Allgemeine Therapiemaßnahmen
Prärenales und postrenales ANV sind nach rascher Korrektur der primären Störung (z. B. Flüssigkeitsdefizit) bzw. Beseitigung der Obstruktion häufig schnell reversibel (bzw. gehen bei nicht zeitnaher Therapie in ein intrarenales ANV über).
Für das intrarenale (ischämische/nephrotoxische) ANV besteht keine spezifische Therapie.
Deshalb sollte man eine stabile hämodynamische Situation mit ausgeglichenem Volumenstatus anstreben, neue toxische oder hämodynamische Insulte vermeiden, urämische
Toxine entfernen und mögliche Komplikationen beherrschen.
Beim
hepatorenalen Syndrom mit Vasodilatation im Splanchnikusgebiet erhöhen Ornipressin/Terlipressin (= Vasopressinanaloga), häufig kombiniert mit
Albumin (ca. 1 g/kg KG/Tag), den systemischen Blutdruck, vermindern Plasmarenin und
Noradrenalin und führen zu einer Steigerung der GFR und der Na
+- und Urinausscheidung. Therapieerfolge sind auch zu verzeichnen mit der Kombination aus Midodrin (α
1-adrenerger Agonist, maximal 3-mal 15 mg) und Octreotid (
Somatostatin Analogon; hemmt die Freisetzung von endogenen Vasodilatatoren; 3-mal 100–200 μg). In kleineren Fallserien war die Kombination aus Noradrenalin + Albumin erfolgreich. Die Prognose des hepatorenalen Syndroms ist günstig, wenn es gelingt, die Leberfunktion wiederherzustellen, z. B. mittels einer
Lebertransplantation oder Alkoholabstinenz (Myburgh et al.
2012).
Bei
akuter tubulointerstitieller Nephritis lässt sich die Erholung der Nierenfunktion durch eine Steroidgabe (1 mg/kg KG/Tag) häufig beschleunigen. Beim
Niereninfarkt erfolgt in der Regel eine Antikoagulation, besonders bei
Vorhofflimmern oder bei Vorhof- oder Ventrikelthromben. Gegebenenfalls erfolgt die Einleitung einer lokalen oder systemischen Thrombolyse innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen nach Symptombeginn mit schlecht vorhersagbaren Erfolgsaussichten. Ebenfalls können interventionelle Verfahren zum Einsatz kommen.
Weitere
allgemeine Therapiemaßnahmen beim ANV sind Flüssigkeitsvolumenbilanzierung mit Anpassung der Flüssigkeitszufuhr an die Diuresemenge. Beim ANV ist die
Dosisanpassung renal eliminierter/metabolisierter Medikamente wichtig (Tab.
3). Viele Medikamente müssen beim ANV reduziert bzw. abgesetzt werden (z. B. Aminoglykoside,
Vancomycin, Sotalol, Spironolacton). Gentamycin: Bei zwingender Indikation grundsätzlich als Einmalgabe mit einer „loading dose“ von, z. B. 240 mg i. v. und danach z. B. 40 mg täglich i. v. (120 mg nach HD i. v.) unter Talspiegelkontrolle bei schwerem ANV.
Piperacillin | 1, → 4 | 4 g | 3 × 4 g | 2 × 4 g | 2 × 4 g | 4 g n. HD | 2 × 4 g |
Tazobactam | 1,0 → 8 | 0,5 g | 3 × 0,5 g | 2 × 0,5 g | 2 × 0,5 g | 0,5 g | 2 × 0,5 g |
Ceftazidim | 2,1 → 25 | 2 g | 3 × 2 g | 2 × 2 g | 1 × 1 g | 2 g n. HD | 2 × 1 g |
Ciprofloxacin | 4,4 → 10 | 400 mg | 2 × 400 mg | 2 × 400 mg | 1 × 400 mg | 400 mg | 2 × 400 mg |
| 2 → 48 | 240 mg | 1 × 240 mg | 1 × 120 mg | 1 × 40 mg | 120 mg | 1 × 120 mg |
Vancomycin | 6 → 150 | 1 g | 2 × 1 g | 1 × 1 g | 500 mg alle 72 h | 500 mg n. HD | 1 × 500 mg |
In Tab.
3 sind einige Informationen wiedergegeben.
Eine wichtige Determinante für die Ausscheidung von Medikamenten ist die extrarenale Dosisfraktion Q0: Beim nur extrarenal eliminierten Medikament ergibt sich ein Q0 = 1, wohingegen bei überwiegender renaler Elimination ein niedriger Q0-Wert von, z. B. 0,02 (für Gentamycin) besteht. Medikamente mit einem Q0 < 0,2 sind:
Acetazolamid, Aciclovir, ɛ-Aminocapronsäure, Ampicillin,
Atenolol, Aztreonam, Baclofen, Bezafibrat, Bretylium, Carbenicillin, Cefalotin, Cefamandol, Cefazolin, Cefepim, Cefixim, Cefoxitin, Cefsulodin, Ceftazidim, Cefuroxim, Cidofovir, Cilastin, Enalapril, Fluconazol,
Flucytosin, Foscarnet, Fosfomycin,
Gabapentin, Gadodiamid, Ganciclovir, Gemcitabin,
Gentamicin, Imipenem, Kanamycin, Lamivudin, Mannitol, Meropenem, Metformin, Methicillin,
Methotrexat, Mitoxantron, Netilmicin, Ofloxacin, Oseltamivir, Penicillin G, Practolol, Sotalol, Streptomycin, Sulbactam, Tetracyclin,
Tobramycin, Tranexamsäure, Valaciclovir,
Vancomycin, Vinorelbin, Zoledronsäure.
Zugangsmöglichkeiten für extrakorporale Verfahren
Für die Wahl des Gefäßzugangs sind mehrere Faktoren wie das Patientenalter, ANV oder
chronische Niereninsuffizienz (CNI), voraussichtliche Dialysedauer und der arterielle Gefäßstatus zu berücksichtigen.
Arteriovenöse Fisteln
Spielen bei Intensivpatienten normalerweise keine Rolle! Bei chronischer Dialysepflicht wird vorzugsweise eine sog. Brescia-Cimino-Fistel zwischen V. cephalica am Unterarm und A. radialis am nicht dominanten Arm angelegt.
Shaldon-Katheter
Ein- oder doppellumige Shaldon-Katheter (Erstbeschreiber Stanley Shaldon) in den Größen 6–13 F (bei Erwachsenen z. B. 8-F-Single-Lumen, 11–13 F bei Doppel-/Triplelumenkatheter) stehen zur Verfügung. Der Shaldon-Katheter wird mittels Seldinger-Technik in großlumige Venen, bevorzugt die V. jugularis interna (Katheterlänge 15–17 cm bei rechter/19–20 cm bei linker V. jugularis interna), eingebracht.
Wichtige Grundsätze für die Verwendung von Dialysekathetern auf der Intensivstation
-
Das Infektionsrisiko ist für ZVK und Dialysekatheter in der V. femoralis am höchsten, deshalb möglichst die V. jugularis interna verwenden. Großlumige Dialysekatheter in der V. subclavia wegen hohen Risikos venöser Stenosen vermeiden, damit eine spätere
Shuntanlage am Arm der betroffenen Seite nicht unmöglich wird.
-
In Ausnahmefällen kann die V. subclavia verwendet werden. Manche Autoren argumentieren, dass 1. die Mortalität sehr hoch sei und 2. die Mehrzahl der mit Akutdialyse auf der Intensivstation behandelten Patienten ohnehin nicht dialysepflichtig bleibt, somit das Risiko der Verwendung der V. subclavia akzeptabel sei.
-
Getunnelte permanente Katheter („Demers-Katheter“) haben ein erheblich niedrigeres Infektrisiko als nicht getunnelte Katheter. Sie werden insbesondere bei Patienten mit absehbar langer Dialysedauer verwendet.
-
Die auf der Intensivstation üblichen Standards bei Katheter anlage und -pflege haben eine deutliche Abnahme der Infektrate ermöglicht.
-
Bei Nichtgebrauch müssen Dialysekatheter blockiert werden; bisher üblicherweise mit Heparinlösungen. Spezielle Blocklösungen wie Citratlösungen, Mischungen aus Taurolidin und Citrat oder antibiotikahaltige Lösungen weisen eine niedrigere Infektionsrate auf. Die besten Daten gibt es bisher für eine 30 %ige Citratlösung (Weijmer et al.
2005).
-
Eine prophylaktische Erneuerung/Wechsel von Shaldon-Kathetern bei fehlenden Infektzeichen ist nicht indiziert.
Peritonealdialysekatheter
Akutanlage eines PD-Katheters. Die PD ist in erfahrenen Zentren, besonders zur Behandlung von Kindern, ein alternatives Intensivdialyseverfahren.