegebenenfalls auch Varizellen, dient einerseits dazu, Impflücken zu schließen, falls eine der 3 Lebendimpfungen nicht erfolgreich war, andererseits hat die 2. Impfung auch einen Booster-Effekt (gilt vor allem für die VZV-Impfung). Für einen langanhaltenden, wahrscheinlich lebenslangen Schutz sind nach WHO 2 Gaben des Impfstoffs Voraussetzung. Personal im Gesundheitsdienst, in der Betreuung von immundefizienten Personen oder in Gemeinschaftseinrichtungen sollten, falls ungeimpft oder mit unklarem Impfstatus oder nur 1 Impfung, einmalig mit einem MMR-Impfstoff geimpft werden. Um dem Ziel näher zu kommen, Masern vollständig zu eradizieren, wird heute zusätzlich allen nach 1970 geborenen Erwachsenen (≥18 Jahre) mit unklarem Impfstatus bzw. ohne Masernimpfung oder mit nur 1 Masernimpfung in der Kindheit eine Auffrischimpfung vorzugsweise mit einem MMR-Kombinationsimpfstoff empfohlen.
Postexpositionelle Impfung
Durch den Lebendimpfstoff kann auch der Ausbruch der Wildmasern wirksam unterdrückt werden, wenn innerhalb der ersten 3 Tage nach Exposition geimpft wird. Diese Riegelungsimpfung wird empfohlen für Ungeimpfte (ab einem Alter von 9 Monaten), aber auch für erst 1-mal mit MMR-Impfstoff geimpfte Personen. Sie ist besonders in Kindereinrichtungen und Schulen wichtig, um die Ausbreitung der Erkrankung auf weitere ungeschützte Kinder zu verhindern.
Passive Immunisierung
Zur passiven Immunisierung, Tab. 5.

Mumps-Schutzimpfung

Mumpsviren werden über Tröpfchen- und Schmierinfektion übertragen. Durch die Mumpsimpfung im frühen Kindesalter lassen sich die häufige meningitische Verlaufsform und die Orchitis bzw. Oophoritis während und nach der Pubertät vermeiden, die zur Infertilität (in 10–60 %) führen kann.
Impfstoff
Der Impfstoff enthält vermehrungsfähige, abgeschwächte Mumpsviren (Stamm Jeryl-Lynn), die auf embryonalen Hühnerfibroblasten angezüchtet werden. Den Impfstoff gibt es nur als Kombinationsimpfstoff (MMR oder MMRV).
Wirkmechanismen und Protektion
Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper und mumpsspezifische T-Zellen vom CD4- und CD8-Typ. Der Impfschutz beträgt schon nach einer einmaligen Impfung nahezu 90 %. Die Dauer des Impfschutzes ist gegenwärtig nicht genau bekannt. Nach 2-maliger Impfung wird ein langjähriger, möglicherweise lebenslanger Schutz angenommen. In den vergangenen Jahren wird eine selektive Zunahme von Mumpsfällen bei Adoleszenten und jungen Erwachsenen bevorzugt in Schulen, Sportvereinen, Universitäten und anderen Gemeinschaftseinrichtungen beobachtet. Die exakten Ursachen für diese Entwicklung sind nicht geklärt. Es wird vermutet, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen können, wie veränderte genetische Struktur des Wildvirus und mangelnde Persistenz der Impfimmunität. Die Gesundheitsbehörden beobachten diese Entwicklung und prüfen, ob Veränderungen der Präventivmaßnahmen erforderlich werden.
Nebenwirkungen
Vereinzelt wird eine unilaterale Parotitis beobachtet, meistens in der 3. Woche nach Impfung oder noch später. Es besteht kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Mumps-Schutzimpfung und dem Auftreten eines Diabetes mellitus Typ 1.
Impfplan
Die Mumpsimpfung mit dem Kombinationsimpfstoff MMR wird für alle Kinder (Jungen und Mädchen) empfohlen (1. Impfung nach dem vollendeten 11. Lebensmonat, 2. Impfung mit 15–23 Monaten). Für Personal im Gesundheitsdienst, in Gemeinschafts- und Ausbildungseinrichtungen gilt das Gleiche wie für die berufliche Masernimpfung (Abschn. 1.2, „Masern-Schutzimpfung“). Der Erfolg einer Inkubationsimpfung bei Mumps ist fraglich.
Kontraindikationen
Es gelten die in Abschn. 1.2, „Masern-Schutzimpfung“ genannten Kontraindikationen.

Röteln-Schutzimpfung

Röteln werden über Tröpfchen- und Schmierinfektion übertragen und sind für Kinder und Erwachsene im Grundsatz meist harmlose Erkrankungen. Eine Enzephalitis kann in 1:5000 Fällen auftreten, hat jedoch eine deutlich bessere Prognose als die Masern-Enzephalitis. Das Ziel der Röteln-Schutzimpfung ist daher primär die Verhütung der Röteln-Embryopathie, die sich durch diaplazentare Infektion des ungeborenen Kindes bei Erkrankung einer nicht geschützten Schwangeren entwickelt.
Impfstoffe
Der Impfstoff enthält vermehrungsfähige, abgeschwächte Rötelnviren (Stamm Wistar RA 27/3), die auf menschlichen diploiden Zellen gezüchtet wurden. Einzel- und Kombinationsimpfstoffe (MMR oder MMRV) stehen zur Verfügung. Nach der Impfung wird das Impfvirus auch für kurze Zeit im Rachen ausgeschieden. Eine Übertragung von Impfviren auf Kontaktpersonen wurde aber bisher nicht festgestellt.
Wirkmechanismen
Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper. Die Stimulation einer Röteln-spezifischen T-zellulären Immunantwort ist biologisch plausibel, aber bisher nicht hinreichend erforscht.
Protektion
Mindestens 95 % der Impflinge, die älter als 11 Monate sind, bilden Antikörper gegen Rötelnvirus. Sie gelten als geschützt.
Nebenwirkungen
Gelegentlich treten ein leichtes Fieber, Lymphknotenschwellungen und ein Exanthem (Impfröteln) auf. Auch postvakzinale Thrombozytopenien werden beobachtet. Bei postpubertären Impflingen, vor allem jungen Frauen, kommt es in der 2. bis 3. Woche nach Impfung zu vorübergehenden Arthralgien oder Arthritiden. Die Arthritis ist selbstlimitiert und geht nicht in eine chronische Arthritis über!
Kontraindikationen
Es gelten die in Abschn. 1.2, „Masern-Schutzimpfung“ genannten Kontraindikationen.
Grundsätzlich sind Lebendimpfungen nicht in der Schwangerschaft empfohlen, insofern ist eine akzidentelle Rötelnimpfung kurz vor und in der Frühgravidität unerwünscht, aber keine zwingende Indikation zur Interruptio.
Impfziele
Das Ziel ist eine mindestens 90- bis 95-prozentige Durchimpfung aller Kinder, um – neben dem Individualschutz – die Zirkulation des Rötelnwildvirus zu unterbrechen (Herdenprotektion) und die vollständige Verhinderung der Röteln-Embryopathie.
Impfplan
Die Rötelnimpfung, vorzugsweise mit dem Kombinationsimpfstoff MMR bzw. MMRV, wird für alle Kinder (Jungen und Mädchen) empfohlen (1. Impfung nach dem vollendeten 11. Monat, 2. Impfung mit 15–23 Monaten). Eine zusätzliche monovalente Röteln-Impfung für Mädchen ist nicht erforderlich, wenn bereits 2 Impfungen mit MMR bzw. MMRV erfolgten.
Weiterhin gilt die Impfempfehlung für alle noch seronegativen Frauen mit Kinderwunsch (mit serologischer Erfolgskontrolle 8–10 Wochen nach Impfung). Die zu impfende Frau muss darüber informiert werden, dass sie in den nächsten 28 Tagen nach Impfung nicht schwanger werden darf.
Für Personal im Gesundheitsdienst, in Gemeinschafts- und Ausbildungseinrichtungen gilt das Gleiche wie für die berufliche Masernimpfung, Abschn. 1.2, „Masern-Schutzimpfung“.

Varizellen-Schutzimpfung

Varizellen werden über Tröpfchen- und Schmierinfektion übertragen und können zu einer Zerebellitis bzw. Enzephalitis, bakteriellen Superinfektionen und zu einem Herpes zoster führen (Kap. „Herpesvirus-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen“). Selten kann es bei einer Infektion in der Schwangerschaft zu einer Varizellen-Embryopathie mit Extremitätenfehlbildungen kommen. Seit Juli 2004 wird die Varizellen-Schutzimpfung von der STIKO als Standardimpfung für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen. Weiterhin gelten Indikationen für besonders gefährdete Gruppen.
Impfstoff
Der Impfstoff enthält attenuierte Varicella-Zoster-Viren (Stamm OKA), die auf menschlichen diploiden Zellen vermehrt wurden. Der Lebendimpfstoff wird bei einer Kühlschranktemperatur von +2 bis +8 °C gelagert und ist 2 Jahre lang haltbar. Der Impfstoff wird i. m. oder s.c. appliziert. Seit 2006 stehen auch MMR-VZV-Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung.
Wirkmechanismus
Der Impfstoff erzeugt eine VZV-spezifische zelluläre und humorale Immunität.
Protektion
Die Serokonversionsrate bei gesunden Kindern beträgt >95 % mit einer Persistenz spezifischer Antikörper über den gesamten Beobachtungszeitraum (bisher 10–20 Jahre). Klinische Studien zeigen, dass schon die 1. Impfung immunkompetente Kinder zu ca. 95 % vor einer schweren Varizellen-Erkrankung schützt. Milde verlaufende Durchbruchserkrankungen mit in der Regel <50 Effloreszenzen kommen jährlich bei 1–4 % der Geimpften vor, insbesondere nach massiver Virusexposition im Haushalt. Bei älteren Jugendlichen, jungen Erwachsenen und immunsupprimierten Patienten hingegen liegen Serokonversionsrate, Dauer der Antikörperpersistenz und Schutzeffekt nach 1 Impfung deutlich niedriger. Aus diesem Grund wurden für diesen Personenkreis schon initial 2 Impfungen empfohlen. Nach Einführung der allgemeinen Impfempfehlung, insbesondere aber nach Zulassung von 4-valenten MMR-VZV-Kombinationsimpfstoffen, ergaben Folgestudien, dass auch für junge Kinder die 2-malige Impfung einen zuverlässigeren Impfschutz gegenüber Windpocken im Sinne einer Booster-Impfung vermittelt. Die allgemeinen Impfempfehlungen wurden dahingehend geändert, allen Altersgruppen eine 2-malige Impfung zu empfehlen.
Nebenwirkungen
Die Verträglichkeit bei gesunden Impflingen aller Altersgruppen ist ausgezeichnet. Gelegentlich treten Fieber und papulöse Exantheme auf (fast immer ohne Virusausscheidung). Dagegen ist der Impfstoff bei immunsupprimierten Kindern stärker reaktogen (in ca. 40 % hohes Fieber mit makulopapulösen und papulovesikulären Exanthemen sowie Virusausscheidung).
Auch das Impfvirus ist potenziell in der Lage, latente Infektionen in den Spinal- und Hirnnervenganglien zu etablieren. Das Virus kann gelegentlich reaktiviert werden und einen Herpes zoster verursachen. Nach den bisherigen Erfahrungen hat die Impfung jedoch ein deutlich geringeres Zoster-Risiko als die Wildvirus-Infektion.
Kontraindikationen
Kontraindikationen sind Überempfindlichkeiten gegen Bestandteile des Impfstoffs (z. B. Framycetin, Neomycin oder Gelatine), akute hochfieberhafte Erkrankungen, Schwangerschaft, schwere angeborene oder erworbene Immundefizienz und Gabe von Blutprodukten, z. B. Immunglobuline, während der zurückliegenden 5 Monate.
Impfziele
Ziele der generellen Kinderimpfung sind Individualschutz mit Verringerung der Morbidität und Letalität der Varizellen, Herdenimmunität mit Verringerung der Ansteckungsgefahr von Risikopatienten und letztlich die Elimination der Varizellen.
Impfplan
Die Impfung wird ab dem Alter von 11–14 Monaten durchgeführt. Insgesamt sollen die Kinder 2 Impfungen im Abstand von mindestens 4 Wochen erhalten, die 2. Impfung sollte jedoch nicht vor dem 15. Lebensmonat verabreicht werden. Die 1. Impfung kann entweder simultan mit der 1. MMR-Impfung oder frühestens 4 Wochen später erfolgen. Aufgrund vermehrter Fieberreaktionen und einer leichten Zunahme von fiebergebundenen Krampfanfällen nach der 1. Impfung mit MMR-VZV-Kombinationsimpfstoffen empfiehlt die STIKO die 1. Impfung mit separaten Impfstoffen (MMR und VZV) zeitgleich durchzuführen. Für die 2. Impfung kann ohne zusätzliche Risiken der 4-valente MMR-VZV-Kombinationsimpfstoff eingesetzt werden. Bei allen ungeimpften Kindern und Jugendlichen ohne Varizellenanamnese sollte die Varizellenimpfung ebenfalls mit 2 Dosen nachgeholt werden. Die Nachholimpfungen können jederzeit erfolgen, spätestens im Alter von 9–17 Jahren. Der Mindestabstand zwischen 2 Dosen Varizellen- bzw. Varizellen- und MMRV-Impfstoff beträgt 4–6 Wochen (Fachinformation beachten). Kinder und Jugendliche, die bisher nur 1 Varizellenimpfung erhalten haben, sollen eine 2. Impfung erhalten.
Indikationen
Darüber hinaus wird die Varizellenimpfung für folgende medizinische und berufliche Indikationen empfohlen:
  • seronegative Frauen mit Kinderwunsch,
  • seronegative Patienten vor geplanter immunsuppressiver Therapie oder Organtransplantation,
  • seronegative Patienten mit onkologischen Erkrankungen (z. B. Leukämie) frühestens 6 Monate nach Beendigung der zytostatischen Therapie,
  • empfängliche Patienten mit schwerer Neurodermitis,
  • empfängliche Kontaktpersonen zu den oben Genannten,
  • seronegatives Personal im Gesundheitsdienst, insbesondere in der Pädiatrie, Onkologie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Intensivmedizin und Betreuung von immundefizienten Patienten sowie bei Neueinstellungen in Gemeinschaftseinrichtungen.
Die Varizellenimpfung kann auch bei empfänglichen Patienten mit asymptomatischer HIV-Infektion erwogen werden, wenn die CD4-positive Lymphozytenzahl mindestens 25 % des altersentsprechenden Normalwerts erreicht.
Postexpositionelle Impfung
Bei empfänglichen Personen mit Kontakt zu Risikopersonen ist eine postexpositionelle Riegelungsimpfung innerhalb von 5 Tagen nach Exposition oder innerhalb von 3 Tagen nach Beginn des Exanthems beim Indexfall zu erwägen.
Passive Immunisierung
Passive Immunisierung mit Varicella-Zoster-Immunglobulin ist bei ungeimpften Patienten mit erhöhtem VZV-Risiko bis 10 Tage nach VZV-Exposition indiziert. Als erhöhtes Risiko gelten:
  • ungeimpfte Schwangere ohne Varizellen-Anamnese,
  • immunkompromittierte Personen mit unsicherer oder fehlender Varizellenimmunität,
  • Neugeborene, deren Mütter 5 Tage vor bis 2 Tage nach der Entbindung an Varizellen erkranken,
  • Frühgeborene ab der 28. SSW, deren Mütter keine Immunität aufweisen, nach Exposition in der Neonatalperiode,
  • Frühgeborene, die vor der 28. SSW geboren wurden, nach Exposition in der Neonatalperiode, unabhängig vom Immunitätsstatus der Mutter.

Herpes-zoster-Schutzimpfung

Anfang 2018 wurde in Europa ein neuer Herpes-zoster-Impfstoff (HZ/su) zugelassen. Die Vakzine besteht aus einem Strukturprotein von Varicella-Zoster-Virus (gP) und ist mit einer hochpotenten Adjuvanzkombination (AS01) formuliert, die ebenfalls in einem Malariaimpfstoff des Herstellers verwendet wird. Der Totimpfstoff erzeugt bei mehr als 90 % der geimpften Personen eine Immunantwort, die sowohl gegenüber Herpes-zoster-Episoden wie auch gegenüber postherpetischer Zoster-Neuralgie einen zuverlässigen Schutz vermittelt. Darüber hinaus ist die Impfantwort in allen untersuchten Altersgruppen stabil und nimmt insbesondere mit höherem Alter kaum ab. Der Impfstoff ist aktuell zum Schutz vor Herpes zoster ab dem Alter von 50 Jahren zugelassen. Seit 2018 empfiehlt die STIKO die Standardimpfung von Menschen ab dem Alter von 60 Jahren. Weitere Studien zum Einsatz bei Patienten mit Leukämien, nach Stammzell- und Organtransplantation (Nieren) sowie bei HIV-Patienten liegen mit positivem Ergebnis vor. Da es sich um einen Totimpfstoff handelt, könnte dieser Impfstoff zukünftig auch für Risikopopulationen in der Kinder- und Jugendmedizin von Bedeutung werden.

Schutzimpfung gegen humanes Papillomavirus

Humane Papillomaviren (HPV) verursachen epitheliale Läsionen der Haut und Schleimhäute. Obwohl die meisten Infektionen gutartig und selbstlimitierend sind, kann eine persistierende Infektion durch eine Untergruppe der mehr als 150 HPV-Genotypen (Typen) zu verschiedenen epithelialen Malignomen führen. Von besonderem Interesse sind humane Papillomaviren, die über Geschlechtsverkehr übertragen werden und zu Kondylomata und bei chronischer Infektion nach Jahren zu anogenitalen Karzinomen (Zervix, Penis, Anus) führen können. In den 1980er-Jahren identifizierten Harald zur Hausen und Mitarbeiter HPV-DNA in der Mehrzahl von Zervixkarzinomen. Nachfolgende epidemiologische Studien bestätigten, dass die meisten Fälle von Zervixkarzinomen auf die sexuelle Übertragung von im Wesentlichen 12 onkogenen HPV-Typen, insbesondere HPV16 und HPV18, zurückzuführen sind. Gebärmutterhalskrebs ist die dritthäufigste Krebsursache bei Frauen. Weltweit sind ca. 530.000 Neuerkrankungen und 275.000 Todesfälle pro Jahr auf HPV-assoziierte Tumoren zurückzuführen.
Das Risiko der Entwicklung von HPV-assoziierten Karzinomen, vor allem Zervixkarzinomen kann durch Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) signifikant reduziert werden. Aktuelle Impfempfehlungen haben zum Ziel, jungen Frauen ab dem Adoleszentenalter, idealerweise vor Beginn der sexuellen Aktivität, einen Impfschutz zu vermitteln. Die ersten seit 2006 bzw. 2007 zugelassenen Impfstoffe schützen gegen die beiden am häufigsten mit dem Zervixkarzinom assoziierten HPV-Genotypen 16 und 18, die zusammen für ca. 70 % der Entwicklung HPV-assoziierter intraepithelialer Dysplasien verantwortlich sind. Ein neuer 9-valenter HPV-Impfstoff schützt zusätzlich vor Infektionen mit den kanzerogenen Genotypen 31, 33, 45, 52, 58 sowie den mit Genitalwarzen assoziierten HPV 6 und 11.
In Deutschland wurde die HPV-Impfung zunächst ausschließlich für Mädchen und junge Frauen empfohlen, mit dem Ziel Zervixkarzinome und deren Vorstufen zu verhindern. Seit 2018 wird die Standardimpfung gegen HPV auch für Jungen empfohlen. Wie bei Mädchen soll die Impfung vor dem ersten Sexualkontakt erfolgen. Das Ziel der HPV-Impfung von Mädchen und Jungen ist die Reduktion der Krankheitslast durch HPV-assoziierte Tumoren. Die HPV-Impfung von Jungen kann nicht nur zu einer weiteren Reduktion der Krankheitslast von HPV-assoziierten Tumoren bei beiden Geschlechtern, sondern zusätzlich zur Verhütung von Anogenitaltumoren beitragen. Es wird geschätzt, dass in Deutschland pro Jahr 1600–2300 HPV-assoziierte Anal-, Penis- und Oropharynxkarzinome bei Männern auftreten, die durch die Impfung vermieden werden können.
Impfstoffe
Zwei prophylaktische HPV-Impfstoffe wurden bisher entwickelt und sind seit 2006 bzw. 2007 in Deutschland zugelassen. Ein bivalenter Impfstoff enthält Antigene von HPV 16 und 18 und ist mit einem neuen potenten Adjuvanz (Monophospholipid A) formuliert. Ein weiterer HPV-Impfstoff war zunächst als quadrivalenter Impfstoff mit den kanzerogenen HPV-Typen 16 und 18 sowie den für Genitalwarzen verantwortlichen HPV-Typen 6 und 11 entwickelt worden. Beide Impfstoffe bestehen aus den „leeren“ Kapsiden, sog. VLPs („virus-like particles“), die entweder in Insekten-Zelllinien oder Hefen gentechnologisch hergestellt werden. Die in beiden Vakzinen eingesetzten Hochrisiko-HPV-Typen 16/18 sind für etwa 70 % der Zervixkarzinome verantwortlich. Durch direkte Immunität oder Kreuzimmunität gegen weitere Virustypen (HPV 31, 33, 35, 39, 45, 51), die mit HPV 16 und 18 verwandt sind, können durch die Impfung wahrscheinlich etwa 70–80 % der Zervixkarzinome verhindert werden. Seit 2013 steht eine Weiterentwicklung des quadrivalenten Impfstoffs als nonavalente Formulierung zur Verfügung. Der Neunfachimpfstoff enthält neben den für die Tumorgenese relevanten Typen HPV 16 und 18 zusätzlich die kanzerogenen HPV-Typen 31, 33, 45, 52, 58 und kann mehr als 90 % aller HPV-assoziierten Malignome verhindern. Für den Neunfachimpfstoff ist zudem ein Impfschutz gegen Genitalwarzen (knapp 89,3 %) und gegen Vorstufen (PIN 1, 2, 3) des Peniskarzinoms (über 90 %) dokumentiert.
Wirkmechanismus
Die gentechnologisch hergestellten Virushüllen („virus-like particles“) der Papillomaviren stimulieren die Bildung neutralisierender Antikörper. Die durch Expression der Late-Gene L1 hergestellten virusähnlichen Partikel (VLP) enthalten keine virale Erbsubstanz und sind deshalb nicht infektiös. Beide Impfstoffe sind hoch immunogen: In klinischen Studien entwickelten alle Geimpften HPV-Typ-spezifische Antikörper (Serokonversionsrate 100 %). Die von beiden Impfstoffen erzeugten Antikörperkonzentrationen sind primär 80- bis 100-fach höher als die nach einer natürlichen Infektion beobachteten Antikörperkonzentrationen. Die HPV-spezifischen Antikörper persistieren auf einem hohen Niveau über mindestens 9 Jahre Nachbeobachtungszeit (für den MPL-adjuvantierten Impfstoff) und können durch eine Wiederholungsimpfung aufgefrischt werden.
Die aktuell verfügbaren HPV-Impfstoffe wirken ausschließlich präventiv, weswegen eine frühe Impfung vor dem ersten Sexualkontakt empfohlen wird. Die nach Impfung gebildeten Antikörper diffundieren in die Mukosa und die Sekrete des Anogenitaltraktes und können HPV-Viren vor Invasion in eine Wirtszelle neutralisieren. Ein therapeutischer Effekt besteht nicht, allerdings kann durch Impfung das Intervall von erneuten Rezidiven therapeutisch konisierter Karzinomvorstufen möglicherweise verlängert werden. Durch die für Warzen spezifischen Komponenten HPV 6 und 11 können Larynxpapillomatosen (nach peripartaler Infektion durch Fruchtwasseraspiration) im Verlauf positiv beeinflusst (Verlängerung der Rezidivintervalle), nicht aber geheilt werden. Bei der Impfung in dieser Indikation handelt es sich um eine Off-label-Applikation.
Nebenwirkungen
Schwere Nebenwirkungen oder Autoimmunerkrankungen sind bislang nicht beobachtet worden. Insbesondere sind vermutete Assoziationen mit unklaren Todesfällen, Narkolepsie und Anovulation wissenschaftlich nicht bestätigt. Bis auf leichte Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle, Grippesymptome, Kopfschmerzen oder leicht erhöhte Körpertemperatur traten keine schwerwiegenden und insbesondere keine dauerhaften Nebenwirkungen auf. Wird eine Frau unter der Impfung schwanger, ist bisher kein erhöhtes Risiko für eine fetale Schädigung nachgewiesen. Die Impfung wird in diesem Fall ausgesetzt und erst nach der Geburt komplettiert.
Impfschema
Die STIKO empfiehlt zur Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhalskrebs die generelle Impfung gegen humane Papillomaviren für alle Mädchen und Jungen im Alter von 9–14 Jahren. Spätestens bis zum Alter von 17 Jahren sollen versäumte Impfungen gegen HPV nachgeholt werden. Die vollständige Impfserie sollte vor dem ersten Sexualkontakt abgeschlossen sein. Bei Beginn der Impfserie im Alter von 9–14 Jahren ist ein 2-Dosen-Impfschema mit einem Impfabstand von 5 Monaten zugelassen. Bei Nachholimpfungen im Alter von über 14 Jahren oder bei einem Impfabstand von <5 Monaten zwischen der 1. und 2. Dosis ist eine 3. Impfstoffdosis erforderlich. Das empfohlene Impfschema ist abhängig vom Impfstoff 0–1 oder 2 und 6 Monate. Auch nach Beginn des Geschlechtsverkehrs ist eine Impfung im empfohlenen Alter sinnvoll. Eine Auffrischimpfung wird aktuell nicht empfohlen.

Indikationsimpfungen

Hepatitis-A-Schutzimpfung

Jährlich führen schätzungsweise über 100 Mio. Hepatitis-A-Virus-Infektionen (HAV) zu erheblicher Morbidität und 15.000 bis 30.000 Todesfällen weltweit. Die meisten Infektionen treten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf. Das Infektionsrisiko ist in entwickelten Ländern gering, Hepatitis A wird überwiegend bei Reisen in endemische Länder und durch Lebensmittel-assoziierte Ausbrüche erworben.
Das HAV wird hauptsächlich fäkal-oral übertragen. Das Virus repliziert in der Leber, wird in der Galle ausgeschieden und findet sich in hohen Konzentrationen im Stuhl. Das Virus kann 14–21 Tage vor bis 8 Tage nach dem Auftreten des Ikterus im Stuhl nachgewiesen werden. Die aktive Impfung gegen Hepatitis A ist die zuverlässigste Maßnahme zur Verhütung einer Infektion mit dem Hepatitis-A-Virus.
Impfstoff
Der Impfstoff enthält inaktivierte, an Aluminiumhydroxid adsorbierte Hepatitis-A-Viren, die in humanen diploiden Zellen gezüchtet wurden. Hepatitis-A-Impfstoff ist für Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr zugelassen. Ab dem 2. Lebensjahr ist der HAV-Impfstoff auch in Kombination mit Hepatitis-B-Impfstoff und ab dem 15. bzw. 16. Lebensjahr eine Kombination mit Typhusimpfstoff verfügbar.
Wirkmechanismus
Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper. Die Anti-HAV-Konzentrationen werden in Relation zu einem WHO-Referenz-Immunglobulinreagenz gemessen und in internationalen Einheiten pro Milliliter (mlU/ml) ausgedrückt. Die Antikörperkonzentration, die erforderlich ist, um eine HAV-Infektion zu verhindern, ist nicht bekannt. Anti-HAV-Konzentrationen von 10–20 mIU/ml 1–2 Monate nach Verabreichung von Immunglobulin schützen vor Hepatitis. Diese Konzentrationen werden auch 2 Wochen nach der ersten Dosis des Impfstoffes erreicht.
Protektion
Spätestens 2 Wochen nach der 1. Impfdosis sind 95–100 % der Impflinge geschützt (schützender Antikörpertiter ≥10 IE/l). Die Impfung erzeugt einen langanhaltenden Infektionsschutz, der nach der 2. bzw. 3. Injektion wahrscheinlich über mehr als 20 Jahre persistiert. Nach vollständiger Grundimmunisierung wird daher keine weitere Auffrischimpfung empfohlen.
Nebenwirkungen
Der Impfstoff ist sehr gut verträglich. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind bisher nicht bekannt geworden.
Kontraindikationen
Außer bei bekannten Unverträglichkeitsreaktionen gegen Bestandteile des Impfstoffs gibt es keine Kontraindikation.
Impfplan
Die Anzahl der für eine vollständige Grundimmunisierung benötigten Injektionen richtet sich nach dem Antigengehalt des Impfstoffs. Mit dem in Deutschland zugelassenen Kombinationsimpfstoff mit 360 Antigeneinheiten pro Impfdosis sind bei Kleinkindern und Schulkindern bis zum vollendeten 15. Lebensjahr 3 intramuskuläre Injektionen im Abstand von 0, 1 und 6–12 Monaten erforderlich. Erst nach Abschluss der Immunisierung besteht ein Schutz. Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene bekommen den Kombinationsimpfstoff mit 720 Antigeneinheiten nach gleichem Impfschema. Wird ein früherer Impfschutz benötigt, kann der Erwachsenen-Kombinationsimpfstoff in einem beschleunigten Schema nach 0–7–28 Tagen gegeben werden. Nach der 3. Dosis besteht ein Schutz. Eine zusätzliche 4. Immunisierung wird dann nach 12 Monaten benötigt.
Werden monovalente HAV-Impfstoffe verwendet, müssen nur 2 Injektionen im Abstand von 6–12 Monaten erfolgen. Nach der 1. Dosis besteht bereits ein kurzanhaltender Schutz. Kinder von 1–15 Jahren erhalten einen Impfstoff mit 720 Antigeneinheiten pro Impfdosis, Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene Impfstoffe mit 1440 Antigeneinheiten pro Impfdosis. Kombinationsimpfstoffe mit Typhusimpfstoff werden ebenfalls 2-mal im Abstand von 6–12 Monaten verabreicht.
Indikationen
Die HAV-Impfung wird für Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko empfohlen. Dazu zählen Reisende in Endemiegebiete, wie z. B. Südeuropa, Asien, Südamerika, wie auch medizinisches Personal, vor allem in Kinderkliniken und Infektionsabteilungen, Mitarbeiter in Kindertagesstätten, Kinderheimen und Laboratorien, Arbeiter in Kläranlagen, Patienten mit chronischen Erkrankungen der Leber u. a.
Wird nach Exposition ein Schutz benötigt, ist eine sofortige aktive Impfung ausreichend. Eine passive Immunisierung wird für Schwangere und Menschen mit Immundefekten empfohlen (Tab. 5).

Schutzimpfung gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis

Durch eine aktive Immunisierung gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) kann eine Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden. Alle verfügbaren Impfstoffe wurden primär aufgrund ihrer Immunogenität und Sicherheit zugelassen. Es wurden jedoch keine kontrollierten Studien mit Endpunkten für die klinische Wirksamkeit der aktuellen FSME-Impfstoffe durchgeführt. Alle Impfstoffe induzierten nach der Grundimmunisierung Serokonversionsraten im Bereich von 92–100 %, gemessen durch ELISA oder neutralisierende Antikörper gegen den homologen FSME-Stamm K23 (NT), wobei die Serokonversion durch ein NT von 1:10 oder höher definiert wird.
Impfstoffe
Die Impfstoffe enthalten an Aluminiumhydroxid adsorbierte, Formalin-inaktivierte FSME-Viren, die auf embryonalen Hühnerfibroblasten propagiert wurden. FSME-Impfstoffe sind für Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr bis zum 11. bzw. 16. Lebensjahr zugelassen. Für ältere Jugendliche und Erwachsene stehen Impfstoffe mit doppeltem Antigengehalt zur Verfügung.
Wirkmechanismus
Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper.
Protektion
Der Impfschutz beträgt – gemessen an der Antikörperkonversion – nach 2 Injektionen mindestens 90 % und nach 3 Injektionen nahezu 100 %. Die Dauer des Impfschutzes beträgt mindestens 3–5 Jahre. Studienergebnisse deuten auf einen Schutz für mindestens 10 Jahre hin. Die aktive Immunisierung gegen FSME schützt vor Erkrankungen sowohl durch den europäischen als auch durch den sibirischen und fernöstlichen Subtyp des Virus.
Nebenwirkungen
Bei ca. 10–20 % der Geimpften treten – vorzugsweise nach der 1. Impfung – lokale Reaktionen (Rötung, Schwellung, Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle) und „grippale“ Allgemeinsymptome mit Fieber auf. Vereinzelt wurden Neuritiden berichtet (Kausalität nicht nachgewiesen).
Kontraindikationen
Kontraindikationen sind hochfieberhafte Erkrankungen und Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Bestandteile des Impfstoffs. Die in Deutschland verfügbaren Impfstoffe werden in Hühnerembryonen produziert.
Impfplan
Die FSME-Impfstoffe für Kinder sind ab dem Alter von 1 Jahr bis zum Alter von 15 bzw. 16 Jahren zugelassen. Erwachsenen-Dosierungen können ab dem Alter von 12 bzw. 16 Jahren eingesetzt werden. Das konventionelle Impfschema besteht aus 2 Injektionen im Abstand von 14 Tagen bis 3 Monaten und einer 3. Impfung nach 9–12 Monaten. Bei anhaltendem Expositionsrisiko sind weitere Auffrischimpfungen alle 3–5 Jahre abhängig vom Impfstoff empfohlen. Allerdings weisen aktuelle klinische Studien darauf hin, dass auch nach 10 Jahren eine gute Gedächtnisantwort durch Auffrischimpfung erreicht werden kann, sodass auch bei länger zurückliegender Grundimmunisierung nicht selbstverständlich mit einer erneuten Impfserie begonnen werden muss. Erfahrungen aus der Schweiz deuten zudem darauf hin, dass Auffrischimpfungen alle 10 Jahre ausreichen können. Bei sehr kurzfristig geplanten Reisen in ein Risikogebiet kann ausnahmsweise auch ein Schnellimmunisierungsschema nach Angaben der Hersteller angewandt werden.
Indikationen
Die FSME-Schutzimpfung ist für alle Personen zu empfehlen, die sich innerhalb und außerhalb Deutschlands in einem Risikogebiet aufhalten und für die ein Expositionsrisiko besteht. Für exponiertes Laborpersonal und Forstarbeiter bzw. in der Landwirtschaft Tätige besteht eine berufliche Indikation. In Baden-Württemberg ist die Impfung generell ohne Altersbeschränkung empfohlen. Für die Impfung besteht keine Altersbegrenzung. Nach einer durchgemachten FSME besteht lebenslange Immunität.
Passive Immunisierung
Spezifische Immunglobulin-Präparate zur passiven Immunisierung stehen nicht mehr zur Verfügung.

Influenza-Schutzimpfung

Influenza ist weltweit eine der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität. Sie tritt jährlich in der kühlen Jahreszeit auf. Seit 1889 sind 5 globale Influenza-Pandemien beschrieben, die folgenden Pandemien fanden 1918, 1957, 1968 und 2009 statt. Influenza kann sich als eine schwerwiegende Infektionskrankheit manifestieren, die besonders für junge Säuglinge und Patienten aller Altersklassen mit chronischen Grundleiden durch eine hohe Morbidität belastet ist. Aufgrund der hohen Krankheitslast von Influenza wird die Impfung gegen saisonale Influenzaviren als optimale Prävention empfohlen. Die Fähigkeit von Influenza-A- und -B-Viren, die beiden in Impfstoffen enthaltenen Oberflächenantigene, das Hämagglutinin (HA) und die Neuraminidase (NA), kontinuierlich zu verändern, erschwert jedoch die Impfprogramme gegen die Infektionskrankheit.
Impfstoffe
Influenzaimpfstoffe enthalten gereinigte Oberflächenantigene (Hämagglutinin und Neuraminidase) von seuchenaktuellen Influenzaviren, die bevorzugt in Hühnerembryonen gezüchtet werden. Bis 2013 bestanden Influenzaimpfstoffe aus 2 Influenzavirus-A-Subtypen und einem Influenzavirus Typ B (trivalenter Impfstoff), die jährlich entsprechend den dominant auftretenden Influenzatypen nach WHO-Empfehlung angepasst wurden. In der vergangenen Dekade traten wiederholt relevante Unterschiede („mismatch“) zwischen dem im Impfstoff enthaltenen Influenza-B-Subtyp und dem tatsächlich im Infektionsgeschehen dominanten Virustyp auf. Aufgrund dieser Entwicklung empfahl die STIKO erstmals für die Saison 2013/2014 quadrivalente Impfstoffe mit jeweils 2 Influenza-A- bzw. -B-Subtypen zu verwenden. Seit 2017 sollen nach STIKO in Deutschland präferenziell quadrivalente Influenzavakzinen verimpft werden.
Infolge des Herstellungsprozesses können die parenteralen inaktivierten Influenzaimpfstoffe (IIV) Hühnereiweiß enthalten. Seit 2012 steht alternativ ein kälteadaptierter tri- und tetravalenter Lebendimpfstoff (LAIV; in USA schon seit 2003 zugelassen) für Kinder ab dem 24. Lebensmonat bis zum 18. Lebensjahr zur Verfügung. Die ursprünglichen Zulassungsstudien des LAIV wiesen für Kinder in der Altersgruppe von 2–6 Jahren eine bessere Immunogenität als IIV in dieser Altersgruppe auf, sodass dieser Impfstoff zunächst zur präferenziellen Nutzung im Alter von 2–6 Jahren empfohlen wurde. Aufgrund veränderter zirkulierender Influenzaviren war jedoch die klinische Wirksamkeit der LAIV-Impfung in den Saisons 2015/2016 und 2016/2017, insbesondere in den USA, gegenüber den IIV-Impfstoffen deutlich unterlegen. Bei nicht eindeutiger Datenlage in Europa wurde die Empfehlung zur präferenziellen Nutzung von LAIV bei Kindern aufgehoben. Aktuell können nach STIKO-Empfehlung LAIV oder IIV gleichwertig eingesetzt werden. Nach Anpassung der Impfviren in 2017/2018 ist die Schutzwirkung von LAIV aktuell mit IIV vergleichbar. Darüber hinaus sind Zellkulturvakzinen wie auch mit Squalen adjuvantierte Vakzinen in Entwicklung, die bislang aber noch nicht für das Kindesalter zugelassen sind.
Wirkmechanismus
Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper. Der intranasal applizierbare Lebendimpfstoff induziert darüber hinaus eine mukosale Immunität mit impfstammspezifischer IgA und T-zellulärer Immunantwort.
Protektion
Der Impfschutz beträgt 50–90 % bei gesunden Personen <60 Jahren (abhängig von Impfstoff und Studie) und guter Übereinstimmung von Impfviren und zirkulierenden Wildviren. Der frühestmögliche Schutz wird 10–14 Tage nach der Impfung erreicht. Bei zwischenzeitlichem Ausbruch einer Influenza-Epidemie können Risikopatienten bis zum Erreichen eines Impfschutzes mit Neuraminidasehemmern zumindestens teilweise geschützte werden (Kap. „Respiratorische Viren bei Kindern und Jugendlichen“).
Nebenwirkungen
Bei weniger als 15 % geimpfter Kinder werden leichte lokale und systemische Nebenwirkungen in den ersten 48 Stunden nach der Impfung beobachtet. Die am häufigsten berichteten unerwünschten Ereignisse sind Reaktionen an der Injektionsstelle, Schmerzen, Fieber, Myalgien und Kopfschmerzen. Schwerwiegende Nebenwirkungen der Impfung sind sehr selten. In einigen Studien wurde eine Assoziation zu einem postvakzinalen Guillain-Barré-Syndrom berichtet, das Risiko liegt bei maximal 1 zusätzlichen Fall unter 1 Mio. geimpfter Personen. Wesentliche Begleiterscheinung des intranasalen Lebendimpfstoffs ist eine kurzzeitige postvakzinale Rhinitis. Der Lebendimpfstoff sollte nicht bei Kindern mit schwerem Asthma eingesetzt werden.
Kontraindikationen
Inaktivierte Influenzaimpfstoffe sollten nicht bzw. nur unter kontrollierten Bedingungen bei Überempfindlichkeit gegen Hühnereiweiß eingesetzt werden.
Impfziele
Die Impfung erzeugt einen Individualschutz gegenüber den im Impfstoff enthaltenen Influenzatypen.
Impfplan
Erwachsene und Kinder ab 3 Jahren erhalten 0,5 ml, Kinder ab 6 Monaten bis 3 Jahren 0,25 ml Impfstoff. Kinder, die zuvor nicht infiziert oder geimpft waren, sollen bei der 1. Impfung nach mindestens 4 Wochen eine 2. Impfdosis erhalten. Bevorzugte Impfzeit ist Oktober oder Anfang November. Die Impfantikörper fallen innerhalb 1 Jahres rasch ab. Bei weiterbestehendem Gesundheitsrisiko sind jährliche Wiederimpfungen mit aktualisierten Vakzinen erforderlich. Der Lebendimpfstoff kann ab dem vollendeten 24. Lebensmonat verabreicht werden. Auch für diesen Impfstoff werden für die 1. Impfung 2 Dosen im Abstand von 4 Wochen (jeweils 0,2 ml in jedes Nasenloch) empfohlen.
Indikationen
Die Impfstrategie in Deutschland ist zurzeit zielgruppenorientiert. Die Influenzaimpfung wird für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens empfohlen (chronische Krankheiten der Atemwege, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leber- und Nierenkrankheiten, Diabetes mellitus und andere Stoffwechselkrankheiten, multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben, angeborene und erworbene Immundefekte mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion, immunsuppressive Therapie, HIV-Infektion). Darüber hinaus ist die Impfung indiziert für alle Personen ab 60 Jahren, für Personen mit erhöhter Gefährdung (z. B. medizinisches Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr), für Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute, ungeimpfte Risikopersonen fungieren können sowie für alle Schwangeren ab dem 2. Trimenon (in der Influenzasaison).

Tollwut-Schutzimpfung

Tollwut ist eine akute, progressive virale Enzephalitis, die von Tier zu Tier oder von Tier zu Mensch durch Speichelexposition über Bisse oder andere Infektionsquellen übertragen wird. Nach einem Biss haftet das Virus im Speichel an den peripheren Nervenenden und gelangt in das Gehirn. Die Infektion des Menschen ist fast immer durch Tierbisse (oder sehr selten durch Kratzer) bedingt, obwohl Expositionen durch Inhalation des Virus, oder durch Transplantation infizierter Hornhäute und Organe aufgetreten sind. Eine manifeste Tollwuterkrankung führt unweigerlich zum Tod. Deshalb muss die Infektionskrankheit unter allen Umständen durch rechtzeitige Impfung verhindert werden.
Impfstoff
Die in Deutschland zugelassenen Impfstoffe enthalten inaktivierte Rabiesviren, die entweder in menschlichen diploiden Zellkulturen oder in embryonalen Hühnerfibroblasten vermehrt wurden. Alle Zellkulturimpfstoffe sind vergleichbar wirksam.
Wirkmechanismus und Protektion
Die Impfung induziert neutralisierende Antikörper (frühestes Auftreten schützender Antikörperspiegel [>0,5 IE/ml] 7–14 Tage p.v.). Ein Versagen der postexpositionellen Tollwutprophylaxe ist in den allermeisten Fällen auf Behandlungsfehler und nicht auf ein Impfversagen zurückzuführen (fehlende oder falsche Wundversorgung, fehlende Gabe von Tollwut-Immunglobulinen, verzögerte, postexpositionelle Impfbehandlung oder falsche Impftechnik).
Nebenwirkungen
Die Verträglichkeit der modernen Tollwutimpfstoffe ist sehr gut. Bei bis zu 10 % der Impflinge werden leichte lokale und systemische Reaktionen beobachtet. Die modernen Zellkulturvakzinen sind frei von enzephalitogenen Komponenten. Deshalb besteht heutzutage keine Gefahr schwerer, immunologisch bedingter ZNS-Komplikationen.
Kontraindikationen
Eine manifeste Tollwut verläuft stets tödlich. Es gibt von daher keine Kontraindikationen für die postexpositionelle Impfung! Bei Patienten mit schwerer Hühnereiweißallergie sollte vorsichtshalber der auf humanen diploiden Zellkulturen hergestellte Impfstoff verwendet werden.
Impfplan
Postexpositionelle Prophylaxe
Die Impfstoffe werden bei postexpositioneller Prophylaxe an den Tagen 0, 3, 7, 14 und 28 verabreicht, vorzugsweise in die Mm. deltoidei, bei Kleinkindern in den M. vastus lateralis. Bei multiplen Wunden, insbesondere in stark innervierten Regionen (Kopf, Hände u. a.) sollte am Tag 0 die doppelte Impfdosis (2-mal 1,0 ml an 2 verschiedenen Körperstellen) verabreicht werden. Zur postexpositionellen Prophylaxe gehört die korrekte Versorgung der Wunde (Kap. „Rabies bei Kindern und Jugendlichen“) und gegebenenfalls die passive Immunisierung mit Tollwutimmunglobulin (zur Dosierung, Tab. 2). Die einzelnen Impfungen und die Gabe von Tollwutimmunglobulin sind sorgfältig zu dokumentieren.
Tab. 2
Postexpositionelle Tollwutimmunprophylaxe (mod. nach Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 34/2019)
Grad der Exposition
Art der Exposition
Immunprophylaxe
Durch ein tollwutverdächtiges oder tollwütiges Wild- oder Haustier oder eine Fledermaus
Durch einen Tollwutimpfstoffköder
I
Berühren/Füttern von Tieren, Belecken der intakten Haut
Berühren von Impfstoffködern bei intakter Haut
Keine Impfung
II
Nicht blutende, oberflächliche Kratzer oder Hautabschürfungen,
Lecken oder Knabbern an der nicht intakten Haut
Kontakt mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders an der nicht intakten Haut
Tollwut-Schutzimpfung
III
Bissverletzung oder Kratzwunden, Kontakt von Schleimhäuten oder Wunden mit Speichel (z. B. durch Lecken),
Verdacht auf Biss oder Kratzer durch eine Fledermaus oder Kontakt der Schleimhäute mit einer Fledermaus
Kontamination von Schleimhäuten und frischen Hautverletzungen mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders
Tollwut-Schutzimpfung und 1-malig mit der 1. Dosis simultan Verabreichung von Tollwutimmunglobulin (20 IE/kg KG)
Präexpositionelle Impfung
Bei erhöhtem Expositionsrisiko ist auch die präexpositionelle Impfung angezeigt. Dazu genügen 3 Injektionen an den Tagen 0, 7 und 21 (oder 28), gefolgt von einer Booster-Injektion nach 1 Jahr und gegebenenfalls weiteren Auffrischimpfungen nach 3–5 Jahren (evtl. nach Titerkontrollen). Die WHO empfiehlt nach der 4. Tollwutimpfung keine routinemäßigen Auffrischimpfungen mehr. Auch nach korrekt durchgeführter prophylaktischer Impfung sollten im Falle eines Viruskontakts je 1 Dosis Impfstoff sofort und 3 Tage später verabreicht werden. Dann muss jedoch kein Tollwutimmunglobulin verabreicht werden.
Indikationen
Indikationen für die postexpositionelle Tollwutimmunprophylaxe sind in Tab. 2 genannt.

Tuberkulose-Schutzimpfung

Die Tuberkulose ist ein bedeutendes infektiologisches Problem (schätzungsweise 1/3 der Weltbevölkerung ist infiziert!). Sie führt unverändert die Statistik der tödlichen Infektionskrankheiten weltweit an. Nach dem 2017 herausgegebenen Global Tuberculosis Report der WHO starben 2017 1,8 Mio. Menschen an Tuberkulose. Die Fähigkeit des derzeit verfügbaren TB-Impfstoffs, Bacille Calmette-Guérin (BCG), Lungenerkrankungen zu verhindern, ist variabel, da der Impfstoff hauptsächlich Säuglinge und Kleinkinder vor disseminierten Formen der TB schützt. Neue wirksamere Impfstoffe werden dringend benötigt.
Impfstoff
In Deutschland ist zurzeit kein Tuberkuloseimpfstoff im Handel. Der vor 1998 eingesetzte Impfstoff enthielt vermehrungsfähige, attenuierte bovine Mykobakterien (Bacillus Calmette-Guérin, Stamm Copenhagen 1331). Nach Aufschwemmen der lyophilisierten Bakterienmasse musste der Impfstoff sofort verbraucht werden. Die Impfung erfolgte durch streng intrakutane Injektion von 0,1 ml im oberen Drittel der Außenseite des linken Oberschenkels über dem Trochanter. Nur Tuberkulin-negative Individuen (Vortestung mit 10 Tuberkulin-Einheiten intrakutan!) durften geimpft werden.
Protektion
BCG ist ein lebend attenuierter Stamm von Mykobakterium bovis. Zwei französischen Wissenschaftler, der Arzt Calmette und der Tierarzt Guérin wählten 1908 einen M.-bovis-Stamm aus einer Kuh mit tuberkulöser Mastitis für die Impfstoffentwicklung aus. Die Variabilität zwischen BCG-Stämmen ist problematisch. Zum einen können ausgedehnte serielle Passagen zu einer Überattenuierung führen, zum anderen ist die Variabilität in Unterstämmen möglicherweise für die in klinischen Studien nachgewiesene Variabilität der BCG-Wirksamkeit mitverantwortlich. Mehrere Studien haben gezeigt, dass verschiedene Stämme unterschiedliche Wirtsreaktionen beim Menschen induzieren. Darüber hinaus erschweren unterschiedliche Falldefinitionen (von Hauttest-Konversion über verschiedene Organmanifestationen bis zu „Tod durch Tuberkulose“) die Vergleichbarkeit der verschiedenen BCG-Impfstudien. Fallkontrollstudien dokumentieren eine Wirksamkeit zwischen 10 und 90 %. So wurde z. B. in einer chilenischen Studie zur Prävention der pulmonalen Tuberkulose bei Jugendlichen nur eine Wirksamkeit von 10 % ermittelt. In einer neueren Metaanalyse wurde eine Gesamtwirksamkeit der BCG-Impfung von 50 % errechnet. Die Schutzrate bezüglich „Tod durch Tuberkulose“ betrug 71 %, für disseminierte Verlaufsformen 78 % und für TB-Meningitis 64 %.
Insgesamt lässt sich aus den klinischen Studien die Vermutung ableiten, dass die BCG-Impfung bei erhöhtem Infektionsrisiko einen gewissen, allerdings schwer abschätzbaren Schutzeffekt besitzt, wobei hierfür in Gebieten mit niedriger Tuberkuloseinzidenz (wie zurzeit in Deutschland) kein wissenschaftlicher Nachweis erbracht wurde. Am ehesten scheinen Säuglinge und Kleinkinder von der Impfung zu profitieren (Verhinderung der generalisierten Verlaufsformen, die allerdings zurzeit in Deutschland sehr selten auftreten). Aufgrund der geringen Schutzwirkung in Ländern mit niedrigem Infektionsrisiko ist eine Impfung mit den aktuell verfügbaren Impfstoffen in Deutschland zurzeit nicht sinnvoll. Zudem werden geimpfte Personen typischerweise für den Tuberkulose-Hauttest positiv, der anschließend nicht mehr diagnostisch bei geimpften Individuen genutzt werden kann.
Nebenwirkungen
Zu den häufigen Nebenwirkungen der BCG-Impfung zählen Impfulzera, Abszesse und Lymphadenitiden (Häufigkeit der suppurativen Lymphadenitis bei Kindern <2 Jahren ca. 0,3 %). Osteomyelitiden treten nach BCG-Impfung in einer Häufigkeit von etwa 1:100.000 auf. Bei Neugeborenen mit angeborenen T-Zell-Defekten besteht ein hohes Risiko einer lebensbedrohlichen, generalisierten BCGitis.
Indikationen
Die nur ungenügend belegte Wirksamkeit des einzigen in Deutschland zugelassenen BCG-Impfstamms und die rückläufige Zahl der Tuberkulosefälle haben die STIKO 1997 bewogen, eine neue Nutzen-Risiko-Bewertung vorzunehmen. Die STIKO erkannte, dass dem evtl. zu erwartenden Nutzen der Impfung ein ebenso großer potenzieller gesundheitlicher Schaden gegenübersteht. Die Tuberkulose-Schutzimpfung wird deshalb seit April 1998 nicht mehr allgemein empfohlen.
Der Impfstoff darf in Deutschland auch auf Wunsch der Eltern (z. B. für den Fall, dass diese mit sehr jungen Kindern für längere Zeit in Hochendemie-Länder ausreisen wollen) nur dann noch verabreicht werden, wenn zuvor ein angeborener oder erworbener Immundefekt mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen wurde.

Typhus-Schutzimpfung

Typhus ist eine akute generalisierte Infektion mononukleärer Phagozyten, des Mukosa-assoziierten lymphatischen Systems des Darms und der Gallenblase, die durch Salmonella enterica serovar typhi verursacht wird. Die Vermeidung potenziell kontaminierter Speisen und Getränke (Abschn. 1.3, „Cholera-Schutzimpfung“) ist die beste Maßnahme zur Prophylaxe einer Typhusinfektion. Weiterhin stehen oral oder parenteral applizierbare Impfstoffe zur Verfügung, die nach dem vollendeten 2. Lebensjahr verimpft werden können.
Impfstoff
Parenteraler Impfstoff
Der Impfstoff enthält 25 μg gereinigtes Vi-Kapselpolysaccharid-Antigen von Salmonella typhi, das nach einmaliger parenteraler Applikation (intramuskulär, vorzugsweise in den M. deltoideus oder tief subkutan) die Bildung protektiver Antikörper gegen den Erreger induziert. Gegen Salmonellen, die nicht über das Vi-Antigen verfügen, besteht kein Schutz (z. B. S. paratyphi A und B). Ab der 3. Woche besteht eine Schutzrate von 77 % für wenigstens 12 Monate. Auffrischimpfungen werden bei entsprechender Exposition alle 3 Jahre empfohlen. Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle berichten etwa 20 % der Geimpften, Allgemeinreaktionen werden bei 3 % registriert. Akute fieberhafte Erkrankungen, schwere Reaktionen auf eine vorangegangene Impfung gelten als Kontraindikation. Die Impfstoffe sind ab einem Alter von 2 Jahren zugelassen. Schwangerschaft stellt eine relative Kontraindikation dar. Neben dem monovalenten Totimpfstoff gegen Typhus gibt es parenterale Kombinationsimpfstoffe mit Hepatitis A (Abschn. 1.3, „Hepatitis-A-Schutzimpfung“).
Oraler Impfstoff
Der Impfstoff enthält mindestens 2 × 109 lebende, lyophilisierte, attenuierte und 5 × 109 inaktivierte S.-typhi-Bakterien (Stamm Ty21a) in einer magensaftresistenten Kapsel. An den Tagen 1, 3 und 5 wird unabhängig vom Alter jeweils 1 Kapsel 1 Stunde vor einer Mahlzeit eingenommen. Bei Reisen in Endemiegebiete werden Booster-Dosen jährlich, bei Aufenthalt in einem Endemiegebiet alle 3 Jahre empfohlen. 7–10 Tage nach der 3. Dosis beträgt die Schutzrate mindestens 67 %, nach 5–8 Dosen steigt sie bis auf 87 % an. Der Impfstoff ist ab dem 2. Lebensjahr für alle Alter zugelassen. Akute gastrointestinale Krankheiten (Diarrhö!), schwere Reaktionen auf eine vorangegangene Dosis, schwerer T-Zell-Defekt, z. B. bei symptomatischer HIV-Infektion (Lebendimpfstoff!) und Schwangerschaft sind Kontraindikationen für die Impfung. Mögliche Interaktionen sind zu berücksichtigen mit Antibiotika (können Impfstamm inaktivieren), Laxanzien sowie Mittel zur Malaria-Prophylaxe (Chloroquin, Pyrimethamin/Sulfadoxin, Mefloquin, Proguanil: jeweils 3 Tage Abstand).
Kein Impfstoff gegen Typhus kann übliche Hygienemaßnahmen ersetzen. Die Wirksamkeit des oralen und des parenteralen Impfstoffs ist – in Kenntnis der verschiedenen Studien – vergleichbar hoch, und es bleibt dem Arzt überlassen, nach Alter des Patienten und anderen Aspekten (siehe oben) individuell zu entscheiden.

Gelbfieber-Schutzimpfung

Die Gelbfieberimpfung ist die letzte obligatorische Reiseimpfung, die bei Einreise in ein Gelbfieber-Endemiegebiet vorgeschrieben ist. Die Impfung darf nur in von der WHO zertifizierten Gelbfieberimpfstellen verabreicht und muss auf einer besonderen Seite im Impfbuch dokumentiert werden.
Impfstoff
Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff mit attenuierten Gelbfieberviren (Stamm 17D), die in Hühnerembryonen gezüchtet wurden.
Wirkmechanismus
Der Wirkstoff induziert neutralisierende Antikörper.
Protektion
Die Dokumentation der Wirksamkeit erfolgte im Wesentlichen auf epidemiologischer Basis durch Vergleich Ungeimpfter mit großen Kohorten Geimpfter zwischen 1940 und 1953 (Rückgang der Inzidenz von 35 auf 2,7 % bei Geimpften).
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Gelegentlich werden Lokal- und Allgemeinreaktionen beobachtet. Sehr selten ist insbesondere bei jungen Säuglingen eine durch den Impfstamm bedingte Enzephalitis beobachtet worden. In einigen wenigen Fällen trat in kausalem Zusammenhang mit der Impfung ein Multiorganversagen auf. In Deutschland ist der Impfstoff erst ab dem 6. Lebensmonat zugelassen.
Für Personen über 60 Jahre besteht nach der 1. Impfung ein Risiko von bis zu 1:250.000, dass das Impfvirus zu einem Wildvirus revertiert und eine Gelbfiebererkrankung auslösen kann. Darüber muss ärztlich aufgeklärt werden. Bei Auffrischimpfung früherer Impfungen nach dem 60. Lebensjahr besteht dieses Risiko nicht. Der Impfstoff enthält Hühnereiweiß, weswegen bei entsprechender Allergie besondere Vorsicht geboten ist. Der Lebendimpfstoff darf Schwangeren und Patienten mit relevantem Immundefekt (insbesondere T-Zell-Defekten) nicht gegeben werden. Auf ausreichenden Abstand zu anderen Lebendimpfungen ist zu achten, sofern nicht zeitgleich geimpft wird. Nach Immunglobulingabe sollte – je nach Dosis – wenigstens 3 Monate mit der Gabe des Impfstoffs gewartet werden (Inaktivierung durch neutralisierende Antikörper).
Impfziele
Der Impfstoff erzeugt einen Individualschutz vor Gelbfieber für Reisende in Endemiegebiete.
Impfplan
Einmalige Impfung (0,5 ml i. m. oder s.c.) in einer von der WHO und den Gesundheitsbehörden zugelassenen Gelbfieberimpfstelle. Laut WHO-Veröffentlichung im Jahr 2013 schützt die einmalige Gelbfieberimpfung lebenslang, sodass regelhaft Booster-Impfungen (früher alle 10 Jahre empfohlen) nicht mehr erforderlich sind. Die STIKO empfiehlt eine Auffrischimpfung nach 10 Jahren, falls die 1. Impfung in den ersten 2 Lebensjahren, vor allem in Kombination mit MMR(V)-Impfung, bei Frauen in der Schwangerschaft und bei HIV-Infizierten erfolgt war. Die CDC (Centers for Disease Control and Prevention, USA) empfiehlt zusätzlich 10-jährliche Booster-Impfungen bei längeren Aufenthalten (nicht definiert!) in Endemiegebieten, Aufenthalt in Hochrisikogebieten in Westafrika und Aufenthalten in einem Ausbruchgebiet.
Indikationen
Indikationen bestehen bei Reisen in Endemiegebiete des tropischen Afrikas und Südamerikas oder auf Verlangen von Transitländern.
Cholera-Schutzimpfung
Bei Reisen in Endemiegebiete stellt die Vermeidung des Genusses von bzw. des Kontakts mit potenziell kontaminierten Nahrungsmitteln und Getränken (Wasser aus „öffentlichen Quellen“, alle Produkte hieraus [Eis] sowie alle Produkte, die damit in Berührung kamen; roher oder nicht ausreichend gekochter Fisch oder Krustentiere) den zuverlässigsten Schutz vor Cholera dar. In Deutschland ist ein Impfstoff gegen Cholera verfügbar.
Impfstoffe
Ein parenteraler Ganzkeim-Impfstoff aus abgetöteten Vibrio-cholerae-Bakterien (Stamm Ogawa und Inaba) ist noch in vielen Ländern der Welt verfügbar. Er wird aber wegen vergleichsweise hoher Reaktogenität und unsicherer Wirksamkeit (nur ca. 50 % für 6 Monate) nicht empfohlen.
Zwei orale Vakzinen sind verfügbar. Der eine Impfstoff enthält inaktivierte V. cholerae 01 plus der rekombinant hergestellten β-Untereinheit des Choleratoxins (CTB). Nach Gabe von 2 Dosen im Abstand von 2 Wochen wurde eine Wirksamkeit von 86 % ab der 3. Woche nach der 1. Dosis ermittelt. Nach 3 Jahren betrug die Wirksamkeit noch 40 %. Weiterhin bietet der Impfstoff einen zeitlich begrenzten Schutz gegen Diarrhö durch enterotoxinbildende E. coli (52 %). Schwangerschaft ist eine Kontraindikation. Erwachsene und Kinder ab 7 Jahren erhalten 2, Kinder von 2–6 Jahren 3 Dosen in einem Abstand von 1–6 Wochen. Bei weiter bestehendem Infektionsrisiko wird eine Booster-Dosis alle 6 Monate (Kinder bis 5 Jahre) bzw. alle 2 Jahre (ab 6 Jahre) empfohlen.
Der zweite orale Choleraimpfstoff – in Deutschland nicht zugelassen – besteht aus lebenden, attenuierten V. cholerae 01 (CVD 103 HgR) und bietet 1 Woche nach Verabreichung 1 Dosis eine Schutzrate von 100 % gegen den klassischen Biotyp V. cholerae 01 sowie eine Schutzrate von 62 % gegen die Typen El Tor und Ogawa. Die Schutzdauer beträgt wenigstens 6 Monate. Vor ETEC-bedingter Diarrhö besteht kein Schutz. Schwangerschaft und Alter unter 2 Jahre sind Kontraindikationen.
Indikationen
Laut WHO darf kein Land mehr die Impfung mit dem parenteralen Ganzkeim-Impfstoff bei Einreise fordern.
Kein Choleraimpfstoff hat eine Relevanz für Kurzzeitreisende in Endemiegebiete, da das Risiko, an Cholera zu erkranken, bei nur 1:100.000 liegt. Indiziert ist eine Impfung gegen Cholera gegebenenfalls für Personen, die sich häufig oder langfristig (z. B. beruflich in Flüchtlingslagern) in Endemiegebieten aufhalten.

Spezielle Reiseimpfungen

Die Grundlage des Infektionsschutzes für alle Reisenden ist ein vollständiger, altersentsprechender Impfstatus entsprechend den STIKO-Empfehlungen in Deutschland. Spezielle Reiseimpfungen sind je nach Art der Reise (Rucksacktourismus mit Fahrten in entlegene ländliche Regionen oder Nobelhotel in der Hauptstadt) und deren Dauer (Langzeitaufenthalt, z. B. aus beruflichen Gründen; Urlaubsreise für wenige Wochen oder für Monate etc.) anzuraten. Die Reiseimpfberatung sollte zum einen die Folgen der jeweiligen Krankheit und zum anderen deren Häufigkeit im geplanten Reiseland umfassen. Die Japanische Enzephalitis tritt nur sehr selten auf, geht aber mit einer Letalität von 30 % einher. Im Gegensatz dazu ist eine Influenza eine häufige, während Reisen akquirierte Infektion, die von jungen Personen ohne Grundkrankheit meist ohne Probleme überstanden wird, aber den Verlauf der Reise erheblich beeinträchtigen kann. In Tab. 3 und 4 sind die Kriterien für Reiseimpfungen aus deutscher Sicht zusammengefasst. Details zur lokalen Epidemiologie und aktuelle Daten finden sich u. a. auf der Website des Auswärtigen Amtes (http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/laenderinfos/gesundheitsdienst/index_html), der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG; http://www.dtg.org/impfungen.html) sowie des Centrums für Reisemedizin (www.crm.de).
Tab. 3
Altersentsprechender Immunschutz in Deutschland (Abschn. 1.2 und 1.3)
Alter
Krankheiten, gegen die Impfschutz bestehen sollte bzw. altersentsprechend empfohlene Impfungen
0–5 Jahre
Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Haemophilus-influenzae-b-Infektionen (Hib), Poliomyelitis, Pneumokokkeninfektionen, Meningokokken-C-Infektionen, Hepatitis B, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Rotavirusinfektion
5–9 Jahre
Wie oben, außer Hib
TdaP
Booster mit 5–6 Jahren
9–17 Jahre
Wie oben, außer Hib; Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren HPV
TdaP-IPV
Booster 5 Jahre nach der vorangegangenen TdaP-Dosis
18–59 Jahre
Diphtherie
Grundimmunisierung; eine weitere Booster-Dosis, wenn letzte Diphtherieimpfung 10 Jahre zurückliegt
Tetanus
Wie Diphtherie
Td oder TdaP oder TdaP-IPV
Ab 18 Jahre sollte die 1. Td-Impfung in Kombination mit Pertussis-Impfstoff gegeben werden
Polio
Wenigstens 4 Dosen eines Polio-Impfstoffes (Nachhol-Impfung mit IPV)
MMR
Immunschutz durch Krankheit oder 2 Dosen Impfstoff
VZV
Wie MMR
Erwachsene ab 60 Jahre
Wie oben plus
 
Booster alle 6 Jahre
 
Influenza
Jährliche Impfung im Herbst (Saison im geplanten Reiseland berücksichtigen)
 
Herpes zoster
Grundimmunisierung 2 Dosen im Abstand von 2 Monaten
Tab. 4
Indikationen für Reiseimpfungen (aktuelle Fachinformationen sind zu beachten)
Impfung
Indikation/Empfehlung
Hinweise
Hepatitis B
Reisende in Endemiegebiete (Asien, Osteuropa und Russland, Afrika, nördliches Südamerika) speziell bei
- Abenteuerreisen,
- Aufenthalt >1 Monat,
- Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung,
- notwendige medizinische Betreuung vor Ort.
Hinweis: Nur 1/3 aller Hepatitis-B-Infektionen sind mit sexuellen Kontakten assoziiert!
Kinder und Jugendliche entsprechend STIKO-Empfehlung
Erwachsene: 3 Dosen (0, 1, 6 Monate); ein gewisser Schutz ist schon nach der 2. Dosis zu erwarten
Reisende in Endemiegebiete (Südamerika; Afrika; Osteuropa und Russland; Asien) speziell bei
- Abenteuerreisen,
- Aufenthalt >1 Monat,
- Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung
Impfstoffzulassung ab einem Alter von 1 Jahr
Typhus
Reisende in Endemiegebiete (Südamerika, Afrika, Asien) speziell bei
Reisen unter ungünstigen hygienischen Bedingungen oder
Aufenthalt für >1 Monat
Impfstoffzulassung für Kinder ab 1 Jahr (oraler Impfstoff) bzw. 2 Jahre (parenteraler Impfstoff)
Reisen in Hochrisikogebiete (Südamerika, Afrika, Asien) speziell bei
- Abenteuerreisen,
- >2 Monate Aufenthalt,
- beruflicher Exposition,
- Aufenthalt in Gebieten ohne Möglichkeit für eine zeitnahe Impfung nach möglichem Kontakt
Impfstoffzulassung für präexpositionelle Prophylaxe
Reisen in aktuelle Endemiegebiete (z. B. „Meningitis-Gürtel“ südlich der Sahara), speziell bei
- Reisen während der Trockenzeit (Dezember bis Juni),
- Aufenthalt >1 Monat,
- Abenteuerreisen,
- engem Kontakt zur Bevölkerung,
- Pilgerreise zum Hadj,
- längeren Reisen in Länder, die ein Meningitis-Impfprogramm haben (z. B. Schüleraustausch nach England)
Lokale Vorschriften beachten,
Postexpositionsprophylaxe: Chemoprophylaxe (Kap. „Bakterielle Infektionen bei Kindern und Jugendlichen: grampositive und gramnegative Kokken“),
Polysaccharide sind bei Kindern bis 24 Monaten wenig immunogen,
Meningokokken-ACWY-Konjugatimpfstoff verfügbar
Japanische Enzephalitis
Reisen in Endemiegebiete in Asien
Impfstoff in Deutschland zugelassen und verfügbar
Gelbfieber
Reisende in Endemiegebiete (Teile Südamerikas und Afrikas)
Einmalige Impfung lebenslang ausreichend,
Kinder können bei bestehendem Risiko ab 6 Monaten geimpft werden
Polio
Reisende in Endemiegebiete, bisher (Wildvirusnachweis 2019 in Afghanistan, Nigeria und Pakistan)
Erwachsene sollten mindestens 4 Impfungen erhalten haben.
Bei fehlender Impfdokumentation eines Erwachsenen wenigstens 2 Dosen IPV vor Reiseantritt,
1 Dosis IPV bei Reisen in Endemieregion, wenn letzte Dosis mehr als 10 Jahre zurückliegt
Reisende in Endemiegebiete in Deutschland, Südschweden, Österreich, Polen, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Tschechien, Slowakei, Baltikum, Teile Kasachstans, der Mongolei sowie weitere Gebiete in Nord- und West-China;
Kinder haben ein im Vergleich zu Erwachsenen geringeres Risiko für schwere Krankheitsverläufe
Siehe Hinweise des RKI zur Situation in Deutschland;
Impfung ab vollendetem 1. Lebensjahr zugelassen
Influenza
Für Reisende mit erhöhtem Expositionsrisiko oder mit erhöhtem Komplikationsrisiko (ab 60 Jahre, Grundkrankheit) ist die Impfung sinnvoll. Darüber hinaus sollte eine individuelle Abwägung auch für andere Reisende erfolgen, denn das Risiko für eine Influenza lässt sich nicht angeben
Impfung ab 6 Monaten möglich
Vorkommen in Ländern mit mangelnder Hygiene oder nach Zusammenbruch einer hygienischen Wasserversorgung nach Katastrophen, v. a. in Asien, Afrika, Südamerika
Impfung ab 2 Jahren zugelassen;
im Alter von 2–6 Jahren 3 Dosen, danach 2 Dosen im Abstand von >1 bis <6 Wochen

Passive Immunisierung

Grundlagen

Bei der passiven Immunisierung werden dem Organismus Antikörper zugeführt, um Infektionskrankheiten und/oder deren Komplikationen (z. B. Toxin-Effekte) zu verhindern. Bei bakteriellen Infektionen können Antikörper eingesetzt werden, um die Phagozytose und Elimination der Erreger durch Opsonisierung und/oder Komplementaktivierung zu unterstützen oder um Toxine zu neutralisieren. Der Eintritt von Viren in die Wirtszelle kann durch virusspezifische Antikörper verhindert und die antikörperabhängige Zytotoxizität über FC-Rezeptoren (z. B. durch natürliche Killerzellen oder Makrophagen) gesteigert werden. Darüber hinaus werden Immunglobuline auch zur Immunmodulation eingesetzt (z. B. bei idiopathischer thrombozytopenischer Purpura, Kawasaki-Syndrom oder Polyneuropathien).

Präparate

Antikörperpräparationen können aus menschlichen oder tierischen Seren bzw. mittels gentechnologischer Verfahren hergestellt werden.
Immunglobulinkonzentrate aus menschlichem Serum können abhängig von der Präparation intramuskulär (IgIM), subkutan (IgSC) und intravenös (IgIV) eingesetzt werden. Durch Anreicherung bzw. Gewinnung aus ausgewählten Seren werden Präparationen mit hohen spezifischen Antikörpertitern hergestellt (Hyper-Immunglobuline), die entweder i. m. oder i. v. verabreicht werden. Für spezielle Indikationen stehen auch hochkonzentrierte Präparate mit (z. T. humanisierten) monoklonalen Antikörpern zur Verfügung (z. B. RSV-spezifische Antikörper). Der früher übliche Einsatz von Antiseren und Antitoxinen tierischen Ursprungs hat angesichts der neuen, besser verträglichen Immunglobulinpräparate an Bedeutung verloren. Lediglich Antiseren gegen Tetanus-, Diphtherie- und Botulismustoxin werden unverändert aus Pferdeserum gewonnen.
Humane Immunglobulinpräparate werden entweder aus gepooltem Plasma von mindestens 1000 Blutspendern hergestellt (normales Immunglobulin, Standard-Ig) oder aus Plasma ausgesuchter Spender mit erhöhten spezifischen Antikörpertitern (spezielle Immunglobuline). Diese Präparate enthalten überwiegend Antikörper der IgG-Klasse (Halbwertzeit ca. 21 Tage) und allenfalls kleine Mengen an IgA.

Applikation

Die Applikation von Immunglobulinpräparationen ist nicht grundsätzlich als harmlos einzuschätzen. Einerseits kann es zu Unverträglichkeitsreaktionen kommen, anderseits können spezifische Antikörper bei einigen Viruskrankheiten (z. B. durch bestimmte Flaviviren) sogar zu einer Krankheitsverstärkung (Enhancement) führen. Insbesondere Seren tierischen Ursprungs haben ein hohes Risiko für allergische Reaktionen gegen Eiweißbestandteile.
Viele handelsübliche Präparate liegen als konzentrierte Lösung vor. Je nach Präparation werden sie intramuskulär, intravenös oder subkutan verabreicht. Primär für den intramuskulären Gebrauch bestimmte Präparate dürfen nicht intravenös appliziert werden, da es durch die Aggregationsneigung der Immunglobuline zu schwersten anaphylaktischen Reaktionen kommen kann. Immunglobulinpräparationen zur i. v.-Gabe enthalten Stabilisatoren (u. a. Sorbit), die eine gute Verträglichkeit sicherstellen. Für die regelmäßige Substitution, z. B. bei Immunmangelkrankheiten werden heute ausschließlich intravenöse oder subkutan applizierbare Präparate eingesetzt. Letztere haben den Vorteil, dass die Patienten die Infusion im häuslichen Umfeld selbst durchführen können und dadurch einen Zugewinn an Lebensqualität haben. Intramuskulär applizierbare Immunglobuline sind in der Regel günstiger, sie werden insbesondere bei speziellen Präparationen wie Hyper-Immunglobulinen oder bei Nutzung von monoklonalen Antikörpern (z. B. RSV-Antikörper) eingesetzt. Intramuskulär applizierte Antikörper werden langsamer resorbiert und können durch proteolytischen Abbau in der Muskulatur an bioverfügbarer Quantität verlieren.
Die teuren intravenös oder subkutan applizierbaren Präparate sind immer indiziert, wenn schnell hohe, intravenöse Antikörperspiegel notwendig sind.

Indikationen

Einige Indikationen für die passive Immunprophylaxe mit humanen Immunglobulinen sind in Tab. 5 zusammengestellt. Nicht zuverlässig wirksam ist die Prophylaxe von Mumps und Pertussis mittels Immunglobulingabe. Deshalb wurden die zur Verfügung stehenden Präparate inzwischen aus dem Handel genommen. Röteln-Immunglobulin zur passiven Prophylaxe wird in Deutschland ebenfalls nicht mehr bereitgestellt, kann aber über Auslandsapotheken bezogen und eigenverantwortlich off-label injiziert werden. Zur passiven Immunprophylaxe schwerer RSV-Infektionen bei Hochrisikopatienten stehen hochkonzentrierte Präparationen von „humanisierten“ monoklonalen Antikörpern zur Verfügung (Kap. „Respiratorische Viren bei Kindern und Jugendlichen“).
Tab. 5
Passive Immunisierung mit normalen Immunglobulinen
Immunglobulinpräparation
Code
Indikation
Humane Immunglobuline (allgemein)
Humane Immunglobuline, intravenös
IgIV
Behandlung von Antikörpermangel-Krankheiten, idiopathische Thrombozytopenie, Kawasaki-Syndrom, andere immunregulatorische und inflammatorische Krankheiten (u. a. Polyneuropathie)
Humane Immunglobuline, intramuskulär
IgIM
Behandlung von Antikörpermangel-Krankheiten;
Prävention von Masern: innerhalb von 2–3 Tagen nach Kontakt Schutzwirkung, bei späterer Gabe bis zum 6. Tag Mitigierung möglich;
Prävention von Hepatitis A
Humane Immunglobuline, subkutan
IgSC
Behandlung von Antikörpermangel-Krankheiten
Spezielle humane Immunglobulinpräparate zur i. m.- oder s.c.-Anwendung
Anti-D-Immunglobulin
IgIM
Behandlung von Rh(D)-negativen Schwangeren bei Rh(D)-positivem Kind bzw. von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen (0–18 Jahre) nach inkompatiblen Transfusionen von Rh(D)-positivem Blut
Hepatitis-B-Immunglobulin
HBIG
Prävention von Hepatitis B, z. B. Neugeborene infektiöser Mütter, nach akzidenteller Inokulation von infektiösem Material
Varicella-Zoster-Immunglobulin
VariZIG
Prävention von Windpocken: nichtimmune, abwehrgeschwächte, vor allem onkologische Patienten; Neugeborene, deren Mütter 5 Tage vor bis 2 Tage nach Geburt an Varizellen erkrankten; seronegative Schwangere in den ersten 5 Schwangerschaftsmonaten
Rabies-Immunglobulin
RIG
Prävention von Rabies/Tollwut, immer gleichzeitig aktive Impfung beginnen
Tetanus-Immunglobulin
TIG
Prävention oder Behandlung von Tetanus: Verletzungen bei Ungeimpften oder nicht vollständig Geimpften oder bei unbekannter Impfanamnese; immer simultan mit aktiver Impfung
Spezielle humane Immunglobulinpräparate zur i. v.-Anwendung
Zytomegalievirus-Immunglobulin
CMV-IG
Prävention oder Behandlung von Zytomegalievirus-Infektion: für Abwehrgeschwächte, vor allem Patienten nach Transplantation und mit negativem Immunstatus; Wirkung nicht endgültig gesichert; evtl. Einsatz bei ZMV-Infektion in utero
Hepatitis-B-Immunglobulin
HepaGam B
Prävention von Hepatitis B: auch nach Lebertransplantation
Botulinum-Immunglobulin
BIG
Behandlung von infantilem Botulismus
Seren und Immunglobuline tierischer Herkunft
Tetanus-Antitoxin (Pferd)
TAT
Prävention oder Behandlung von Tetanus: nur falls TIG nicht verfügbar ist
 
Diphtherie-Antitoxin (Pferd)
DAT
Behandlung von Diphtherie
 
Botulinum-Antitoxin (Pferd)
HBAT
Behandlung von Botulismus
Monoklonale Antikörper
Palivizumab
 
Prävention schwerer Verläufe von Respiratory-syncytial-Virus-Infektionen bei ehemaligen Frühgeborenen und Säuglingen mit angeborenen Herzfehlern
Heterologe Antiseren, die Antikörper tierischen Ursprungs enthalten, werden heute nur noch selten eingesetzt, z. B. gegen Diphtherie, Botulismus, Gasbrand, Schlangengifte und Skorpiongifte. Bis auf Botulismus-Antitoxin sind die anderen heterologen Antiseren in Deutschland nicht mehr verfügbar. Sie müssen aus dem Ausland bezogen werden. Die Anwendung heterologer Antiseren darf nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen, da die artfremden Proteine die große Gefahr der Sensibilisierung in sich bergen. So kann es 6–13 Tage nach Serumgabe zu serumkrankheitsartigen Symptomen kommen (Fieber, Urtikaria, Arthritis, Neuritis, Nephritis). Die wiederholte Gabe von Antiseren der gleichen Tierart kann einen lebensbedrohlichen, anaphylaktischen Schock auslösen.
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