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Die Intensivmedizin
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Publiziert am: 22.03.2023

Hämostase

Verfasst von: W. Miesbach und H. Schöchl
Die Hämostase ist ein lebenswichtiger mehrstufiger Prozess, bei dem verschiedene zelluläre und plasmatische Komponenten zusammenwirken. In diesem Kapitel werden verschiedene Hämostasestörungen sowie deren Diagnose und Therapie beschrieben. Für die schnelle und fortgeschrittene Diagnostik von Gerinnungsstörungen auf der Intensivstation steht eine beeindruckende Palette verschiedener Möglichkeiten zur Verfügung, deren Merkmale, präanalytische Probleme sowie Vor- und Nachteile vorgestellt werden. Ausgehend von der Charakteristik der verfügbaren gerinnungsaktiven Substanzen werden die Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten angeborener und erworbener Störungen der Blutstillung und deren Komplikationen beschrieben. Ein besonderer Schwerpunkt liegt schließlich auf neueren Entwicklungen, wie z. B. der Autoimmunthrombozytopenie oder der Antidotgabe bei neuen oralen Antikoagulanzien.

Einleitung

Die Blutstillung (Hämostase) ist ein lebenswichtiger mehrschrittiger Prozess, der eine Blutung mithilfe eines Gerinnsels (Thrombus) aus Fibrin beendet. Wir unterscheiden die primäre Hämostase von der sekundären Hämostase.
Die primäre Hämostase besteht aus mehreren Schritten, die die Thrombozyten durchlaufen. Sie setzt unmittelbar nach Gefäßverletzung ein, vermittelt durch die Vaskonstriktion und Freilegung von subendothelialen Strukturen nach Aktivierung der Blutplättchen und Bindung an den von Glycoprotein (GP) Ib/V/IX an Kollagen gebundenen Von-Willebrand-Faktor (vWF). Die Aktivierung und das Andocken ans Subendothel führen schließlich zur Freisetzung von Thromboxan A2 und weiteren Inhaltsstoffen der Plättchen, was den Aktivierungsvorgang und die Adhäsion der Thrombozyten an das verletzte Gefäßendothel verstärkt.
Auf die Adhäsion folgt die Aggregation der Thrombozyten untereinander, und zwar primär über den GP-IIb/IIIa-Rezeptor und Fibrinogen unter Freisetzung von endogenem Adenosindiphosphat (ADP) und Bildung von Thromboxan A2. Aus der Aktivierung des GP IIb/IIIa resultiert zudem die Fähigkeit zur Bindung freien, plasmatischen Fibrinogens, und somit die Voraussetzung zur Aggregation der Thrombozyten. Dies führt schließlich zur Einleitung der sekundären Hämostase.
Bei der sekundären Hämostase werden bestimmte Plasmaproteine und Gerinnungsfaktoren, meist Serinproteasen durch proteolytische Spaltung aktiviert.
Insgesamt sind 13 Faktoren an der Aktivierung des plasmatischen Gerinnungssystems durch aufeinander folgende proteolytische Spaltungen beteiligt. Nach ihrer Aktivierung bilden sie das Enzym des folgenden Enzymkomplexes. Sie bilden ein selbstamplifizierendes System, stellen also im ersten Schritt das Substrat und im zweiten das Enzym des folgenden Reaktionsschrittes dar. Verstärkt wird das Signal dabei im Sinne einer Amplifizierung dadurch, dass ein einzelnes Enzym bis zu seiner Inaktivierung mehrere Substrate umsetzen kann.
Diese Kaskade kann auf zwei verschiedenen Wegen in Gang gesetzt werden: durch das intrinsische und das extrinsische System. Bei beiden Mechanismen wird schließlich Faktor X zu Faktor Xa aktiviert. Dieser wiederum spaltet Prothrombin (Faktor II), es entsteht Thrombin (Faktor IIa). Diese Reaktion auf der Thrombozytenmembran findet in Anwesenheit von Kalzium statt und wird durch positive Rückkopplung mit dem Komplex der Faktoren VIII und IX stark beschleunigt. Mit der Bildung von enzymatisch aktivem Thrombin endet die Aktivierungsphase der Gerinnung.
Um ungewollte oder überschießende Gerinnung zu verhindern, existieren im Körper auch Mechanismen zur Hemmung der Hämostase: Proteaseinhibitoren (wie Antithrombin, Protein C, Protein S) können Thrombin und andere Gerinnungsfaktoren hemmen. Nach abgeschlossener Wundheilung wird der Fibrinthrombus durch die Serinprotease Plasmin wieder abgebaut (Fibrinolyse).
Im Verlauf der Hämostase laufen beide Wege immer parallel ab, daher wurde der Prozess der Gerinnungskaskade zuletzt durch das zellbasierte Modell der Hämostase ersetzt, das die enge Interaktion von zellulärer und plasmatischer Gerinnung beschreibt und die Basis bildet für unser heutiges Verständnis der physiologischen Abläufe im Hämostasesystem (Hoffman und Monroe 2001, s. Abb. 1):
Die Initiation der Gerinnung wird ausgelöst durch die Bildung eines Initiationskomplexes, bestehend aus dem aktivierten Faktor VIIa und Gewebethromboplastin, auch „tissue factor“ (TF) genannt, der zunächst geringe Mengen der Faktoren IX und X aktiviert.
Der Tissue-Faktor findet sich als Transmembranprotein auf einer ganzen Reihe von Zellen des extravasalen Kompartiments, u. a. auch auf Fibroblasten, die als Bestandteil der Gefäßwand in der Adventitia lokalisiert sind.
Mit der vollständigen Aktivierung der Thrombozyten beginnt die Amplifikationsphase. In dieser Phase wird durch eine ganze Reihe metabolischer und struktureller Veränderungen im Thrombozyten die Voraussetzung geschaffen, damit die exponenzielle Thrombingeneration membrangebunden auf der Plättchenoberfläche erfolgen kann.
Die Kombination aus Adhäsion an Kollagen und Stimulation mit Thrombin stellt einen starken Aktivierungsreiz für die Thrombozyten dar.
Aktivierter Faktor XIa stellt auf der Thrombozytenoberfläche zusätzlich Faktor IXa für die Bildung des Tenasekomplexes zur Verfügung, dessen Aufgabe in der Bereitstellung ausreichender Mengen von Faktor Xa liegt. Mit Bildung des Prothrombinasekomplexes aus Faktor Xa/Va auf der Thrombozytenoberfläche beginnt der „thrombin-burst“, der ausreichende Mengen Thrombin für die Spaltung des Fibrinogens zur Verfügung stellt.
Faktor XIII, katalysiert die Peptidbindung, das sog. „cross-linking“, zwischen den noch löslichen Fibrinfäden (Dickneite et al. 2015). Dieser Schritt ist essenziell für die strukturelle Stabilität des Gerinnsels. Das Fibrin verliert in dieser Reaktion seine Löslichkeit.

Gerinnungsdiagnostik

Präanalytische Probleme

Die Gerinnungsanalytik erfordert üblicherweise eine temporäre Antikoagulation der Blutprobe mit Zitrat. Hierbei sollte die präanalytische Lagerungs- und Transportdauer 2–3 h nicht überschreiten. Eine Analyse der Blutproben nach einem Zeitraum von über 3 h kann zu Fehlmessungen, insbesondere der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit (aPTT), führen (Luxembourg und Lindhoff-Last 2014).
Eine Unterfüllung der Probengefäße verändert das optimale Blut-Zitrat-Verhältnis und kann so die Gerinnungszeiten verlängern, da das am Beginn der Analyse zugesetztes Kalzium erneut komplexiert.
Der Hämatokrit der entnommenen Blutprobe hat ebenfalls Einfluss auf das Messergebnis. In einem Bereich von 25–60 % beträgt das empfohlene Blut-Zitrat-Verhältnis 9:1. Außerhalb dieses Bereiches kommt es durch die relative Hypo- bzw. Hyperplasmaämie in der Probe zu einer Störung des Kalzium-Zitrat-Verhältnisses. Die bei einem Hämatokrit von >60 % resultierende Hypoplasmaämie führt dann ebenfalls zu einem Zitratüberschuss mit entsprechender falsch-niedriger Beeinflussung der Gerinnungszeiten. Bei einem Hämatokrit von <25 % finden wir gegensätzliche Veränderungen.
Die durch die Kolloide verursachte Trübungsreaktion des Plasmas führt zu einer artifiziellen Verkürzung der gemessenen Gerinnungszeit bei Bestimmung von Thromboplastinzeit (PTZ/Quick-Wert), der International Normalized Ratio (INR) und der aPTT. Im Gegensatz dazu resultieren bei Bestimmung des plasmatischen Fibrinogens nach Clauss falsch-hohe Werte (Hiippala 1995).

Standardgerinnungsbefunde

Die klinische Routinediagnostik des Gerinnungsstatus umfasst in der Regel die Bestimmung von Standardgerinnungstests (SGT) wie PTZ/Quick-Wert, der INR und aPTT. Die Thrombinzeit (TT) hat durch die Verschreibung von Dabigatran neue Aktualität erfahren. PTZ/INR bildet dabei laborchemisch die extrinsische, die aPTT die intrinsische Gerinnungskaskade ab. Die TT erlaubt Rückschlüsse über die Umwandlungsgeschwindigkeit von Fibrinogen zu Fibrin.
Der prädiktive Wert dieser SGT zur perioperativen Detektion einer Blutungsursache ist allerdings gering (Levy et al. 2014; Haas et al. 2015). SGT werden im Plasma gemessen und klammern somit korpuskulare Elemente wie Blutplättchen, Erythrozyten und Tissue-Faktor exprimierende Zellen aus, die aber einen wesentlichen Anteil zur Gerinnselbildung leisten. (Haas et al. 2015) Daneben spiegeln SGT nur die Initiationsphase der Gerinnung wider, während die Amplifikations- und Propagationsphase keine Berücksichtigung finden. Außerdem sind die Testreagenzien, mit Ausnahme der INR nicht standardisiert. Erst eine Reduktion eines singulären Gerinnungsfaktors auf Werte unter 35–40 % verursacht eine Verlängerung der SGT. Der mäßige, simultane Abfall mehrerer Gerinnungsfaktoren beeinflusst die Testergebnisse stärker als ein ausgeprägter Abfall eines einzelnen Gerinnungsfaktors (Burns et al. 1993). Da die Messung der Proben in der konventionellen Gerinnungsdiagnostik standardisiert bei 37 °C erfolgt, können auch Beeinträchtigungen der Gerinnung infolge von Hypothermie nicht abgebildet werden. (Reed et al. 1992) Ähnliches gilt für Kalzium, das im Zuge der Gerinnungsanalytik im Überschuss zugesetzt wird. Außerdem bieten die plasmatisch-basierten Standardtests keine Informationen über die Qualität und die Stabilität des Gerinnsels. Die Testergebnisse sind oft nur mit einer erheblichen Zeitverzögerung verfügbar.
Im Gerinnungslabor kann neben der Einzelfaktorenbestimmung (und Hemmkörperdiagnostik) die anspruchsvolle Bestimmung der verschiedenen Von-Willebrand-Parameter sowie weitere Untersuchungen zur Thrombozytenfunktion und der Thrombophiliemarker durchgeführt werden. Generell ist die funktionale Fibrinogenmessung nach Clauss der Messung des abgeleiteten Fibrinogens („PT derived fibrinogen“) vorzuziehen, da insbesondere bei Zuständen, die mit einer Dysfibrinogenämie einhergehen, falsch hohe Fibrinogenwerte gemessen werden und damit eine Blutungsgefahr verkannt werden kann (Miesbach et al. 2010)
Eine in Deutschland durchschnittliche „Turnaround-Zeit“ von 40–60 min zwischen Blutentnahme und der Ergebnisbereitstellung kann dazu führen kann, dass die erhobenen Gerinnungsparameter in einigen Fällen nicht mehr die aktuelle Blutungsursache reflektieren.

Viskoelastische Testverfahren

Viskoelastische Testmethoden (VET) ermöglichen zum Unterschied zu den SGT ein rasches und globales Erfassen des gesamten Gerinnungsablaufs, von der Initiierung der Gerinnung über die Geschwindigkeit der Gerinnselbildung bis hin zur Qualität und Stärke des gebildeten Clots. (Schöchl et al. 2013) Außerdem ermöglichen die VET vorzeitige Lysen eines Gerinnsels zu detektieren. (Schöchl et al. 2012b) Im Unterschied zu den SGT erfolgt die Gerinnungsanalyse bei den VET im Vollblut. Korpuskuläre Elemente wie Plättchen und Erythrozyten, welche nach dem „zellbasierten Gerinnungsmodell“ eine zentrale Rolle im Gerinnungsablauf spielen, bleiben somit verfügbar. Erste Testergebnisse sind üblicherweise bereits nach Minuten verfügbar. (Gratz et al. 2019) Aufgrund der einfachen Handhabung können VET auch patientennahe im Sinne eines „Point-of-care(POC)-Monitorings“ eingesetzt werden, wie in der nachfolgenden Übersicht beschrieben.
Vorteile viskoelastischer Testverfahren
  • Vorteile viskoelastischer Testverfahren
  • Korpuskulare Elemente integriert
  • Keine/Kurze Transportzeiten
  • Auf die aktuelle Temperatur des Patienten adjustierbar
  • Vollblutanalyse
  • Schnelle Testergebnisse
  • Therapieerfolg rasch verfügbar
  • Point-of-care(POC)-tauglich

Viskoelastisches Messprinzip

Derzeit befinden sich mehrere Geräte mit unterschiedlicher Technologie in der klinischen Anwendung. TEG 5000®, ClotPro® (beide Haemonetics Corporation, Braintree, MA, USA) und ROTEM® (Werfen, Barcelona, Spanien) nutzen einen Cup, der mit Zitratblut gefüllt wird. In diesem Cup taucht entweder ein mit einem Torsionsdraht verbundene Pin (TEG 5000) oder ein zylindrischer Stempel (ROTEM und ClotPro). Je nach verwendeter Technologie rotiert entweder der Cup (TEG 5000 und ClotPro) oder der Stempel kontinuierlich in einem Winkel von 7,5° nach rechts und links. Mit der Ausbildung der ersten Fibrinfäden wird die Drehung des Cups oder Stempels in Abhängigkeit von der steigenden Gerinnselfestigkeit gehemmt. Diese Inhibierung der Bewegung wird dann als Kurve über die Zeit aufgetragen (Abb. 2).
TEG 6s und Quantra sind vollautomatische viskoelastische Testgeräte, bei denen die Blutprobe in eine Messkartusche eingebracht, automatisch angesaugt und mit unterschiedlichen Aktivatoren versetzt wird. Das sich bildenden Gerinnsel wird dann mittels Schallwellen in Schwingung versetzt. Mit zunehmender Gerinnselfestigkeit reduziert sich diese Vibration und kann dann ebenfalls als Kurve über die Zeit aufgetragen werden.

Verfügbare Reagenzien für VET

Zur Differenzialdiagnose einer zugrundeliegenden Gerinnungsstörung werden üblicherweise unterschiedliche Aktivatoren und/oder Inhibitoren zur Anwendung gebracht. Tab. 1 gibt die unterschiedlichen Messmethoden mit den jeweiligen Aktivatoren wieder. Tab. 2 gibt die Nomenklatur von TEG, ROTEM/ClotPro und Quantra wider.
Tab. 1
Assays von den viskoelastische Testgeräten TEG, ROTEM/ClotPro und Quantra
Assay-Namen
Aktivatoren
Information
Intrinsische Tests
INTEM (ROTEM)
IN-test (ClotPro)
Ellagsäure
Intrinsische Gerinnungsfaktoren (XII, XI, IX, VIII), heparinsensitiv
CK (TEG)
Kaolin
(Quantra)
Extrinsische Tests
 
EXTEM (ROTEM)
EX-test (ClotPro)
Tissue-Faktor
Extrinsische Gerinnungsfaktoren (VII), wenig heparinsensitiv
CRT, Rapid TEG
Kaolin + Tissue-Faktor
Fibrinpolymerisationstests
FIBTEM (ROTEM)
Cytochalasin
Stärke des Fibringerinnsels. Ermöglicht die Differenzialdiagnose einer verminderten Clot-Amplitude in den Globaltests
FIB-test (ClotPro)
Cytochalasin + Tirofiban
Functional Fibrinogen (TEG)
Abciximab
Fibrinogen Contribution, FCS (Quantra)
Heparinasetests
HEPTEM (ROTEM)
HEP-test (ClotPro)
Intrinsisch aktivierter Test + Heparinase
Erlaubt den Ausschluss eines Heparineffekts oder Heparinrestwirkung, s. Abb. 3
CKH (TEG)
Heparinase Clot Time, CTH (Quantra)
Lysetests
APTEM (ROTEM)
AP-Test (ClotPro)
Extrinsisch aktivierter Test + Tranexamsäure
Gibt Aufschluss über den Effekt eines Antifibrinolytikums auf das Gerinnsel
Tab. 2
Nomenklatur von TEG, ROTEM/ClotPro und Quantra
Parameter
TEG
ROTEM/ClotPro
Quantra
Initiierungszeit der Gerinnung (Zeit, bis eine Amplitude von 2 mm erreicht wird)
 
r („reaction time“, min)
CT („clotting time“, s)
Clot Time (CT, s)
Kinetik der Gerinnselbildung
Zeit von 2 mm bis 20 mm Amplitude
K („kinetic time“, min)
CFT („clot formation time“, s)
 
α Winkel
Tangente zwischen 2 mm und 20 mm Amplitude
Tangente zwischen 2 mm und 20 mm Amplitude
 
Gerinnselstärke
Amplitude nach 5/10 min
A 10, mm
A 5/10, mm
 
Maximale Amplitude (mm)
MA (Maximum Amplitude)
MCF („maximum clot firmness“)
Clot Stiffness (CS, hPa)
Clot Lysis
Ausmaß der Lyse zu einem bestimmten Zeitpunkt
Ly30, Ly60 (Amplitudenabnahme 30/60 min nach MA, %)
CL30, CL60 (Amplitude 30/60/45 min nach Erreichen der CT, %)
Clot Stability to Lysis, (CSL)
Obwohl die Messprinzipien der verfügbaren Systeme vergleichbar sind, ergeben sich aufgrund von Unterschieden in der technischen Umsetzung der Geräte sowie der Verwendung unterschiedlicher Aktivatoren Abweichungen in den Messwerten und Referenzbereichen (Ziegler et al. 2019). Die Messergebnisse der Systeme sind somit nicht direkt miteinander vergleichbar und Therapiealgorithmen, die für das jeweilige Gerät entwickelt wurden, können nicht auf ein anderes Gerät übertragen werden. In Abb. 3 erläutert einen Therapiealgorithmus, der sich aus ROTEM-Messungen ableitet.

Thrombozytenfunktionstestung

Eine verminderte Plättchenfunktion ist ein häufiger Laborbefund bei Intensivpatienten. Sowohl Diagnostik als auch die Interpretation der Ergebnisse sind leider nur wenig standardisiert. Viele der zur Verfügung stehenden Geräte wurden primär entwickelt, um den Einfluss von Plättchenhemmer, wie Acetylsalicylsäure (ASS, z. B. Aspirin®) oder P2Y12-Antagonisten auf die Plättchenfunktion zu erfassen und weniger, um eine potenzielle Blutungsursache zu detektieren.
Zurzeit gibt es keinen allgemein akzeptierten point-of-care-tauglichen Goldstandard zur Evaluierung der Plättchenfunktion. Zur Abschätzung der verschiedenen thrombozytären Aktivierungswege, werden üblicherweise mehrere unterschiedliche Agonisten wie ADP, Kollagen, Arachidonsäure und Ristocetin verwendet. Mit Ausnahme der „platelet function analyzer“ (PFA) kommen statische Messmethoden zur Anwendung. Die für die Plättchenaktivierung notwendigen Scherkräfte bleiben somit meist unberücksichtigt.

Point-of-care-taugliche Testmethoden zur Evaluierung der Plättchenfunktion

Multiplate
Die Multi-Elektroden-Aggregometrie (MEA) ist eine Form der Impedanzaggregometrie, bei der eine mit isotoner Kochsalzlösung verdünnte und mit Zitrat oder Hirudin antikoagulierte Vollblutprobe analysiert wird. Dabei werden 2 Silberelektroden in einen mit einem Rührstäbchen versehenen Cup eingetaucht und auf 37 °C erwärmt. Nach der Zugabe eines Plättchenagonisten – Arachidonsäure, ADP, Kollagen oderThrombin-Receptor-activating-Peptid (TRAP) – werden die Thrombozyten stimuliert und aggregieren an den Silberdrähten. Damit erhöht sich der Widerstand des Stromflusses zwischen den Elektroden. Die Impedanzveränderung zwischen den Elektroden wird während der Anlagerung und Aggregation der Thrombozyten gemessen und als grafisches Bild aufgezeichnet. Die Ergebnisse werden in sog. Aggregationseinheiten (AUC) ausgedrückt. Diese Methode ist point-of-care-tauglich und liefert die Resultate innerhalb von wenigen Minuten.
Mithilfe des ASPI-Tests kann die hemmende Wirkung von ASS auf Thrombozyten detektiert werden. Der ADP-Test zeigt den Einfluss von P2Y12-Rezeptorhemmer (Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor) auf die Plättchen. TRAP ist ein starker Thrombozytenaktivator. Die Thrombozytenaggregation im TRAP-Test ist nur bei schweren Thrombozytenfunktionsstörungen vermindert (Abb. 4) (Mueller et al. 2007; Moenen et al. 2019; Nakajima et al. 2019).
Platelet Function Analyzer PFA 100/200
Mithilfe des PFA 100/200® (Innovance, Siemens) wird Zitratblut unter konstantem Druck mit hohen Scherkräften durch eine Teflonkapillare gepresst. In den PFA-Messzellen werden somit die Schwerkräfte, die in den Kapillaren für die Thrombozytenaktivierung von Bedeutung sind, nachgeahmt. In der Apertur der Kapillare befindet sich eine mit Kollagen beschichtete Membran, die mit Epinephrin oder Adenosindiphosphat getränkt ist. Durch diese Plättchenaktivatoren adhärieren und aggregieren die Thrombozyten und verschließen in weiterer Folge die Apertur. Das Sistieren des Blutflusses wird als Verschlusszeit bezeichnet. Die Messung stoppt spätestens nach 300 s. Die Messmethodik erfordert eine Plättchenzahl von >100.000/μl und ein Hämatokrit von >30 %. Die Verschlusszeiten des PFA 100/200® sind bei schweren Störungen der Thrombozytenfunktion, wie bei der Thrombasthenie Glanzmann und beim Bernard-Soulier-Syndrom sowie beim Von-Willebrand-Syndrom verlängert. Ein Normalbefund schließt allerdings das Vorliegen einer leichten Thrombozytenfunktionsstörung nicht aus (Abb. 5). (Francis et al. 1999; Franchini 2005)
Platelet-Mapping (PM)
Das TEG-Platelet-Mapping PM® misst den Grad der Thrombozytenhemmung im Verhältnis zur Grundfunktion der Thrombozyten. Mithilfe des TEG-PM kann der Einfluss verschiedener Thrombozytenaggregationshemmer wie ASS oder Clopidogrel auf die Gerinnselamplitude untersucht werden. Dabei werden mit Adenosindiphosphat (ADP) oder Thromboxan (TxA2) die Thrombozyten aktiviert und deren Beitrag zur gesamten Gerinnselstärke gemessen. Ausgangspunkt ist die maximale Amplitude (MA), die hauptsächlich durch die Interaktion von Fibrin und Thrombozyten entsteht. Sind Plättchenhemmer in der Probe vorhanden, werden die Thrombozyten nur eingeschränkt durch ADP oder TxA2 stimuliert. Daraus lässt sich eine Messdifferenz zwischen beiden Amplituden ableiten, die als prozentuelle Plättchenhemmung angegeben wird. Die Messung des Einflusses von ADP oder ASS auf die Clot-Amplitude erfordert allerdings 3 Kanäle: 1. ein kaolininduziertes TEG, um die maximale Gerinnselbildung als Reaktion auf Thrombin zu messen, 2. Reptilase und aktivierter FXIII, um Fibrin zu polymerisieren und zu vernetzen, ohne dabei die Thrombozyten zu aktivieren, und 3. Aktivator F plus entweder ADP oder Arachidonsäure zur Messung des Beitrags von Thrombozyten am Gerinnsel (Bochsen et al. 2007). Die Kosten dieser Testreihe sind hoch und die Wertigkeit des PM nur sehr mäßig validiert (Abb. 6) (Barton et al. 2021).
In Metaanalysen konnte keine objektive Überlegenheit eines Point-of-Care-Geräts gegenüber einem anderen gefunden werden. Die Vorhersagekraft aller Plättchenfunktionstests für den perioperativen Blutungs- und Transfusionsbedarf ist gering, mit signifikanter Variabilität zwischen und innerhalb dieser Teste. Darüber hinaus gibt es kaum Studien, die den Nutzen für therapeutische Entscheidungen bei blutenden Patienten belegen. Ein allgemeiner und großzügiger Einsatz perioperativer Thrombozytenfunktionstestung wird somit kritisch gesehen. (Bolliger et al. 2021)

Gerinnungsaktive Substanzen

Die Implementierung von Therapiealgorithmen im Rahmen koagulopathischer Blutungen wird durch Guidelines explizit empfohlen. (Spahn et al. 2019) Neben der Transfusion allogener Blutprodukte erlauben gerinnungsaktive Substanzen und Gerinnungsfaktorkonzentrate eine individualisierte Gerinnungstherapie. Es konnte zeigen werden, dass die Implementierung solcher Algorithmen zu einer relevanten Reduktion des Transfusionsbedarfs beitragen konnte. (Stein et al. 2017)

Hämostatische Substanzen

Tranexamsäure

Wirkmechanismus
Tranexamsäure (TXA) blockiert als Lysinanalogon mit hoher Affinität die Lysinbindungstelle von Plasminogen und verhindert damit dessen Bindung an Fibrin. Dadurch wird die biochemische Spaltung von Plasminogen zu Plasmin stark verzögert und somit die Lyse gehemmt. (Mannucci und Levi 2007) Daneben wird TXA auch ein antiinflammatorischer Effekt zugesprochen, wiewohl dieser Wirkmechanismus weit weniger belegt ist. (Fenger-Eriksen et al. 2021)
Dosis
TXA wird üblicherweise in einer Dosierung von 15–30 mg/kg Körpergewicht (KG) über 10 min verabreicht. Im Rahmen herzchirurgischer Eingriffe werden deutlich höhere Dosen zugeführt (50 mg/kg KG). (Myles et al. 2017) Eine kontinuierliche Gabe von 1–2 g/kg KG kann erwogen werden.
Nebenwirkungen
In zahlreichen randomisierten, kontrollierten Studien aus der Traumatologie, Orthopädie und im Rahmen von herzchirurgischen Eingriffen konnten blutsparenden Effekte durch TXA nachgewiesen werden, ohne die Rate an thromboembolischen Ereignissen relevant zu erhöhen. (Taeuber et al. 2021) Eine Ausnahme bilden dabei Patienten mit Blutungen im oberen gastrointestinalen Trakt. Die Verabreichung von TXA war mit einer höheren Rate an Thromboembolien assoziiert, ohne nachweislichen blutstillenden Effekt. (2020) Nach Bolusgabe von TXA wurden Blutdruckabfälle beschrieben. TXA kann insbesondere in höheren Dosierungen zu Krämpfen führen. (Murao et al. 2021) Des Weiteren wurden gastrointestinale Störungen, Exantheme und selten temporäre Sehstörungen beschrieben.

Desmopressin (DDAVP)

Wirkmechanismus
DDAVP (z. B. Minirin®) führt zu einer verstärkten Freisetzung des Von-Willebrand-Faktors (vWF) und FVIII aus dem Endothel und den Lebersinoiden, mit bis zu 4fachem Anstieg dieser Gerinnungsfaktoren. Das Wirkmaximum wird nach etwa 1 h erreicht, um dann über die nächsten 4–8 h wieder abzufallen. Daneben wurde auch eine verstärkte Freisetzung von Tissue-Plasminogen-Aktivator (t-PA) mit leicht gesteigerter fibrinolytischer Aktivität beschrieben. Die Konzentrationssteigerung insbesondere der hochmolekularen Von-Willebrand-Multimere kann die primäre Hämostase nach Einnahme von Acetylsalicylsäure verbessern. Für ADP-Hemmer, wie Clopidogrel oder Prasugrel, gibt es keine schlüssigen Daten, die eine verbesserte Thrombozytenfunktion nach Verabreichung von DDAVP nahelegen.
Dosis
Bei Patienten mit Von-Willebrand-Syndrom (vWS) Typ 1 und 2 (außer Typ 2B und Typ 3) kann DDAVP in einer Dosierung von 0,3 μg/kg KG in Form einer Kurzinfusion über 30 min zur Therapie bei akuten Blutungen und als Prophylaxe verabreicht werden. Da es auch Nonresponder auf DDAVP gibt, sollte im Zweifelsfall vor operativen Eingriffen eine entsprechende Austestung erfolgen. Eine Wiederholungsgabe ist frühestens nach 8–12 h angezeigt.
Nebenwirkung
DDAVP kann Krampfanfälle auslösen, daher sollte die Anwendung bei Patienten mit vorbestehender Epilepsie unterbleiben. Weitere Nebenwirkungen können insbesondere bei mehrfacher Anwendung im Rahmen einer hyponatriämischen Hypervolämie auftreten. Daher sollte unter DDAVP-Therapie eine Flüssigkeitsrestriktion (maximal 1,5 l/Tag) und bei Hyponatriämie eine vorsichtige Natriumgabe erfolgen.

Protamin

Wirkmechanismus
Protaminhydrochlorid bindet an das saure Heparin, bildet inaktive Komplexe und hebt so dessen gerinnungshemmende Wirkungen auf. Da der Effekt bereits nach wenigen Minuten eintritt, eignet sich Protamin zur schnellen Reversierung der Heparinwirkung. Die Anti-Faktor-IIa-Aktivitäten von niedermolekularen Heparinen wird durch Protamin rasch und vollständig antagonisiert. Die Anti-Faktor-Xa-Aktivität bleibt, abhängig vom jeweiligen niedermolekularen Heparin, zwischen 40 und 80 % erhalten. Die Wirkung von Fondaparinux kann durch Protamin somit nicht antagonisiert werden.
Dosis
1000 IE Protaminsulfat inaktivieren ca. 1000 IE Heparin. Um eine Überdosierung zu vermeiden, sollte die erforderliche Protaminmenge dem aktuellen Gerinnungsstatus angepasst werden.
Nebenwirkungen
Die häufigste Nebenwirkung im Zusammenhang mit der Verabreichung von Protamin ist die anaphylaktische Reaktion, mit einer Inzidenz von 0,06 % und 10,6 % (Kimmel et al. 2002). Nach Bolusgabe kann Protamin zu einer Histaminfreisetzung aus Mastzellen führen, die mit erheblichen Blutdruckabfällen und Bradykardien einhergehen. Bei Überdosierungen interagiert Protamin mit der Fibrinpolymerisation, verstärkt die t-PA-Freisetzung aus dem Endothel und kann gerinnungsinhibierende Wirkung entfalten und somit Blutungen verstärken. Durch Komplementaktivierung kann eine pulmonale Hypertonie ausgelöst werden. (Applefield und Krishnan 2021)

Kalzium

Wirkmechanismus
Kalzium spielt bei zahlreichen Schritten der Gerinnungsaktivierung eine zentrale Rolle. Es dient als Bindeglied zwischen den negativ geladenen Phospholipiden und den ebenfalls negativ geladenen Gerinnungsfaktoren. Ein Kalziummangel beeinflusst daher Gerinnungsabläufe auf unterschiedliche Weise maßgeblich. Für eine ungestörte Gerinnung sollte die Konzentration an ionisiertem Kalzium 0,8–1 mmol/l nicht unterschreiten. (James und Roche 2004) Dieser Grenzwert kann insbesondere nach Transfusion größerer Volumina an Fresh Frozen Plasma (FFP) rasch unterschritten werden und dadurch die Hämostase nachhaltig ungünstig beeinflussen.
Dosis
10 ml Kalziumchlorid 5,5 % oder 10 ml Kalziumgluconat 10 % langsam i.v. Zur Korrektur einer Hypokalziämie sollte 10 % Kalziumchlorid verabreicht werden, da es deutlich mehr ionisiertes Kalzium enthält als 10 % Kalziumgluconatlösung (270 mg vs. 90 mg pro 10 ml). (Lehmann et al. 2015)
Nebenwirkungen
Eine zu rasche Verabreichung kann zu Hitzegefühl, Übelkeit, Erbrechen, Vasodilatation mit Blutdruckabfall, Bradykardie und Herzrhythmusstörungen führen. Die Injektion von Kalziumchlorid in Muskeln, subkutan oder in perivaskuläres Gewebe kann zu schwerer Nekrose führen.

Gerinnungsfaktorkonzentrate

Fibrinogenkonzentrat

Wirkmechanismus
Fibrinogen stellt das zentrale Substrat des Gerinnungsprozesses dar. Es wird durch Thrombin gespalten und in Fibrin überführt. Daneben bindet Fibrinogen mit hoher Affinität an Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptoren von aktivierten Thrombozyten und spielt somit auch eine bedeutende Rolle in der Aggregation von Blutplättchen. Im Rahmen schwerer Blutverluste fällt der Fibrinogenspiegel früh und rasch ab. Die kritische Grenze, welche mit erhöhter Blutungsneigung einhergeht, wird bei 1,5–2 g/l vermutet. Deshalb empfehlen aktuelle Guidelines eine prompte Fibrinogensubstitution, spätestens ab Werten von <1,5 g/dl. (Vlaar et al. 2021) Alternativ können auch verminderte Gerinnselamplituden in den viskoelastischen Fibrinpolymerisationstests herangezogen werden. Eine Clot-Amplitude nach 10 min Laufzeit im ROTEM/ClotPro von <10 mm, oder des Functional Fibrinogen Tests im TEG von <20 mm, werden als Indikation zur Fibrinogensubstitution angesehen. (Baksaas-Aasen et al. 2019)
Zum raschen Ausgleich einer Hypofibrinogenämie stehen Fibrinogenkonzentrate (FC) zur Verfügung. Das lyophilisierte FC-Pulver lässt sich mit destilliertem Wasser rasch rekonstituieren. Das Auflösen des Pulvers darf durch Schütteln nicht beschleunigt werden, da damit eine Schädigung des Fibrinogenmoleküls einhergeht. Eine blutgruppengleiche Verabreichung von FC ist nicht notwendig.
Dosis: Der Fibrinogengehalt von FC liegt bei etwa 15–20 mg/ml. Als initiale Dosis bei schweren Blutungen werden etwa 50 mg/kg KG empfohlen. Dies entspricht einer Gabe von 3–4 g.
Nebenwirkungen
Relevante Nebenwirkungen wurden bislang nicht beschrieben. Ein gesteigertes thromboembolisches Risiko wird als gering angesehen. (Solomon et al. 2015)

Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB)

Wirkmechanismus
PPSB-Konzentrate beinhalten die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X, außerdem Gerinnungsinhibitoren wie Antithrombin, Protein C und S und zumeist auch Heparin. (Grottke et al. 2013) Die Konzentration der Gerinnungsfaktoren in PPSB ist etwa 25-mal höher als im Plasma. Verglichen mit FFP kann mit PPSB eine raschere und effektivere Reversierung von Vitamin-K-Antagonisten erreicht werden.
PPSB ist für die Reversierung von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) zugelassen. Daneben wird PPSB auch im Rahmen schwerer, lebensbedrohlicher Blutungen oder bei schweren Blutungen im Zuge einer Verbauchskoagulopathie eingesetzt. PPSB kann auch, wenn keine spezifischer Antagonisten für direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) verfügbar sind, zu deren Reversierung eingesetzt werden. (Miesbach und Seifried 2012)
Dosis
Die notwendige Dosierung zur Reversierung von VKA ist in Tab. 3 dargestellt. Bei einer akuten Blutung anderer Genese hängt die erforderliche Dosis vom Ausmaß des Blutverlustes ab. Zumeist wurden Dosierungen von 1000–2000 IE verwendet. Größere Studien zur Gabe von PPSB außerhalb der Reversierung von VKA liegen allerdings nicht vor.
Tab. 3
Dosierung von Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB), abhängig von dem Ausgangswert der International Normalized Ratio (INR). (Spahn et al. 2019)
INR
Dosis von PPSB
INR 2–4
25 IE/kg KG
INR 4–6
35 IE/kg KG
INR >6
50 IE/kg KG
Nebenwirkung
Das Thromboembolierisiko nach Gabe von PPSB wird mit ca. 5–6 % angegeben. (Faulkner et al. 2021) Bei einer bekannten heparininduzierten Thrombozytopenie darf nur heparinfreies PPSB verabreicht werden.

FXIII-Konzentrat (Fibrogammin P)

Wirkmechanismus
Faktor XIII stabilisiert das Gerinnsel durch Quervernetzung der Fibrinfäden. Außerdem baut FXIII α2-Antiplasmin in das Gerinnsel ein und schützt es so vor vorzeitiger Lyse. FXIII hat eine lange Halbwertszeit von etwa 12 Tagen und wird daher auch nur langsam nachsynthetisiert. Diffuse Blutungen bei Intensivpatienten, die einige Tage postoperativ auftreten, sollten deshalb auf einen relevanten FXIII-Mangel abgeklärt werden. Ein FXIII-Mangel kann allerdings weder aus den Standardgerinnungsbefunden noch mittels viskoelastischer Testverfahren abgeleitet werden. Zum Ausschluss eines FXIII-Mangels ist daher eine FXIII-Konzentrationsbestimmung unerlässlich. (Tone et al. 2016) Als kritischer Grenze für eine FXIII-Substitution bei bestehender Blutungsneigung wird eine Konzentration <30 % angesehen. Bei anhaltenden aktiven Blutungen sollten allerdings höhere Werte angestrebt werden. (Kozek-Langenecker et al. 2017)
Dosis: Da die Konzentration von FXIII im Plasma niedrig ist, sollte bei dringlicher Indikation auf eine FXIII-Konzentrat zurückgegriffen werden. Es werden in der Regel Dosierungen von 15–20 IE/kg, (1250–2500 IE) verabreicht.
Nebenwirkungen
FXIII-Konzentrate gelten als weitgehend sicher. In sehr seltenen Fällen wurden inhibitorische Antikörper beobachtet.

Von-Willebrand-Konzentrat

Wirkmechanismus
Zur Behandlung des Von-Willebrand-Syndroms stehen 3 plasmatische Präparate (Haemate P®, Wilate®, Willfact®) und mit Veyvondi® ein rekombinant hergestelltes Produkt zur Verfügung, die sich in ihrem Gehalt sowie der Zusammensetzung (mit und ohne FVIII) unterscheiden.
Dosis
Von-Willebrand-Konzentrate sind zur Therapie von akuten Blutungen, zur Prophylaxe von Blutungen vor großen Operationen und zur Langzeitprophylaxe bei Patienten mit vWS indiziert. Ein Mangel an FVIII oder vWF kann durch die Gabe von Von-Willebrand-Faktor-haltigen Konzentraten unverzüglich korrigiert werden. Perioperativ werden je nach Eingriff Werte des vWF und des FVIIII von mindestens 50 % angestrebt. (Connell et al. 2021)
Nebenwirkungen
Umfangreiche Pharmakovigilanzuntersuchungen hatten in den letzten Jahren keine schweren Nebenwirkungen ergeben. In seltenen Einzelfällen kann es zu allergischen Reaktionen kommen. Sehr selten sind thrombotische Ereignisse beschrieben.

Rekombinanter FVIIa (rFVIIa)

Wirkmechanismus
Das rekombinant hergestellte Eptacog alfa (z. B. Novo7®) ist chemisch nahezu identisch mit dem humanen Faktor VII. Die Verabreichung von rFVIIa verursacht einen raschen Anstieg von Thrombin, auch dann, wenn die Konzentration anderer Gerinnungsfaktoren niedrig ist. Da für eine suffiziente Gerinnselbildung Fibrinogen und Plättchen unabdingbar sind, sollte vor Gabe von rFVIIa die Fibrinogenkonzentration >0,5 g/l liegen und die Plättchenzahl >50.000/μl nicht unterschreiten. Außerdem konnte gezeigt werden, dass rFVIIa im sauren Milieu mit pH-Werten von <7,1 nicht wirksam ist.
Indikation
rFVIIa wurde für die Hemmkörperhämophilie, erworbene Hemmkörper in Rahmen der Hämophiliebehandlung, dem Bernard-Soulier-Syndrom, der Thrombasthenie Glanzmann und einem Faktor-VII-Mangel zugelassen. rFVIIa wurde auch bei schweren klinischen Blutungen unterschiedlicher Genese off-label eingesetzt. In randomisierten kontrollierten Studien konnte allerdings keine Überlegenheit von Eptacog alfa zu Placebo gezeigt werden. (Chang et al. 2021)
Dosis
Die Initialdosis beträgt je nach Indikation zwischen 15 μg/kg KG und 90 μg/kg KG. Da die Halbwertszeit 2,5 h beträgt, sind repetitive Dosen insbesondere bei akquirierten Hemmkörpern notwendig.
Nebenwirkungen
Die Verabreichung von rVIIa ist mit einer erhöhten Rate sowohl arterieller als auch venöser thromboembolischer Ereignisse assoziiert.

Allogene Blutprodukte

Plasma

Im Plasma liegen alle Gerinnungsfaktoren (GF) und Inhibitoren in balancierter Form vor. Die Konzentration der GF ist allerdings abhängig vom Produktionsverfahren der verfügbaren Plasmen. Einen suffizienten Anstieg der Aktivität von Gerinnungsproteinen ist somit nur durch die Verabreichung ausreichend hoher Volumina möglich (35 ml/kg KG). (Chowdary et al. 2004) Im gefrorenen Frischplasma hängt die Aktivität der Gerinnungsfaktoren stark vom individuellen Spender ab. Im Solvent-Detergent(SD)-Plasma werden individuelle Konzentrationsunterschiede der Gerinnungsfaktoren von singulären Spendern durch ein Pooling von 500–1600 Einzelspenderplasmen ausgeglichen. Durch chemische Inaktivierung von Viren wird allerding die Aktivität der Gerinnungsfaktoren in SD-Plasma um etwa 15 % vermindert (Tab. 4). Lyophilisiertes Plasma wird ebenfalls von Einzelspendern gewonnen, kann bei Raumtemperatur gelagert werden und steht nach Rekonstitution rasch für eine Transfusion zur Verfügung. Plasmen müssen blutgruppenkompatibel transfundiert werden. (Adam und Fischer 2020)
Tab. 4
Unterschiedliche Zusammensetzung der verfügbaren Plasmen
Gefrorenes Frischplasma (FFP)
Solvent-Detergent-Plasma (SD-Plasma)
Lyophilisiertes Plasma (LHP)
Einzelspenderplasma/Aphärese
Pooling von 500–1600 Einzelspendern
Einzelspenderplasma
Zentrifugation und Filtration
Ultrafiltration zur Zelleliminierung
Zellfiltration und Lyophilisierung
Schockgefroren(−30 C)
Tiefgefroren
Gefriergetrocknetes Lyophilisat
Aktivität der Gerinnungsfaktoren (GF) ca. 80 %, hohe Variabilität
10–15 % geringere Aktivität der GF als FFP
Fibrinogen: ca. 2,2 g/l, FVIII: 80 %
4–6 Monate Lagerung bis zur Zweituntersuchung
Behandlung mit Lösungsmitteln (Solvent) zur Viruseliminierung
Quarantänelagerung
Indikation
Die Indiktion zur Transfusion von Plasma liegt dann vor, wenn schwere Blutverluste zu ersetzen sind. Die meisten sog. Massiv-Transfusions-Protokolle empfehlen ein Verhältnis von Erythrozytenkonzentraten zu Plasma von 1:1. Bei schweren, nichttraumatologischen Blutungen ist die Evidenz für ein derartiges EK:Plasma-Verhältnis allerdings schwach. (Mesar et al. 2017; Vlaar et al. 2021) Da der Gehalt an Fibrinogen im Plasma gering ist, sollte im Rahmen von Massivtransfusionen unbedingt darauf geachtet werden, dass die Fibrinogenkonzentration nicht <1,5 g/l abfällt. Das Konzept Erythrozytenkonzentrate (EK), Plasma und PC im Verhältnis 1:1:1 zu substituieren, basiert auf der Idee, rekonstituiertes Vollblut zu transfundieren. Die herstellungsbedingte Zugabe von Stabilisatorlösungen in den einzelnen Komponenten verursacht allerdings eine Dilution. Der Hämatokrit in rekonstituiertem Vollblut beträgt 30 %, die Plättchenzahl 120.000/μl und das endogene Thrombinpotenzial ist um etwa 25 % niedriger ist als im Vollblut. (Ponschab et al. 2015)
Als weitere, seltene Indikation von Plasma wird ein relevanter Faktor-V- oder -XI-Mangel angesehen, da dafür im deutschsprachigen Raum keine spezifischen Gerinnungsfaktorkonzentrate zur Verfügung stehen.
Eine prophylaktische Transfusion vom Plasma zur Vermeidung von Blutungskomplikationen z. B. vor invasiven Eingriffen bei Leberfunktionsstörungen, bei Anlage eines zentralen Venenkatheters (ZVK), einer Feinnadelbiopsie oder Anlage einer Thoraxdrainage wird nicht empfohlen. Ebenso ist eine Plasmagabe bei nichtblutenden Patienten auf der Intensivstation („intensiv care unit“, ICU) mit verlängerten Standardgerinnungstests nicht angezeigt. Plasma sollte auch keinesfalls als Volumenersatzmittel Anwendung finden. (Vlaar et al. 2020)
Dosis
Zur suffizienten Anhebung des Gerinnungsfaktorpotenzials müssen zwingend ausreichend hohe Plasmavolumina verabreicht werden. Dosierungen von unter 600 ml (2–3 Beutel) müssen als inadäquat betrachtet werden. Für eine suffiziente Substitution von Gerinnungsfaktoren sind Volumina von zumindest 15–20 ml/kg KG zu transfundieren, die mit einer Transfusionsrate von 30–50 ml/min verabreicht werden sollten. Kommt SD-Plasma zum Einsatz, müssen aufgrund des geringeren Gehalts von Gerinnungsfaktoren um etwa 10–15 % höhere Volumen als mit FFP verabreicht werden.
Nebenwirkungen
Mit einer Inzidenz von 0,02–1,12 % pro transfundierter Einheit stellt der transfusionsassoziierte Lungenschaden (TRALI, „transfusion related lung injury“) nach wie vor ein lebensbedrohliches Ergebnis dar. (McVey et al. 2019). Da für einen suffizienten Anstieg der Gerinnungsproteine hohe Volumina an Plasma notwendig sind, kann dies bei bis zu 1 % der Patienten zu einer kardialen Überlastung (TACO, „transfusion associate cardiac overload“) führen. (Li et al. 2011) Daneben scheinen ICU-Patienten nach Plasmatransfusionen höhere Raten von nosokomialen Infektionen aufzuweisen. (Sarani et al. 2008)

Plättchenkonzentrate

Indikation
Die Verabreichung von Plättchenkonzentraten (PC) sollte grundsätzlich streng gestellt werden. Thrombozytenkonzentrate sind in der Regel AB0-kompatibel und über einen Filter (Porengröße 170–230 μm) zu transfundieren. Die aktuellen European-Trauma-Bleeding-Guidelines empfehlen eine Plättchentransfusion bei Polytrauma nur, wenn die Thrombozytenzahl <50.000/μl absinkt. Bei Schädel-Hirn-Verletzten und bei anhaltender Blutung bei Schwerverletzten sollte eine Grenze von 100.000/μl angestrebt werden, ohne dass dafür ausreichende Evidenz vorliegt. (Spahn et al. 2019). Eine prophylaktische Transfusion von Plättchen bei onkologischen Patienten ohne klinische Blutung wird nur bei sehr niedrigen Thrombozytenzahlen (<10.000/μl) empfohlen. Plättchentransfusionen sind bei Immunthrombozytopenie, in der schweren Sepsis und bei einer Verbrauchskoagulopathie nur im Fall von bedrohlichen Blutungen indiziert. Auch im Rahmen eines hämolytisch-urämischen Syndroms und der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura mit bedrohlicher Blutung sollten Thrombozytenkonzentrate nur nach Ausschöpfung aller anderen Therapieoptionen transfundiert werden.
Dosis
Die Menge einer Thrombzytentransfusion orientierte sich an der Art des Eingriffs oder der bestehenden Blutung sowie der vorhandenen Thrombozytenzahl. Thrombozytenkonzentrate werden entweder aus einem Pool von 4–8 Buffy Coats hergestellt oder mittels Thrombozytenapherese von einem Einzelspender gewonnen. Ein Apharesethrombozytenkonzentrat enthält zumindest 2,0–4,5 × 1011 Thrombozyten.
Nebenwirkungen
Neben anaphylaktischen und febrilen Transfusionsreaktionen wurden transfusionsassoziierte Lungenschäden sowie Alloimunisierung gegen Antikörper des Humane Leukozytenantigen-System (HLA)- und Human Platelet Antigen (HPA) System beschrieben. Plättchenkonzentrate haben bei Raumtemperatur (22–24 °C) eine Haltbarkeit von 5 Tagen. Aufgrund der Lagertemperatur kann eine bakterielle Kontamination der PC bei transfundierten Patienten zu lebensbedrohlichen Infektionen führen. (Escolar et al. 2022)

Angeborene und erworbene Störungen der Hämostase

Während die Diagnose einer angeborenen Gerinnungsstörung bei ICU-Aufnahme dieser Patienten zumeist bekannt ist, sind erworbene Gerinnungsstörungen oft multifaktorieller Natur und somit deutlich schwieriger zu diagnostizieren. Koagulopathien werden bei ICU-Patienten regelhaft beobachtet und sind mit einer schlechten Prognose assoziiert. Die häufigsten Ursachen einer Gerinnungsstörung bei kritisch Kranken sind die schwere Sepsis, eine Verbrauchskoagulopathie infolge disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC), schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen, und Polytraumata, aber auch schwere Schädel-Hirn-Traumata und im Rahmen von Massivblutungen anderer Genese.

Störungen der primären Hämostase

Plättchen spielen nicht nur eine zentrale Rolle in der Gerinnung, sondern initiieren sowohl pro- als auch antiinflammatorische Prozesse. Daneben erfüllen sie vielfältige Aufgaben in der Immunantwort.

Thrombozytopenien

Thrombozytopenien können bei ICU-Patienten häufig beobachtet werden und sind oft frühe Manifestation septischer Komplikationen oder einer DIC. (Stanworth et al. 2013) Bereits bei ICU-Aufnahme konnte eine Thrombozytopenie bei 8,3–67,6 % der Patienten nachgewiesen werden. Eine Thrombozytopenie während des Intensivaufenthalts entwickelt sich bei 13–44 % der Patienten. (Jonsson et al. 2021) Die Ursachen einer Thrombozytopenie bei ICU-Patienten sind vielfältig: Ein Abfall der Plättchenzahl kann durch einen erhöhten Verbrauch oder auch durch eine gesteigerter Abbaurate von Thrombozyten verursacht werden. Thrombozytenpooling in der Milz kann ebenso eine Rolle spielen wie Dilution der Plättchen durch hohe Flüssigkeitszufuhr oder verminderte Thrombozytenproduktion infolge einer Knochenmarkdepression. (Ostadi et al. 2019) (Tab. 5).
Tab. 5
Ursachen einer Thrombozytopenie bei Patienten der Intensivstation (ICU)
Ausschluss einer Pseudothrombozytopenie
● Dilution durch Flüssigkeit
 
● EDTA-vermittelte Plättchenaggregation
 
● Geronnene Blutprobe
Verminderte Produktion
● Malnutrition
 
● (Vitamin-B12- und Folsäuremangel)
 
● Knochenmark
 
● Maligne Infiltration
 
● Myelodysplasien
 
● Virale Infektionen (HIV, Hepatitis C)
Verstärkter Abbau
● Immunmediierte Thrombozytopenie
 
● Immunthrombozytopenie
 
● Systemischer Lupus erythematodes
 
● Antiphospholipidsyndrom
 
● HIT I/II
 
● Mikroangiopathien (HUS, TTP, DIC)
Gesteigerte Sequestration
● Portale Hypertension
 
● Leberzirrhose
 
● Kardiale Dekompensation
Medikamente
● Antibiotika (Linezolid)
 
● HIT II
 
● Medikamentös bedingte Thrombozytopathien können unter folgender Homepage abgerufen werden: http://www.ouhsc.edu/platelets/ditp.html
Leichte Thrombozytopenien (<100–120 G/l) haben nur mäßigen Einfluss auf das Blutungsrisiko. Schwere Thrombozytopenie (<50 G/l) hingegen können mit erheblicher Blutungsneigung einhergehen und konnten auch als unabhängiger Risikofaktor der ICU-Mortalität identifiziert werden. (Williamson et al. 2013) Eine Thrombozytopenie ist somit eher ein Surrogat-Marker der Schwere der Grunderkrankung als Ausdruck einer gesteigerten Blutungsneigung. (Stanworth et al. 2013)
Sepsis ist die häufigste Ursache einer Thrombozytopenie bei ICU-Patienten und eng mit der Schwere der Erkrankung und der Organdysfunktion korreliert. (Hui et al. 2011) Die im Rahmen der Sepsis auftretende Thrombozytopenie ist sowohl auf eine verminderte Produktion, aber vor allem auf einen gesteigerten Verbrauch von Thrombozyten und einen immunvermittelten Plättchenabbau zurückzuführen. (Vardon-Bounes et al. 2019)

Heparininduzierte Thrombozytopenie HIT

Die heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) ist eine prothrombotische unerwünschte Arzneimittelwirkung, bedingt durch die Entwicklung von IgG-Antikörper gegen Plättchenfaktor 4 (PF4) und Heparin. Die HIT tritt bei bis 7 % der Patienten auf, abhängig von dem Zeitraum der Heparinexposition, der Art des Heparins, der Indikation und der Patientenpopulation. Ein Drittel bis die Hälfte der HIT-Fälle wird durch eine Thrombose kompliziert, die sowohl venös als auch arteriell sein kann. (Arepally 2017)
An eine HIT sollte immer dann gedacht werden, wenn im Rahmen einer Heparintherapie, insbesondere bei unfraktioniertem Heparin (UFH) nach 5–10 Tagen ein Thrombozytensturz auf >50 % des Ausgangswerts zu verzeichnen ist. Bei Reexposition mit Heparin kann das Zeitintervall auch kürzer sein. Selbst wenn der Thrombozytenwert noch im Normbereich ist, kann ein Abfall der Thrombozyten um 50 % auf eine HIT hindeuten.
Die Inzidenz liegt zwischen <0,1 % und 7 %, je nach Heparintyp unfraktioniertes Heparin (UFH) vs niedermolekulares Heparin (LMWH), Dauer der Heparinexposition und Patientengruppe (z. B. chirurgisch vs. medizinisch). Ein Drittel bis die Hälfte der HIT-Fälle wird durch eine Thrombose kompliziert, die venös oder arteriell sein kann. Dies erfordert die Initiierung einer Antikoagulation bereits bei Verdacht, in Abhängigkeit von der Thrombozytenanzahl. (Cuker et al. 2018)
Diagnose
Der Nachweis von Immunglobulin-G-Antikörper gegen einen Komplex von Plättchenfaktor 4 (PF-4) und Heparin erfolgt mittels ELISA-Test. Der Test ist sehr sensitiv, jedoch nicht sehr spezifisch und weist eine hohe negative Prädiktivität auf. Bei Nachweis sollte daher ein funktioneller Bestätigungstest erfolgen (HIPA-Test).
Zur Abschätzung einer HIT-Wahrscheinlichkeit wurden Scores entwickelt. Das klinische 4Ts-Scoring-System ist das einfachste und am weitesten verbreitete Risikobewertungsinstrument und umfasst wesentliche, zuvor beschriebene Krankheitsmerkmale (Zeitpunkt der Heparintherapie, Komplikationen der Thrombozytopenie und Thrombose sowie Ausschluss anderer Ursachen) und kategorisiert die Erkrankungswahrscheinlichkeit anhand des kumulativen Scores (geringes Risiko: 0–3; mittleres Risiko: 4–5; hohes Risiko: 6–8). Der Score hat einen hohen negativ prädiktiven Wert, d. h. Patienten mit einem niedrigen Score (0–3 Punkte) haben eine Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein von signifikanten HIT-Antikörpern von <5 %. In diesem Fall sollte die Indikation zur Durchführung einer HIT-Diagnostik kritisch überdacht werden. Tab. 6
Tab. 6
4T-Score: Abschätzung der HIT-Wahrscheinlichkeit.(Nach Lo et al. 2006)
Wahrscheinlichkeitskriterien, auf denen der HIT-Typ-II-Verdacht basiert
Punkte
2
1
0
Thrombozytopenie
Niedrigster Wert
Niedrigster Wert
Niedrigster Wert
≥20.000/μl
und >50 % Abfall
10.000–19.000/μl
oder 30–50 % Abfall
< 10.000/μl
oder <30 % Abfall
Tag des Auftretens des Thrombozytenabfalls
Tag 5–10 oder Tag ≤1 bei früherer Heparintherapie (innerhalb der letzten 30 Tage)
Tag >10 oder unbekannt oder
Tag ≤1 bei früherer Heparintherapie (innerhalb der letzten 30–100 Tage)
Kein zeitlicher Zusammenhang oder Tag <4 (keine frühere Heparintherapie)
Thrombosen oder andere Komplikationen
Gesicherte neue Thrombose, Hautnekrosen,
Anaphylaxie nach Heparinbolus
Verdacht auf Thrombose, Progression oder Rezidiv einer Thromboembolie, nichtnekrotisierende Hautläsion
Keine Komplikationen
Andere Gründe für Thrombozytenabfall
Keine
Wahrscheinlich
Definitiv
Gesamt-Score
≤3: niedrige klinische Wahrscheinlichkeit (s. u.), HIT-Diagnostik nur bei dringendem klinischen Verdacht, Thrombozytenkontrolle, andere Ursachen?
≥4: HIT-Diagnostik, Umstellung der Antikoagulation auf ein für die Therapie der HIT zugelassenes Antikoagulans
Therapie
Die Behandlung der HIT hängt in hohem Maße von der schnellen Diagnose, dem Stopp der Antikoagulation mit Heparin und der Einleitung einer alternativen Antikoagulation ab – angepasst an die Thrombozytenzahl. Auf die Substitution von Plättchen sollte verzichtet werden. Zugelassen zur Behandlung der HIT sind Argatroban, Danaparoid und Bivalirudin (das kaum mehr verwendet wird):
  • Argatroban (Argatra®): Argatroban ist ein synthetischer, reversibler Thrombininhibitor, der überwiegend hepatisch abgebaut wird, ist zugelassen zur parenteralen Prophylaxe und Therapie thromboembolischer Ereignisse. Die Halbwertszeit ist mit 2 h sehr kurz. Dadurch ist die Therapie gut steuerbar. Im Falle von Blutungen oder einer Operation sollte ca. 2 h nach Stopp des Perfusors die Gerinnungsfunktion wiederhergestellt sein.
    Dosierung: Die laut Fachinformation empfohlene Dosierung von 2 μg/kg KG/min wird anhand der aPTT 2 h nach Infusionsbeginn angepasst. Zielbereich = 1,5–3-Faches der normalen aPTT.
    Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen ab Child-Pugh B soll eine Dosisreduktion auf Anfangsdosis 0,25 μg/kg KG/min erfolgen. Bei schwerer Leberinsuffizienz ist Argatroban kontraindiziert.
  • Danaparoid (Oragran®): Danaparoid ist eine Mischung aus natürlich vorkommenden Gykosamin-Glykane (GAG) (Heparansulfat, Dermatan und Chondroitin) und war das erste alternative Mittel, das für die Behandlung der HIT zur Verfügung stand.
    Dosierung: Zur Prophylaxe kann es gewichtsabhängig subkutan dosiert werden (750 IE 2- bis 3-mal/Tag). Die therapeutische Dosierung erfolgt Anti-Faktor Xa-Aktivität gesteuert: 3750 IE (5 Ampullen a 0,6 ml) mit 0,9 % Natriumchlorid (NaCl) in 50 ml Perfusorspritze (75 IE/ml). Zuvor sollte eine Niereninsuffizienz ausgeschlossen werden, da Danaparoid vorwiegend renal eliminiert wird.
  • Fondaparinux (Arixtra®): Fondaparinux ein synthetisches Pentasaccharid-LMWH, ist ein weiteres Antikoagulans, das in zunehmendem Maße außerhalb der Zulassung zur Behandlung der HIT eingesetzt wird. Nur wenige Fallberichte und/oder Fallserien haben über die Sicherheit und Wirksamkeit verschiedener DOAK bei HIT berichtet. Derzeit liegen keine ausreichenden klinischen Informationen vor, um den Einsatz von DOAK bei der Behandlung der HIT zu empfehlen.

Erworbene Thrombozytopathien

Hypothermie

Ein Abfall der Körperkerntemperaturen auf <34 °C führt zu einer vermehrten Sequestration von Thrombozyten in Leber und Milz. (de Vrij et al. 2014) Darüber hinaus treten bereits bei Temperaturen <35 °C reversible Störungen der thrombozytären Adhäsion und Aggregation auf. (Van Poucke et al. 2014; Wolberg et al. 2004).

Mechanische Schädigung der Thrombozyten

Bei jeder Form der extrakorporalen Zirkulation, wie z. B. im Rahmen kardiochirurgischer Eingriffe, einer Hämodialyse, einer extrakorporale Mbranoxygenationstherapie (ECMO)-Therapie, oder von Linksherzunterstützungssystemen (LVAD), können rasch thrombozytären Funktionsstörungen auftreten. Sie werden einerseits durch Aktivierung und mechanische Schädigung der Plättchen an Fremdoberflächen verursacht, andererseits können Hypothermie und Medikamente, wie beispielsweise Heparin, die Thrombozytenfunktion nachhaltig beeinträchtigen (Paparella et al. 2004). Diese Effekte können oft mit schweren Blutungen einhergehen.

Leber- und Nierenfunktionsstörungen

Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz können erhebliche Thrombozytenfunktionsstörungen entwickeln. Die zum Teil schweren Koagulopathien manifestieren sich hauptsächlich in Form von mukosalen oder serösen Hämatomen. Eine urämische Anämie, Dialysebehandlungen sowie die Kumulation von Medikamenten, die aufgrund einer eingeschränkten Clearance nicht abgebaut werden können, verstärken die Blutungsneigungen weiter. Eine renale Thrombozytopathie beeinträchtigt auch die Interaktion zwischen Plättchen und der Gefäßwand. Dabei ist sowohl die Thrombozytenaktivierung, als auch die Adhäsion und Aggregation mit fortschreitendem Nierenversagen zunehmend kompromittiert. Als mögliche Ursachen wird ein verminderter ADP- und Serotoningehalt in Thrombozytengranula, eine eingeschränkte thrombinvermittelte Adenosintriphosphat (ATP)-Freisetzung und Thromboxan-A2-Synthese vermutet. Eine Dialyse kann diese Thrombozytendefekte zwar teilweise korrigieren, aber nicht vollständig beseitigen. (Kaw und Malhotra 2006)
Auch schwere Lebererkrankung können Plättchenfunktionsstörungen verursachen. Als Ursache wurden sowohl „Storage-pool-Defekte“ wie auch eine gestörte Plättchenaktivierung durch Kollagen, Thrombin, Arachidonsäure, Epinephrin und Ristocetin postuliert. (Witters et al. 2008)

Medikamentöse Beeinflussung der Thrombozytenfunktion

Thrombozytenaggregationshemmer

Thrombozytenaggregationshemmer gelten als häufige Begleitmedikationen von ICU-Patienten. Sie werden großzügig zur Primärprophylaxe bei koronarer Herzerkrankung, als Rezidiv- und Sekundärprophylaxe nach akutem Koronarsyndrom, nach Stentimplantation und ischämischen Schlaganfall sowie zur Prävention von Gefäßverschlüssen bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit eingesetzt. Die duale Plättchenhemmung mit ASS und ADP-Rezeptor-Antagonisten wie Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor wird nach Implantation koronarer Stents zur Sekundärprophylaxe in den ersten Wochen oder Monaten perioperativ fortgeführt.
Die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern erhöht das Blutungsrisiko. Das Risiko einer chirurgischen Blutung wird durch ASS oder Clopidogrel allein um etwa 20 % und durch eine duale Thrombozytenaggregationshemmertherapie um 50 % erhöht. (Chassot et al. 2007)
Acetylsalicylsäure (ASS)
ASS hemmt die Synthese des Plättchenaktivators Thromboxan A2. Etwa 25 % aller Patienten, die ASS einnehmen, gelten als Hyperresponder und ca. 20 % als Nonrsponder. (Kazimi et al. 2021)
Als Antidot bei einer relevanten Blutung wird vielfach die Verabreichung von 0,3 μ/kg DDAVP empfohlen. Solide Daten für diesen Therapieansatz liegen allerdings nicht vor. Bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma konnte DDAVP die Expansion von intrazerebralen Hämatomen nur dann verhindern, wenn ASS in einer Dosierung von <80 mg/Tag verabreicht wurde. (Barletta et al. 2020)
Das Ausmaß der Thrombozytenhemmung durch ASS oder P2Y12-Rezeptorblocker kann mithilfe diverser Thrombozytenfunktionstests verifiziert werden, wobei hier im Wesentlichen Responder von Nonrespondern unterschieden werden können. Eine Abschätzung des Blutungsrisikos lässt sich daraus nicht ableiten.
P2Y12-Hemmer
P2Y12-Hemmer blockieren selektiv die Bindung von ADP an den P2Y12-Rezeptor auf den Oberflächen von Thrombozyten. Dies führt zu einer Hemmung der ADP-vermittelten Thrombozytenaggregation, der Freisetzung von Plättcheninhaltsstoffen sowie der Bildung von Thromboxan.
Clopidogrel (z. B. Plavix®): Clopidogrel stell ein Prodrug dar und muss in der Leber erst in die pharmakologisch aktive Substanz metabolisiert werden. Die Blockierung des P2Y12-Rezeptors ist irreversibel. Die Thrombozytenfunktion normalisiert sich nach Absetzten im Laufe von 5–7 Tagen.
Prasugrel (Efient®): Prasugrel stellt ebenso wie Clopidogrel ein Produg dar, welches nach Aufnahme erst zur aktiven Wirksubstanz metabolisiert wird. Verglichen mit Clopidogrel zeichnet sich Prasugrel jedoch durch eine stärkere und schnelle irreversible Hemmung der ADP-Rezeptoren aus. Diese Eigenschaften steigert die Wirksamkeit, erhöht aber auch das Blutungsrisiko. Gastrointestinale Blutungen waren bei Prasugrel in Vergleich zu Clopidogrel (RR (relative risk) 1,40) signifikant erhöht. Die Plättchenfunktion normalisiert sich 7–10 Tage.
Ticagrelor (z. B. Brilique®): Die orale Bioverfügbarkeit beträgt etwa 35 % mit hoher Plasmaeiweißbindung. Im Unterschied zu Clopidogrel oder Prasugrel ist die Rezeptorbindung reversibel und die Halbwertszeit mit ca. 8 h deutlich kürzer. Die Plättchenfunktion normalisiert sich nach Absetzen innerhalb von 1–3 Tagen. Die thrombozytenhemmende Wirkung ist bezogen auf die therapeutische Dosis stärker und somit das Blutungsrisiko höher. Das spezifische Antikörperfragment Bentracimab, welches mit hoher Affinität an Ticagrelor bindet und dessen Wirkung unmittelbar reversiert, steht vor der Zulassung (Bhatt et al. 2019). Die Hämoabsorption mittels CytoSorb®-Filter stellt eine potenzielle Alternative zur Elimination von Ticagrelor dar. Kleine Fallserien aus dem herzchirurgischen Bereich konnten günstige Ergebnisse zeigen. (Javanbakht et al. 2020)

Antibiotika

Die hochdosierte Gabe von β-Lactamen, Sulfonamiden, Linezolid oder Imipenem können mit erheblichen Thrombozytenfunktionsstörungen einhergehen. β-Lactam-Antibiotika, wie Penicillin, hemmen in vitro viele wichtige Thrombozytenfunktionen wie Sekretion, Adhäsion und auch Aggregation, wahrscheinlich über eine Hemmung des Kalziumeinstroms und einer Störung der Agonistenbindung an spezifische Thrombozytenrezeptoren (Burroughs und Johnson 1993). Durch die irreversible Bindung von Penicillin an Blutplättchen resultiert eine dosis- und zeitabhängige Wirkung auf die Thrombozytenfunktion (Burroughs und Johnson 1990). Cephalosporine und Teicoplanin scheinen nur bei sehr hohen Konzentrationen die Thrombozytenaggregation zu beeinträchtigen. (Ziemen et al. 1986)

Phytopräparate

Manche Phytopräparate, wie Grüntee, Ginkgo, Glukosamine, Chondroitin und Carnitin beeinflussen in höheren Dosen die Plättchenaggregation. Auch Kamille, das als Tee harmlos ist, kann bei Einnahme als Kapseln oder Tropfen die Thrombozytenaggregation hemmen. Ginkgo allein ist vermutlich unbedeutend, kann aber, in Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern oder Antikoagulanzien insbesondere bei älteren Menschen das Blutungsrisiko erhöhen. (Kellermann und Kloft 2011) (Wang et al. 2015)

Von-Willebrand-Syndrom

Das Von-Willebrand-Syndrom (vWS) ist die häufigste angeborene Blutstillungsstörung mit einer Prävalenz von 1:100 bis 1:1000. Bis zu 1 % der Bevölkerung ist somit davon betroffen. Das vWS manifestiert sich klinisch ausgesprochen variabel. Daher wird die Erkrankung häufig übersehen bzw. die Diagnosestellung erst im Erwachsenenalter gestellt, nachdem es zuvor im Rahmen größerer Operationen oder sonstiger invasiver Eingriffe bereits zu Blutungskomplikationen gekommen ist. Darüber hinaus kommt das vWS weder in der konventionellen Gerinnungsdiagnostik (TPZ oder aPTT) noch in Point-of-care-Verfahren (Impedanzaggregometrie oder viskoelastische Testverfahren) zur Abbildung. Die Synthese des Von-Willebrand-Faktors (vWF) erfolgt in den vaskulären Endothelzellen und Megakaryozyten. Aus einer Vorstufe des Moleküls, den sog. Monomeren, entstehen durch zahlreiche Modifikationen schließlich die Von-Willebrand-Multimere. In Abhängigkeit von der Anzahl zusammengelagerter Monomere werden dabei Moleküle unterschiedlicher Größe bis zu einem Molekulargewicht von 20.000 kDa generiert. Ein Teil des synthetisierten Proteins wird in den Weibel-Pallade-Körper der Endothelzellen bzw. den α-Granula der Thrombozyten gespeichert, während der andere Teil konstitutiv freigesetzt wird.
Die wichtigste Funktion des vWF besteht in der Adhäsion von Thrombozyten an subendothelialem Kollagen über den Oberflächenrezeptor Glykoprotein Ib (GP Ib) unter hohen Scherkräften in der Mikrozirkulation. Darüber hinaus verhindert er durch Bindung an den Faktor VIII dessen vorzeitige Inaktivierung. Während die Bindung des Faktors VIII unabhängig von der Größe der Von-Willebrand-Multimere erfolgt, ist die Funktion der primären Hämostase an das Vorhandensein großer Von-Willebrand-Moleküle gebunden. Neben seiner Funktion in der Blutgerinnung reguliert der vWF auch die Angiogenese.

Angeborenes Von- Willebrand-Syndrom

Beim vWS handelt es sich um eine sehr heterogene Erkrankung. Pathophysiologisch finden sich auf der Ebene des vWF quantitative und qualitative Defekte bzw. deren Kombination. Entsprechend werden 3 Haupttypen des vWS unterschieden (Tab.  7).
Tab. 7
Einteilung des Von-Willebrand-Syndroms (vWS)
Typ
Kennzeichen
Typ 1
Konzentration und funktionelle Parameter des vWF sind proportional vermindert, während das Verteilungsmuster der Multimere unverändert ist
Typ 2
Qualitative Defekte des vWF
Typ2A
Verminderung oder Verlust der hochmolekularen Multimere mit Störung der primären Hämostase
Typ2B
Varianten mit einer erhöhten Affinität für den thrombozytären GP Ib, Multimerverteilung kann normal sein oder aber hochmolekulare Multimere fehlen
Typ2M
Varianten mit plättchenabhängigen, funktionellen Defiziten des vWF, hochmolekulare Multimere vorhanden
Typ2N
vWF mit einer defekten Faktor-VIII-Bindung
Typ 3
Nahezu vollständiger Verlust des vWF
vWF Von-Willebrand-Faktor, GP Ib Glykoprotein Ib
Die klinische Symptomatik kann erheblich variieren. Neben inapparenten Verläufen finden sich verlängerte Schleimhautblutungen nach kleineren Operationen, in sehr seltenen Fällen auch Gelenk- und Muskelblutungen. Bei Frauen kommt es zu verlängerten und verstärkten Regelblutungen.

Erworbenes Von-Willebrand-Syndrom

Aortenklappenstenose
Pathophysiologisch zeigt sich eine relative Abnahme der großen Multimere, diagnostisch vergleichbar dem Von-Willebrand-Subtyp IIa mit Störung der thrombozytären Adhäsion. Während das vWS postoperativ wieder verschwindet, können intraoperativ gleichwohl schwere Blutungen auftreten, wenn präoperativ kein entsprechendes Screening erfolgt. (Siedlecki et al. 1996; Vincentelli et al. 2003)

Extrakorporale Zirkulation

Im Rahmen extrakorporaler Eliminationsverfahren kann ebenfalls das erworbene vWS auftreten, hervorgerufen durch hohe Scherbelastungen, die zu einem Verlust von hochmolekularen Multimeren des Von-Willebrand-Faktors führen. (Schlagenhauf et al. 2020).
Auch nach operativen Eingriffen, die mit einem hohen Endothelschaden einhergehen, zeigen sich die Von-Willebrand-Multimere vermindert und können so zu einer verstärkten Blutungsneigung beitragen (Reinecke et al. 2016).

Diagnose

Bei entsprechendem Verdacht muss eine gezielte Diagnostik erfolgen. Als Screeningmethode geeignet ist das PFA-100, dessen Epinephrinmesszelle eine Sensitivität von 80 % für das vWS aufweist. Die phänotypische Charakterisierung erfolgt anhand der Bestimmung des vWF-Antigens, des Ristocetinkofaktors, der einen indirekten Parameter zur Bestimmung der Bindungsaffinität zwischen vWF und thrombozytären GP Ib darstellt, und weiterer funktioneller Untersuchungen des vWF.

Therapie des Von-Willebrand-Syndroms

Desmopressin (DDAVP, z. B. Minirin®): Im Rahmen einer Blutung kann DDAVP in einer Dosierung von 0,3 μg/kg in Form einer Kurzinfusion über 30 min verabreicht werden. Das es rasch zu einer Tachyphylaxie kommt, ist eine Repetitionsdosis erst nach 12 h sinnvoll und die wiederholte Gabe auf maximal 3–4 Tage zu beschränken.
Von-Willebrand-Faktorkonzentrat (Haemate P®, Wilate®, Willfact®, Veyvondi®): Bei Patienten mit vWS Typ IIb und III kommen als Therapie nur vWF-haltige Plasmakonzentrate in Betracht. Für akute operative Eingriffe sollte eine Aktivität des Von-Willebrand-Faktors und FVIII auf mindestens 50 % angestrebt werden.

Störungen der plasmatischen Gerinnung

Leberfunktionsstörung

Die Leber als Syntheseort der meisten hämostatischen Proteine, Gerinnungsinhibitoren und von Thrombopoietin spielt eine zentrale Rolle in der Hämostase. Daneben eliminiert die Leber aktivierte Gerinnungsfaktoren, Inaktivierungskomplexe und Degradationsprodukte aus der Zirkulation. Cholestatische Lebererkrankungen können zu einer verminderten Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen führen und damit zu einem Abfall der Vitamin-K-abhängige Gerinnungsfaktoren. Chronische Lebererkrankungen gehen oft auch mit einem erhöhten fibrinolytischen Potenzial, Dysfibrinogenämien, Thrombozytopathien und Thrombzytopenien einher.
Eine kompromittierte Syntheseleistung der Leber führt zu pathologischen Screeningtests der Gerinnung, insbesondere des Quickwerts, der INR aber auch der aPTT und des Fibrinogens. Die Standardgerinnungsbefunde erfassen allerdings nur die Prokoagulatoren der Gerinnung und sind somit ungeeignet, das Blutungs- oder Thromboserisiko ausreichend abzuschätzen. Bei einer chronischen Leberinsuffizienz liegt zumeist zwar ein niedriges, aber insgesamt ausgewogenes Verhältnis zwischen Prokoagulatoren und Inhibitoren vor. (Northup und Caldwell 2013) Die Thrombinbildung ist auch bei niedrigen Quick-Werten meist normal, manchmal sogar erhöht, was das gesteigerte Thomboserisiko von Patienten mit Leberzirrhose erklärt. (Hunt 2014) Die INR ist allerdings ein wertvoller Parameter für die Einschätzung des Schweregrads der proteinsynthetischen Dysfunktion und somit auch für die Prognoseabschätzung bei akuten und chronischen Lebererkrankungen geeignet. Eine Abschätzung des Blutungsrisikos ist damit allerdings nicht möglich. Die INR sollte zu diesem Zweck somit nie isoliert betrachtet werden. Auch die Fibrinogenkonzentration ist eher als ein Surrogatmarker für die Schwere der Erkrankung anzusehen. Daher ist eine routinemäßige Korrektur dieser Hämostaselaborwerte, mit dem Ziel, spontane oder interventionsbedingte Blutungen zu vermeiden, nicht angezeigt. Eine Hauptschwierigkeit bei der hämostatischen Beurteilung dieser Patienten besteht darin, dass kein etablierter Labortest verfügbar ist, welcher die komplexe Interaktion von Pro- und Antikoagulatoren valide widerspiegelt.
Ösophagusvarizenblutungen bei lebererkrankten Patienten sind meist auf eine portale Hypertension und konsekutive vaskuläre Veränderungen zurückzuführen und nicht Folge einer relevanten Koagulopathie.
Wenn bei erniedrigten Standardgerinnungsbefunden keine manifeste klinische Blutung vorliegt, sollten keine gerinnungsaktiven Substanzen verabreicht werden, da sie zu keiner Outcome-verbesserung beitragen. (Agarwal et al. 2012; Northup et al. 2021) Auch die Korrektur erniedrigter Fibrinogenwerte hatte keinen nennenswerten Einfluss auf Mortalität und Blutungskomplikationen, was darauf hindeutet, dass Fibrinogen, außer bei sehr niedrigen Konzentrationen, keine direkte Größe in der Pathophysiologie von Blutungen bei kritisch kranken Zirrhosepatienten darstellt. (Budnick et al. 2021)
Therapie
Ein relevanter Vitamin-K-Mangel kann eine bestehende Koagulopathie ungünstig beeinflussen. Die Verabreichung von Vitamin K (10–20 mg/Tag) kann in dieser Situation das Gerinnungspotenzial verbessern.
Plasmatransfusionen sollten zurückhaltend eingesetzt werden, da für einen suffizienten Anstieg der Gerinnungsfaktoren hohe Volumina erforderlich sind, die ihrerseits den Pfortaderdruck steigern, das Risiko einer transfusionsassoziierten Kreislaufüberlastung (TACO) erhöhen und in seltenen Fällen zu einer transfusionsbedingten akute Lungenschädigung (TALI) führen. Bei ausgeprägtem FV-Mangel ist allerdings Plasma das Mittel der Wahl, da keine FV-Konzentrate zur Verfügung stehen.
Aus ähnlichen Gründen sollten bei Patienten mit oberen gastrointestinalen Blutungen Erythrozytenkonzentrate restriktiv verabreicht werden. Eine randomisierte kontrollierte Studie konnte Überlebensvorteile für Patienten mit Leberzirrhose und akuter oberer gastrointestinaler Blutung zeigen, wenn erst ab einem Hämoglobin(Hb)-Wert von <7 g/dl – verglichen mit einem Hb <9 g/dl – transfundiert wurden. (Villanueva et al. 2013)
Grenzwerte für die Behandlung akuter Blutungen oder Hochrisikoeingriffe bei fortgeschrittener Lebererkrankung sind in Tab. 8 beschrieben.
Tab. 8
Grenzwerte für die Behandlung akuter Blutungen oder bei Hochrisikoeingriffen bei fortgeschrittener Lebererkrankung (O’Leary et al. 2019)
 
Grenzwerte
<25 %
Thrombozytenzahl
<50.000
<120 mg/dl
Thrombopoietinagonisten sind möglicherweise eine interessante Alternative zur Thrombozytentransfusion, benötigen jedoch etwa 10 Tage, um die Thrombozytenzahl suffizient anzuheben.
Mithilfe von Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB) kann das Gerinnungspotenzial rasch und mit relativ geringen Volumina angehoben werden. Die Studienlage zu PPSB ist allerdings dünn und Dosierungen sind meist INR- oder Quick-getriggert, was bei Leberzirrhose aus den oben genannten Gründen problematisch ist.
Eine antifibrinolytische Therapie mit Tranexamsäure bei Patienten mit akuter oberer gastrointestinaler Blutung und Leberzirrhose sollte nicht durchgeführt werden, da sie zu einer erhöhten Rate an thromboembolischen Ereignissen führt, ohne relevanten blutstillenden Effekt (2020). Bei schweren Blutungen nach invasiven Eingriffen im akuten Leberversagen kann TXA als „Rescue-Therapie“ allerdings eingesetzt werden.
Desmopressin kann bei Patienten mit gleichzeitigem Nierenversagen erwogen werden. Da sowohl vWF als auch FVIII bei Leberinsuffizienz oft deutlich erhöht sind, ist die Wirksamkeit allerding fraglich und durch Studien kaum belegt (O’Leary et al. 2019).

Hemmkörperhämophilie

Die erworbene Hemmkörperhämophilie ist eine seltene und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung mit einer Inzidenz von 1–1,5:1 Mio. pro Jahr. Die Auslöser einer Hemmkörperhämophilie sind vielfältig (Abb. 7). Grundsätzlich können Hemmkörper gegen jeden Gerinnungsfaktor gerichtet sein, finden sich aber am häufigsten gegen Faktor VIII und Faktor IX. Klinisch imponiert die Hemmkörperhämophilie in spontan auftretenden flächenhaften Blutungen in Weichteilen, Haut und Muskulatur aber auch im Gastrointestinaltrakt, retroperitoneal oder als Blutunten nach Operationen oder interventionellen Eingriffen.
Diagnostik
Liegt eine Hemmkörperhämophilie gegen FVIII oder FIX vor, findet sich eine deutlich verlängerte aPTT. Ein Plasmatauschversuch kann die Verdachtsdiagnose zeitnah bestätigen. Mithilfe einer Einzelfaktoranalyse wird der betroffene Gerinnungsfaktor identifiziert und der Hemmkörper festgestellt. (Shander et al. 2011)
Therapie
Neben einer immunsuppressiven Therapie mit Steroiden, Cyclophosphamid, Calcineurininhibitoren oder Rituximab können verschiedene Bypass-Präparate zur Blutungskontrolle eingesetzt werden. Neben FEIBA (aktivierter PPSB-Komplex) ist auch rekombinanter FVIIa (Eptacog α, Novoseven®) in der Dosierung von 90 μg/kg KG für die Hemmkörperhämophilie zugelassen. Da die Halbwertszeit von rFVIIa nur etwa 2,5 h beträgt, sind repetitive Dosen notwendig. Des Weiteren steht auch rekombinanter, porciner Faktor VIII (Susoctocog alfa, Obizur®) zur Verfügung. Als Initialdosis werden 200 IE/kg KG verabreicht. Häufigkeit der Gabe und die Höhe der Dosis richten sich nach den Ergebnissen der Faktor-VIII-Aktivität, der Höhe des Hemmkörpers und der Blutungssymptomatik.

Hypothermie

Die Gerinnung ist ein hochgradig temperaturabhängiger Prozess. Eine Verminderung der Körperkerntemperatur auf <34 °C beeinträchtigt nicht nur die plasmatische Gerinnung, sondern auch die Funktion der Blutplättchen. (Wolberg et al. 2004)

Azidose

Eine schwere Azidose vermindert die Aktivität von Gerinnungsfaktoren und führt zu Störungen der Plättchenfunktion. Tierexperimentelle Untersuchungen konnten zeigen, dass eine Abnahme des pH-Werts von 7,4 auf 7,1 zu einer Reduktion der Thrombinbildung um 50 % führte. (Martini et al. 2005) Außerdem scheint der Abbau von Fibrinogen im azidotischen Milieu beschleunigt abzulaufen. (Martini und Holcomb 2007) Mehrere Studien legen nahe, dass die alleinige Korrektur der Azidose durch eine Puffertherapie mit Bikarbonat oder Trispuffer zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Koagulopathie führten. (Darlington et al. 2011; Wong et al. 1980)

Anämie

Eine ausreichende Zahl an Blutkörperchen ist nicht nur als Sauerstoffträger unabdingbar. Durch einen Verlust von Erythrozyten wird eine Margination von Plasma und Plättchen an den Randstrom des Gefäßes vermindert und dadurch der Kontakt insbesondere der Thrombozyten mit der Gefäßläsion herabgesetzt. Außerdem scheinen Erythrozyten über die Freisetzung von Adenosindiphosphat (ADP) zu einer Plättchenaktivierung beizutragen. Die aktuellen Europäischen Trauma Guidelines empfehlen daher Hb-Werte von 7–9 g/dl. (Spahn et al. 2019)

Kalzium

Kalzium ist unerlässlich für eine suffiziente Hämostase. Es dient als Brücke zwischen den negativ geladenen Oberflächen der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren und negativ geladenen Phospholipiden. Hämodilution und die Infusion von größeren Volumina zitrathaltiger Blutprodukte (FFP) sind häufige Ursachen einer Hypokalzämie. Es liegen wenige Studien zu gerinnungsrelevanten notwendigen Kalziumspiegeln vor. Die Kalziumkonzentration sollte jedoch nicht tiefer als auf 0,9 mmol/l abfallen.

Polytrauma

Die traumainduzierte Koagulopathie (TIC) ist eine komplexe Gerinnungsstörung und kann, je nach zugrundeliegender Diagnostik, bei etwa 25–40 % aller Schwerverletzten bereits bei Schockraumaufnahme nachgewiesen werden. (Moore et al. 2021) Die TIC wird heute als eigenständiges Krankheitsbild betrachtet. Die schockbedingte, hypoxische Endothelschädigung vermittelt eine überschießende Freisetzung von Tissue-Plasminogen-Aktivator (t-PA) aus den Weibel-Palade-Körpern. (Moore et al. 2021) Die dadurch stark gesteigerte Plasminbildung verursachte eine profibrinolytische Aktivierung, die zu einer vorzeitigen Lyse bestehender Gerinnsel führt und dadurch zu einer deutlichen Aggravierung der Blutungssituation beitragen kann. (Schöchl et al. 2009) Ein Gewebetrauma ohne Schock, mit nur geringer Katecholaminfreisetzung, verursacht durch die massive Expression von Tissue-Faktor eher einen hyperkoagulaben, prothrombotischen Zustand, mit erhöhtem Risiko, später ein Multiorganversagen zu erleiden. (Duque et al. 2021) Die durch Inflammation und hohe Adrenalinspiegel verursachte Schädigung der Glycocalyx erhöht die Permeabilität des Gefäßsystems mit ausgeprägtem Flüssigkeitsshift ins Gewebe und aggraviert eine bestehende Hypovolämie. Hypothermie und Azidose sind häufige Begleiterscheinungen Schwerverletzter und können eine bestehende TIC noch weiter verstärken.
Neben plasmatischen Gerinnungsbeeinträchtigungen konnte auch traumainduzierte Störungen der Plättchenfunktion bereits bei Schockraumaufnahme nachgewiesen werden, wobei weder der genaue Mechanismus noch die Konsequenz einer alterierten Thrombozytenfunktion auf das klinische Outcome bislang völlig geklärt sind. (Solomon et al. 2011)

Diagnose einer traumainduzierten Gerinnungsstörung (TIC)

Das typische klinische Erscheinungsbild einer TIC ist die diffuse, chirurgisch schwer stillbare Blutung aus Wundoberflächen, Schleimhäuten oder Kathetereinstichstellen. Standardgerinnungsbefunde wie Quick, INR oder die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) spiegeln die Komplexität einer TIC nur unzureichend wider. Daher werden in vielen Traumazentren viskoelastische Testmethoden bevorzugt zur Diagnostik herangezogen. Eine klare Überlegenheit der VET im Sinne einer Reduktion der Mortalität konnte aber bislang nur bei polytraumatisierten Patienten mit schweren Schädel-Hirn-Verletzungen nachgewiesen werden. (Baksaas-Aasen et al. 2021) Konsequenterweise werden in den European Trauma Bleeding Guidelines sowohl Standardgerinnungstests (Quick, aPTT, Fibrinogen), als auch VET-Verfahren empfohlen. (Spahn et al. 2019)
Eine schwere Blutung führt nicht nur zu einer kompromittierten Organperfusion, sondern früher oder später durch den anhaltenden Verlust von Gerinnungsfaktoren auch zu einer Gerinnungsstörung. Fibrinogen scheint von allen Gerinnungsfaktoren der vulnerabelste zu sein und fällt bei Schwerverletzten relativ früh auf ein kritisches Niveau ab und ist somit der häufigste initiale Gerinnungsdefekt bei Traumapatienten. (Floccard et al. 2012) Thrombozyten fallen bei Massivblutungen deutlich langsamer ab, da sie initial rasch aus den Depots im Knochenmark und der Milz mobilisiert werden können. (Hess et al. 2009)

Therapie der TIC

Damage Control Resuscitation
Das als „Damage Control Resuscitation“ (DCR) bezeichnete Behandlungskonzept fasst Maßnahmen zusammen, die auf eine Vermeidung und/oder rasche Optimierung einer TIC abzielt. (Cap et al. 2018) Es werden dabei im Wesentlichen 4 Behandlungsziele adressiert: 1. eine restriktive Volumentherapie zur Vermeidung einer Dilutionskoagulopathie, 2. eine akzeptierte Hypotension, solange der Patient aktiv blutet und eine chirurgische Blutstillung noch nicht erreicht wurde, 3. die konsequente Wiederherstellung einer Normothermie und 4. eine frühe aggressive hämostatische Optimierung. Es hat sich gezeigt, dass durch die konsequente Umsetzung des DCR-Konzepts die Mortalität von Schwerverletzten signifikant reduziert werden konnte.
Abschätzung des Risikos, eine Massivtransfusion (MT) zu erhalten
Bislang liegt keine allgemein akzeptierte Begrifflichkeit der Massivblutung vor, wird aber zumeist als massiver und aktiver Blutverlust mit klinischen Schockzeichen und der Menge der notwendigen Transfusion von Erythrozytenkonzentraten definiert (s. Tab. 9) (McQuilten et al. 2021), wobei sowohl das Blutungsausmaß wie auch die Geschwindigkeit des Blutverlustes für die Folgeschäden bestimmend sind.
Tab. 9
Definition der Massivblutung
Ausmaß des Blutverlustes
Zeit
50 % des zirkulierenden Blutvolumens
<3 h
>10 Erythrozytenkonzentrate
in 24 h
>4 Erythrozytenkonzentrate
<3 h
>6 Erythrozytenkonzentrate
<6 h
>150 ml
Pro min
>2 Erythrozytenkonzentrate
in 15 min
Etwa 80 % aller Blutprodukte werden in den ersten 6–8 h nach Schockraumaufnahme verabreicht. Es liegt daher nahe, Patienten, die ein hohes Risiko für eine Massivtransfusion (MT) aufweisen, frühzeitig zu identifizieren.
Einfache Parameter wie Hypotension und Tachykardie haben sich insbesondere bei jungen Patienten als wenig hilfreich erwiesen, da durch Kompensationsmechanismen relevante Blutverluste lange maskiert werden und zu keinen nennenswerten Blutdruckabfällen führen. Aus diesen Gründen wurden Scores entwickelt, um schon bei Schockraumaufnahme Patienten zu identifizieren, die ein hohes MT-Risiko aufweisen. In diese MT-Scores fließen üblicherweise physiologische Parameter wie Herzfrequenz und Blutdruck sowie rasch verfügbare Laborparameter ein, wie etwa Hämoglobin und Base Exzess. Daneben werden Verletzungsmuster erfasst, die erfahrungsgemäß mit hohen Blutverlusten einhergehen, etwa freie Flüssigkeit im Abdomen oder komplexe Becken- oder Extremitätenfrakturen. Leider ist die positive Vorhersagekraft all dieser Scores gering und im Einzelfall nur eingeschränkt hilfreich. (Brockamp et al. 2012)
Viskoelastische Testergebnisse korrelieren ebenfalls gut mit dem späteren Transfusionsbedarf. Eine Gerinnselamplitude nach einer Laufzeit von 5 min <35 mm im EXTEM und <4 mm im Fibrinpolymerisationstest (FIBTEM) konnte hochprädiktiv eine Massivtransfusion bereits bei Schockraumaufnahme vorhersagen. (Schöchl et al. 2011)

Permissive Hypotension

Das Konzept der permissiven Hypotension beruht darauf, dass vor der chirurgischen Blutstillung, der Blutdruck bewusst nicht in den Normalbereich angehoben werden sollte. Zur Aufrechterhaltung einer suffizienten Gewebeperfusion kommt der Normovolämie eine zentrale Bedeutung zu. Eine allzu aggressive Volumentherapie kann allerdings durch das Anheben des hydrostatischen Drucks formierte Gerinnsel abscheren und damit eine bereits sistierte Blutung neu aufflammen lassen. Artifizielle Kolloide, insbesondere die Hydroxyäthylstärke sollen wegen potenzieller Interaktion mit der Gerinnung bei akut blutenden Patienten eher restriktiv eingesetzt werden.
Obwohl in allen durch die permissive Hypotension keine signifikanten Überlebensvorteile gezeigt werden konnten, empfehlen sowohl die aktuellen European Guidelines on Management of major Bleeding (GOR 1C) als auch die aktuellen S3-Leitlinien (GOR B) bei blutenden Traumapatienten die permissive Hypotension mit einem systolischen Blutdruck von 80–90 mmHg bis zur definitiven chirurgischen Blutstillung. Für Schädel-Hirn-Traumata wird dieses Konzept als kontraindiziert angesehen. (Spahn et al. 2019)

Optimierung der Rahmenbedingungen für eine suffiziente Hämostase

Hypothermie ist ein häufiges Begleitphänomen bei Polytraumen und mit einem vermehrten Auftreten von Gerinnungsstörungen, einer höheren Inzidenz von Multiorganversagen und einer erhöhten Mortalität belastet. Hypothermie beeinflusst ähnlich der Azidose sowohl Zahl als auch Funktion der Blutplättchen. Es liegen Hinweise dafür vor, dass eine Hypothermie fibrinolytische Prozesse stark aktiviert.

Frühe aggressive hämostatische Therapie

Eine Reihe von retrospektiven Studien zeigen, dass eine frühe hämostatische Intervention das Überleben Schwerverletzter signifikant verbessert.
Behandlung der (Hyper-)Fibrinolyse
Je schwerer das Ausmaß des hämorrhagischen Schock, desto ausgeprägter ist die profibrinolytische Aktivierung! Daher empfehlen die aktuellen Guidelines zur Schwerverletztenversorgung eine Hyperfibrinolyse frühzeitig (innerhalb der ersten 2 h) durch die Verabreichung von 1 g Tranexamsäure über 10 min zu therapieren, gefolgt von einer kontinuierlichen Verabreichung eines weiteren Gramms über die nächsten 8 h. (Spahn et al. 2019)
Das Konzept der balancierten Transfusion von EK, FFP und Plättchen
Retrospektive Untersuchungen sowohl aus militärischen aber auch zivilen Traumazentren legen nahe, dass Patienten, bei denen ein hohes Verhältnis von FFP und Plättchenkonzentraten (PC) zu EK verabreicht wurde, Überlebensvorteile aufweisen. Das optimale Verhältnis von FFP und PC zu EK ist allerding immer noch in Diskussion und nicht schlüssig beantwortet. In einer prospektiven, randomisierten Studie (PROPPR) wurden an 680 Patienten 2 unterschiedliche Mischungsverhältnisse von Plasma, PC zu EK verglichen (1:1:1 vs. 1:1:2). Es konnten keine signifikanten Unterschiede in der 24-h- (12,7 % in der 1:1:1 Gruppe vs. 17,0 % in der 1:1:2 Gruppe) und 30-Tage-Mortalität (22,4 % vs. 26,1 %) zwischen beiden Regimen gefunden werden (Holcomb et al. 2015).
Nicht nur die Menge zugeführten Plasmas, sondern insbesondere die Zeitspanne bis zum Beginn der hämostatischen Intervention stellt eine Schlüsselgröße für das Überleben von koagulopathischen Patienten dar. Daher ist es notwendig, FFP möglichst frühzeitig zu transfundieren. Plasma wird in den meisten Traumazentren tiefgefroren gelagert und muss somit vor dem Einsatz aufgetaut werden, was üblicherweise mit erheblichen Zeitverzögerungen einhergeht. „Getautes Plasma“ steht nur wenigen Traumazentren zur Verfügung. Eine potenzielle Alternative stellt lyophilisiertes Plasma dar, das nach sehr kurzer Rekonstitutionszeit verabreicht werden kann.
Fibrinogensubstitution
Eine Reihe von Studien fand eine enge Beziehung von verminderten Fibrinogenwerten und der Mortalität nach Trauma. Niedrige Fibrinogenkonzentrationen bei Aufnahme auf Intensivstation konnten als unabhängigen Prädiktor der Frühmortalität identifiziert werden. Ob ein Anheben des Fibrinogens die Sterblichkeit von Traumapatienten positiv beeinflusst, kann abschließend nicht beurteilt werden. Es liegen zu dieser Frage keine randomisierten kontrollierten Studien vor.
Die aktuellen Europäischen Traumaleitlinien empfehlen den Fibrinogenspiegel bei blutenden Patienten auf Werte von 1,5 g/l anzuheben. (Spahn et al. 2019)
Augmentierung der Thrombinbildung
Unmittelbar nach dem Trauma wird die Thrombinbildung stark aktiviert und scheint somit, mit Ausnahme von schwersten Verletzungen, kein initiales Problem bei Schockraumaufnahme darzustellen. Zur suffizienten Anhebung des Thrombinpotenzials kann neben der Transfusion von FFP auch die Therapie mit Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB) erwogen werden. Zum Einsatz von PPSB bei traumatisierten Patienten liegen gegenwärtig nur wenige Untersuchungen vor. (van den Brink et al. 2020) In einer prospektiven Untersuchung an Traumapatienten zeigte sich ein signifikant höheres endogenes Thrombinpotenzial über 4 Tage nach Verabreichung von PPSB, verglichen zu Patienten, die nur FC erhielten. Um das thromboembolische Risiko nach PPSB-Gabe zu minimieren, sollte nach Sistieren der Blutung Antithrombin III in den Normalbereich angehoben werden. (Schöchl et al. 2014) Für diese Therapieempfehlung liegen allerdings keine validen prospektiven Studien vor.

Disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC)

Als disseminierte intravasale Gerinnung („disseminated intravascular coagulation“; DIC) wird eine erworbene, multifaktorielle, komplexe und potenziell lebensbedrohliche Hämostasestörung verstanden. Das zentral pathophysiologische Moment der DIC ist die unkontrollierte, systemisch überschießende Gerinnungsaktivierung mit Mikrothrombosierung in der Endstrombahn, bei zeitgleicher Aktivierung des Endothels. Der überschließenden Thrombinbildung folgt ein rascher Verbrauch des Inhibitorpotenzials. Eine kurze Phase initialer profibrinolytischer Aktivierung mündet innerhalb weniger Stunden in eine Lysehemmung. Bei der DIC handelt es sich um kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern um ein Sekundärphänomen, getriggert durch vielfältige Noxen (Tab. 10).
Tab. 10
Zur Entwicklung einer zur disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC) prädisponierenden Erkrankung
Erkrankungsgruppe
Erkrankung
Septische Erkrankungen und schwere Infektionen
Unabhängig vom Erreger
Schwangerschafts-/Geburtskomplikationen
Abruptio placentae
Fruchtwasserembolie
Septischer Abort
Maligne Erkrankungen
Myelo- und lymphoproliferative Erkrankungen, solide Tumoren
Traumata
Fettemboliesyndrom
Verbrennungen
Organschädigungen
Nekrotisierende Pankreatitis
Leberzerfallskoma
Akute Glomerulonephritis
Gefäßschädigungen/-anomalien
Aortenaneurysma
Kasabach-Merritt-Syndrom
Schwere toxische oder immunologische Systemreaktion
Hämolytische Transfusionsreaktion
Akute Transplantatabstoßung
Schlangenbisse
Medikamente
Sonstige
Hyper- und Hypothermie
Ertrinkungsunfall

Pathophysiologie der sepsisassoziierten DIC

Die häufigste Ursache einer DIC ist die schwere Sepsis. Lipopolysaccharide aus gramnegativen Bakterien führen zu einer Tissue-Faktor(TF)-Expression auf Endothelzellen und Monozyten (Levi und Sivapalaratnam 2018). Bei der grampositiven Sepsis geschieht dies über die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine. Die stark hochgeregelte Expression von TF auf Monozyten und Endothelzellen verursacht eine überschießende Thrombingenerierung. Ein rascher Abfall endogener Gerinnungsinhibitoren, wie Antithrombin, Tissue-factor-pathway-Inhibitoren (TFPI) oder Protein C verstärken das Ausmaß der Thrombinämie. Insbesondere Antithrombin, als wichtigster Inhibitor von Thrombin, wird über die Bildung von Thrombin-Antithrombin-Komplexen rasch verbraucht. Daneben aggravieren proteolytisch wirksame Enzyme aus Monozyten den bestehenden Antithrombinmangel durch unspezifischen Abbau (Levi und Sivapalaratnam 2018).
Thrombin führt über die Bindung an endotheliale Thrombomodulinrezeptoren zu einer Aktivierung von Protein C (PC). Aktiviertes Protein C (aPC) entwickelt zusammen mit seinem Kofaktor Protein S einen gerinnungshemmenden Effekt über die Inaktivierung von FV und FVIII. Dies kann in der Initialphase der DIC die Ursache einer vermehrten Blutungsneigung sein. Im weiteren Verlauf kommt es aber zu einer schnellen Erschöpfung des aPC-Systems, sodass die Thrombingeneration weiter unbehindert fortschreitet. Als weiterer Verstärkungsmechanismus der Thrombinbildung wurde sowohl bei Patienten als auch im Tiermodell zusätzlich ein funktioneller TFPI-Mangel im Rahmen einer sepsisinduzierten DIC nachgewiesen. (Levi und Sivapalaratnam 2018)
Getriggert durch Inflammation, Hypoxie und hohe Katecholaminspiegel werden signifikante Mengen von Tissue-Plasminogen-Aktivator (t-PA) aus dem Endothel freigesetzt. Durch die t-PA-vermittelte Umsetzung von Plasminogen zu Plasmin wird die Lyse initial hochgeregelt. Über diesen profibrinolytischen Aktivierungsprozess werden Mikrothrombosen aufgelöst und damit die Endstrombahn wiedereröffnet. Mit leichter Verzögerung wird der wichtigste Antagonist von t-PA, Plasminogenaktivatorinhibitor (PAI-1), ebenfalls aus dem Endothel freigesetzt und verursacht in weiterer Folge eine Inhibierung der Lyse („fibrinolytic shutdown“). Diese Lysehemmung aggraviert den schon bestehenden, prothrombotischen Zustand weiter. Das Ausmaß des PAI-1-Spiegels korreliert mit dem Outcome von septischen Patienten.
Über die Bindung von Thrombin am proteaseaktivierten Rezeptor 1 (PAR-1) auf der Endotheloberfläche und der Aktivierung von Thrombozyten, spielt Thrombin auch eine zentrale Rolle in der Entzündungsverstärkung. (Conway 2019) Abb.  8 gibt zusammenfassend einen schematischen Überblick über die Pathophysiologie der DIC.

Klinik der DIC

Das klinische Bild einer DIC ist heterogen und hängt von der Grundkrankheit ab. Neben den durch Mikrothrombosierung verursachten Organdysfunktionen von Nieren, Leber oder Lunge sind in sehr schweren Fällen auch Thrombosierungen der Haut sichtbar (Abb. 9).
Nur bei etwa 15 % der DIC-Patienten resultiert aus dem intravasalen Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten eine vermehrte Blutungsneigung. Hier werden Gerinnungsfaktoren unzureichend synthetisiert und unterschreiten eine für die Hämostase kritische Grenze. Klinisch finden sich vor allem mikrovaskuläre Blutungen im Bereich der Haut- und Schleimhäute sowie diffuse Blutungen aus verletztem Gewebe oder Kathetereinstichstellen.

Diagnose der DIC

Die Diagnose der DIC ist schwierig und oft nur über Verlaufskontrollen der Gerinnungsparameter verifizierbar. Die pathognomonische Thrombinämie kann aufgrund fehlender Messverfahren üblicherweise nicht zur Diagnostik herangezogen werden. Die konventionelle Gerinnungsdiagnostik allein ist aufgrund fehlender Spezifität ungeeignet.
Als Surrogatparameter der hochgeregelten Gerinnungsaktivierung wird häufig ein Abfall der Fibrinogenspiegel, der Thrombozyten und steigende Konzentrationen an Fibrinspaltprodukte, z. B. D-Dimere herangezogen.
Unter Berücksichtigung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer DIC sind daher auf der Basis einzelner Laborparameter Scores zur DIC-Diagnostik entwickelt worden. Gut validiert ist dabei der DIC-Score der International Society of Thrombosis and Haemostasis (ISTH). Das Ausmaß der Entgleisung korreliert mit der Mortalität. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Score nur dann angewandt werden darf, wenn eine zur einer DIC prädisponierende Grunderkrankung – wie in Tab. 11 dargestellt – vorliegt.
Tab. 11
DIC-Score entsprechend den Kriterien der International Society of Thrombosis and Haemostasis (ISTH)a. (Levi und Sivapalaratnam 2018)
Parameter
0 Punkte
1 Punkt
2 Punkte
Thrombozytenzahl
>100.000/μl
<100.000/μl
<50.000/μl
Fibrinogenkonzentration
>100 mg/dl
<100 mg/dl
oder
(Quick-Wert)
>70 %
<70 %
<40 %
oder
Fibrinspaltprodukte
<500 ng/ml
>500 ng/ml
>5000 ng/ml
Bewertung:
<5 Punkte: DIC unwahrscheinlich, Wiederholung der Bewertung in 6–24 h
≥5 Punkte: mit DIC vereinbar
aWichtig ist das Vorhandensein einer Erkrankung, die mit einer DIC vereinbar ist – sonst den Score nicht anwenden!
Tab. 12
Zielbereiche für eine Substitution von Gerinnungsfaktoren/Thrombozyten bei Blutungen im Rahmen einer DIC
Gerinnung
 
Quick-Wert (%)
40–60
100–150 ng/dl
Thrombozyten (μl)
<50.000–100.000
Antithrombin (%)
50–200

Therapie der DIC

Primär muss die auslösende Ursache der DIC behandelt werden. In einer Vielzahl von Studien wurde versucht, der überschießenden Gerinnungsaktivierung durch Stärkung des endogenen Inhibitorenpotenzials entgegenzuwirken. Der Einsatz von Antithrombin, rekombinantem aktiviertem Protein C, rekombinantem TFPI (rTFPI), und rekombinantem Thrombomodulin (rTM) haben sich allerdings als wenig zielführend erwiesen.
Allerdings zeigte eine Metaanalyse, in die Patienten mit schwerer Sepsis und begleitender DIC einschlossen wurden, dass die Mortalität durch eine Antithrombin-Gabe günstig beeinflusst werden konnte. (Umemura et al. 2016) Die Substitution von Antithrombin kann erwogen werden, wenn die Aktivität unter ein Niveau von 50 % absinkt. Antithrombin sollte allerdings nicht gleichzeitig mit Heparin kombiniert werden, da dies das Blutungsrisiko erhöht. (Iba et al. 2021) Ein allgemeiner Konsens zu AT-Substitution in der DIC besteht allerdings zurzeit nicht.
Kommt es im Rahmen der DIC zum Auftreten substitutionspflichtiger Blutungen, so scheint die Gabe von Faktorenkonzentraten, Frischplasmen und Thrombozytenkonzentraten indiziert. Die anzustrebenden Grenzwerte sind in Tab. 12 zusammengefasst.

FXIII-Mangel

Im Rahmen der Blutgerinnung ist FXIII für die Quervernetzung von löslichem Fibrin verantwortlich. Erst dadurch wird das Fibringerinnsel mechanisch stabil. Auch schützt FXIII das Gerinnsel durch den Einbau von α2-Antiplasmin vor vorzeitiger Lyse. (Dorgalaleh und Rashidpanah 2016) Außerdem kommt FXIII neben seiner Funktion im Gerinnungssystem eine zentrale Rolle in der Wundheilung und Angiogenese zu. Die Halbwertszeit von FXIII beträgt zwischen 9–14 Tage. Diffuse Blutungen bei ICU-Patienten sind oft der erste klinische Hinweis auf einen relevanten FXIII-Mangel. Ursache des erworbenen FXIII-Mangels sind meist schwere Hämorrhagien. Sie können durchaus zu einer relevanten Reduktion der FXIII-Aktivität führen. (Budnick et al. 2021) Patienten, die eine Massivtransfusion erhalten, sind besonders gefährdet, einen FXIII-Mangel zu entwickeln. (Dirkmann et al. 2012). Erworbene FXIII-Mangelzustände können bei Intensivpatienten allerdings vielfältige andere Ursachen haben.
Diagnostik
Selbst profunde FXIII-Mangelzustände können durch die Standardgerinnungsbefunde wie Quick-Wert, INR oder die aPTT nicht adäquat abgebildet. Auch viskoelastische Testverfahren sind für die Diagnostik von FXIII-Defizienzen wenig geeignet. Der Therapieeffekt von FXIII auf die Fibrinpolymerisationstests (FIBTEM, „functional fibrinogen“) kann üblicherweise durch einen Amplitudenanstieg detektiert werden. (Schlimp et al. 2013) Dies ist als ein Resultat optimierter Quervernetzung des Fibrinnetzwerkes zu verstehen (Abb. 10).
Bislang sind für den erworbenen FXIII-Mangel keine verbindlichen Therapiegrenzwerte festgelegt. Ein Absinken <30 % der normalen FXIII-Konzentration mit gleichzeitiger Blutungsneigung wird entsprechend der aktuellen Guidelines der Europäischen Anästhesiegesellschaft (ESA) als Interventionsgrenze angesehen (Kozek-Langenecker et al. 2017). Sollten jedoch diffuse Blutungen auftreten, sind FXIII-Konzentrationen von zumindest 40–50 % anzustreben.
Therapie
In Frischplasma ist zwar FXIII vorhanden, aber aufgrund der niedrigen Konzentration von etwa 250–300 E/Beutel ist ein relevanter FXIII-Mangel durch Plasmagabe allein nur schwer zu behandeln, da für einen ausreichenden Anstieg von FXIII vergleichsweise große Volumina erforderlich wären. (von Heymann et al. 2009) Eine Anhebung der FXIII-Aktivität ist mit FXIII-Konzentraten (Fibrogammin P) schneller und suffizienter zu bewerkstelligen. Es werden in der Regel Dosierungen von 15–20 IE/kg (1250–2500 IE) verabreicht. (Innerhofer et al. 2017; Kleber et al. 2022)

Medikamentöse Störung der plasmatischen Gerinnung

Vitamin-K-Antagonisten

Vitamin-K-Antagonisten (VKA) hemmen die γ-Carboxylierung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X in der Leber. Die Indikation für VKA hat sich in den letzten Jahren zunehmend eingeschränkt. Nach wie vor werden VKA zur Vermeidung von thromboembolischen Ereignissen nach der Implantation von künstlichen Herzklappen eingesetzt. Ebenso bei valvulärem Vorhofflimmern oder schweren Thrombophilien, wie dem Antiphospholipidsyndrom.
Diagnostik
Quick und INR sind bestens geeignet, einen Vitamin-K-Mangel zu diagnostizieren. Üblicherweise werden VKA so verabreicht, dass die INR zwischen 2 und 3 liegt. Das (spontane) Blutungsrisiko steigt mit zunehmender INR exponenziell an. Dies macht auch regelmäßige Testung der Wirkung erforderlich.
Therapie von Blutungen unter VKA
Vitamin K
Nach Verabreichung von 5–10 mg Vitamin K erfolgt die Neusynthese der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren in der Leber mit einer zeitlichen Verzögerung von 5–12 h. Daher ist Vitamin K als alleinige Therapie zur Reversierung von VKA mit bedrohlichen Blutungen ungeeignet. (Sahai et al. 2017)
Plasmatransfusion
Zur Blutungskontrolle oder vor akuten Interventionen in Zusammenhang mit VKA ist die Transfusion von Plasmen nach wir vor gängige Praxis in vielen Teilen der Welt. Um einen suffizienten Anstieg der depletierten Gerinnungsfaktoren zu erreichen, müssten allerdings sehr große Volumina transfundiert werden. Dies erhöht das TACO-Risiko und verursacht auch eine deutliche zeitliche Verzögerung der INR-Normalisierung. (Goldstein et al. 2015)
Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB): Dosis
Die Dosierung von PPSB richtet sich nach dem Ausmaß der Antikoagulation. In den aktuellen European Trauma Bleeding Guidelines wird folgendes Dosierungsschema empfohlen (Tab. 13. (Spahn et al. 2019):
Tab. 13
Dosierung von Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB) nach der International Normalized Ratio (INR). (Nach Spahn et al. 2019)
INR
Dosis
2–4,0
25 IE/kg
4–6,0
35 IE/kg
>6,0
50 IE/kg

Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK)

Zahlreiche Studien konnten eine effektivere antithrombotische Wirksamkeitder DOAK bei geringerem Blutungsrisiko im Vergleich zu VKA zeigen. (Chai-Adisaksopha et al. 2014) Ein zusätzlicher Vorteil der DOAK liegt darin, dass ein regelmäßiges Monitoring der antithrombotischen Wirkung in den meisten Fällen als nicht notwendig erachtet wird.
Die Zulassungen für DOAK umfasst heute im Wesentlichen die Prävention des Schlaganfalls und systemischer Embolie bei nichtvalvulärem Vorhofflimmern. Daneben sind DOAK auch für die Behandlung der tiefen Beinvenenthrombose, der Lungenembolie und zur Rezidivprophylaxe venöser Thromboembolien zugelassen. DOAK kommen außerdem zur perioperativen Prophylaxe venöser Thromboembolien nach elektiven Hüft- und Kniegelenksersatz zum Einsatz. Rivaroxaban ist in Kombination mit Acetylsalicylsäure und ADP-Inhibitoren wie Clopidogrel oder Ticagrelor für das akute Koronarsyndrom zugelassen.
Die pharmakologischen Charakteristika der zugelassenen FXa-Inhibitoren und von Dabigatran sind in Tab. 14 dargestellt.
Tab. 14
Pharmakologische Eigenschaften der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK). (Mod. nach Levy et al. 2018)
 
Apixaban
Edoxaban
Rivaroxaban
Dabigatran
Wirkungsweise
FXa-Inhibitor
Thrombininhibitor
Maximaler Wirkspiegel (h)
1–2
1–2
2–4
1–3
12
10–14
7–11
8–15
Renale Elimination (%)
25
50
33
80
Substrat für Cytochrom-P-Enzyme
CYP 3A4
 
CYP 3A4, CYP 2 J2
Nein
Substrat für P-Glykoprotein
Ja
Ja
Ja
Ja
Renale Elimination (%)
25
50
33
80
Dialysabel
Nein
ja
Dosierung
2-mal/Tag
1-mal/Tag
1- (bis 2-)mal/Tag
1- (bis 2-)mal/Tag
Antidot für lebens- oder organbedrohliche Blutungen
Andexanet alfa
PPSBa
Andexanet alfa
Idarucizumab
aPPSB Prothrombinkomplexkonzentrat, da noch keine Zulassung für Andexanet alfa
Aufgrund der sehr gut vorhersehbaren Pharmakokinetik und -dynamik ist mit einer Kumulation hauptsächlich bei eingeschränkter Nieren- und Leberfunktion zu rechnen. Eine Kombination von DOAK mit Hemmern des Effluxtransporters P-Glykoprotein wie Amiodaron, Verapamil, Chinidin, Ketokonazol, Itraconazol, Tacrolimus, Ciclosporin und Clarithromycin kann allerdings zu einer deutlichen Erhöhung der Plasmakonzentrationen führen. Insbesondere die Kombination von Dabigatran mit Kalziumantagonisten wie Amiodaron erfordert eine engmaschige klinische Überwachung. Daneben konnte gezeigt werden, dass bestimmte Genpolymorphismen, die für den Abbau von Rivaroxaban verantwortlich sind, zu unerwartet hohen Plasmaspiegeln führen können. Eine Zusammenfassung hierzu findet sich in Tab. 15.
Tab. 15
Wirkungsverstärkung von direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) unter gleichzeitiger Einnahme von anderen Medikamenten
Dabigatran
 
 
Ketokonazol
 
Itraconazol
 
Chinidin
 
Verapamil
 
Diltazem
 
Amiodaron
 
Clarithromycin
 
Ciclosporin
 
Tacrolimus
FXa-Hemmer
 
 
Ketokonazol
 
Antivirale Medikamente
 
Retonavir
 
Erythromycin
 
Clarithromycin
Gerinnungstests von DOAK
Jeder 4. Patient unter oraler Antikoagulation muss die Therapie innerhalb von 2 Jahren, zumeist für Operationen oder andere invasive Eingriffe temporär unterbrechen. Im Vorfeld elektiver Operationen und Interventionen können die DOAK unter Beachtung ihrer Eliminationshalbwertszeiten und der Nierenfunktion rechtzeitig pausiert werden. (Douketis et al. 2019) Ein Bridging mit z. B. niedermolekularem Heparin ist in der Regle nicht notwendig und erhöht eher das Blutungsrisiko.
Der Zeitpunkt der letzten Einnahme ist für die Beurteilung der antikoagulatorischen Restaktivität im Hinblick auf die Pharmakokinetik essenziell. Idealerweise sollte daher insbesondere vor blutungsriskanten Eingriffen oder bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion die Restaktivität der DOAK mithilfe kalibrierter spezifischer Tests quantifiziert werden. (Douxfils et al. 2021) Einschränkend ist allerdings festzuhalten, dass bislang kaum belastbare klinische Daten vorliegen, welche die Sinnhaftigkeit der Plasmaspiegelbestimmungen belegen. DOAK-Spiegel <50 ng/ml gehen üblicherweise nur mit einem geringem Blutungsrisiko einher. (Levy et al. 2016) Ab welchen DOAK-Konzentrationen eine Reversierung zwingend angebracht ist, hängt primär von der Art des Eingriffs oder der potenziellen Organschädigung ab.
Stellenwert der Standardgerinnungstests unter DOAK
INR, Quick oder aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) sind zur Abschätzung einer relevanten Konzentration von DOAK nur eingeschränkt geeignet, da keine lineare Beziehung zwischen deren Plasmakonzentration und der Prolongierung von SGT besteht. (Douxfils et al. 2021) Für Dabigatran kann die Thrombinzeit (TZ) als Screeningmethode herangezogen werden. Die TZ ist allerding sehr sensitiv, sodass Plasmakonzentrationen des Dabigatran von 30 ng/ml bereits zu einer deutlichen Verlängerung auf >80 s führen und bei Dabigatrankonzentrationen >100 ng/ml die TZ unmessbar wird. Die Einschätzung eines potenziellen Blutungsrisikos ist somit nicht möglich. (Sarode 2019)
Harnstreifenschnelltests
Zur schnellen qualitativen Bestimmung von DOAK wurden Harnstreifentests entwickelt. Sie können rasche und orientierende Informationen über eine eventuelle Einnahme von DOAK liefern und außerdem eine Differenzierung zwischen Dabigatran und FXa-Inhibitoren ermöglichen. Ein kurzes Eintauchen des Teststreifens in eine Harnprobe führt bei Einnahme von DOAK zu einem Farbumschlag, der je nach eingenommener Substanzgruppe unterschiedlich ausfällt. Diese Tests ermöglichen jedoch nur eine qualitative Zuordnung. Eine quantitative Abschätzung des Plasmaspieles ist damit nicht möglich (Abb. 11; Harenberg et al. 2020).
Konzentrationsmessung von Dabigatran
Für die Quantifizierung von Dabigatran steht mit dem sog. Hemoclot-Test® eine „verdünnte Thrombinzeit“ oder die Ecarin Clotting Time (ECT) zur Verfügung. Dabigatran bewirkt eine lineare, konzentrationsabhängige Verlängerung dieser Zeiten und ermöglicht damit ein Monitoring der antikoagulatorischen Aktivität.
Konzentrationsmessung von FXa-Inhibitoren
Chromogene Anti-Faktor-Xa-Aktivitätstests können zur Einschätzung der Plasmaspiegel von Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban herangezogen werden, benötigen jedoch die Kalibrierung mit substanzspezifischen Reagenzien. (Levy et al. 2018)
Viskoelastische Tests (VET)
VET stellen eine interessante Alternative zur zeitaufwendigen Konzentrationsmessung dar. Der Test kann im Vollblut als Point-of-care-Methode durchgeführt werden und relevante Ergebnisse sind in wenigen Minuten verfügbar. Dabei wird die Clotting Time (CT) als Surrogatgröße für die Plasmakonzentration herangezogen. Die ersten kommerziell verfügbaren DOAK-Tests wurden für das ClotPro® entwickelt. Für die Xa-Hemmer können mithilfe des Russel Viper Venom Tests (RVV-test) klinisch relevante Cut-off-Werte gemessen werden, die es erlauben, Konzentrationen über 50 oder >100 ng/ml sicher abgeschätzt werden. Ein ecarinbasierter Vollblutest (ECA-Test) für Dabigatran liefert ausgezeichnete Korrelationen des Dabigatranplasmaspiegels und der Clotting Time. (Oberladstätter et al. 2021b)
Dabigatran
Der direkte Thrombininhibitor Dabigatran hemmt selektiv und reversibel sowohl freies als auch fibringebundenes Thrombin. Die Anwendung erfolgt oral als Prodrug Dabigatran-Etexilat. Die maximale Plasmakonzentration wird etwa 2 h nach Einnahme erreicht, die Plasmahalbwertszeit beträgt beim Gesunden etwa 14 h. Die Elimination erfolgt überwiegend renal, sodass bei eingeschränkter Nierenfunktion mit einer Kumulation zu rechnen ist. Dabigatran wird zu einem geringen Teil in der Leber metabolisiert und über die Galle ausgeschieden.
Gerinnungstherapie bei lebensbedrohlichen oder organschädigenden Dabigatranblutungen
  • Aktivkohle
    Bei Überdosierungen oder in einer akuten Blutungssituation, kann, wenn die letzte Einnahme von Dabigatran <2 h zurückliegt, die Gabe von medizinischer Kohle in einer Dosierung von 0,5–1 g/kg KG in Erwägung gezogen werden. Verlässliche Daten zu diesem Therapieansatz liegen allerdings nicht vor.
  • Hämodialyse
    Aufgrund der niedrigen Plasmaeiweißbindung kann Dabigatran via Hämodialyse entfernt werden, wobei anzumerken ist, dass gerade in einer akuten Blutungssituation das Einbringen entsprechender Dialysekatheter durchaus kritisch zu werten ist und nach Zulassung des spezifischen Antidots nur Ausnahmen vorbehalten sein sollten. (Awad et al. 2015)
  • Idarucizumab (Praxbind®)
    Das monoklonalen Antikörperfragment Idarucizumab wurde als spezifisches Antidot für Dabigatran entwickelt. Idarucizumab bindet mit sehr hoher Affinität an freies und fibringebundenes Dabigatran und inaktiviert Dabigatran innerhalb von wenigen Minuten vollständig und irreversibel. Dieser Effekt hält etwa 24 h an. Die intravenöse Dosierung beträgt 5 g (2-mal 2,5 mg/50 ml im Abstand von nicht mehr als 15 min) und kann als Bolus verabreicht werden. (Pollack Jr. et al. 2017) Es ist allerdings darauf zu achten, dass bei sehr hohen initialen Dabigatranplasmaspiegeln eine Redistribution aus dem Interstitium erfolgen kann und der Plasmaspiegel von Dabigatran einige Stunden nach Reversierung wieder relevant ansteigen kann (Hegemann et al. 2018).
    Nebenwirkungen: In der Zulassungsstudie lag die Thromboserate bei 4,5 % nach 30 Tagen und bei 6,3 % nach 90 Tagen, wobei etwa die Hälfte der Thrombosen venösen und arteriellen Ursprungs war.
  • Prothrombinkomplexkonzentrat (PPSB)
    Die Gabe von PPSB ist nur dann zu rechtfertigen, wenn Idarucizumab nicht zur Verfügung steht. Zum Unterschied von Idarucizumab kann PPSB auch Thrombosen induzieren, sollten exzessive Dosierungen vermieden werden. Die PPSB Dosierung hängt ab vom Ausmaß der zu antagonisierenden Dabigatrankonzentration.
FXa-Inhibitoren
Die Xabane Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban sind selektive und reversible, orale direkte Faktor-Xa-Inhibitoren. Nach Einnahme von Rivaroxaban liegt die orale Bioverfügbarkeit bei 80–100 %. Die maximale Plasmakonzentration wird etwa 2–4 h nach der Einnahme erreicht. Die Substanzen werden zu 50–75 % in der Leber metabolisiert und der verbleibende Teil über die Niere ausgeschieden. Schwere Leberfunktionsstörungen können somit zu Kumulationen der Xabane führen.
Gerinnungstherapie bei lebens- oder organbedrohlichen Blutungen unter Xabanen
Andexante alfa (Ondexxya®)
Andexanet alfa erhielt eine bedingte Zulassung als spezifischer Antagonist für lebensbedrohliche Blutungen unter Rivaroxaban und Apixaban. (Connolly et al. 2019) Für Edoxaban laufen aktuell Studien, die allerdings noch nicht abgeschlossen sind. Bei Andexanet alfa handelt sich um ein rekombinant modifiziertes Molekül, das strukturell dem humanen Faktor Xa ähnlich ist, jedoch ohne relevante gerinnungsaktivierende Wirkung.
Dosierung: Andexanet alfa wird als i.v.-Bolus von 400 mg über 15 min (niedrige Dosis) oder 800 mg über 30 min (hohe Dosis) appliziert, gefolgt von einer Dauerinfusion von 4 mg/min (niedrige Dosis) oder 8 mg/min (hohe Dosis) über die nächsten 120 min. Die niedrige Dosierung sollte dann gewählt werden, wenn die Einnahme des FXa-Inhibitors weniger als 8 h zurückliegt. Die maximale Aufhebung der Anti-FXa-Aktivität wird innerhalb der ersten 2 min nach Bolusverabreichung erreicht. Die Wirksamkeit der Reversierung mit Andexanet alfa sollte weder mit einer Konzentrationsmessung der Plasmaspiegel noch mit alternativen Methoden wir dem RVV-Test erfolgen, sondern ausschließlich anhand klinischer Parameter (EMEA) (Oberladstätter et al. 2021a).
Nebenwirkungen: Die Rate thromboembolischer Ereignisse in den Zulassungsstudien lag bei ca 11 %. Bei 17 % gesunder Probanden wurden geringe Titer von Anti-Andexanet-alfa-Antikörpern festgestellt, die jedoch nicht neutralisierend waren.
Prothrombin–Komplex-Konzentrat
PPSB wurde in zahlreichen Studien zur Reversierung von Xabanen untersucht und hat sich als wirksame Substanz zur Blutungskontrolle erweisen. PPSB ist allerdings bislang nicht zur Reversierung von Xabanassoziierten Blutungen zugelassen. Publizierte Metaanalysen zeigten nur geringe Unterschiede in der hämostatischen Effektivität zwischen Andexanet alfa und PPSB. Die Rate an thromboembolischen Ereignissen war allerding bei Andexanet alfa deutlich höher (4,6 % PPSB vs 11 % AA) (Nederpelt et al. 2021).
Dosis: Die notwendige Dosis zur Reversierung hängt vom Ausmaß der Xabankonzentration ab und sollte zwischen 25–50 IE/kg KG liegen. Im Rahmen publizierter Studien wurden häufig Dosen von 2000 IE mit guter Effektivität verabreicht. (Majeed et al. 2017; Schulman et al. 2018) Nach PPSB-Gabe ist mit keiner relevanten Konzentrationsänderung der FXa-Inhibitoren zu rechnen und somit eine Kontrollmessung weder mit chromogenen Tests noch Alternativen wie dem RVV-Test sinnvoll. (Oberladstätter et al. 2021a)
Extrakorporale Eliminationsverfahren
FXa-Inhibitoren weisen eine hohe Plasmabindung auf und sind somit nicht dialysabel. Die Hämoabsorption stellt eine potenzielle Alternative dar. In einer experimentellen Arbeit konnte nach 1-stündiger Anwendung von CytoSorb® über 91 % des vorhandenen Rivaroxaban eliminiert werden. (Koertge et al. 2018) Kleine Fallserien aus dem herzchirurgischen Bereich konnten vergleichbare Ergebnisse zeigen.

Antikoagulation bei Intensivpatienten

Im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung können die Grunderkrankung, die Immobilisierung, invasive Maßnahmen wie zentralvenöse Katheter und Entzündungen das Thromboserisiko erhöhen. Daher besteht für die Patienten ein hohes Risiko für thromboembolische Ereignisse und eine medikamentöse Thromboseprophylaxe wird generell empfohlen. (Minet et al. 2015)
Zur Thromboseprophylaxe werden hauptsächlich niedermolekulare Heparine (NMH) in Hochrisikoprophylaxedosen und unfraktioniertes Heparin (UFH) eingesetzt. Bei der Verwendung von NMH ist es wichtig, eine mögliche Akkumulation bei Niereninsuffizienz und eine mögliche verringerte Resorption aufgrund einer beeinträchtigten Perfusion und Mikrozirkulation zu berücksichtigen, insbesondere unter Katecholamintherapie. (Rhodes et al. 2017)
Bei der Thromboseprophylaxe ist NMH aufgrund seiner höheren Wirksamkeit und des geringeren Blutungsrisikos sowie des geringeren Risikos des Auftretens einer HIT gegenüber UFH zu bevorzugen. (Beitland et al. 2015)
Die Verabreichung von intravenösem UFH in niedriger Dosierung sollte bei Blutungsneigung, Niereninsuffizienz oder unsicherer Resorption als Option in Betracht gezogen werden. (Afshari et al. 2018) Die kontinuierliche intravenöse Verabreichung von UFH kann entweder in einer festen niedrigen Dosis, z. B. 400 IE/h oder kontrolliert durch die aPTT erfolgen. Die aPTT kann jedoch auch durch andere Faktoren während der Intensivbehandlung beeinflusst werden, z. B. durch Lebersynthesestörungen.
Von einer Heparinresistenz wird dann gesprochen, wenn die täglichen Heparindosen >35.000 IE überschreiten, um die gewünschte aPTT-Verlängerung zu erreichen. Die dafür in Frage kommenden Ursachen sind in „Ursachen einer Heparinresistenz“ zusammengefasst.
Ursachen einer Heparinresistenz
  • Erhöhte Heparin-Clearance
  • Erhöhte Konzentration an heparinbindenden Proteinen
  • Hohes Fibrinogen, Faktor VIII, histidinreiches GP
  • Erhöhte Konzentration von Plättchenfaktor 4
  • Thrombozytose und/oder erhöhter Thrombozyten-Zerfall
  • Hohe Konzentration von Faktoren, welche die aPTT beeinflussen: FVlll, FlX, FXI, FXII
Die Kontrolle der antikoagulatorischen Wirksamkeit von NMH kann mittels der Anti-Xa-Aktivitätsmessung durchgeführt werden und ist besonders bei Patienten mit Niereninsuffizienz, aber auch bei unsicherer subkutaner Resorption sinnvoll. (Afshari et al. 2018) Zur Prophylaxe werden Werte zwischen 0,1–0,2 IE empfohlen. Die Bestimmung der Anti-Xa-Aktivität sollte erst unmittelbar vor der nächsten Gabe erfolgen und nicht wie sonst üblich 4 h nach der subkutanen Gabe. (Ko et al. 2016)
Von besonderer Bedeutung ist die Antikoagulation bei Sepsis und infektionsgetriggerten Störungen der Blutgerinnung, wie z. B. COVID-19. Hierbei kann ein progredienter Gerinnungsverbrauch, wie bei einer DIC mit Blutungskomplikation sowohl die Diagnose auch als Therapie erschweren. Daher wird kontrovers diskutiert, ob eine über die Prophylaxedosis hinausgehende Dosierung generell angezeigt ist. Bei kritischen Verläufen von COVID-19 kann eine therapeutische Antikoagulation von Vorteil sein. (Miesbach und Makris 2020)
Spezifische Fragen zur Antikoagulation stellen sich auch beim Einsatz von extrakorporalen Maßnahmen wie Nierenersatzverfahren und Kreislaufunterstützung- und -ersatzverfahren. Bei extrakorporalen Kreislaufersatzverfahren (venoarterielle oder venovenöse extrakorporale Membranoxygenierung, ECMO oder extrakorporale Lebenserhaltung, ECLS) muss eine therapeutisch dosierte Antikoagulation durchgeführt werden, um eine Thrombusbildung zu vermeiden. (Chlebowski et al. 2020) Die intravenöse und eng überwachte Verabreichung von UFH wird bevorzugt. Da UFH über Antithrombin wirkt, ist eine ausreichende Konzentration von Antithrombin erforderlich. Zur Überwachung stehen die aPTT (Ziel: 60–80 s, bei blutungsgefährdeten Patienten: 40–60 s) die ACT (aktivierte Gerinnungszeit, Ziel: 180–200 s) oder die aXa-Aktivität des UFH zur Verfügung. (Chlebowski et al. 2020) Je nach verwendetem System kann es zu einer reversiblen Schädigung des Von-Willebrand-Faktors kommen, was zu einer zusätzlichen Blutungsneigung führen kann. (Kalbhenn et al. 2018)
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