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Hautveränderungen durch Ernährungsstörungen, Adipositas und Vitaminosen

Verfasst von: Philipp Babilas
Eine Ernährungsstörung resultiert aus einer quantitativ und/oder qualitativ inadäquaten Aufnahme (Unter-, Fehl- oder Überernährung) und/oder Metabolisierung (Malabsorptionssyndrome, enzymatische Defekte) von Nährstoffen. Die Ursachen für Ernährungsstörungen können sowohl psychischer als auch physischer Natur sein. Eine Ernährungsstörung kann isoliert einzelne Nährstoffe (wie Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe) oder eine Nährstoffkombination betreffen. Eine Ernährungsstörung kann unmittelbar Hautveränderungen induzieren oder die Integrität des Gesamtorganismus verletzen und auf diesem Wege den Hautzustand beeinflussen. Ernährungsstörungen betreffen keinesfalls nur Entwicklungsländer; in Mitteleuropa sind Ernährungsstörungen ebenfalls weit verbreitet, hier jedoch mit einem Schwerpunkt im Bereich der Essstörungen und der Hyperalimentation. Einen groben Anhalt über den Ernährungszustand können verschiedene Indizes liefern.

Ernährungsstörungen

Eine Ernährungsstörung resultiert aus einer quantitativ und/oder qualitativ inadäquaten Aufnahme (Unter-, Fehl- oder Überernährung) und/oder Metabolisierung (Malabsorptionssyndrome, enzymatische Defekte) von Nährstoffen. Die Ursachen für Ernährungsstörungen können psychischer oder physischer Natur sein. Eine Ernährungsstörung kann isoliert einzelne Nährstoffe (Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe) oder eine Nährstoffkombination betreffen. Eine Ernährungsstörung kann unmittelbar Hautveränderungen induzieren oder die Integrität des Gesamtorganismus beeinflussen und auf diesem Wege den Hautzustand beeinflussen.
Ernährungsstörungen betreffen keinesfalls nur Entwicklungsländer; in Mitteleuropa sind Ernährungsstörungen ebenfalls weit verbreitet, hier jedoch mit einem Schwerpunkt im Bereich der Essstörungen und der Hyperalimentation. Einen groben Anhalt über den Ernährungszustand können verschiedene Indizes wie Broca-Index, Ponderal-Index, Taille-Hüft-Verhältnis, Taille-zu-Höhe-Verhältnis sowie der Body-Mass-Index (BMI) liefern. Der BMI ist der Quotient aus Körpermasse in Kilogramm und dem Quadrat der Körpergröße (BMI: kg/m2); normalgewichtig gelten gemäß der Adipositas-Klassifikation der WHO [Stand 2008] Personen mit einem BMI zwischen 18,5 und 25,0.

Protein-Energie-Malnutrition

Die Protein-Energie-Malnutrition (PEM) ist weltweit die häufigste Form der Ernährungsstörung und tritt in zwei Formen auf: Marasmus und Kwashiorkor.
Marasmus kommt in allen Altersgruppen vor, in der Regel beträgt das Körpergewicht <60 % des Idealgewichts, und entsteht typischerweise durch einen chronischen Mangel an Proteinen und Kalorien. Im Gegensatz dazu sind vom Kwashiorkor vornehmlich Kleinkinder betroffen, die von der proteinreichen Muttermilch entwöhnt werden. Betroffene weisen ein Körpergewicht von 60–80 % des Idealgewichts auf. Marasmus- und Kwashiorkor-Mischformen kommen vor. Sowohl Marasmus als auch Kwashiorkor treten als Begleiterscheinung bei konsumierenden Erkrankungen auf.

Marasmus

Marasmus (altgriechisch: austrocknen, dahinschwinden) tritt häufiger auf als Kwashiorkor. Der zugrunde liegende Mangel an Nährstoffen mit besonderer Betonung der Proteine führt zu einem Abbau von Fett, Muskeln und Strukturproteinen. Dies führt zu Alteration wichtiger Körperfunktionen und im Kindesalter zu Wachstumsstörungen. Ein Zinkmangel ist eines der zentralen Kennzeichen.
Das Kardinalsymptom ist die Gewichtsabnahme. Patienten zeigen eine blasse, dünne, sebostatische Haut, die durch den Abbau des subkutanen Fettgewebes faltig wird. Follikuläre Hyperkeratosen können auftreten. Die Haare sind dünn, wachsen langsam und fallen aus (telogenes Effluvium) oder sind bereits im Follikel abgebrochen. Die Nägel sind oft gespalten (Onychoschisis, Onychorrhexis). Ein allgemeiner Muskelabbau setzt ein, besonders augenfällig im Bereich des Nackens und der Nates. Die Immunkompetenz ist stark reduziert, regelmäßig treten Wundheilungsstörungen auf. Banale Infektionen verlaufen oft tödlich. Internes Kardinalsymptom sind Diarrhoen. Im Gegensatz zu Kwashiorkor fehlen Ödeme meist.

Kwashiorkor

Ätiopathogenese
Kwashiorkor (entstammt dem Ghanaischen: „die Krankheit, die ein Kind bekommt, wenn (schnell) ein neues Kind geboren wird“) ist eine in Entwicklungsländern weit verbreitete Ernährungsstörung, die hauptsächlich Kinder betrifft, die nicht mehr gestillt werden. Zugrunde liegt ein Proteinmangel bei oft ausreichender oder sogar übermäßiger Zufuhr an Kohlenhydraten, eine Konstellation, die sich meist aus der in tropischen und subtropischen Entwicklungsländern üblichen Zufuhr von kohlenhydratreichen Nahrungsmitteln wie Mais, Reis oder Bohnen bei gleichzeitig reduzierter Zufuhr von Proteinen und Aminosäuren ergibt. Proteinmangelernährung und konsumierende Erkrankungen können auch in industrialisierten Ländern zu meist leichteren Manifestationen eines Kwashiorkor führen. Kwashiorkor-artige sekundäre PEM kann sich durch akuten Proteinverlust bei Patienten mit Polytrauma, Schock, Sepsis oder schweren Verbrennungen entwickeln. Der Proteinmangel oder -verlust führt zu einer Hypalbuminämie, welche über ein Absinken des kolloidosmotischen Drucks zu einem Ödem führt. Neben dem Mangel an essenziellen Aminosäuren bedingen ein Mangel an Spurenelementen (insbesondere Zinkmangel) sowie ein Mangel an Vitaminen die klassische klinische Symptomatik.
Klinik
Die Symptome treten meist zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 5. Lebensjahr auf. Die Mangelernährung kann eine körperliche wie auch geistige Entwicklungsverzögerung bedingen. Klassisches klinisches Grundmuster sind hagere Extremitäten, welche mit einem durch Ödeme und Hepatomegalie aufgetriebenen Stamm kontrastieren. Je nach Ausmaß der Mangelernährung kann es zu einer Schuppung bis hin zu großflächigen Erosionen kommen. Weitere klinische Stigmata sind Pigmentverschiebungen, insbesondere nach Verletzungen und an mechanisch belasteten Stellen. Nicht selten kommt es zu Einblutungen in Form von Petechien oder Ekchymosen, Hyperkeratosen, Erythemen oder Hautatrophie. Auch die hautnahen Schleimhäute können betroffen sein, beobachtet werden Xerophthalmia, Cheilitis oder Vulvovaginitis. Die Nägel sind weich und dünn, die Haare spröde, trocken und brüchig. Das charakteristische Flaggenzeichen ergibt sich aus der phasenweise gehaltvolleren Ernährung und ist durch eine sich abwechselnde, bandartige helle und dunkle Haarkolorierung gekennzeichnet.
Differenzialdiagnose
Kombinierte Mangelernährungen kommen infrage. Bei Pellagra finden sich eher hyperpigmentierte schuppende Hautveränderungen in sonnenlichtexponierten Arealen. Acrodermatitis enteropathica kann zu ähnlichen Hautveränderungen führen, weiterhin zu bedenken ist ein nephrotisches Syndrom (Ödem, Hypoalbuminämie).
Therapie
Je nach Befund sollte eine kontrollierte Zufuhr von Elektrolyten, Proteinen, Vitaminen und Kalorien erfolgen. Wichtig sind auch die topische Behandlung mit Salben und die stadiengerechte Therapie von Ulzerationen sowie die Behandlung der begleitenden Erkrankungen. Die körperlichen und mentalen Entwicklungsdefizite sind meist nur partiell reversibel.

Mangel an essenziellen Fettsäuren

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die vom Organismus nicht selbst synthetisiert werden können, werden als essenzielle Fettsäuren bezeichnet und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Die wichtigsten Vertreter sind die Linolsäure und die Linolensäure. Essenzielle Fettsäuren haben zentrale strukturelle, synthetische und energiespeichernde Funktionen. Wichtige Fettsäurederivate sind Prostaglandine, Thromboxan und Leukotriene.
Klinik
Ein isolierter Mangel an essenziellen Fettsäuren ist selten. Defizite treten meist im Rahmen von PEM, einseitiger parenteraler Ernährung, größerer gastrointestinaler Operationen oder unausgewogener, fettarmer Diät auf. Zudem kann ein Mangelzustand bei nephrotischem Syndrom, gastrointestinalen Erkrankungen, zystischer Fibrose und unreifen Frühgeborenen auftreten. Kutane Manifestationen reichen von ausgeprägter Xerosis mit Schuppung bis hin zu einem lederartigen Aspekt. In den Intertrigines kann es zu Erosionen kommen, petechiale Einblutungen sind durch eine erhöhte Kapillarfragilität nicht selten. Wundheilungsstörungen sind typisch. Eine Alopezie gepaart mit hypo- oder depigmentierten Haaren ist beschrieben. Die Fruchtbarkeit kann bei Männern wie Frauen eingeschränkt sein. Bei Kleinkindern können körperliche und zerebrale Gedeihstörungen entstehen. Das Ausmaß korreliert invers mit dem Serumspiegel der essenziellen Fettsäuren. Die meisten klinischen Manifestationsformen sind nach Supplementierung essenzieller Fettsäuren durch Gabe pflanzlicher Öle rasch reversibel.
Differenzialdiagnose
Eine Mangelernährung anderer Ursache oder eine kombinierte Ernährungsstörung sollte ausgeschlossen werden; insbesondere sind Zinkmangel, Biotinmangel und zystische Fibrose auszuschließen.

Essstörungen

Anorexia nervosa (AN) und Bulimia nervosa (BN) sind die am weitesten verbreiteten psychischen Störungen im Essverhalten. Sie können zu lebensbedrohlichen Mangelerscheinungen führen. Essstörungen verlaufen meist chronisch; sie können in beiderlei Geschlecht und in jedem Alter auftreten, mit Abstand am häufigsten beginnen sie jedoch bei Mädchen oder jungen Frauen während oder kurz nach der Pubertät. Die Inzidenz für AN wird mit 1 % angegeben, für BN mit 5 %. Mischformen kommen vor. Gemeinsames Kennzeichen ist die permanente gedankliche Fixierung auf die Nahrungsaufnahme oder deren Verweigerung und eine wirklichkeitsferne Wahrnehmung des körperlich-figürlichen Erscheinungsbildes. Psychosoziale und genetische Faktoren sind an der Entwicklung und Unterhaltung einer Essstörung beteiligt. Essstörungen bedingen Hauterscheinungen durch häufig induzierte Mangelernährung, wiederkehrend provoziertes Erbrechen, häufig vergesellschafteten Arzneimittelabusus und etwaige psychiatrische Begleiterkrankungen. Essstörungen sind assoziiert mit anderen Psychodermatosen, wie Trichotillomanie, Trichophagie, Dermatitis autogenica und Onychophagie. Die Suizidrate ist erhöht.

Bulimia nervosa

(Russell 1979)
Definition
Bulimia nervosa ist definiert über
  • wiederkehrende, anfallsartige übermäßige Nahrungsaufnahme (griechisch bulimos: Ochsenhunger), gefolgt von
  • provoziertem Erbrechen oder Medikamentenabusus (Diuretika, Abführmittel, Insulin, Schilddrüsenhormone) über
  • 3 Monate mit mindestens zwei Episoden pro Woche.
Klinik
Bulimia nervosa kann phasenweise hochaktiv sein mit bis zu 20 Bulimieattacken täglich und dann wieder über Monate bis Jahre klinisch kaum manifest werden. Bis zu 50.000 Kalorien können im Anfall aufgenommen werden. Typischerweise haben Betroffene eine realitätsferne Wahrnehmung des eigenen Gewichts und des eigenen Erscheinungsbildes. Leistungssportlerinnen haben ein erhöhtes Risiko.
Der Gewichtsverlust ist in der Regel geringer als bei AN; das Körpergewicht kann sogar normal sein. Zahlreiche kutane Manifestationen der BN ergeben sich aus dem reduzierten Nährstoffangebot und entsprechen denen der AN. Hierzu gehören in abnehmender Häufigkeit: Xerosis cutis, diffuse Alopezie, Brüchigkeit der Nägel und Nageldystrophie, akneiformes Exanthem, Gingivitis, Aphten, diffuse Hypertrichose, Akrozyanose, Hyperpigmentierung, Pruritus, follikuläre Hyperkeratosen, Pellagra, erworbene Akrodermatitis enteropathica. Das für die BN klassische Stigma ist eine Vergrößerung der Speicheldrüsen (Hamsterbacken) durch Hypersalivation im Zuge des Erbrechens. In Abhängigkeit vom Ausmaß der BN treten Diarrhoe, Obstipation, Kreislaufstörungen, Elektrolytentgleisungen, Tetanie, Epilepsie, Herzrhythmusstörungen und Muskelschwäche auf.
Hautbefunde
Haut- und Schleimhautveränderungen durch wiederholte Exposition zu Magensäure sind Stomatitis, Gingivitis, Perlèche und Mundwinkelrhagaden, dentale Folgen sind Zahnschmelzdefekte. Mechanische Folgen des selbst induzierten Erbrechens können pharyngeale Würgehämatome, Schwielen (Russell-Zeichen) oder kleine Narben der Fingerrücken sein. Der Kornealreflex kann aufgehoben sein. Fixe Arzneimittelexantheme, Photosensitivität und dermatomyositisartige Syndrome können als Folge des Laxanzien- oder Diuretikamissbrauchs auftreten. Ausgeprägte Caries dentium ist durch den hohen Süßigkeitenkonsum bedingt.

Anorexia nervosa

Definition
Anorexia nervosa ist eine zwanghafte Essstörung, die das Ziel verfolgt, durch verminderte Nahrungsaufnahme das Körpergewicht weit unter den für Größe und Alter physiologischen Wert zu senken. Der BMI ist in der Regel <17,5 kg/m2.
Klinik
Typisches Kennzeichen ist Amenorrhoe. Auch bei der AN besteht eine verzerrte Wahrnehmung des Essverhaltens und eine Störung des Körperschemas. Ein Viertel der Erkrankten zeigt einen chronischen Verlauf, ein weiteres Drittel leidet auch im Langzeitverlauf unter Residualsymptomen der Magersucht. AN ist eine der gefährlichsten Erkrankungen im jungen Erwachsenenalter. Es besteht ein 10-fach erhöhtes Mortalitätsrisiko gegenüber der Normalbevölkerung. Die Haupttodesursache ist die Mangel- und Fehlernährung mit Komplikationen wie Infektionen, Herz-Kreislauf-Versagen, Herzrhythmusstörungen. Nahezu jeder fünfte AN-Patient begeht Suizid. Eine Heilung der AN gelingt zumeist nur über den Umweg einer BN oder einer atypischen Essstörung.
Hautbefunde
Die Bandbreite der Hautzeichen wird maßgeblich geprägt durch das Ausmaß der Nährstoffmangelversorgung und entspricht überwiegend den bei BN genannten Stigmata. Da die Mangelernährung bei AN in der Regel ausgeprägter ist, treten die Hautveränderungen meist deutlicher zutage. Subkutanes Fettgewebe kann fehlen, sodass Knochen, Muskeln und Sehnen sichtbar werden. Nicht selten ergeben sich hormonelle Störungen, die Amenorrhoe, Osteoporose, Muskelschwäche, Blutdruckentgleisungen und Hypertrichose zur Folge haben können. Typ-I-Diabetes mellitus ist gehäuft assoziiert. Ein exzessiv gesteigerter Verzehr von Gemüse und Obst wirkt typischerweise einer Hypovitaminose entgegen und induziert nicht selten eine Hyperkarotinämie mit konsekutiver Karotinose (Aurantiasis cutis) mit gelblichem Hautkolorit, insbesondere der Palmae und Plantae. Zwangsstörungen können sich in Form von Automutilation, Acne excoriée, kumulativ-toxischem Handekzem (Waschzwang) manifestieren.
Therapie
Je nach Ernährungszustand ist die kontrollierte Zufuhr an Elektrolyten, essenziellen Fettsäuren, Kohlenhydraten, Proteinen und Vitaminen (Gefahr: Refeeding-Syndrom) indiziert. Die Therapie der kutanen Symptome erfolgt durch eine differenzierte Lokaltherapie. Eine spezialisierte psychotherapeutische Behandlung der BN wie auch der AN ist obligat. Antidepressiva sind eher bei BN hilfreich, da sie den Appetit weiter unterdrücken.

Adipositas

Epidemiologie
In Mitteleuropa ist die weitaus häufigste Ernährungsstörung die Adipositas. Zwei Drittel der Männer (67 %) und die Hälfte der Frauen (53 %) in Deutschland sind übergewichtig (BMI >25,0). Ein Viertel der Erwachsenen (23 % der Männer und 24 % der Frauen) ist stark übergewichtig bzw. adipös (BMI >30,0). Die Prävalenz der Adipositas nimmt seit Jahrzehnten zu, insbesondere bei Männern mit einem geringen sozioökonomischen Status. Adipositas kann unmittelbar Hauterkrankungen auslösen und auch bestehende Dermatosen beeinflussen. Durch die regelhafte Vergesellschaftung der Adipositas mit dem metabolischen Syndrom bestehen nicht selten Fettstoffwechselstörungen, die ihrerseits Hautveränderungen hervorrufen können (zum Beispiel Xanthome, Xanthelasmen [Kap. „Lipidstoffwechselstörungen“; Kap. „Histiozytosen“]). Ebenfalls assoziiert ist die Adipositas mit Diabetes mellitus, woraus sich ein Bezug zu einer Vielzahl diabetogener Hauterkrankungen ergibt (Kap. „Endokrinologische Erkrankungen“).
In Tab. 1 sind durch Adipositas ausgelöste oder begünstigte Hauterkrankungen aufgelistet, wobei zur detaillierteren Diskussion der Entitäten auf die entsprechenden Kapitel dieses Lehrbuchs verwiesen wird. Bei nahezu allen aufgeführten Erkrankungen spielt das Ausmaß der Adipositas eine Rolle, mit zunehmendem BMI steigt auch die Intensität der Hauterscheinungen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Tatsache, dass das therapeutische Ansprechen von Hauterkrankungen durch das Vorliegen von Adipositas verschlechtert werden kann.
Tab. 1
Erkrankungen, die durch Adipositas ausgelöst oder begünstigt werden können
Erkrankung
Kapitelverweis
Kap. „Benigne epitheliale Tumoren“
Acanthosis nigricans benigna
Kap. „Benigne epitheliale Tumoren“
Alopecia androgenetica bei der Frau
Kap. „Erkrankungen der Haare“
Kap. „Proktologie“
Kandidose, besonders intertriginös
Kap. „Mykosen“
Kap. „Erkrankungen der Venen“
Kap. „Staphylokokken- und Streptokokkeninfektionen der Haut“
Fibroma pendulans
Kap. „Mesenchymale und neuronale Tumoren“
Kap. „Andrologie“
Hidradenitis suppurativa
Kap. „Erkrankungen der Schweißdrüsen“
Intertriginöse Hauterkrankungen
Zum Beispiel Kap. „Mykosen“
Keratosis pilaris
Kap. „Weitere Verhornungsstörungen“
Kap. „Erkrankungen des Fettgewebes“
Lymphödem mit Papillomatosis cutis
Kap. „Erkrankungen der Lymphgefäße“
Kap. „Granulomatöse Erkrankungen“
Kap. „Benigne epitheliale Tumoren“
Kap. „Psoriasis“
Pyoderma gangraenosum
Kap. „Vaskulitis und Vaskulopathien“
Scleroedema adultorum
Kap. „Muzinosen“
Striae distensae
Kap. „Erworbene Bindegewebserkrankungen“
Kap. „Mykosen“
Xanthome
Kap. „Lipidstoffwechselstörungen“, Kap. „Histiozytosen“
Xanthelasmen
Kap. „Lipidstoffwechselstörungen“, Kap. „Histiozytosen“

Vitaminosen

Vitamine sind organische, in Mikromengen benötigte, essenzielle Nahrungsbestandteile, die für das Funktionieren nahezu aller Stoffwechselvorgänge erforderlich sind. Im Gegensatz zu Pflanzen und Mikroorganismen kann der menschliche Organismus Vitamine selbst nicht synthetisieren und nicht oder nur begrenzt speichern, sodass Vitamine regelmäßig zugeführt werden müssen. Vitamine bezeichnet man gemeinsam mit Spurenelementen und Mineralstoffen als Mikronährstoffe, da die erforderliche Tagesdosis im Mikrogramm- bis Milligrammbereich liegt (hiervon werden die Makronährstoffe, nämlich Kohlenhydrate, Fette und Proteine abgegrenzt). Nach ihrer chemischen Eigenschaft werden Vitamine in fettlösliche (A, D, E, K) und wasserlösliche (die übrigen) Vitamine eingeteilt, wobei diese Einteilung ohne Bezug zur biochemischen Funktion steht. Der Vitaminbedarf des Körpers hängt maßgeblich ab von individuellen Parametern (Alter, Geschlecht, Körpergewicht, Körpergröße) sowie dem aktuellen Grundumsatz (abhängig von Wachstum, körperlicher Aktivität, Krankheit, Schwangerschaft, Stillzeit).
Eine inadäquate Versorgung des Organismus mit Vitaminen kann bedingt sein durch eine unangepasste Zufuhr, gestörte intestinale Resorption oder genetische Defekte und kann zu einem gänzlichen Fehlen von Vitaminen (Avitaminose), zu einem Vitaminmangel (Hypovitaminose) oder zu einer übermäßiger Vitaminzufuhr (Hypervitaminose) führen.
Störungen der Vitaminversorgung können unterschiedliche Krankheitsbilder zur Folge haben. Die Haut, als häufiger Manifestationsort, hat eine Signalfunktion. In den westlichen Industrienationen ist isolierter Vitaminmangel selten, sehr viel häufiger sind Hypervitaminosen durch den ausufernden Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln. Überdosierungserscheinungen treten wesentlich häufiger bei den fettlöslichen Vitaminen (insbesondere bei den Vitaminen A und D) auf, da diese nicht über die Niere ausgeschieden werden können. So wirkt Vitamin A ab einer Tagesdosis von 10.000 IU teratogen. Eine Unterversorgung betrifft meist mehrere Vitamine. Auslösend sind in unseren Breiten meist
  • eine chronische Mangel- oder Fehlernährung, insbesondere bei Essstörungen oder chronischem Alkoholismus,
  • ein gesteigerter Bedarf,
  • eine erhöhte Zellumsatzrate bei konsumierenden Erkrankungen,
  • eine verminderte Resorption bei Malabsorptionssyndromen oder
  • Interaktionen durch bestimmte Arzneimittel (Trimethoprim, Methotrexat, Barbiturate, Phenytoin, Primidon, Cyclosporin orale Kontrazeptiva).
Vielfach bedingt ein isolierter Vitaminmangel Stoffwechselstörungen anderer Vitamine.

Vitamin A

Vitamin A umfasst alle Verbindungen, die qualitativ die gleiche biologische Aktivität wie Retinol besitzen; bei zusätzlicher Einbeziehung der synthetischen Analoga des Vitamin A spricht man von Retinoiden. Als Pro-Vitamin-A werden Karotinoide bezeichnet, von denen β-Carotin die wichtigste Vitamin-A-Vorstufe ist. Die verschiedenen Vitamin-A-Formen haben spezifische biologische Funktionen. Hervorzuheben ist hierbei die Retinsäure, welche über ligandenaktivierte nukleäre Rezeptoren genregulatorisch Wachstum und Entwicklung von Zellen steuert. Auf diesem Wege kommt Vitamin A eine essenzielle Bedeutung bei der Reproduktion, Embryogenese, Morphogenese, dem Knochenwachstum, der Photorezeption und Aufrechterhaltung der Integrität epithelialer Barrieren zu. In der Haut beeinflusst Vitamin A die mitotische Aktivität und Ausdifferenzierung der Keratinozyten.

Vitamin-A-Mangel

Vitamin-A-Mangel findet sich in der industrialisierten Welt fast ausschließlich im Rahmen von Malabsorptionsstörungen, dann meist vergesellschaftet mit einem Mangel anderer fettlöslicher Vitamine. In Ländern mit Mangelernährung und in Regionen, in welchen die Ernährung hauptsächlich auf Reiskonsum beruht, tritt häufiger ein Vitamin-A-Defizit auf, sodass Vitamin-A-Mangel eine der häufigsten Ursachen für Blindheit in Entwicklungsländern ist.
Durch die Speicherfunktion der Leber können die Retinolplasmaspiegel im Frühstadium normwertig bleiben (20–50 mg/dl), Plasmaspiegel von <10 mg/dl entsprechen einem ausgeprägten Mangel. Ein Zinkmangel kann zu einem Vitamin-A-Mangel führen, da Zink für ein regelrechtes Funktionieren des Transportproteins (retinolbindendes Protein, RBP) sowie für die Mobilisation der Vitamin-A-Speicher erforderlich ist.
Klinik
Klinische Charakteristika betreffen vor allem Haut und Augen. Das früheste Zeichen ist meist eine gestörte Dunkeladaption (Nachtblindheit). Später entwickeln sich Xerosis von Kornea und Konjunktiven mit kleinen, grau wirkenden konjunktivalen Plaques aus verhornenden Epithelien (Bitot-Flecken [Bitot 1863]), bei weiterem Fortschreiten Xerophthalmie, Hornhautulzerationen und Keratomalazie.
Hautbefunde
Kutane Stigmata eines Vitamin-A-Mangels sind eine generalisierte Xerosis sowie follikuläre Hyperkeratosen, die insbesondere an den dorsolateralen Extremitätenseiten auftreten und als Phrynoderm bezeichnet werden. Eine keratinisierende Metaplasie kann an allen Schleimhäuten einschließlich des Gastrointestinal- und Urogenitaltrakts, der Speicheldrüsen und des Ductus pancreaticus auftreten.
Therapie
Zur Behandlung sollte Vitamin A anfänglich in therapeutischen und dann in Erhaltungsdosen verabreicht werden.

Hypervitaminose A

Akute Intoxikation treten fast ausschließlich durch medikamentöse Vitamin-A-Überdosierung auf. Die klinische Symptomatik ist abhängig vom Ausmaß der Überdosierung. Besondere Bedeutung hat eine Überdosierung des Vitamin A in der Schwangerschaft, da Dosen von >10.000 IU/Tag potenziell teratogen sind. Akute Intoxikationen bedingen innerhalb von Stunden Übelkeit, Kopfschmerzen und Erbrechen. Im weiteren Verlauf kommt es zu Gewichtsverlust, Alopezie sowie Juckreiz, Xerosis und Desquamation der Haut. Bei Kindern können sich schmerzhafte Gelenkschwellungen, Anämie und Thrombozytopenie entwickeln.
Bei einer chronischen Vitamin-A-Überdosierung (ab 50.000 IU tgl.) kommt es zu einer Beeinträchtigung verschiedener Organfunktionen. Analog zu den Effekten einer Retinoidtherapie kann es zu trockener, schuppender Haut, follikulären Hyperkeratosen, lamellär schuppenden Palmarerythemen, Pruritus sowie einer diffusen Alopezie kommen. Die Konjunktiven und Nasenschleimhäute können trocken und irritabel imponieren. Neurologische Manifestationen umfassen einen erhöhten intrakranialen Druck (Pseudotumor cerebri), Lethargie sowie psychiatrische Beschwerden. Die internistische Symptomatik kann eine Anorexie mit Gewichtsverlust, Hepatosplenomegalie, erhöhte Serumtransaminasen und Leberzirrhose beinhalten. Kortikale Hyperostosen, besonders der langen Röhrenknochen, und eine röntgenologisch nachweisbare verminderte Mineralisation der Schädelkalotte (Kraniotabes) kann – gerade bei Kindern – zu schmerzhaften Gelenk- und Knochenbeschwerden führen. Seltener ist eine Hyperkalzämie mit Gefäßverkalkungen. Ein Anstieg von Lebertransaminasen, Triglyzeriden und Cholesterin im Serum sowie Hyperkalzämie unterstützen die Diagnose.
Nahezu alle Veränderungen sind bei Beendigung der Vitamin-A-Einnahme reversibel.
Von der Hypervitaminose A muss die benigne Karotinose abgegrenzt werden. Diese entsteht bei einem kongenitalen Mangel von Enzymen, die Karotinoide in Vitamin A umwandeln, oder bei einer vermehrten Aufnahme von Karotinoiden mit Gemüse oder Säften, wie häufig im Rahmen der Säuglings- und Kleinkinderernährung. Die Symptomatik tritt ab Karotinoidspiegeln auf, die die Normwerte um das 3- bis 4-Fache übersteigen. Es kommt zu einer gelbrötlichen Verfärbung der Haut durch Ablagerung in der Hornschicht (Aurantiasis cutis, Kap. „Dyschromien, Piercings und Tätowierungen“), während die Skleren frei bleiben. Hypothyreose, Diabetes mellitus, Leber- und Nierenerkrankungen können auftreten. Zu Zeichen einer Hypervitaminose A kommt es aber wegen der langsamen oder mangelnden Umwandlung der Karotinoide in Vitamin A nicht.

Vitamin B

Vitamin B ist eine Gruppe von acht chemisch und pharmakologisch unterschiedlichen Vitaminen. Da einigen der ursprünglich dieser Gruppe zugerechneten Substanzen nachträglich der Vitamincharakter wieder abgesprochen wurde, ist die Nummerierung nicht durchgehend. Die Vitamin-B-Gruppe umfasst derzeit die in der Übersicht genannten.
Vitamin-B-Gruppe
Die B-Vitamine kommen in tierischen wie auch in pflanzlichen Lebensmitteln vor, lediglich Vitamin B12 ist in pflanzlichen Lebensmitteln nicht enthalten, kann aber im Körper gespeichert werden und unterscheidet sich somit von allen anderen wasserlöslichen Vitaminen. Alle B-Vitamine dienen als Vorstufen für Koenzyme.
Die B-Vitamine werden häufig als Polyvitaminpräparat zur Nahrungsergänzung angeboten. Erfolgt eine solche Alimentation dauerhaft und in zu hoher Dosierung, kann eine Acne medicamentosa ausgelöst werden.

Vitamin B1 (Thiamin)

Thiamin kommt in praktisch allen pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln vor, besonders aber in ungemahlenen Getreidesorten und Innereien. Insbesondere die Keimanlage von Getreide ist sehr thiaminreich, durch das Polieren oder Ausmahlen des Getreides geht daher der größte Teil des Vitamin B1 mit der Kleie verloren.
Das klassische Vitaminmangelsyndrom ist die Beriberi-Krankheit, die auch heute noch endemisch dort vorkommt, wo geschälter Reis das Hauptnahrungsmittel ist. In der westlichen Welt können Alkoholismus, Schwangerschaft, Stillzeit, Diabetes mellitus und Colitis ulcerosa ein Grund für einen Vitamin-B1-Mangel sein. Die Symptome sind Appetitmangel, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit. Zudem können sich akrale und faziale Ödemen zeigen (feuchter Beriberi) sowie periphere Neuropathien, Enzephalopathie und Muskelatrophie (trockener Beriberi). Spezifische Hautsymptome fehlen.

Vitamin B2 (Riboflavin)

Riboflavin ist im Pflanzen- und Tierreich weit verbreitet. Milch, Leber, Nieren und Herzmuskel sind reichhaltige Riboflavinquellen. Riboflavin ist Baustein der beiden Koenzyme Wasserstoff übertragender Flavoproteine. Diese sind involviert in den Protein- sowie Kohlenhydratstoffwechsel sowie in die Atmungskette. Riboflavinmangel wird beobachtet bei Hypothyreose, akuter Borsäurevergiftung und als unerwünschte Arzneimittelwirkung (Einnahme von Chlorpromazin, Strophanthin, Theophyllin, Penicillin, Probenecid, Phenothiazinen, Barbituraten, Streptomycin und oralen Kontrazeptiva). Das Erscheinungsbild des Riboflavinmangels überlappt mit den Hautzeichen von Nikotinsäuremangel (Vitamin B3), Pyridoxinmangel (Vitamin B6), Tryptophanmangel und Folsäuremangel, da die Stoffwechselwege der genannten Vitamine Assoziationen zeigen. Auch bestehen Ähnlichkeiten mit der Acrodermatitis enteropathica und dem Glukagonom-Syndrom. Histologisch können diese Krankheitsbilder nicht unterschieden werden.
Klinik
Ein Riboflavinmangel wird meist erst nach mehreren Monaten manifest, hierbei sind Perlèche, Cheilitis, Atrophie der Zungenpapillen und Glossitis mit hochroter, glatter Zunge und Rötung und Schuppung im Genitalbereich oftmals initiale Symptome (Oro-okulo-genitales Syndrom). Eine Candida-albicans-Besiedlung kann sekundär hinzukommen. Des Weiteren ist eine schuppende Rötung ähnlich dem seborrhoischen Ekzem besonders am Kapillitium sowie periorifiziell, also perinasal, periorbital, perioral und genital, typisch. Sämtliche Hautzeichen sprechen relativ rasch auf eine Riboflavingabe an. Demgegenüber können die okulären Alterationen irreversibel sein. Hierzu gehören anguläre Blepharitis, Konjunktivitis, Fotophobie und Vaskularisierung der Kornea mit Sehbehinderung.
Bei Kindern mit Riboflavinmangel können körperliche Wachstumsretardierung, EKG-Veränderungen sowie mikrozytäre Anämie auftreten. Bei Erwachsenen kann sich bei verstärkter Zufuhr des Riboflavinantagonisten Galaktoflavin eine normochrome normozytäre Anämie ausbilden.
Diagnostisches Vorgehen
Die Diagnose eines Riboflavinmangels kann durch die Bestimmung der Urinausscheidung sowie der Erythrozytenglutathionreduktase gesichert werden.
Therapie
Sie besteht initial in 5–15 mg/Tag Riboflavin 2- bis 3-mal/Tag peroral oder 5–20 mg/Tag intramuskulär bis zur Besserung der klinischen Symptome, dann in einer Erhaltungsdosis von 2–4 mg/Tag. Beseitigung des Diätfehlers.

Vitamin B3 (Niacin, Niacinamid, Nikotinsäureamid)

Niacin und Nikotin(säure)amid (Niacinamid) sind die gängigsten Vertreter des Vitamin B3. Besondere Quellen sind Hefe, Innereien und Geflügel. Eine Niacinsynthese ist unter Beteiligung von Tryptophan, Vitamin B6, Riboflavin und Eisen möglich, sodass Mangelzustände theoretisch kompensiert werden können. Meist liegt jedoch ein kombinierter Mangel vor. Niacin ist Bestandteil der Koenzyme Nikotinamid-Adenindinukleotid (NAD+) und Nikotinamid-Adenindinukleotidphosphat (NADP+) und damit als Partner für unzählige Redoxreaktionen essenziell für den Energiehaushalt des Menschen.
Pellagra
(Casàl 1762)
Der Symptomkomplex, welcher sich unter einer niacinarmen Diät ausbilden kann, wird nach dem Leitsymptom als Pellagra (raue Haut) bezeichnet. Pellagra tritt auf, wenn die Nahrung hauptsächlich aus Mais oder Sorghumhirse besteht, da die in diesen Nahrungsmitteln vorliegende gebundene Form des Niacin im Körper nicht verwertet werden kann. Eine Vorbehandlung mittels alkalischer Hydrolyse (traditionelles Einweichen des Mais in Kalkwasser in der lateinamerikanischen Küche) entkoppelt das Niacin und macht es bioverfügbar. Heutzutage kommt Pellagra in der Regel nur noch in armen Gegenden Afrikas und Asiens vor. In unseren Breiten kann Pellagra als Folge von Fehlernährung, Alkoholabusus, Resorptionsstörungen und bei langjähriger Medikamenteneinnahme (Isonikotinsäurehydrazid, Breitbandantibiotika, Hydantoine und andere Antikonvulsiva, 5-Fluorouracil) auftreten. Meist besteht in diesen Fällen eine abortive Pellagra, die als Pellagroid bezeichnet wird und in der Regel ohne wesentliche innerliche oder neurologische Symptomatik abläuft. Auch bei Darmkarzinoiden kann es zu einer pellagroiden Symptomatik kommen; hier tritt der Niacinmangel durch einen exzessiven Tryptophanabbau auf.
Klinik
Die Kardinalsymptome werden über die klassische Trias Dermatitis, Diarrhoe und Demenz abgebildet. Manche Autoren ergänzen noch Death zu einer Tetrade.
Hautbefunde
Die Dermatitis manifestiert sich meist als Rötung und Schuppung und wird getriggert durch UV-Exposition (gehäuftes Auftreten in Frühjahr und Sommer), Hitze- und Kälteeinwirkung, Druck und Friktion. Die Läsionen treten aus diesen Gründen nahezu regelmäßig in Nacken und Dekolleté auf und werden wegen der typischen Konfiguration als Casàl-Halsband bezeichnet (Abb. 1). Die sonnenbrandartigen Erytheme gehen mit einer Photosensitivität einher, können urtikariell aussehen und schmerzhaft sein. Blasen, Erosionen und Krusten werden beobachtet. Bei Abblassen bilden sich typischerweise residuale schmutzig graubraune hyperpigmentierte Maculae, häufig mit einer feinen, randbetonten Schuppung (Abb. 2). Chronische Veränderungen wirken lichenifiziert und sind oft mit mächtigen Schuppenauflagen bedeckt. Hinzu kommen palmoplantare Hyperkeratosen und schmerzhafte Fissuren über den Gelenken, perioral und perianal. Sekundärinfektionen sind häufig. Schleimhautveränderungen betreffen vorwiegend Mund und Genitalregion. Eine skarlatiniforme Glossitis und Stomatitis mit hochroter bis bläulich-livider Zunge ist typisch. Schleimhautulzerationen des Zungengrundes, der Unterlippe, vaginal, urethral und auch gastrointestinal gehen teilweise mit einer massiven Schmerzsymptomatik einher.
Weitere Symptome
Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe vervollständigen die Symptome. In leichten Fällen können neurologische Zeichen fehlen oder als passagere Depression oder Apathie manifest werden. Je nach Ausprägungsgrad reicht jedoch das Spektrum der neurologischen Störungen über sensomotorische Ausfälle und Parkinsonoid bis hin zu einem hirnorganischen Psychosyndrom, Demenz und Enzephalopathie.
Histopathologie
Hyper- und Parakeratose, Akanthose mit Dyskeratosen, Reifungsstörung und Verlust des Stratum granulosum sind typisch, sub- oder intraepidermale Blasen eher selten. Ein lymphozytäres Infiltrat findet sich in der oberen Dermis.
Labor
Die Urinausscheidungen von N’-Methylnikotinamid (NMN) und von Pyridon sind vermindert. NMN-Ausscheidung von <0,8 mg/Tag ist ein deutlicher Hinweis.
Differenzialdiagnose
Das Erscheinungsbild ähnelt dem Zinkmangel (Acrodermatitis enteropathica) und Glukagonom-Syndrom. Auch histologisch können diese Krankheitsbilder schwierig unterschieden werden. Weitere Differenzialdiagnosen umfassen Lupus erythematodes, kutane Porphyrien, chronische photoallergische Reaktionen, aktinisches Retikuloid und Arzneimittelreaktionen. Das Hartnup-Syndrom (hereditäre Störung des Tryptophantransports) ähnelt klinisch der Pellagra und bessert sich temporär unter Niacingabe. Zur Abgrenzung gegenüber Kwashiorkor im Kindesalter hilft, dass Pellagra keine Veränderungen an Haaren und Nägeln verursacht und selten bei Kindern auftritt.
Therapie
Der tägliche Niacinbedarf liegt bei etwa 5 mg (bei Kindern) bis zu 20 mg (bei Erwachsenen). Zur Therapie wird das Nikotinsäureamid wegen besserer Verträglichkeit der Nikotinsäure vorgezogen. Bei ausgeprägten Mangelerscheinungen sollte eine intravenöse Gabe (50–100 mg 1- bis 2-mal/Tag) veranlasst werden. Bei oraler Gabe liegt die Dosis bei 0,5 g/Tag. Bei Enzephalopathie werden 1000 mg oral plus 100–250 mg intramuskulär empfohlen. Bei gastrointestinalen und neurologischen Symptomen sollte zusätzlich eine Behandlung mit anderen Vitaminen des B-Komplexes sowie eine proteinreiche Diät (etwa 100–150 g Eiweiß/Tag) eingenommen werden.
Die Hauterscheinungen sprechen rasch auf die Zufuhr von Niacin an und heilen zentrifugal unter Restschuppung ab. Die schwereren Symptome neigen zur Persistenz und können unbehandelt letal sein.
Vitamin-B3-Hypervitaminose
Unter einer Niacintherapie können Symptome wie Flush, Urtikaria, Sebostase, Hyperpigmentierungen, Hyperkeratosen und eine Pseudoacanthosis nigricans auftreten. Alle Veränderungen sind nach Absetzen der Therapie reversibel.

Vitamin B6 (Pyridoxin)

Pyridoxin ist in hoher Konzentration in Hefe, Weizen, Mais, Fisch und Leber enthalten. Das vom Pyridoxin abgeleitete Pyridoxalphosphat ist das zentrale Koenzym des Aminosäurestoffwechsels. Besondere Bedeutung kommt Vitamin B6 in der Erythropoese (Kofaktor bei der Synthese der δ-Aminolävulinsäure) sowie im Zellstoffwechsel von Haut und ZNS zu. Der tägliche Bedarf liegt bei 1,6–1,8 mg.
Pyridoxinmangel
Wegen der weiten Verbreitung von Pyridoxin tritt ein Mangel nur selten auf. In unseren Breiten ist ein sekundärer Mangel durch Malabsorption, Alkoholismus, orale Antikonzeptiva, Antagonisierung durch Pharmaka (Isonikotinsäurehydrazid, Hydralazin, Penicillamin), bei Urämie und Leberzirrhose möglich.
Klinik
Allgemeinsymptome sind Appetitverlust, Durchfall und Erbrechen. Mikrozytäre hypochrome Anämie, Lymphopenie und Eosinophilie sind laborchemisch nachweisbar, neurologische Auffälligkeiten umfassen epileptische Anfälle, neuropathische Störungen, Ataxie, Paralyse, afferente Ataxie sowie Angststörungen. Hautzeichen sind selten, sie umfassen seborrhoische Dermatitis, Konjunktivitis, Cheilitis und Glossitis. Im Kindesalter kann es zu Wachstumsverzögerungen kommen.
Therapie
Genetische Defekte verschiedener Vitamin-B6-Apoenzyme sind beschrieben; diese können eine exzessive Vitamin-B-Zufuhr zur Deckung des Bedarfs notwendig machen. In diesem Falle oder bei Vitamin-B6-Mangel ist eine Substitution angezeigt. Erforderlich ist sie auch begleitend zu Therapien, die zur Komplexbildung mit Vitamin B6 führen (INH, Hydralazin, Penicillamin).
Vitamin-B6-Hypervitaminose
Eine Hypervitaminose kann nur akzidentiell auftreten. Unter einer zusätzlichen Zufuhr von >500 mg wurden Photosensitivität, Neurotoxizität (sensomotorische Ausfälle, Gangataxie, Reflexausfälle), Tachykardie und Acne medicamentosa beschrieben. Aus diesem Grund wird vor einer unkontrollierten Vitamin-B6-Substitution, beispielsweise zur Behandlung von Mundwinkelrhagaden, Cheilose, Glossitis oder Mund- und Zungenbrennen gewarnt.

Vitamin B12 (Cyanocobalamin)

Vitamin B12, Cyanocobalamin, gehört zur Gruppe der Cobalamine. Die biologisch aktive Form des Vitamin B12 ist Koenzym B12. Dieses ist Bestandteil essenzieller Enzyme der DNA-Synthese, Hämatopoese und Neurogenese. Cyanocobalamine enthalten das Spurenelement Kobalt als namensgebendes Zentralatom. Die ergiebigsten Vitamin-B12-Quellen sind tierische Lebensmittel. Bakterien der Darmflora sowie andere Mikroorganismen können Vitamin B12 synthetisieren. In der Nahrung liegt Cyanocobalamin in proteingebundener Form vor. Durch proteolytische Prozesse wird es im oberen Gastrointestinaltrakt freigesetzt und bindet an den intrinsic factor, ein von den Belegzellen des Magens gebildetes Glykoprotein. Durch diese Bindung wird das Vitamin vor einer Zerstörung durch Verdauungsenzyme geschützt. Die Resorption des Cyanocobalamins erfolgt im terminalen Illeum.
Vitamin-B12-Mangel
Ein Vitamin-B12-Mangel tritt selten bei Vegetariern, eher bei einem Mangel an intrinsic factor (Magenresektion, chronisch-atrophische Gastritis durch Parietalzellantikörper) oder bei Resorptionsstörungen bei Blind-loop-Syndrom, Bandwurmbefall, Morbus Whipple, tropischer Sprue oder Zollinger-Ellison-Syndrom auf. Da Vitamin B12 auch von Bakterien verstoffwechselt wird, können mikrobielle Störungen der Darmflora ebenfalls einen Vitamin-B12-Mangel hervorrufen. Ein Vitamin-B12-Mangel wird meist erst nach jahrelanger Latenz manifest, da Vitamin B12 im Gegensatz zu den anderen wasserlöslichen Vitaminen in Leber, Nieren und anderen Geweben gespeichert wird.
Klinik
Kardinalsymptom ist die perniziöse Anämie, gekennzeichnet durch makrozytäre hyperchrome Erythrozyten. Korrespondierend dazu finden sich charakteristische Knochenmarkveränderungen. Neurologische Veränderungen betreffen die spinalen Leitungsbahnen und treten als Entmarkungsherde in Erscheinung (funikuläre Myelose). Bei Kindern kann es zu einer Wachstumsverzögerung kommen.
Hautbefunde
Hautveränderungen stehen eher im Hintergrund. Hyperpigmentierung, insbesondere bei Menschen dunklerer Komplexion, kommt vor. Die Hyperpigmentierung betrifft vornehmlich die Gelenkbeugen sowie die Falten der Palmae und Plantae. Ein häufiges Begleitphänomen der perniziösen Anämie ist eine vergrößerte, gerötete, bei Berührung stark schmerzhafte Zunge (Möller-Hunter-Glossitis, Kap. „Erkrankungen der Lippen und der Mundhöhle“), die im weiteren Verlauf eine Atrophie der Zungenschleimhaut zeigen kann.
Diagnostisches Vorgehen
Die Diagnostik eines Vitamin-B12-Mangels erfolgt über eine Bestimmung des Serumspiegels. Zur Abklärung einer chronisch-atrophischen Gastritis erfolgt eine Gastroduodenoskopie. Der Schilling-Test misst die Urinausscheidung von oral verabreichtem, radioaktiv markiertem Vitamin B12 und erlaubt damit Rückschlüsse auf das Vorhandensein des intrinsic factor.
Therapie
Die Therapie der Wahl ist die einmal monatliche intramuskuläre Applikation von 1 mg Vitamin B12. Je nach Befund kann initial eine wöchentlich erfolgende Applikation zur Aufsättigung erforderlich sein. Während sich die Haut- und Schleimhautveränderungen innerhalb von Monaten bessern, können die neurologischen Symptome über Jahre persistieren.

Folsäure (Pteroylglutaminsäure, Vitamin B9, Vitamin B11, Vitamin M)

Besonders reich an Folsäure sind dunkelgrünes Blattgemüse, Innereien und Milch. Im Organismus wird Folsäure unter Anwesenheit von Ascorbinsäure in Tetrahydrofolsäure (Koenzym F), die biologisch aktive Form, umgewandelt. Tetrahydrofolsäure wird benötigt für die Übertragung von C1-Gruppen und spielt eine zentrale Rolle in der Hämatopoese sowie der DNA-Synthese. Die täglich erforderliche Menge liegt bei etwa 0,4 mg. Objektivierbar ist ein Folsäuremangel durch Bestimmung des Serumspiegels. Folsäure benötigt für eine normale Funktion ausreichende Vitamin-B12- und Vitamin-C-Spiegel. Dem Dermatologen ist Folsäure auch wegen der erforderlichen Substitution bei Methotrexatgabe bekannt.
Folsäuremangel
Klinik
Extrakutane Symptome umfassen eine megaloblastäre Anämie, kardiale Symptome sowie neuropsychiatrische Beschwerden (gestörte Myelinsynthese). Folsäuremangel in der Schwangerschaft wird mit fetaler Spina bifida und Anenzephalie in Verbindung gebracht.
Hautbefunde
Obligate Hautzeichen bei Folsäuremangel sind nicht bekannt. Beschrieben sind graubraune Pigmentierung in UV-exponierten Arealen, Cheilitis, Glossitis, Aphthen, fleckige Pigmentierung der Palmae und Plantae. Symptome wie Retinablutungen sind erklärbar durch die Störungen der Hämatopoese. Überlappungen mit der Symptomatik des Vitamin-B12-Mangels sind offensichtlich.
Therapie
Die therapeutische Tagesdosis beträgt 1 mg.
Cave: Wichtig ist die Abklärung und Therapie eines eventuellen Vitamin-B12-Mangels vor Beginn einer Folsäure-Substitution, da die Normalisierung der Anämie einen Vitamin-B12-Mangel maskieren kann und so die neurologischen Symptome fortschreiten können.

Pantothensäure (Vitamin B5)

Pantothensäure kommt in allen tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln vor, insbesondere in Innereien, Vollkornprodukten, Eiern, Getreidekeimen und Bierhefe. Im Darm wird sie von Kolibakterien synthetisiert. Wichtigste physiologische Funktion ist die Konstitution des Koenzym A und der Fettsäuresynthase. Der tägliche Bedarf Erwachsener liegt bei etwa 6 mg.
Neben unspezifischen Darmbeschwerden sind keine Folgen einer Überdosierung bekannt.
Pantothensäuremangel
Ein isolierter Pantothensäuremangel ist rar. Unspezifische Folgen sind Abgeschlagenheit, Schlaflosigkeit, Depression, Myopathie, Dysästhesie und Anämie. Das Burning-feet-Syndrom mit akralen Parästhesien und motorischen Lähmungen an den unteren Extremitäten bei Kriegsgefangenen im Fernen Osten wurden auf Pantothensäuremangel zurückgeführt.

Vitamin C (Ascorbinsäure)

Ascorbinsäure (abgeleitet von Skorbut: a-scorbutus) ist in Obst und Gemüse reichhaltig vorhanden, insbesondere Paprika, Petersilie, Johannisbeere, Brokkoli, Zitrusfrüchte und Grüntee gelten als reich an Vitamin C. Ascorbinsäure gibt es in vier verschiedenen stereoisomeren Formen, biologische Aktivität weist jedoch nur die L-(+)-Ascorbinsäure auf. Ascorbinsäure ist hitzelabil.
Vitamin C ist nicht nur ein starkes Reduktionsmittel, sondern auch ein essenzieller Kofaktor für zahlreiche Enzyme. Zu diesen Enzymen gehört die Prolylhydroxylase, welche zentrale Schritte der Kollagensynthese katalysiert. Zudem hat Vitamin C einen direkten Einfluss auf die Transkription von Kollagen, was seine Rolle bei der Kollagenbiosynthese noch essenzieller erscheinen lässt. Da Kollagen integraler Bestandteil des Bindegewebes ist, wird Vitamin C für den Aufbau und die Unterhaltung verschiedenster Gewebstypen wie Haut, Blutgefäße, Knochen, Zähne, Knorpel, Sehnen und Bänder benötigt. Zudem ist Vitamin C am Stoffwechsel von Phenylalanin, Tyrosin und Folsäure sowie an der Resorption von Eisen im Darm beteiligt. Der Tagesbedarf eines gesunden Erwachsenen beträgt laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 100 mg.

Skorbut

Skorbut (Vitamin-C-Mangel-Syndrom) ist eine historisch insbesondere unter Seefahren weit verbreitete Vitamin-C-Mangelkrankheit. Auch heute ist Skorbut durch den eingeschränkten Zugang zu frischem Obst und Gemüse in Entwicklungsländern alltäglich. Aber auch in unseren Breiten kommt es durch Mangelernährung unterschiedlichster Art (Alkoholismus, Essstörung) nicht selten zur Ausbildung eines Skorbuts. Die klinische Manifestation des Vitamin-C-Mangel-Syndroms unterscheidet sich bei Erwachsenen und Kindern. Im Kindesalter wird das Vitamin-C-Mangel-Syndrom als Möller-Barlow-Krankheit (Barlow 1883) bezeichnet.
Klinik
Hautbefunde
Skorbut manifestiert sich meist nach einer Latenzzeit von wenigen Monaten als follikuläre Hyperkeratosen und perifollikulären Hämorrhagien von Oberarmstreckseiten, Nates, Oberschenkelstreckseiten und Rücken. Im weiteren Verlauf treten Schleimhautblutungen, konjunktivale Hämorrhagien, subunguale Splitterblutungen, Stomatitis, Epistaxis und Korkenzieher-Haare auf (Abb. 3). Es kann zu Sugillationen und Ekchymosen kommen (Abb. 4). Die Zähne können sich lockern und ausfallen.
Weitere Symptome
Die Wundheilung ist verzögert, auch die Knochenheilung ist alteriert. Sonstige Knochenveränderungen finden sich beim Erwachsenen in der Regel nicht, jedoch können blutungsbedingte Arthritiden auftreten. Zu den Allgemeinsymptomen gehören Anämie, Abgeschlagenheit, Reizbarkeit, Krankheitsgefühl und Kardiomyopathie.
Möller-Barlow-Krankheit
Bei der Möller-Barlow-Krankheit stehen Störungen der Dentition mit Gingivaveränderungen und leicht blutendem Zahnfleisch im Vordergrund. Hinzu kommen meist petechiale Haut- und Schleimhautblutungen. Die Kollagensynthesestörung führt in der Wachstumsphase zu einer gestörten oder unterbundenen Knochenbildung; offene Epiphysenfugen werden bindegewebig durchsetzt, die kostochondralen Junktionen verbreitern sich und werden durch Knorpelfragmente ersetzt. Subperiostale, intraossäre und intraartikuläre Einblutungen führen zu einer massiven, fast pathognomonischen Schmerzsymptomatik, die schon durch kleinste Erschütterungen provozierbar ist (Hampelmann-Phänomen). Weitere Symptome sind blutige Diarrhoen sowie Mikro- oder Makrohämaturie. Die für den Skorbut Erwachsener typischen hämorrhagischen follikulären Keratosen fehlen.
Labor
Bei Vitamin-C-Mangel ist der Ascorbinsäurespiegel im Plasma deutlich erniedrigt, ebenso die Ausscheidung im Urin nach Verabreichung einer Vitamin-C-Provokationsdosis. Verlässlicher und empfindlicher ist die Bestimmung des leukozytären Ascorbinsäurespiegels. Die Gerinnungsdiagnostik ist normal.
Therapie
Der Skorbutpatient sollte mit oraler Vitamin-C-Substitution behandelt werden (Erwachsene: 500–1000 mg tgl.; Kinder: 150–300 mg tgl.). Hierunter sollte es zu einer raschen Abheilung der kutanen Symptomatik kommen.

Vitamin D

Die Haut ist gemeinsam mit anderen Organen befähigt, Vitamin D3 (Cholecalciferol) zu bilden. Keratinozyten aber auch Makrophagen und Fibroblasten synthetisieren Vitamin D3 aus 7-Dehydrocholesterol unter Anwesenheit von UV-Strahlung durch eine fotochemische Reaktion. Vitamin D bindet an nukleäre Vitamin-D-Rezeptoren und ist somit ein Transkriptionsfaktor. Vitamin D3 fördert auf diesem Wege die intestinale Kalziumresorption und mobilisiert Kalzium aus den Knochen; es ist essenzieller Faktor der Kalziumhomöostase und des Knochenmetabolismus. Auch der Phosphatstoffwechsel und die alkalische Phosphatase im Blut werden durch Vitamin D3 reguliert. Gerade in der Wachstumsphase ist die Steuerung der Knochenbildung und Knochenmineralisation eine zentrale Aufgabe des Vitamin D. Vitamin D3 ist essenziell für eine normale Entwicklung und Proliferation der Keratinozyten. Vermittelt über kutane Vitamin-D-Rezeptoren wirkt Vitamin D3 autokrin antiproliferativ und fördernd auf die epidermale Zelldifferenzierung; Eigenschaften, die es zu einer tragenden Säule der topischen Therapie der Psoriasis vulgaris machen.
Eine weitere wichtige Rolle fällt Vitamin D3 in der Regulation antimikrobieller Peptide (AMP) zu. AMP werden in Keratinozyten, Neutrophilen und vielen anderen Zelltypen produziert. Eine gestörte Regulation der AMP scheint bei infektiösen und autoimmunen Erkrankungen von pathogenetischer Bedeutung zu sein. Innerhalb der Promotorsequenz der AMP konnte eine Vitamin-D-Rezeptor-Bindungsstelle identifiziert werden, sodass die Gene bestimmter AMP direkte Zielstruktur für Vitamin D3 in Keratinozyten sind. Somit ist Vitamin D3 ein Immunregulator; es ermöglicht eine effiziente antimikrobielle Abwehr an Haut und Schleimhaut.

Vitamin-D-Mangel

Er entsteht durch unzureichende Aufnahme (wie beim Malabsorptionssyndrom), fehlende UV-Exposition, Hypoparathyreoidismus, Nierenerkrankungen, Lebererkrankungen, kongenitale Defekte der Hydroxylierung (Typ I) oder des Vitamin-D-Rezeptors (Typ II). Leitsymptom bei Vitamin-D-Mangel ist eine diffuse, nicht vernarbende Alopezie.
Klinik
Typische Folge eines Vitamin-D-Mangels im Kindesalter ist die Rachitis. Sie zeigt sich durch typische Skelettveränderungen wie eine gestörte Verkalkung der wachsenden Knochen mit Hypertrophie der Epiphysenknorpel, Wachstumsstörungen und Knochendeformitäten (Genu varum) sowie einer Schwellung der Rippen an der Knochengrenze (rachitischer Rosenkranz). Rachitis ist durch die heute obligate Rachitisprophylaxe fast ausschließlich in Entwicklungsländern oder bei Malabsorptionsstörungen anzutreffen. Im Erwachsenenalter kann ein Vitamin-D-Mangel zu Osteomalazie mit Knochenschmerzen und Spontanfrakturen führen. Sekundär kann ein Kalziummangel und damit eine rachitische Tetanie bedingt werden.
Therapie
Ein Vitamin-D-Mangel wird durch Vitamin-D-Substitution behandelt. Skelettveränderungen sowie eine etwaige Störung des Kalziumhaushalts werden individuell therapiert. Die Höhe der Substitution wird kontrovers diskutiert. Empfohlen werden täglich 5 μg (200 IE) für Kinder und Erwachsene bis zum 50. Lebensjahr, 10 μg (400 IE) für 50- bis 70-Jährige und 15 μg (600 IE) ab dem 71. Lebensjahr.

Vitamin-D-Hypervitaminose

Diese kann durch langfristige Überdosierung oder durch eine gesteigerte Empfindlichkeit des Organismus gegenüber Vitamin D zustande kommen. Echte Vitamin-D-Hypervitaminosen wurden häufiger gesehen, als Lupus vulgaris, Psoriasis und Sarkoidose mit hoch dosiertem Vitamin D3 behandelt wurden. Patienten mit Sarkoidose neigen zu Hyperkalzämie, da die sarkoiden Granulome Vitamin D produzieren können. Ausgeprägte Sonnenexposition von Sarkoidose-Patienten soll diese Tendenz verstärken.
Klinik
Die klassische Symptomatik umfasst Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Kopfschmerzen. Zusätzlicher Nettoeffekt der Hypervitaminose sind Hyperkalzämie, Hyperkalziurie sowie konsekutive Osteoporose.
Therapie
Eine Vitamin-D-Hypervitaminose wird durch Absetzen der Vitamin-D-Substitution, kalziumarme Diät, erhöhte Flüssigkeitszufuhr und gegebenenfalls systemische Anwendung von Glukokortikoiden behandelt.

Vitamin E

Vitamin E ist ein Sammelbegriff für vier Tocopherole (α, β, γ und δ). Vitamin E wird nur von Pflanzen (insbesondere Getreide, Kerne, Oliven) und einigen Cyanobakterien synthetisiert. Alle Formen von Vitamin E haben antioxidative Eigenschaften, wobei Tocopherol-α die reaktivste Form darstellt. In Membranen eingebaut, schützt Vitamin E diese vor oxidativer Zerstörung. γ-Tocopherol werden anti-inflammatorische und antikanzerogene Kapazitäten nachgesagt. Zudem beeinflusst Vitamin E den Arachidonsäurestoffwechsel über eine Hemmung der Cyclooxigenase-2. Vitamin E wirkt bei zahlreichen Genen als Transkriptionsfaktor. Der Einsatz von Vitamin E bei verschiedenen dermatologischen Erkrankungen wie Granuloma anulare und Wundheilungsstörungen wird diskutiert, evidenzbasierte Daten fehlen.

Vitamin-E-Mangel

Vitamin-E-Mangel kann eine Anämie bedingen sowie renale und neurologische Alterationen hervorrufen. Kutane Manifestationen umfassen periphere Ödeme und schuppende Dermatitis. Von Bedeutung sind iatrogene oder diätetische Vitamin-E-Überdosierungen. Da Vitamin E die Wirkung von Vitamin K antagonisiert und Cumarinderivate in ihrer Wirksamkeit steigert, können Blutungen auftreten.

Biotin (Vitamin H)

Biotin wird auch als Vitamin H oder Vitamin B7 bezeichnet und ist ein Koenzym für Carboxylasen im Fettstoffwechsel und Kohlenhydratstoffwechsel. Besonders biotinreich sind Innereien, Eigelb und Hefe. Ein ernährungsbedingter Biotinmangel ist selten, da die Darmflora substanzielle Mengen an Biotin synthetisiert. Patienten mit Kurzdarmsyndrom sind auf eine parenterale Biotingabe angewiesen. Eine längerfristige Antibiotikaeinnahme oder chronischer Alkoholismus kann über eine Schädigung der Darmflora zu einem Biotinmangel führen. Schwangere scheinen Biotin schneller abzubauen und sind häufiger von einem leichten Biotinmangel betroffen. Avidin, ein in rohem Eiweiß enthaltenes Protein, bindet Biotin und kann nach exzessiver Zufuhr einen Biotinmangel induzieren.

Biotinmangel

Auffälligkeiten sind zentralnervöse Störungen, EKG-Veränderungen, Abgeschlagenheit, Muskelschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit sowie Infektanfälligkeit.
An der Haut kann ein Biotinmangel Dermatitis, Schuppung sowie Haarausfall oder Farbveränderungen der Haare und brüchige Nägel induzieren. Ausgeprägter sind die Hautveränderungen bei Kindern mit kongenitalen Defekten in biotinabhängigen Enzymen, wie dem Holokarboxylase-Synthetase-Mangel und dem Biotinidasemangel. Hier wurden Hautveränderungen beschrieben, die jenen bei Acrodermatitis enteropathica ähneln.
Besserung erfolgt unter Biotin-Substitution (10 mg/Tag). Zur Prophylaxe sind 0,2 mg/Tag ausreichend.

Vitamin K

Vitamin K ist der Überbegriff für Menadion(2-Methyl-1,4-naphthochinon-)-Derivate. Die einzelnen Vitamin-K-Vitamere sind Seitenkettenhomologe; Vitamin K1 (Phyllochinon) ist Bestandteil der Flora, Vitamin K2 (Menachinon) ist ein bakterielles Syntheseprodukt. Über den Verzehr von Pflanzen und Ölen sowie über die bakterielle Synthese (Escherichia coli) im Darm können beide Derivate zur Deckung des Vitamin-K-Bedarfs des Menschen beitragen; physiologisch ist ein paritätisches Verhältnis. Vitamin K ist Kofaktor bei der Karboxylierung von Glutamylresten in Proteinen und somit unabdingbar für die Synthese der Gerinnungsfaktoren II (Prothrombin), VII, IX und X, der antikoagulativen Proteine S, C und Z sowie zahlreicher weiterer Proteine.

Vitamin-K-Mangel

Als lipophile Verbindungen werden Phyllochinone zusammen mit Lipiden intestinal resorbiert, hierfür ist die Anwesenheit von Gallensäuren erforderlich. Somit ist bei Stauungsikterus, Leberfunktionsstörungen, Malabsorptionssyndromen sowie bei iatrogenen Störungen der Darmflora (Chemotherapeutika, Antibiotika, Salizylate, Cholestyramin) mit einer reduzierten enteralen Aufnahme beispielsweise mit Störungen der enteralen Vitamin-K-Synthese zu rechnen. Auch die längerfristige Anwendung von Vitamin-K-Antimetaboliten (Cumarinderivate, Salizylsäureverbindungen) kann zu einem Vitamin-K-Mangel führen.
Klinik
Kardinalsymptom des Vitamin-K-Mangels ist eine allgemeine Blutungsneigung. Oft ist eine Makrohämaturie das erste Zeichen. Durch mechanische Belastungen sind an der Haut rasch Sugillationen oder Ekchymosen provozierbar. Diese sollten Anlass für entsprechende laborchemische Untersuchungen (Blutgerinnungszeit, Blutungszeit, Prothrombinzeit, Vitamin-K-Blutspiegel, PIVKA [proteins induced by vitamine K absence]) sein, welche die Abgrenzung gegenüber anderen hämatologischen Pathologien erlauben. Neugeborene sind besonders anfällig für einen Vitamin-K-Mangel, da noch keine ausreichenden Mengen an Gerinnungsfaktoren gebildet oder gespeichert wurden (Vitamin K ist schlecht plazentagängig), wegen der unzureichenden Aufnahme über die Muttermilch und der noch nicht erfolgten enteralen Kolonisation mit Vitamin-K-bildenden Bakterien.
Therapie
Die Behandlung eines Vitamin-K-Mangels erfolgt durch subkutane, intramuskuläre, intravenöse (nur im Notfall; Gefahr der Anaphylaxie) oder orale Gabe von Vitamin K1. Neugeborene erhalten in der Regel routinemäßig eine orale oder eine intramuskuläre Vitamin-K-Applikation. Zudem wird Vitamin K bei Blutungen oder Blutungsgefahr infolge von Hypoprothrombinämie sowie bei Überdosierung von Cumarinderivaten eingesetzt.
Selten wurden Patienten beschrieben, die auf Vitamin-K-Injektionen allergisch reagieren und sehr schwere erythematöse kreisförmige Hämorrhagien entwickeln; Ursache ist hier offenbar Vitamin K. Noch seltener können verhärtete Plaques an den Injektionsstellen entstehen (Texier-Krankheit [Texier et al. 1972]).
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