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Pädiatrie
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Publiziert am: 04.04.2019

Grundlagen der Ernährung von Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Mathilde Kersting und Hildegard Przyrembel
Die deutschsprachigen Länder erstellen gemeinsame Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, die regelmäßig aktualisiert werden. Ihre Ableitung entspricht im Wesentlichen der anderer Länder. Trotzdem zeigen Vergleiche mit den Referenzwerten anderer Länder und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) Unterschiede für einzelne Nährstoffe oder einzelne Lebensalter. Diese, quantitativ meist nicht sehr großen Abweichungen, sind durch Unterschiede in der Herangehensweise und in der Definition von Referenzwerten zu erklären. In Abhängigkeit vom gegenwärtigen Kenntnisstand werden in den deutschsprachigen Ländern Empfehlungen, Schätzwerte und Richtwerte unterschieden. Empfehlungen werden vom experimentell ermittelten oder aus langfristigen Erhebungen erschlossenen durchschnittlichen Bedarf einer vor allem nach Alter und Geschlecht definierten Bevölkerungsgruppe abgeleitet, indem gewöhnlich ein Zuschlag von 20–30 % addiert wird, der größenordnungsmäßig einer hypothetischen doppelten Standardabweichung entspricht. Allerdings gibt es für ältere Säuglinge und Kinder nur wenige experimentelle oder verlässliche langfristige Beobachtungsstudien, sodass ihre Referenzwerte meistens von Erwachsenenwerten extrapoliert werden müssen. Dies geschieht entweder mit Bezug auf Referenzkörpergewichte oder – seltener – mit Bezug auf den Referenzenergiebedarf.

Nährstoff- und Energiebedarf

Referenzwerte

Die deutschsprachigen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz haben gemeinsame Referenzwerte für die Energie- und Nährstoffzufuhr, geordnet nach Lebensalter oder Lebensumständen, erstellt, die entweder experimentell ermittelt oder aus langfristigen Erhebungen abgeleitet wurden. Ihre Ableitung entspricht im Wesentlichen der anderer Länder bzw. Organisationen. Trotzdem zeigen Vergleiche mit den Referenzwerten anderer Institutionen einzelne Abweichungen. Diese, quantitativ meist nicht sehr großen Abweichungen, sind durch Unterschiede in der Herangehensweise, den verfügbaren Daten und in der Definition von Referenzwerten zu erklären. Weltweit bestehen Bemühungen, sowohl die Datenbasis als auch die Methodik zu harmonisieren, sodass Referenzwerte einer Region nur noch an z. B. Unterschiede von Körpermaßen in einer anderen Region angepasst werden müssen.
In Abhängigkeit vom gegenwärtigen Kenntnisstand werden in den deutschsprachigen Ländern Empfehlungen, Schätzwerte und Richtwerte unterschieden:
Empfehlungen werden vom experimentell ermittelten oder aus langfristigen Erhebungen erschlossenen durchschnittlichen Bedarf einer nach Alter und Geschlecht definierten Bevölkerungsgruppe abgeleitet. Da allerdings der Nährstoffbedarf mit Ausnahme von Protein nicht normal verteilt ist, wird zum Mittelwert die 2-fache Standardabweichung addiert. Es wird angenommen, dass hiermit der Bedarf von fast 98 % aller gesunden Personen der betreffenden Bevölkerungsgruppe gedeckt wird. Referenzwerte der Nährstoffe, für die Empfehlungen abgeleitet werden konnten, sind in Tab. 1 und 2 zu finden.
Tab. 1
Empfohlene Nährstoffzufuhr für Protein, essenzielle Fettsäuren, Kalzium, Phosphor, Magnesium, Eisen, Jod, Zink (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE 2017)
Alter
Protein
Essenzielle Fettsäuren
Kalzium
Phospor
Magnesium
Eisen
Jod
Zink
g/kg KGa
g/Tagb
% der Energie
mg/Tag
mg/Tag
mg/Tag
mg/Tag
μg/Tag
mg/Tag
m
w
m
w
Linolsäure
α-Linolensäured
  
m
w
m
w
D, A
WHO, CH
m
w
Säuglinge
0–1 Mon
2,5c
8
4,0
0,5
220d
120d
24d
0,5d,i
40d
50
1,0d
1–<2 Mon
1,8c
8
2–<4 Mon
1,4c
8
4–<12 Mon
1,3
11
3,5
0,5
330
300
60
8
80
50
2,0
Kinder und Jugendliche
1–<4 J
1,0
14
3,0
0,5
600
500
80
8
100
90
3,0
4–<7 J
0,9
18
2,5
750
600
120
120
5,0
7–<10 J
26
900
800
170
10
140
120
7,0
10–<13 J
37
38
1100
1250
230
250
12
15
180
9,0
7,0
13–<15 J
50
49
1200
310
15
200
150
9,5
15–<19 J
0,9
0,8
62
48
400
350
10,0
Schwangere
2. Trimester
0,9
Plus 7
2,5d,e
0,5
1000f
800g
310h
30
230
200
10
3. Trimester
1,0
Plus 21
Stillende
 
1,2
Plus 23
2,5d,e
 
1000f
900g
390
20
260
200
11
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, m männlich (reifgeboren), w weiblich (reifgeboren), D Deutschland, A Österreich, CH Schweiz, WHO Weltgesundheitsorganisation, Mon Monate, J Jahre, KG Körpergewicht
abezogen auf das Normalgewicht
bbezogen auf das Referenzgewicht
cEs handelt sich um Schätzwerte, die sich an der Frauenmilch orientieren
dEs handelt sich um einen Schätzwert
eSchwangere und Stillende sollten mindestens 200 mg Docosahexaensäure/Tag zu sich nehmen
fSchwangere und Stillende<19 Jahre 1200 mg
gSchwangere und Stillende<19 Jahre 1250 mg
hSchwangere<19 Jahre 350 mg
iausgenommen Unreifgeborene
Tab. 2
Empfohlene Vitaminzufuhr (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE 2017)
Alter
Thiamin
Riboflavin
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Folsäure Nahrungsfolat
Cobalamin
mg Retinol-Äqa/Tag
mg/Tag
mg/Tag
mg Äqc Tag
mg/Tag
μg Folat-Äqe/Tag
μg/Tag
mg/Tag
m
w
m
w
m
w
m
w
m
w
  
m
w
Säuglinge
0–<4 Mon
0,5b
0,2b
0,3b
2b, d
0,1b
60b
0,4b
20b
4–<12 Mon
0,6
0,4
0,4
5
0,3
80b
0,8
Kinder und Jugendliche
1–<4 J
0,6
0,6
0,7
8
0,4
120
1,0
20
4–<7 J
0,7
0,7
0,8
9
0,5
140
1,5
30
7–<10 J
0,8
0,9
0,8
1,0
0,9
11
10
0,7
180
1,8
45
10–<13 J
0,9
1,0
0,9
1,1
1,0
13
11
1,0
240
2,0
65
13–<15 J
1,1
1,0
1,2
1,0
1,4
1,1
15
13
1,4
300
3,0
85
15–<19 J
0,9
1,4
1,1
1,6
1,2
17
1,6
1,2
300f
105
90
Schwangeref
2. Trimester
1,1
1,2
1,3
14
1,9
550
3,5
105
3. Trimester
  
1,3
1,4
16
      
Stillende
 
1,5
1,3
1,4
16
 
1,9
450
4,0
125
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, m männlich (reifgeboren), w weiblich (reifgeboren), D Deutschland, A Österreich, CH Schweiz, Mon Monate, J Jahre, Äq Äquivalent
a1 mg Retinol-Äquivalent = 1 mg Retinol = 6 mg all-trans-β-Carotin = 12 mg andere Provitamin-A-Carotinoide = 1,15 mg all-trans-Retinylacetat = 1,83 mg all-trans-Retinylpalmitat; 1 IE = 0,3 μ Retinol
bDies ist ein Schätzwert
c1 mg Niacin-Äquivalent = 1 mg Niacin = 60 mgTryptophan
dvorgebildetes Niacin
e1 Folat-Äquivalent = 1 μg Nahrungsfolat = 0,5 μg Folsäure
fFrauen, die schwanger werden wollen oder können, sollten neben einer folatreichen Ernährung 400 μg synthetische Folsäure pro Tag in Tablettenform einnehmen, um das Risiko für Neuralrohrdefekte zu vermindern. Die Einnahme des Folsäurepräparats sollte spätestens 4 Wochen vor Beginn der Schwangerschaft beginnen und während des 1. Drittels der Schwangerschaft beibehalten werden
Schätzwerte für eine angemessene und gesundheitlich unbedenkliche Zufuhr wurden für Nährstoffe festgesetzt, deren Bedarf nicht mit der wünschenswerten Genauigkeit bestimmt werden kann. In der Regel besteht die Datenbasis hierfür aus Beobachtungen an Gesunden, die keine Hinweise auf eine unzureichende Versorgung bieten (Tab. 3 und 4). Schätzwerte entsprechen in ihrer Definition in etwa den adäquaten Zufuhrwerten („adequate intake“, AI) der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA).
Tab. 3
Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr pro Tag für Natrium, Chlorid, Kalium und Spurenelemente (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE 2017)
Alter
Natriuma
Chloridb
Kaliumc
mg/Tag
mg/Tag
mg/Tag
mg/Tag
mg/Tag
μg/Tag
μg/Tag
μg/Tag
Säuglinge
0–<4 Mon
130
300
400
0,2–0,6
Keine Angaben
10
7
1–10
4–<12 Mon
200
450
600
0,6–0,7
0,6–1,0
15
20–40
20–40
Kinder und Jugendliche
1–<4 J
400
600
1100
0,5–1,0
1,0–1,5
15
20–40
20–60
4–<7 J
500
750
1300
0,5–1,0
1,5–2,0
20
30–75
20–80
7–<10 J
750
1150
2000
0,5–1,0
2,0–3,0
30
40–80
20–100
10–<13 J
1100
1700
2900
1,0–1,5
2,0–5,0
45
50–100
13–<15 J
1400
2150
3600
60
15–<19 J
1500
2300
4000
70
60
30–100
Schwangere
 
1500
2300
4000
  
60
  
Stillende
 
1500
2300
4000
  
75
  
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, m männlich (reifgeboren), w weiblich (reifgeboren), D Deutschland, A Österreich, CH Schweiz, Mon Monate, J Jahre
a23 mg Natrium entsprechen 1 mmol Natrium
b35,5 mg Chlorid entsprechen 1 mmol Chlorid
c39,1 mg Kalium entsprechen 1 mmol Kalium
Tab. 4
Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr pro Tag für Vitamine (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE 2017)
Alter
Vitamin D Calciferolea
Vitamin E α-Tocopherol
 
μgb/Tag
mg-Äq/Tage, f
μg/Tag
μg/Tag
mg/Tag
  
m
w
m
w
  
Säuglinge
0–<4 Mon
10c
3
4
5
2
4–<12 Mon
4
10
5–10
3
Kinder und Jugendliche
1–<4 J
20d
6
5
15
10–15
4
4–<4 J
8
8
20
7–<7 J
10
9
30
15–20
5
10–<13 J
13
11
40
20–30
13–<15 J
14
12
50
25–35
6
15–<19 J
15
70
60
30–60
Schwangere6
 
20d
13
60
30–60
6
Stillende
 
20d
17g
60
30–60
6
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, m männlich (reifgeboren), w weiblich (reifgeboren), D Deutschland, A Österreich, CH Schweiz, Mon Monate, J Jahre, Äq Äquivalent
aBei fehlender endogener Synthese
b1 μg = 40 Internationale Einheiten (IE); 1 IE = 0,025 μg
cGestillte und nichtgestillte Säuglinge erhalten ab der 1. Lebenswoche zur Rachitisprophylaxe eine Vitamin-D-Tablette, um den Schätzwert zu erreichen, unabhängig vom Vitamin-D-Gehalt der Frauenmilch bzw. der Säuglingsnahrung. Die Prophylaxe sollte in den Wintermonaten des 2. Lebensjahres fortgesetzt werden
dDie Vitamin-D-Aufnahme mit der Ernährung mit üblichen Lebensmitteln (1–2 μg/Tag bei Kindern, 2–4 μg/Tag bei Jugendlichen und Erwachsenen) reicht nicht aus, um die gewünschte Konzentration von 25-Hydroxycholecalciferol im Serum von 50 nmol/l bei fehlender endogener Synthese zu erreichen. Hierfür werden 20 μg/Tag benötigt. Je nach Sonnenbestrahlung der Haut kann die benötigt Dosis an Vitamin D niedriger liegen
e1 mg RRR-α-Tocopherol-Äquivalent = 1 mg RRR-α-Tocopherol = 1,49 IE; 1 IE = 0,67 mg RRR-α-Tocopherol = 1 mg all-rac-α-Tocopherylacetat
f1 mg RRR-α-Tocopherol(D-α-Tocopherol)-Äquivalent = 1,1 mg RRR-α-Tocopherylacetat (D-α-Tocopherylacetat) = 2 mg RRR-ß-Tocopherol (D-ß-Tocopherol) = 4 mg RRR-γ-Tocopherol (D-γ-Tocopherol) = 100 mg RRR-δ-Tocopherol (D-δ-Tocopherol) = 3,3 mg RRR-α-Tocotrienol (D-α-Tocotrienol) = 1,49 mg all-rac-α-Tocopherylacetat (D,L-α-Tocopherylacetat)-
gca. 260 μg RRR-α-Tocopherol-Äquivalente-Zulage pro 100 g sezernierte Milch
Für die Einzelperson sind Empfehlungen bzw. Schätzwerte nur Zielgrößen, die Unterversorgung weitgehend ausschließen. Unterschreitung von Empfehlungen bzw. Schätzwerten bedeutet für die Einzelperson nicht notwendigerweise Mangelversorgung, sondern weist nur auf deren Möglichkeit hin.
Richtwerte geben zum einen eine Orientierung für eine ausreichende Versorgung von Nährstoffen, die nicht essenziell sind, d. h. für die kein Bedarf besteht, obwohl sie Teil einer gesunden Ernährung sind (Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Fett, Fluorid). Zum anderen betreffen sie essenzielle Bestandteile wie Wasser und Energie, für die ein Bedarf besteht, der aber von zahlreichen Faktoren, wie körperliche Aktivität, Temperatur, Lebensstil beeinflusst wird (Tab. 5 und 6).
Tab. 5
Richtwerte für die Energiezufuhr für Säuglinge (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE 2017)
Alter
MJ/Tag
kcal/Tag
MJ/kg KG
kcal/kg KG
 
m
w
m
w
m
w
m
w
0–<4 Mon
2,3
2,0
550
500
0,4
100
4–<12 Mon
2,8
2,6
700
600
0,3
80
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, m männlich (reifgeboren), w weiblich (reifgeboren), D Deutschland, A Österreich, CH Schweiz, KG Körpergewicht, Mon Monate
Tab. 6
Referenzwerte für die Energiezufuhr (MJ) für Säuglinge. (nach EFSA 2013)
Alter(Monate)
Durchschnittsbedarf
MJ/Tag
kcal/Tag)
m
w
m
w
6
2,5
2,3
598
550
7
2,7
2,4
645
574
8
2,8
2,5
669
598
9
2,9
2,6
693
621
10
3,0
2,7
717
645
11
3,1
2,8
740
669
In den folgenden Tabellen sind die Referenzwerte für Erwachsene der Übersichtlichkeit halber nicht mit aufgelistet, während die Referenzwerte für Schwangere und Stillende angegeben werden, da die Ernährung der Schwangeren/Stillenden Auswirkungen auf das Kind haben kann.
Immer häufiger werden isolierte Nährstoffe zahlreichen Lebensmitteln zugesetzt (Anreicherung) oder in Form von Tabletten, Granulaten und Ähnlichem (Supplemente, Nahrungsergänzungsmittel) für Verbraucher angeboten, wodurch unter Umständen erhebliche Überschreitungen der empfohlenen Zufuhr möglich werden. Obere Grenzwerte („tolerable upper intake levels“, UL) wurden von der EFSA abgeleitet. Sie geben die höchste durchschnittliche tägliche Zufuhr eines Nährstoffs aus allen Quellen (Lebensmittel, Anreicherung, Supplemente) an, die von praktisch allen Individuen einer Gruppe ohne gesundheitliches Risiko aufgenommen werden kann. Die Kenntnisse über gesundheitliche Schäden durch eine chronisch überhöhte Nährstoffzufuhr sind allerdings sehr lückenhaft, insbesondere bei Säuglingen und Kindern.
Die Referenzwerte für die Zufuhr von Energie und Nährstoffen in den ersten 4 (bis 6) Lebensmonaten gelten für gestillte Säuglinge. Sie wurden in der Regel von den mutmaßlichen Zufuhrwerten ausschließlich gestillter Säuglinge abgeleitet, die optimal gedeihen, und haben den Charakter von Schätzwerten. Für die Nährstoffe, die nicht oder nicht ausreichend in Frauenmilch enthalten sind (Vitamin D, Vitamin K und Fluorid) und für die Altersgruppen jenseits von 4 Monaten bis zum Erwachsenenalter wurden, wenn vorhanden, experimentelle Daten zugrunde gelegt, sonst häufig unter Bezug auf den Energieverbrauch, das Körpergewicht oder die Körperoberfläche von Erwachsenenwerten extrapoliert.
Wichtigste Kriterien für eine gesunde Ernährung sind altersgemäßes Wachstum und altersgemäße Entwicklung, Gesundheit und volle Leistungsfähigkeit. Hilfreich zur Beurteilung des Versorgungszustandes mit einzelnen Nährstoffen sind außerdem Biomarker, deren Korrelation mit der Nährstoffzufuhr sich mathematisch darstellen lässt. Außerdem spielt die Prävention von ernährungsmitbedingten Zivilisationskrankheiten eine Rolle.

Energie

Der Energiebedarf entspricht der Menge an Nahrungsenergie, mit der eine ausgeglichene Energiebilanz gewährleistet wird, d. h., dass in Abhängigkeit von der Körpermasse, der Körperzusammensetzung und der körperlichen Aktivität das Körpergewicht konstant bleibt. Zusätzlich muss im Wachstum, in der Schwangerschaft und in der Stillzeit die hierfür zusätzliche notwendige Energie zugeführt werden.
Als Richtwert für die Energiezufuhr wurde der durchschnittliche Energiebedarf einer definierten Personengruppe mit Sollgewicht festgelegt. Dazu wird der Grund- oder Ruheumsatz mit einem Faktor für die individuelle körperliche Aktivität („physical activity level“, PAL) multipliziert. Es werden keine Sicherheitszuschläge gemacht, die das Risiko für Adipositas bei einem Großteil der Bevölkerungsgruppe erhöhen würden. Der tatsächliche Energiebedarf einer Einzelperson kann nur durch regelmäßige Gewichtskontrollen beurteilt werden.
Nahrungsenergie muss den gesamten täglichen Energieverbrauch ersetzen, der der Summe („total energy expenditure“, TEE) aus Grundumsatz („basal energy expenditure“, BEE), Energie für körperliche Aktivität, postprandiale Thermogenese1, Energie-Verluste mit Stuhl und Urin sowie gegebenenfalls Energie, die für Wachstum, Schwangerschaft und Stillzeit benötigt wird, entspricht. Der Grundumsatz ist die größte Komponente des Energieverbrauchs. Da die Messung des Grundumsatzes aufwendig ist, wird meist stattdessen der Ruheenergieverbrauch („resting energy expenditure“, REE) gemessen, der etwa 10 % höher liegt. Darüber hinaus wird der Energieverbrauch durch Körpergewicht und Körperzusammensetzung, das Geschlecht, die Umgebungstemperatur und möglicherweise durch das Alter und genetische Faktoren beeinflusst.
Die Referenzwerte für Säuglinge beruhen auf Messungen des TEE, was durch verschiedene Methoden möglich ist. Die genaueste ist die Bestimmung mittels Wasser, das doppelt mit stabilen Isotopen (2H218O) markiert ist. Die Messung schließt den Energieverbrauch für Wachstum und körperliche Aktivität mit ein. Vom derart gemessenen Gesamtenergieverbrauch lassen sich in Abhängigkeit von Körpergewicht und -länge Regressionsgleichungen erstellen, die für die Definition von Referenzwerten für Säuglinge verwendet werden.
Die Gleichung für die Berechnung des Energieverbrauchs von Säuglingen lautet:
$$ Energieverbrauch\ \left(\frac{kcal}{Tag}\right)=92,8\times K\overset{\ddot{\mathrm{o}}}{o} rpergewicht\ (kg)-152 $$
$$ Energieverbrauch\ \left(\frac{MJ}{Tag}\right)=0,388\times K\overset{\ddot{\mathrm{o}}}{o} rpergewicht\ (kg)-\mathrm{0,635} $$
Die EFSA hat den durchschnittlichen Energiebedarf pro Lebensmonat errechnet. Die Werte finden sich in Tab. 6.
Das Wachstum ist bei jungen Säuglingen die zweithöchste Komponente des Energiebedarfs. Energie wird benötigt für die Synthese von Protein und Fett und deren Einlagerung in neu gebildetes Gewebe. Energie, die in neu gebildetem Gewebe gelagert wird, wird von der TEE-Messung mit doppelt markiertem Wasser nicht erfasst und muss hinzuaddiert werden, wobei pro Gramm eingelagertem Protein bzw. Fett 5,65 kcal (23,6 kJ) und 9,25 kcal (38,7 kJ) angenommen werden. Unter Verwendung der 50. Perzentilen der Referenzmaße für Körpergröße und Körpergewicht des WHO-Wachstumsstandards aus dem Jahre 2006 ergeben sich die Richtwerte in Tab. 5. Legt man die Energiezufuhr durch Frauenmilch bei ausschließlich gestillten Säuglingen in den ersten 4 Monaten zugrunde, kommt man zu vergleichbaren Referenzwerten.
Die Energiekosten für das Wachstum machen im Alter von 1 Monat etwa 40 % des Gesamtenergieumsatzes aus, im Alter von 12 Monaten nur noch 3 %, um danach auf etwa 1 % abzunehmen. Mit dem pubertären Wachstumsschub steigt der Anteil vorübergehend auf 4 %. Der Energiebedarf für körperliche Aktivität steigt von etwa 20 % des Gesamtenergiebedarfs (3 Monate) auf 30 % (24 Monate). Mit Stuhl und Urin verlieren Säuglinge überdies etwa 10 % der zugeführten Energie, ältere Kinder meist weniger.
Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt es mehrere altersspezifische „prädiktive“ Gleichungen zur Errechnung des Ruheenergieumsatzes, in die einfach messbare Parameter wie Körpergewicht und -größe, Alter, Geschlecht und ethnische Herkunft eingehen. Sie wurden anhand von Regressionsanalysen der Daten von Personen entwickelt, deren Ruheenergieumsatz mit direkten Methoden gemessen worden war. Für Kinder und Jugendliche haben sich die Ernährungsgesellschaften für die alters- und geschlechtsspezifischen Gleichungen von Henry aus dem Jahre 2005 entschieden. Als Referenzwerte für die Körpermaße wurden die 50. Perzentilen der anthropometrischen Maßzahlen aus der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) aus den Jahren 2003–2006 verwendet. Bei Kindern und Jugendlichen wird der Energiebedarf für das durch Wachstum neugebildete Gewebe mit Einlagerung von Protein und Fett zusätzlich durch Multiplikation des errechneten Ruheenergieumsatzes mit dem Faktor 1,01 berücksichtigt
Körperliche Aktivität verbraucht Energie, ist aber individuell sehr unterschiedlich. Dem wird durch die Verwendung von PAL-Faktoren Rechnung getragen. Diese ergeben sich aus dem Quotienten von Gesamtenergieverbrauch und Ruheenergieverbrauch über 24 Stunden für definierte Aktivitäten.
Tab. 7 stellt die PAL-Werte von Erwachsenen mit unterschiedlichen Berufs- und Freizeitaktivitäten zusammen.
Tab. 7
PAL-Werte (physical activitiy level) für Erwachsene. (nach Black et al. 1953)
Arbeitsschwere und Freitzeitverhalten
PALa
Ausschließlich sitzende oder liegende Lebensweise
1,2–1,3
Ausschließlich sitzende Tätigkeit mit wenig oder keiner anstrengenden Freizeitaktivität
1,4–1,5
Sitzende Tätigkeit, zeitweilig auch zusätzlicher Energieaufwand für gehende und stehende Tätigkeiten, wenig oder keiner anstrengenden Freizeitaktivität
1,6–1,7
Überwiegend gehende und stehende Arbeit
1,8–1,9
Körperlich anstrengende berufliche Arbeit oder sehr aktive Freizeittätigkeit
2,0–2,4
aFür sportliche Betätigungen oder für anstrengende Freizeitaktivitäten (30–60 Minuten, 4- bis 5-mal pro Woche) können zusätzlich pro Tag 0,3 PAL-Einheiten hinzugerechnet werden
Tab. 8 enthält die Werte für den errechneten Ruheenergieverbrauch von Kindern und Jugendlichen und die Richtwerte für die Energiezufuhr unter Verwendung von PAL-Werten 1,4–2,0.
Tab. 8
Ruheenergieverbrauch und Richtwerte für die Energiezufuhr von Kindern und Jugendlichen (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE 2017)
Alter (Jahre)
Ruheenergieverbraucha
Richtwerte für die Energiezufuhrb
PAL 1,4
PAL 1,6
PAL 1,8
PAL 2,0
MJ/Tag
kcal/Tag
MJ/Tag
kcal/Tag
MJ/Tag
kcal/Tag
MJ/Tag
kcal/Tag
MJ/Tag
kcal/Tag
Jungen
1 bis <4
3,4
820
4,8
1200
5,5
1300
4 bis <7
4,1
970
5,7
1400
6,6
1600
7,4
1800
7 bis <10
4,9
1170
6,9
1700
7,9
1900
8,9
2100
10 bis <13
5,6
1340
7,9
1900
9,0
2200
10,1
2400
11,3
2700
13 bis <15
6,7
1610
9,5
2300
10,8
2600
12,2
2900
13,5
3200
15 bis <19
7,7
1850
10,9
2600
12,5
3000
14,1
3400
15,6
3700
Mädchen
1 bis <4
3,2
760
4,5
1100
5,1
1200
4 bis <7
3,8
910
5,4
1300
6,1
1500
6,9
1700
7 bis <10
4,5
1080
6,4
1500
7,3
1800
8,2
2000
10 bis <13
5,2
1230
7,3
1700
8,3
2000
9,4
2200
10,4
2500
13 bis <15
5,7
1380
8,1
1900
9,3
2200
10,4
2500
11,6
2800
15 bis <19
6,0
1430
8,5
2000
9,7
2300
10,9
2600
12,1
2900
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, PAL physical activitiy level
aunter Verwendung von Gleichungen von Henry 2005
bSchwangere: 2. Trimester + 250 kcal/Tag, 3. Trimester + 500 kcal/Tag bei Normalgewicht vor der Schwangerschaft, wünschenswerter Gewichtsentwicklung während der Schwangerschaft (Körpergewichtszunahme 12 kg bis Ende der Schwangerschaft) und unverminderter körperlicher Aktivität
Stillende: bei ausschießlichem Stillen während der ersten 4 bis 6 Monate: + 500 kcal/d unter Berücksichtigung eines Multiplikationsfaktors von 1,01 für Wachstum
Die meisten Kinder und Jugendlichen üben heute nur eine niedrige körperliche Aktivität aus (PAL ca. 1,5). In der 2. Folgeerhebung der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2) aus den Jahren 2014 bis 2017, in der mittels Fragebogen Daten von 6810 Mädchen und 6758 Jungen im Alter zwischen 3 und 17 Jahren erhoben wurden, erreichten lediglich 22,4 % der Mädchen und 29,4 % der Jungen die Mindestempfehlungen der WHO für körperlich-sportliche Aktivitäten von mindestens 60 Minuten pro Tag. Mit zunehmendem Alter nimmt der Prozentsatz sowohl bei Mädchen wie bei Jungen ab.
Der verfügbare Brennwert der Nahrung wird näherungsweise mit den sog. Atwater-Faktoren berechnet: für Kohlenhydrate, Protein je 4 kcal/g, für Fett 9 kcal/g. Säuglinge resorbieren etwa 5 % weniger Energie als nach Atwater berechnet. Bei parenteraler Ernährung entfallen Verluste bei der Resorption, nicht aber mit dem Urin. Fieber erhöht den Energiebedarf um ca. 10 % pro 1°Grad Celsius.

Wasser

Wasser ist unentbehrlich für die Struktur (intra- und extrazelluläres Wasser) und die Funktionen (Transport, Intermediärstoffwechsel, Ausscheidung von Stoffwechselendprodukten, Wärmeregulation) des Organismus. Der Wassergehalt des Körpers sinkt von etwa 75 % bei jungen Säuglingen auf 60 % beim Mann bzw. 50 % bei der Frau (mehr Fettgewebe). Der tägliche Wasserumsatz eines Säuglings beträgt 10–15 % des Körpergewichts, der eines Erwachsenen nur 2–4 %. Wasser ist der wichtigste essenzielle Nährstoff. Wassermangel kann beim Säugling schon nach Stunden zu schwerwiegenden Schäden führen. Bei Kindern und Erwachsenen ist der Organismus nach 2–4 Tagen nicht mehr in der Lage, harnpflichtige Substanzen auszuscheiden.
Wasserzufuhr und Wasserabgabe sollten sich die Waage halten. Die Gesamtwasserzufuhr resultiert aus Getränken, dem Wassergehalt fester Nahrung und Wasser, das bei der Oxidation von Nahrungsbestandteilen entsteht. Je 100 g Fett/Protein/Kohlenhydrate liefern 107/41/55 ml Oxidationswasser; dies entspricht etwa 12 ml Wasser/100 kcal einer Mischkost. Wasserabgabe erfolgt über den Urin, die Haut (Perspiratio insensibilis, Schweiß), die Lunge und den Stuhl. Ein erhöhter Wasserbedarf besteht bei hohem Energieumsatz, Hitze, trockener Luft, hohem Salz- und Eiweißverzehr, d. h. Zuständen, die entweder zu vermehrtem Anfall von harnpflichtigen Substanzen oder erhöhten Verlusten führen (auch Fieber, Erbrechen, Durchfall). Die Resorption von Wasser erfolgt überwiegend zusammen mit Na+ und Glukose (65 % Dünndarm, 35 % Dickdarm). Die Wasserabgabe über Haut, Lunge und Niere, und damit der Wasserbedarf, kann insgesamt etwa auf das 10-Fache ansteigen. Die Perspiratio insensibilis (ml/kg/Tag) beläuft sich auf etwa 50–80 bei Säuglingen bzw. 10–16 bei Erwachsenen (ca. 2/3 über die Haut, 1/3 über die Lunge). Sie steigt mit dem Energieumsatz (Wärmeproduktion), dem Temperaturgradienten zwischen Körper und Umgebung sowie bei Abfall der Luftfeuchtigkeit. Die Schweißabgabe beginnt oberhalb von Umgebungstemperaturen von 29 °C.
Die Urinproduktion muss die Ausscheidung der harnpflichtigen Stoffwechselendprodukte im Rahmen der Konzentrationsfähigkeit der Niere ermöglichen. Diese entspricht bei Erwachsenen maximal etwa dem 4-Fachen, bei jungen Säuglingen aber nur etwa dem 2-Fachen der Osmolalität des Serums (290 mosmol/l). Säuglinge benötigen also bis zu doppelt so viel Wasser wie Erwachsene zur Ausscheidung derselben renalen Molenlast, da die Konzentrationsfähigkeit ihrer Nieren geringer ist. Der Bereich „maximaler Urinosmolalität“ beginnt bei Schulkindern und Erwachsenen etwa bei 850 mosm/l. Günstig für die Niere ist eine Urinosmolalität von 500 mosm/kg. Die renale Molenlast von Erwachsenenkost beträgt im Durchschnitt 650 mosm/1,73 m2 KOF, von Muttermilch 97 mosm/l, von Kuhmilch 307 mosm/l. Geschätzt wird die potenzielle renale Molenlast der Nahrung („potential renal solute load“, PRSL) in mosmol/l nach der folgenden Formel:
$$ PRSL= Na+ Cl+K+P+\left( Stickstoff\ geteilt\ durch\ 28\right) $$
wobei Natrium-, Kalium-, Chlorid- und Phosphorgehalt der Nahrung in mmol und der Stickstoffgehalt in mg angegeben werden. Diese Gleichung unterstellt, dass alles Eiweiß der Nahrung zu Harnstoff abgebaut wird und dass alle Mineralstoffe über die Niere ausgeschieden werden und dass kein Einbau in Körpergewebe, z. B. während des Wachstums erfolgt. Eine Gewichtszunahme von 1 g ist mit einer Retention von 0.9 mosm der PRSL verbunden. Daraus resultiert nach Fomon die Gleichung für die geschätzte renale Molenlast (RSL) des wachsenden Organismus:
$$ RSL\ \left(\frac{mosm}{Tag}\right)= PRSL\ \left(\frac{mosm}{Tag}\right)-\left(0,9\times Gewichtszunahme\ \left[\frac{g}{Tag}\right]\right) $$
Ebenso wie es eine Obergrenze der Konzentrationsfähigkeit der Niere gibt (maximale Urinosmolarität bei gesunden Erwachsenen 1200mosmol/L), gibt es eine untere Grenze, die für alle Altersstufen bei etwa 50 mosmol/l liegt, d. h. dass bei einer zu hohen Wasserzufuhr, insbesondere ohne gleichzeitige Aufnahme von Elektrolyten eine Wasserintoxikation mit dem Risiko der Ausbildung eines Hirnödems mit Krampfanfällen besteht.
Der Richtwert für die Wasserzufuhr beträgt bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen etwa 1 ml/kcal, bei gestillten Säuglingen entsprechend der Zusammensetzung von Muttermilch etwa 1,5 ml/kcal (geringere Konzentrationsfähigkeit der Niere, größere relative Körperoberfläche).
Näherungsweise entspricht mengenmäßig in einem gemäßigten Klima das Wasser im Stuhl dem Oxidationswasser, das (sichtbare) Urinvolumen dem (sichtbaren) Trinkvolumen, und das in den Lebensmitteln (unsichtbar) gebundene Wasser der Perspiratio insensibilis. Die Richtwerte für die Wasserzufuhr sind in Tab. 9 zusammengestellt. Gesunde Säuglinge, die überwiegend gestillt und/oder mit industriell hergestellten Milchnahrungen für Säuglinge ernährt werden, benötigen in der Regel keine zusätzlichen Getränke. Mit dem Übergang auf die Familienkost wird etwa ab dem 10.Monat eine regelmäßige zusätzliche Getränkezufuhr (Wasser) erforderlich.
Tab. 9
Richtwerte für die Zufuhr von Wassera (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE 2017)
Alter
Wasserzufuhr durch
Oxidationswasserd
Gesamtwasserzufuhre
Wasserzufuhr durch Getränke und Nahrung
Getränkeb
Feste Nahrungc
ml/Tag
ml/Tag
ml/Tag
ml/Tag
ml/kg/Tag
Säuglinge
0 bis <4 Mon
620
60
680
130
4 bis <12 Mon
400
500
100
1000
110
Kinder und Jugendliche
1 bis <4 J
820
350
130
1300
95
4 bis <7 J
940
480
180
1600
75
7 bis <10 J
970
600
230
1800
60
10 bis <13 J
1170
710
270
2150
50
13 bis <15 J
1330
810
310
2450
40
15 bis <19 J
1530
920
350
2800
40
Schwangere
1470
890
340
2700f
35
Stillende
1710
1000
390
3100g
45
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung; Mon Monate, J Jahre
aBei bedarfsgerechter Energiezufuhr und durchschnittlichen Lebensbedingungen. Die Werte wurden absichtlich wenig gerundet, um die Nachvollziehbarkeit ihrer Berechnungen zu gewährleisten
bWasserzufuhr durch Getränke = Gesamtwasserzufuhr minus Oxidationswasser minus Wasserzufuhr durch feste Nahrung
cWasser in fester Nahrung etwa 78,9 ml/MJ (≈0,33 ml/kcal)
detwa 29,9 ml/MJ (≈0,125 ml/kcal)
egestillte Säuglinge etwa 360 ml/MJ (≈1,5 ml/kcal), Kleinkinder etwa 290 ml/MJ (≈1,2 ml/kcal), Schulkinder, junge Erwachsene etwa 250 ml/MJ (≈1,0 ml/kcal), ältere Erwachsene etwa 270 ml/MJ (≈1,1 ml/kcal), einschließlich Oxidationswasser (etwa 29,9 ml/MJ bzw. 0,125 ml/kcal)
fhierbei handelt es sich um einen Schätzwert
ggerundete Werte

Proteine

Proteine sind aus Aminosäuren zusammengesetzt, die mit Peptidbindungen miteinander verbunden sind. Ihre Kettenlänge ist unterschiedlich, aber beträgt immer mehr als 100. Kürzere Aminosäurenketten werden Peptide genannt. In Abhängigkeit von der Art der Aminosäuren enthalten Lebensmittelproteine zwischen 15 und 24 % Stickstoff. Für die Kennzeichnung des Proteingehalts wird der Wert 16 % verwendet, d. h. der Stickstoffgehalt multipliziert mit 6,25 ergibt den Proteingehalt. Proteine können neben Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff außerdem Schwefel und Selen enthalten. Neben einfachen Proteinen werden Lipoproteine und Glykoproteine unterschieden, die entsprechende prosthetische Gruppen enthalten.
Der Anteil von Proteinen am Körpergewicht beträgt bei reifen Neugeborenen 11,4 %, bei 1-Jährigen 17,5 %, bei Erwachsenen 19 %.

Proteinsynthese, Aminosäuren

Für die Proteinsynthese im menschlichen Organismus werden 20 verschiedene (L-)Aminosäuren benötigt, die, nach ihrer chemischen Struktur in neutrale, saure, basische und aromatische Aminosäuren unterteilt werden. Von ihnen sind 9 in der Nahrung unentbehrlich (essenziell), weil sie vom Menschen nicht synthetisiert werden können: Histidin, Isoleucin, Leucin, Valin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan. Histidin ist möglicherweise nur für Säuglinge unentbehrlich. Die anderen 11 Aminosäuren (Alanin, Arginin, Asparagin, Asparaginsäure, Cystein, Glutamin, Glutaminsäure, Glycin, Prolin, Serin und Tyrosin) können im menschlichen Stoffwechsel aus Vorstufen gebildet werden. Allerdings gibt es Situationen, in denen diese Synthese unzureichend sein kann, z. B. von Arginin, Cystein, Glutamin, Glycin und Tyrosin bei Früh-und Neugeborenen.

Verdauung und Absorption

Die Verdauung von Proteinen beginnt bereits in der Mundhöhle mit der Denaturierung von Proteinen durch den Speichel und setzt sich im sauren Magenmilieu fort, wo aktiviertes Pepsin Protein in längerkettige Peptide spaltet. Im Dünndarm erfolgt dann mit Hilfe der im Pankreassekret enthaltenen Endo-, Amino- und Carboxipeptidasen, sowie von aktiviertem Trypsin und Chymotrypsin die weitere Spaltung. Freie Aminosäuren werden durch gruppenspezifische Carrier, überwiegend an gleichzeitige Natriumbewegungen gebunden, in die Mukosazellen aufgenommen. Di- und Tripeptide werden durch Peptidasen während des Transportes in die Zelle gespalten. Ein Teil der absorbierten Aminosäuren wird in der Darmschleimhaut bereits zur Energiegewinnung verstoffwechselt, ein Teil zur Synthese von Mukosazellprotein verwendet, während der Rest über die Pfortader zur Leber transportiert wird. Proteine aus gastrointestinalen Sekreten unterliegen denselben Verdauungs- und Absorptionsvorgängen und zusätzlich, nach Erreichen des Kolons dem mikrobiellen Stoffwechsel.
Besonders in den ersten Lebensmonaten können geringe Mengen an Nahrungsprotein auch intakt resorbiert werden und Anlass zu immunologischen Reaktionen geben. Immunologisch aktive Epitope auf Proteinmolekülen sind entweder durch die lineare Abfolge der Aminosäuren (Sequenzepitope) oder durch deren sterische Anordnung (Konformationsepitope) bedingt. Die Wirksamkeit der Ersteren kann nur durch Hydrolyse, die der Letzteren auch durch Wärmebehandlung vermindert oder aufgehoben werden.

Proteinqualität

Unterschiedliche Proteine weisen eine unterschiedliche Verdaulichkeit auf, die zudem durch die Zusammensetzung der Mahlzeit und die Zubereitung beeinflusst wird. Alle Methoden zur Messung der Verdaulichkeit von Protein haben Schwächen. Die Verwendung von Nahrungsprotein, das mit stabilen Isotopen markiert ist, erlaubt durch Messung der Konzentration markierter Aminosäuren im Darminhalt die Abgrenzung von körpereigenen proteinhaltigen Darmsekreten und gibt Aufschluss über die Verdaulichkeit des Nahrungsproteins. Die Qualität von Nahrungsprotein wird neben der Verdaulichkeit durch die Aminosäurenzusammensetzung bestimmt, vor allem durch das Vorkommen von unverzichtbaren Aminosäuren. Der Vergleich der Aminosäurenkonzentration in einem Lebensmittel mit dem eines Aminosäuren-Referenzmusters (z. B. von Ei- oder Milchprotein), von dem angenommen wird, dass es bei Zufuhr einer adäquaten Proteinmenge den Bedarf an allen unverzichtbaren Aminosäuren deckt, ergibt den Aminosäurenscore eines Proteins. Dieser wird in der Regel durch die Verdaulichkeit korrigiert (Verdaulichkeit-korrigierter Aminosäurenscore). Werte unter 100 deuten auf den unzureichenden Gehalt einer oder mehrerer unverzichtbarer Aminosäuren hin. Hülsenfrüchte haben z. B. einen niedrigen Methionin- und Cysteingehalt, Getreide einen niedrigen Lysingehalt. Die Kombination von Lebensmitteln mit unterschiedlichen „limitierenden“ Aminosäuren kompensiert derartige „Mängel“. Ein Beispiel ist die Kartoffel-Ei-Diät für Nierenkranke, mit der durch die Kombination von 60 % Kartoffelprotein mit 40 % Eiprotein eine ausreichende Zufuhr von unverzichtbaren Aminosäuren gewährleistet ist, sodass die Proteingesamtzufuhr auf den niedrigsten Stickstoffbedarf reduziert werden kann. Der relative Bedarf an unentbehrlichen Aminosäuren im Nahrungsprotein sinkt mit dem Alter von ca. 50 % bei Säuglingen auf 30 % bei Erwachsenen. Für Wachstum und für eine ausgeglichene Balance zwischen Proteinsynthese und Proteinabbau müssen alle 20 proteinbildenden Aminosäuren zur Verfügung stehen.

Funktionen von einzelnen Aminosäuren

Einzelne Aminosäuren, bzw. ihre Metaboliten erfüllen spezielle Funktionen im Körper, die nichts mit der Eiweißsynthese zu tun haben:
  • Glycin wird (neben Glutamin und Cystein) zur Bildung von Glutathion benötigt und macht durch Konjugation mit Gallensäuren und organischen Säuren diese nierengängig.
  • Tyrosin ist Ausgangsstoff für die Synthese von Schilddrüsenhormon, von Katecholaminen, Dopamin und Melanin.
  • Tryptophan wird zu Serotonin und Niacin verstoffwechselt.
  • Arginin ist Vorläufer von Kreatin, Stickstoffmonoxid und unentbehrlicher Bestandteil des Harnstoffzyklus.
  • Serin kann zur körpereigenen Synthese von Cholin beitragen.
  • Histidin ist Ausgangsstoff für die Bildung von Histamin.

Funktionen von Nahrungsproteinen

Nahrungsproteine versorgen den Körper mit unentbehrlichen Aminosäuren und Stickstoff zur Synthese von Enzymen, Strukturproteinen (z. B. Actin, Myosin, Kollagen), Transportproteinen und Rezeptorproteinen, darüber hinaus von Immunglobulinen und Peptidhormonen mit der Konsequenz, dass eine unzureichende Zufuhr quantitativ oder qualitativ schwerwiegende Folgen hat.

Nahrungsproteinmangel

Eine unzureichende Proteinzufuhr zeigt sich in einer Abnahme von Serumproteinen, wie Albumin, Transferrin, Präalbumin bzw. retinolbindendem Protein, einer Abnahme der Stickstoffausscheidung im Urin, einem Abbau von körpereigenem Protein (vor allem Muskel), um die Synthese von lebenswichtigen Enzymen zu ermöglichen, und in Einschränkungen von Organfunktionen. Im Kindesalter kommt es zu Wachstumsverzögerung. Bei alleinigem Proteinmangel kann sich das Krankheitsbild des Kwashiorkor, bei zusätzlichem Energiemangel Marasmus ausbilden.

Proteinstoffwechsel

Speicherung von Protein ist nicht in nennenswertem Umfang möglich. Als Brennstoffe dienen Proteine nur bei Zufuhr im Überschuss und bei länger dauerndem Hunger. Die vollständige Oxidation von 1 g Eiweiß, das etwa 160 mg Stickstoff enthält, kann theoretisch zu einer Produktion von 5,7 mmol [342 mg] Harnstoff führen, die ausgeschieden werden müssen. In Bezug auf die Energiebilanz muss dabei bedacht werden, dass die Synthese von Harnstoff ein energiefordernder Prozess ist.

Proteinbedarf

Der Bedarf an Protein kann über Stickstoffbilanzuntersuchungen ermittelt werden, in denen bei adäquater Energiezufuhr aus Fetten und Kohlenhydraten die Stickstoffzufuhr ermittelt wird, die ausreicht, um obligatorische Stickstoffverluste durch Hydrolyse von Struktur- und Funktionsproteinen mit nachfolgendem Aminosäurenabbau zu ersetzen. Für die Wachstumsphase, für Schwangerschaft und Stillzeit wird die faktorielle Methode angewandt, in der zum ermittelten Erhaltungsbedarf für Stickstoff die Summe des für Zunahme von Körpermasse benötigten Stickstoffs bzw. des Stickstoffverlustes über Milchproduktion hinzuaddiert wird. Alternativ kann die Methode der Indikator-Aminosäure-Oxidation verwandt werden. Dabei wird die Menge Protein bestimmt, unter der bei zunehmender Proteinzufuhr die Oxidation der Indikatoraminosäure nicht weiter abnimmt. Allerdings ist die Datenbasis für diese Methode zur Zeit noch unzureichend. Zu berücksichtigen ist in jedem Fall die Effizienz der Verwertung von Nahrungsprotein, die für Erwachsene 47 % beträgt, für das Wachstum von Säuglingen und Kindern 58 % und für schwangere und stillende Frauen 47 % (für die Eiweißablagerung in neuem Gewebe bzw. die Milchproduktion.

Zufuhrempfehlungen

Die Zufuhrempfehlungen beziehen sich in der Regel nicht auf den Bedarf an einzelnen essenziellen Aminosäuren, sondern auf biologisch hochwertige Proteine wie Ei, Fleisch, Milch oder Fisch (sog. Referenzproteine), die in ihrer Zusammensetzung menschlichem Protein am ehesten nahekommen.
Für Säuglinge bis zum Alter von 4 Monaten wird ein Schätzwert für die Proteinzufuhr von der durchschnittlichen Zufuhr durch Frauenmilch gesunder vollgestillter Kinder abgeleitet.
Für Säuglinge, die 4–12 Monate alt sind, wurde die faktorielle Methode verwandt, in der zum Erhaltungsbedarf von 110 mg Stickstoff/kg KG der Stickstoffbedarf für Wachstum addiert wird, um den altersabhängigen durchschnittlichen Bedarf zu ermitteln. Der Bedarf für das Wachstum von Kindern und Jugendlichen nimmt naturgemäß mit dem Alter ab. Dagegen ist der Erhaltungsbedarf von Kindern und Jugendlichen wie auch von Erwachsenen aus Stickstoffbilanzuntersuchungen von 105 mg Stickstoff/kg KG pro Tag vergleichbar, deshalb wird ein durchschnittlicher Erhaltungsbedarf von (105 × 6,25 =)0,66 g Protein/kg KG/Tag für alle Altersgruppen außer Säuglingen ermittelt. Für alle Altersgruppen wird ein Variationskoeffizient von 12 % angenommen, um den Empfehlungswert zu erhalten. Für Erwachsene älter als 65 Jahre lässt sich der Proteinbedarf nicht exakt bestimmen, zumal diese Gruppe in ihrer Körperzusammensetzung und körperlichen Aktivität sehr heterogen ist. Während die WHO, das Institute of Medicine (IOM) of the National Academy (USA) und die EFSA keinen zusätzlichen Proteinbedarf für über 65-Jährige erkennen, liegt für Deutschland, Österreich und die Schweiz ein höherer Schätzwert vor.
Für Schwangere wird der Proteinbedarf für die Einlagerung von Protein durch die Gewichtszunahme und ihre ungleiche Verteilung über die Zeit berücksichtigt und zum Erhaltungsbedarf addiert. Für Stillende ergibt sich der zusätzliche Proteinbedarf aus der Milchmenge und dem Proteingehalt der Milch, korrigiert um eine Effizienz der Proteinumsetzung von 47 % und einen angenommenen Variationskoeffizienten von 12 %. Die Referenzwerte für die Proteinzufuhr finden sich in Tab. 1.
Proteinreiche tierische Lebensmittel sind Milch und Milchprodukte, fettarmes Fleisch, Fisch und Ei. Proteinreiche pflanzliche Lebensmittel sind Getreide und Hülsenfrüchte.

Fette

Nahrungsfette sind wichtige Träger von Energie und erleichtern die Absorption von fettlöslichen Nahrungsbestandteilen wie den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K. Etwa 98 % der natürlichen Fette sind Triglyzeride, d. h. sie bestehen aus 3 Fettsäuren und Glycerin. Wegen der Asymmetrie des substituierten Glycerins werden die Fettsäuren nach ihrer Position als sn-1, sn-2 und sn-3 unterschieden. Fettsäuren in den „externen“ Positionen sn-1 und sn-3 werden von den Lipasen des Darmes hydrolysiert. Der Rest des Nahrungsfetts sind freie Fettsäuren, Mono- und Diglyzeride, Sterole (Cholesterin) und Phospholipide. Zu den weiteren Funktionen der Fette gehören die Beteiligung am Aufbau von Zellmembranen – besonders Phospholipide und langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren („long chain polyunsaturated fatty acids“, LCPUFA) –, die Bereitstellung von C20-Fettsäuren für die Synthese der Eikosanoide (Gewebshormone, Prostaglandine, Thromboxane und Leukotriene) und die Regelung von Enzymaktivitäten und Genexpression. Darüber hinaus verbessern sie den Geschmack der Lebensmittel und die Sättigungswirkung der Nahrung. Natürliche Triglyzeride enthalten teils gesättigte, teils ungesättigte geradzahlige Fettsäuren (C4–C24). Langkettige freie Fettsäuren aus den Triglyzeriden der Nahrung oder des Depotfetts (C14–18) spielen die Hauptrolle für den Energiestoffwechsel. Ein Gramm Triglyzerid der Nahrung liefert etwa 37 kJ oder 9 kcal. Postnatal wird der Energiebedarf (einschließlich des Gehirns), nach Verbrauch der geringen Glykogenreserven und vor Einsetzen einer ausreichenden Milchversorgung, vorübergehend durch Ketonkörper gedeckt, die die Leber aus Fettsäuren bildet.
Fettsäuren werden nach der Anzahl ihrer Doppelbindungen eingeteilt in gesättigte („saturated fatty acids“, SFA), einfach ungesättigte („monounsaturated fatty acids“, MUFA) und mehrfach ungesättigte Fettsäuren („polyunsaturated fatty acids“, PUFA) mit bis zu 6 Doppelbindungen. Die Position der Doppelbindung in der Kette wird entweder vom Methylende her gezählt, als n-x oder Ω-x angegeben, oder vom Carboxylende her, angezeigt als Δx. Doppelbindungen können eine cis- oder trans-Konfiguration haben; in der Nahrung überwiegt cis. Trans-PUFA haben mindestens 1 Doppelbindung in trans-Konfiguration und können daneben cis-Bindungen aufweisen. Die meisten Fettsäuren in der Nahrung sind geradzahlig. Gesättigte Fettsäuren werden unterteilt in kurze („short-chain fatty acids“, SCFA) mit weniger als 6 C-Atomen, mittlere („medium-chain fatty acids“, MCFA) mit 6–10 C-Atomen und langkettige gesättigte Fettsäuren mit 12–18 C-Atomen, wobei diese Einteilung nicht stringent ist. All cis-SFA können vom menschlichen Organismus synthetisiert werden.

Verdauung und Stoffwechsel

Die Verdauung der Triglyzeride (Verdaulichkeit beim jungen Säugling vermindert, später etwa 95 %) beginnt beim Säugling mit der Frauenmilchlipase, der lingualen Lipase und der Magenlipase, die die Fette teilweise hydrolysieren und im Magen emulgieren. Im späteren Leben beginnt die Fettverdauung erst mit der Pankreaslipase, die im Duodenum Triglyzeride zu Mono- und Diglyzeriden und freien Fettsäuren hydrolysiert und zusammen mit Gallensalzen gemischte Mizellen bildet. Die Pankreaslipase hat eine hohe Spezifität für die sn-1- und sn-3-Position der Triglyzeride und führt zur Freisetzung von 2-Monoacylglycerolen. Diese werden in Enterozyten absorbiert und wieder zu Triacylglycerolen zusammengesetzt, wobei die Fettsäure an sn-2-Position ihre Position behält. Mittelkettige Triglyzeride (C6–C12) werden bei Malresorption eingesetzt. Sie werden durch Pankreaslipase leicht gespalten, bei Mangel an Galle oder Pankreaslipase auch durch Bürstensaumlipase. Freie Fettsäuren werden resorbiert und können ohne Wiederveresterung über die Pfortader zur Leber transportiert werden. Die Resorption der Fettsäuren wird durch geringere Kettenlänge, geringeren Sättigungsgrad und Bildung von 2-Monoglyceriden gefördert. Ungespaltene Di- und Triglyzeride sind unlöslich. Fettsäuren und Monoglyzeride werden durch Diffusion in die Mukosazellen aufgenommen. Nach Wiederveresterung und Verbindung mit Lipoproteinen entstehen die Chylomikronen, die das Fett und Cholesterin mit der Lymphe schließlich über den Ductus thoracicus in das venöse Blutsystem transportieren. Die wichtigsten Transportproteine sind die VLDL („very low density lipoproteins“), LDL („low density lipoproteins“) und HDL („high density lipoproteins“). Sie werden in der Leber synthetisiert. Mit Lipiden zusammen entstehen hydrophile Lipoproteine, deren Protein die Dichte (Ultrazentrifuge) bestimmt.

Essenzielle Fettsäuren

Essenzielle Fettsäuren sind Linolsäure (C18:2n-6) und α-Linolensäure (C18:3n-3). Sie werden nur von Pflanzen produziert. Öle aus Sonnenblumensamen, Maiskeimen, Sojabohnen und Raps enthalten Linolsäure in unterschiedlichen Mengen (meist neben C16:0, C18:0 und C18:1). Soja- und vor allem Rapsöl enthalten zusätzlich α-Linolensäure. Bei einem Ungleichgewicht zwischen ungesättigten Fettsäuren und Vitamin E im Serum kommt es zur vermehrten Bildung von Peroxyden und unter Umständen zu Membranschädigungen. Bei einer Zufuhr von essenziellen Fettsäuren von weniger als 1 % der Gesamtenergie kommt es bei Säuglingen zu einer stark schuppenden, trockenen und verdickten Haut. Mangel an essenziellen n-6-Fettsäuren führt unter anderem zu Wachstumsretardierung, Hautveränderungen und Infektionsanfälligkeit. Unzureichende Versorgung an essenziellen n-3-Fettsäuren kann mit neurologischen Störungen einhergehen. Bei jungen Säuglingen kann eine verzögerte Entwicklung des Visus mit Veränderungen des Elektroretinogramms und der visuellen Informationsverarbeitung die Folge sein.
Aus Linolsäure und (eingeschränkt) α-Linolensäure bildet der Mensch C20-Fettsäuren (Eikosanoide) und hieraus die Gewebshormone Prostaglandine und Thromboxane (Cyclooxygenaseweg) sowie Leukotriene und Lipoxine (Lipoxygenaseweg). Verlängerung und Desaturierung der n-6- und n-3-Fettsäuren werden von den gleichen Enzymen (Elongasen, Desaturasen) gesteuert. Die Synthese der Eikosanoide und der für Struktur und Funktion des Zentralnervensystems wichtigen langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren (LCPUFA20–26, besonders Arachidonsäure [AA] und Dokosahexaensäure [DHA]) wird neben dem Verhältnis der n-6- und n-3-Fettsäuren auch von den jeweiligen absoluten Mengen beeinflusst. Die Kriterien für industriell hergestellte Säuglingsanfangsnahrung (orientiert an den Gehalten in Muttermilch) lauten für das Verhältnis Linolsäure/α-Linolensäure 5–15:1. Das Verhältnis n-6/n-3-LCPUFA liegt in Muttermilch um 2 und entspricht damit den Verhältnissen im kindlichen Gehirn. Frühgeborene und in geringerem Ausmaß auch ein Teil der Reifgeborenen sind noch nicht ausreichend zur Synthese von AA und DHA befähigt. Es wird daher empfohlen, der Formulanahrung für Frühgeborene mindestens 0,35 % der Gesamtfettsäuren als DHA und 0,4 % als AA zuzusetzen. Zusätze von LCPUFA in Formulanahrung für Reifgeborene (Säuglingsanfangsnahrung) dürfen höchstens 2 % der Gesamtfettsäuren als n-6-LCPUFA und 1 % als n-3-LCPUFA enthalten.

Funktionen

Fett ist ein wichtiger Energieträger. Fette und Öle sind wichtige Quellen für essenzielle Fettsäuren. Fettreiche Nahrungen können die Insulinsensitivität verringern und sind positiv mit Veränderungen der Fasten- und postprandialen Faktor-VII-Konzentrationen assoziiert, was das kardiovaskuläre Risiko erhöhen kann. Allerdings kann ein genaues Dosis-Antwort-Verhältnis nicht definiert werden. Es gibt Hinweise dafür, dass eine moderate Fettzufuhr von <35 E% mit einer geringeren Energiezufuhr einhergeht und darum mit einer mäßigen Gewichtsreduktion bzw. einer Prävention von Gewichtszunahme. Trotzdem sind die Daten unzureichend, um einen unteren Grenzwert oder einen oberen Grenzwert für die Fettzufuhr zu definieren. Die EFSA kam zu dem Schluss, dass nur ein Referenzbereich für die Gesamtfettzufuhr etabliert werden kann, der teilweise auf praktischen Überlegungen beruht (z. B. aktuelle Zufuhr, akzeptable Ernährungsmuster). Unter der niedrigsten Fettzufuhr von 20 E%, die in europäischen Ländern beobachtet wurde, wurden keine Anzeichen von Mangel oder unerwünschte Effekte auf die Blutlipide beobachtet. Eine Fettzufuhr von >35 E% kann mit einem guten Gesundheitsstatus und normalem Körpergewicht einhergehen, abhängig von der Ernährungsweise und der körperlichen Aktivität.

Zufuhrempfehlungen

Der Anteil von Fett an der Gesamtenergiezufuhr soll zur Prävention der Zivilisationskrankheiten (Kap. „Normale Ernährung von Kindern und Jugendlichen“) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nur etwa 30–35 % (Richtwert) betragen. Die Empfehlungen für die Zufuhr an essenziellen Fettsäuren finden sich in Tab. 1. Muttermilch enthält rund 50 % der Energie als Fett, industriell hergestellte Formula mindestens 40 %. Der Fettanteil sollte in den ersten 2–3 Lebensjahren allmählich von 50 % der Energiezufuhr auf 30–35 % abfallen (Tab. 10). Bei insgesamt vernünftiger Ernährung ist aber auch ein Fettanteil von etwa 25–30 % der Energiezufuhr bei Säuglingen im 2. Lebenshalbjahr und Kleinkindern ohne Beeinträchtigung von Nährstoffzufuhr, Wachstum und Entwicklung möglich. Fett erhöht sehr effektiv die Energiedichte der Kost (Energiegehalt pro g bzw. pro Portion), vermindert das benötigte Nahrungsvolumen und die kurzfristige Sättigungswirkung der Kost und wirkt auf diese Weise indirekt als Risikofaktor für eine passive energetische Überernährung. Wichtig ist neben der absoluten Menge an Fett das Fettsäuremuster: Etwa gleiche Anteile an gesättigten sowie einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren beeinflussen das Serumlipoproteinmuster günstig. Tatsächlich enthält eine vollwertige Präventionsernährung (Kap. „Normale Ernährung von Kindern und Jugendlichen“) deutlich höhere Mengen an mehrfach ungesättigten n-3- und n-6-Fettsäuren als zur Deckung des Bedarfs gefordert wird. Wichtig ist ferner ein geringer Verzehr von Cholesterin (Erwachsene<300 mg/Tag, Kinder<80 mg/1000 kcal) und Transfettsäuren. Der Verzehr von tierischen Fetten (u. a. in Fleisch, Milchprodukten und Eiern), die reich an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin sind, sollte zugunsten pflanzlicher Öle eingeschränkt werden. Günstig sind Öle mit hohem Anteil einfach ungesättigter Fettsäuren (Ölsäure), wie Oliven- und Rapsöl (das zusätzlich reichlich α-Linolensäure enthält), da sie bei geringem Oxidationsrisiko günstig auf die Serumlipoproteine wirken, Transfettsäuren entstehen bei der Hydrierung (Härtung) von ungesättigten Ölen sowie im Pansen von Wiederkäuern (Milchfett). Sie sind dosisabhängig und unter anderem mit folgenden Risiken verbunden: Anstieg von LDL und Lipoprotein (a), Abfall von HDL im Serum, Störung des Stoffwechsels essenzieller Fettsäuren, Störung des frühen Wachstums. Die EU beschränkt den Gehalt an Transfettsäuren in Säuglingsanfangsnahrungen auf 3 % der Gesamtfettsäuren. Die Zufuhr mit gemischter Kost liegt in Deutschland unter 1 % der Energiezufuhr. Kinder nehmen Transfettsäuren überwiegend mit fettgebackenen Snacks und Nußnougatcremes auf.
Tab. 10
Anteile von Protein, Fett und Kohlenhydraten an der Energiezufuhr (%) von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen gemäß empfehlungsgerechten Ernährungsplänen (EPa) und aktuellen Ernährungserhebungen (EEb)
Altersgruppen
Protein
Fett
Fettsäuren
Kohlenhydrate
Gesättigt
Einfach ungesättigt
Mehrfach ungesättigt
EP
EE
EP
EE
EP
EE
EP
EE
EP
EE
EP
EE
0–4 Monate
7c
9
48c
46
23c
22
18c
17
7c
7
45c
46
5–9 Monate
13
11
42
37
17
15
17
14
8
45
52
10–12 Monate
13
38
34
13
13
6
49
53
1 Jahr
14
14
33
35
10
16
15
5
53
52
2–18 Jahre
13
16
51
a0–12 Monate: Kap. „Normale Ernährung von Neugeborenen und Säuglingen“, Abschn. „Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr“; 1–18 Jahre: Kap. „Normale Ernährung von Kindern und Jugendlichen“, Abschn. „Konzept der optimierten Mischkost“
bErnährungserhebungen DONALD-Studie (Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study); GRETA-Studie (German Representative Study of Toddler Alimentation) nach Hilbig et al. 2011
causschließliches Stillen

Kohlenhydrate

Es können zwei Kategorien von Kohlenhydraten unterschieden werden, solche mit glykämischer Wirkung, die im Dünndarm verdaut und absorbiert werden, und nichtverdauliche Kohlenhydrate oder “Ballaststoffe“, die unverdaut in den Dickdarm gelangen (Abschn. 1.7)

Glykämische Kohlenhydrate

Dies sind hauptsächlich Monosaccharide, Disaccharide, Maltooligosaccharide und Stärke. Unter dem Begriff Zucker werden Mono- und Disaccharide zusammengefasst. Wenn Lebensmitteln Zucker zugesetzt wird, können das Sacharose, Fruktose, Glukose, hydrolysierte Stärke (Glukosesirup, fruktosereicher Glukosesirup) und andere zuckerhaltige Lebensmittel (z. B. Honig, Avocadosirup) sein. Zuckeralkohole (Polyole, z. B. Sorbitol, Xylitol etc.), die teilweise verstoffwechselt werden, sind keine „Zucker“, wohl aber Kohlenhydrate.
Stärke und Zucker liefern die Hauptmasse der Nahrung sowie den größten Teil der Nahrungsenergie. Bei Muttermilchernährung kommen etwa 40 % der Nahrungsenergie aus dem Zucker Laktose. In späterem Alter wird ein Kohlenhydratanteil von über 50 % angestrebt (Tab. 10). Bevorzugte Lieferanten sind Getreide (Polysaccharide), Gemüse und Obst, die reichlich Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Ballaststoffe, sowie sog. sekundäre Pflanzenstoffe (z. B. Flavonoide, Phytosterine) mitbringen. Den Lebensmitteln zugesetzte Kohlenhydrate (Mono- und Disaccharide, Maltodextrine, Sirups) enthalten regelmäßig keine essenziellen Mikronährstoffe und setzen damit die Dichte für diese Nährstoffe in dem Lebensmittel herab. Zur Vermeidung der Glukoneogenese aus Protein und zur Hemmung der Lipolyse sollten beim Erwachsenen wie beim Säugling mindestens 25 % des Energiebedarfs als Kohlenhydrate angeboten werden. Bei einer Kohlenhydratzufuhr unter 15 E% kommt es zur Ketogenese. Als Baustoffe sind Kohlenhydrate an der Synthese von nichtessenziellen Aminosäuren und Fettsäuren, Glykoproteinen und Mukopolysacchariden beteiligt.

Verdauung und Stoffwechsel

Die Verdaulichkeit der Kohlenhydrate wird mit 97 % angenommen. Speichelamylase setzt in Mund und Magen Oligosaccharide frei. Durch Pankreasamylase (in den ersten 4 Monaten erniedrigt) entstehen im oberen Dünndarm Disaccharide (vor allem Maltose), die von den in der Bürstensaummembran der Mukosazellen gelegenen Disaccharidasen (Maltase, Saccharase, Laktase) zu Monosacchariden (Glukose, Fruktose, Galaktose) gespalten werden. Glukose wird zusammen mit Natrium durch aktiven Transport mittels des Glukosetransporters SGLT1 gegen einen Gradienten in die Zelle gepumpt. Die Energie stammt von der Natriumpumpe, die Natrium gegen einen Gradienten wieder aus der Zelle zurück ins Lumen pumpt. Dieser Sachverhalt ist für die Rehydratationsbehandlung wichtig.
Der größte Teil der resorbierten Glukose wird in der Leber zu Glykogen umgewandelt. Leberglykogen (bis zu 15 % des Lebergewichts) wird zu Glukose, Muskelglykogen (bis zu 3 % des Muskelgewichts) wird zu Laktat abgebaut. Auch die meisten anderen Monosaccharide werden aktiv resorbiert. Fruktose unterliegt einem erleichterten Transport mittels GLUT5. Galaktose, Fruktose und die Zuckeralkohole Sorbit und Xylit werden von der Leber aus der Pfortader aufgenommen und in die intermediäre Transportform Glukose umgewandelt. Nach Umgehung der Leber durch i.v.-Zufuhr können auch andere Organe Nichtglukosemonosaccharide zum Teil verwerten. Bei der parenteralen Ernährung von Kindern sollte aber nur Glukose verwendet werden, da Fruktose und Sorbit bei hereditärer Fruktoseintoleranz lebensgefährlich wirken können. Erythrozyten, Nieren- und Nebennierenmark können nur Glukose verwerten.
Der Abbau von Glukose erfolgt teils anaerob (Glykolyse) zu Pyruvat, teils aerob (Zitronensäurezyklus und Atmungskette) zu CO2 und H2O. Das bei der Glykolyse entstehende Laktat wird in der Leber in Glukose rückverwandelt.

Bedarf

Es gibt keinen definierten Nahrungsbedarf an Glukose, da beim Erwachsenen pro Tag etwa 130 g Glukose aus Laktat, Aminosäuren und Glycerin synthetisiert werden können, was in etwa den Energiebedarf des Gehirns deckt. Bei Hunger oder Kohlenhydratmangel wird zunächst Glykogen (Glykogenolyse), dann Protein (Glukoneogenese) und endlich Depotfett (Bildung von freien Fettsäuren und Ketonkörpern) zur Energiegewinnung abgebaut. Um jedoch eine Glukoneogenese aus Protein sowie eine übermäßige Ketonkörpersynthese zu vermeiden, sollten mindestens 25 % der Nahrungsenergie aus Kohlenhydraten kommen, Überschüssige Kohlenhydrate werden als Depotfett eingelagert, der umgekehrte Weg ist nicht möglich.

Glykämischer Index

Der glykämische Index (GI) beschreibt die Wirkung des Verzehrs kohlenhydrathaltiger Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel. Er wird gemessen als Blutzuckererhöhung nach dem Verzehr von 50 g verwertbaren Kohlenhydraten aus dem jeweiligen Lebensmittel im Vergleich mit dem Verzehr von 50 g Glukose. Lebensmittel, die einen schnellen und/oder hohen Blutzuckeranstieg auslösen, haben einen hohen glykämischen Index. In der Regel haben stark verarbeitete Produkte, wie Feingebäck, Cornflakes, Pommes frites, einen höheren glykämischen Index als weniger verarbeitete Produkte wie Vollkornreis, -nudeln oder Pellkartoffeln. Die glykämische Last (GL) berücksichtigt zusätzlich die verzehrte Menge an Kohlenhydraten und gibt die glykämische Gesamtbelastung der verzehrten Nahrung wieder. Eine hohe glykämische Last der Kost wird als Risiko für Überernährung bei Kindern und Jugendlichen diskutiert, sowie als möglicher Risikofaktor für die Entwicklung chronischer Krankheiten des Erwachsenenalters.
Die hormonelle Reaktion auf glykämische Kohlenhydrate (Insulinfreisetzung, Glukagonhemmung) führt zu einer anabolen Stoffwechsellage, die 2–4 Stunden nach der Mahlzeit anhält, auch wenn keine weiteren Nährstoffe angeliefert werden. Eine reaktive Hypoglykämie kann dann zu erneutem Hunger und vermehrter Nahrungs- und Energieaufnahme führen. Bei häufigem Verzehr von Mahlzeiten mit hohem glykämischem Index soll es zu einer chronischen Hemmung der Lipolyse kommen.

Ballaststoffe (Nahrungsfasern)

Bei den Ballaststoffen handelt es sich um komplexe Kohlenhydratstrukturen überwiegend aus pflanzlicher Nahrung, die von den körpereigenen Enzymen des Magen-Darmtraktes nicht abgebaut werden können. Abgesehen von Lignin handelt es sich dabei um Zellulose, Hemizellulose, Pflanzengummis, Pektin sowie auch resistente Stärke und nichtverdauliche Oligosaccharide (wie Oligofruktose, Raffinose, Stachyose etc.). In der Frauenmilch finden sich über 200 verschiedene komplexe Oligosaccharide (sog. humane Oligosaccharide, HMO) in einer Konzentration von 10–25 g/l. Ihre Zusammensetzung ist für individuelle Frauen spezifisch, wobei Fucosyllactose bei den meisten Frauen den größten Anteil ausmacht.

Funktionen

Während lösliche Ballaststoffe den Cholesterinspiegel senken, beschleunigen unlösliche Ballaststoffe (z. B. Zellulose) die Transitzeit. Ballaststoffreiche Lebensmittel, insbesondere Vollkorngetreide, Gemüse und Obst, enthalten Mischungen mit unterschiedlichen Anteilen beider Typen. Die nicht verdauten Ballaststoffe gelangen in das Kolon, wo sie von Bakterien abgebaut werden, teilweise zu kurzkettigen Fettsäuren, die resorbiert werden können und damit dem Körper bzw. der Dickdarmschleimhaut Energie liefern (ca. 2 kcal/g Ballaststoff). Außerdem erniedrigen sie den pH-Wert des Darminhalts, was die Wachstumsbedingungen für bestimmte pathogene Bakterien mindert. Entsprechend der Art der zugeführten Ballaststoffe verändert sich das Mikrobiom des Kolons. Dies ist besonders ausgeprägt bei gestillten Kindern zu beobachten mit der Ausbildung einer durch Bifidobakterien dominierten Flora. Ballaststoffe laxieren und sind präventivmedizinisch wichtig. Sie mindern das Risiko von manchen Krebsformen (Kolon, Pankreas, Mamma, Ovar, Prostata), von Adipositas, Herz-Kreislauf-Krankheiten und von Typ-II-Diabetes.

Empfehlungen

Als Richtwert für Erwachsene gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine Zufuhr von mindestens 30 g/Tag an, das entspricht einer Ballaststoffdichte von 16,7 g/1000 kcal bei Frauen und von 13 g/1000 kcal bei Männern. Experimentell begründete Richtwerte für Säuglinge und Kinder sind nicht bekannt. Verzehrdaten sind rar. Mit der empfohlenen Beikost (Kap. „Normale Ernährung von Neugeborenen und Säuglingen“) steigt die Ballaststoffzufuhr/1000 kcal im 2. Lebenshalbjahr von 4 g (5./6. Monat) auf 10 g (12. Monat) an. Damit erscheint die für Erwachsene empfohlene Ballaststoffdichte schon für Kleinkinder erreichbar. In den USA wird für Kinder eine pragmatische Dosierung von „Lebensalter in Jahren + 5–10 g/Tag“ genannt, was dem deutschen Richtwert nahekommt. Resorptionsverluste von mehrwertigen Kationen (Kalzium, Magnesium, Eisen, Zink) drohen nur bei erhöhter Zufuhr isolierter Ballaststoffe (z. B. Kleie), von deren Gabe an Kinder abgeraten wird.
Zusammengenommen ist die Qualität der Fette (Fettsäuremuster) und Kohlenhydrate (glykämischer Index, Ballaststoffe, Vollkorn) bedeutsamer für die Prävention ernährungsabhängiger Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen als die Quantität.

Mineralstoffe und Spurenelemente

Ernährungsphysiologische Daten und Zufuhrempfehlungen für Mineralstoffe und Spurenelemente sind in Tab. 1, 2, 3, 4 und 11 zusammengefasst (Kap. „Vitaminmangelkrankheiten bei Kindern und Jugendlichen“).
Tab. 11
Eigenschaften, Funktionen und Herkunft der wichtigsten Mineralstoffe und Spurenelemente (D-A-CH-Referenzwerte nach DGE, ÖGE, SGE, 2017 bzw. EFSA 2017)
Mineralstoffe, Spurenelemente
Hauptquellen
Stoffwechsel und Funktionen
Mangel
Überschuss
Chemisch-physikalische Daten
Kalzium
Milch, Milchprodukte, besonders Hartkäse, kalziumreiche Gemüse, Mineralwässer mit >150 mg Kalzium/l
Resorption: im oberen Dünndarm (gestillte Säuglinge bis 60 %, Erwachsene 20–40 %), gefördert durch Laktose, sauren pH und Vitamine D, C; gehemmt durch Phytate, Oxalsäure, Fette, Ballaststoffe, Phosphate. Hormonelle Regelung durch Kalzitonin, 1,25(OH)2 Vitamin D und Parathormon. Retention je nach Wachstumsgeschwindigkeit 15–25 %Ausscheidung: Darm 70 %, Niere 10 %.Vorkommen im Körper: 99 % in Knochen und Zähnen. Serumspiegel 2,25–2,75 mmol/lFunktionen: Stabilisierung des Knochens, Nervenleitung, Muskelkontraktion, Herzaktion, Blutgerinnung
Oral: nur mit Supplementen steigt das Risiko für Nierensteine; parenteral: Herzblock.
UL 2.500 mg/Tag für Erwachsene, kein UL für Kinder
1 mmol = 40,1 mg
Chlorid
Kochsalz, Milch, Fleisch, Eier
Resorption (rasch) und Ausscheidung parallel zu Natrium. Ausscheidung von 92 % der Aufnahme, besonders durch Niere, daneben auch den Darm und mit Schweiß.Vorkommen im Körper: intra- und extrazelluläre Flüssigkeit, Serumspiegel: 99–106 mmol/l, ca. 2/3 der Serumanionen.Funktionen: osmotischer Druck, Säure-Basen-Bilanz, Magensaft
Hypochlorämische Alkalose (Erbrechen, Schwitzen, iatrogen, kongenital)
Unbekannt bzw. nur in Kombination mit Natrium: Bluthochdruck
kein UL
1 mmol = 35,5 mg
Chrom
(nicht essenziell)
Ubiquitär, Fleisch, Fisch, Öle, Fette, Hefe, Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Kakao, Gewürze, nur Chrom (III)
Nahrungschrom wird nur gering absorbiert (0,4–2,5 %).
Unbewiesene Funktionen im Glukosestoffwechsel,
Chrom ist nicht essenziell
Nur unter langdauernder totaler parenteraler Ernährung beobachtet: verminderte Glukosetoleranz, gestörter Fettstoffwechsel und neurologische Symptome
Bis 1 mg/Tag keine unerwünschten Wirkungen
kein UL
1 mmol = 52,0 mg
Kobalt
Aufnahme mit Vitamin B12
Funktionen: Baustein von Vitamin B12
Unbekannt
1 mmol = 58,9 mg
Eisen
Fleisch, Vollkorngetreide, Spinat, Fenchel, Hülsenfrüchte, Nüsse
Resorption: als Fe++ überwiegend im Duodenum, mit Hilfe von Magensäure, Resorptionsquote aus Fleisch (Hämeisen) 5–12 %, aus pflanzlichen Lebensmitteln (anorganisches Eisen) 1–4 %, durch Mitverzehr von Vitamin C verdoppelbar, gehemmt durch Ballaststoffe, Phytinsäure und bei Steatorrhö.Ausscheidung: gering, Homöostase geregelt über AbsorptionVorkommen im Körper:
- Blut (Hämoglobin) 67 %,
- Speichereisen im RES (Ferritin, Hämosiderin) 27 %,
- Gewebseisen (Myoglobin, Enzyme) 3,7 %,
- Transporteisen 0,1 %.Funktionen: Sauerstofftransport, Elektronentransfer, Oxidasen und Energiestoffwechselet
Hypochrome, mikrozytäre Anämie, Minderwuchs, Schulleistungsschwäche, Verhaltensstörungen
Risiko von Eisenüberladung durch Nahrung bei funktionierender Homöostase gering. Risiko für Personen mit Hämochromatose (0,5 % der Population) bereits bei normaler Eisenaufname.
Aufnahme hoher Einzeldosen: gastrointestinale Beschwerden durch korrosive hämorrhagische Schleimhautnekrose
kein UL
1 mmol = 55,8 mg
Fluorid (nicht essenziell)
Trinkwasser, schwarzer Tee, Fisch (mit Gräten gegessen), Supplemente
Resorption: durchschnittliche Resorptionsquote 80 %, Retention sinkt im Alter: junger Säugling 90 %, Kleinkind 50 %, später <10 %.Ausscheidung: vor allem Niere.Vorkommen im Körper: Zahnhartsubstanzen, Knochen (Fluorapatit).Funktionen: Säureresistenz des Zahnschmelzes, Remineralisation von Primärläsionen, Hemmung der Säurebildung durch Mundbakterien
Erhöhtes Risiko für Karies bei gleichzeitig schlechter Mundhygiene und häufigem Kohlenhydratverzehr
Trinkwasser:
- >2 mg/l Schmelzflecken;
- >5–8 mg/l Knochenfluorose,
- 20 mg/l Wachstumsstörungen
UL:
- 1–8 Jahre 0,1 mg/kg KG;
- 9–14 Jahre 5 mg/Tag;
- >15 Jahre 7 mg/Tag
1 mmol = 19,0 mg
Jod
Jodsalz, Seefisch, Milch
Resorption: Dünndarm, rasch. Jod zirkuliert als organisches und anorganisches Jodid. Einbau in Thyreoglobulin, daraus Abspaltung von Thyroxin (T4) und Trijodothyronin (T3).
Ausscheidung: Niere.
Vorkommen im Körper: 80 % in Schilddrüse, Körperbestand: 15–20 mg.
Funktionen: Baustein von Schilddrüsenhormonen
Kropf; bei fetalem Jodmangel Hirnentwicklungsstörung, Kretinismus; Empfindlichkeit steigt mit Wachstumsgeschwindigkeit. Hypothyreose unter Umständen ausgelöst durch Medikamente, insbesondere Thyreostatika und strumigene Substanzen
Bei guter Jodversorgung hohe Toleranz: bis 1 mg/Tag; bei Erwachsenen nach Jodmangel autonome Überproduktion von Schilddrüsenhormon (Jod-Basedow-Krankheit), unter Umständen schon bei Jodmangelprophylaxe
UL:
- 1–3 Jahre 200 μg/Tag;
- 4–6 Jahre 250 μg;
- 7–10 Jahre 300 μg;
- 11–14 Jahre 450 μg;
- 15–17 Jahre 500 μg;
- Erwachsene 600 μg/Tag
1 mmol = 126,9 mg
Kalium
Fast alle Lebensmittel; kaliumreich: Trockenfrüchte, Hülsenfrüchte, Bierhefe, mageres Fleisch
Resorption: oberer Dünndarm, rasch.
Ausscheidung: 90 % Niere (Hauptregelorgan, Kapazität begrenzt), 10 % Darm, geringe Anteile in Speichel und Schweiß. Retention beim wachsenden Kind ca. 8 %.
Vorkommen im Körper: intrazellulär 130–160 mmol/l; 1–2 % in extrazellulärer Flüssigkeit.
Funktionen: wichtigstes intrazelluläres Kation, intrazellulärer osmotischer Druck, Flüssigkeitsbilanz; Konzentrationsgradient von intra- zu extrazellulärem K+ von entscheidender Bedeutung für die Erregungsvorgänge der Zellen (Muskelkontraktion, Nervenleitung). Aktivator verschiedener Enzyme
Ursachen: Hunger, Verluste (enteral, kutan, renal, endokrin, metabolisch). Muskelschwäche, Anorexie, Apathie, Übelkeit, paralytischer Ileus, Bradykardie, Herzrhythmusstörungen
Hyperkaliämie bei parenteraler Zufuhr, Niereninsuffizienz, Gewebszerfall. Herzrhythmusstörungen, Kammerflimmern, Herzdilatation, EKG-Veränderungen
kein UL
1 mmol = 39,1 mg
Kupfer
Fleisch und Fleischprodukte, Vollkorngetreide, Nüsse, Kakao
Carrier-vermittelte Absorption im Dünndarm 50 %, in der Leber eingebaut in Caeruloplasmin oder gespeichert als Metallothionein oder sezerniert in die Galle.Funktionen: Elektronen-Donor und -Akzeptor wie Eisen. Teil des katalytischen Zentrums von Enzymen, speziell von Enzymen für Neurotransmitter-Synthese. 12 Cupro-Enzyme: u. a. 8-Aminolävolinsäure-Dehydrase, Cytochrom-C-Oxidase, Lysyloxidase, Superoxiddismutase, Monoaminoxidase, Dopamin-β-Hydroxylase, Tyrosinase, Uricase
Selten. Anämie, neurologische Defekte und Cutis laxa. Veränderte Haarfarbe und -textur, erhöhtes Risiko für Aneurysmen, Knochenveränderungen Wachstumsstörungen. Genetischer funktioneller Kupfermangel: Menkes Disease
Aufgrund von homöostatischer Kontrolle selten als Folge übermäßiger Zufuhr.
Genetische Störungen: Morbus Wilson mit Leberzirrhose und Speicherung in allen Organen; Indian childhood cirrhosis bei genetischer Disposition, Gastritits, Hämolyse.
UL:
- 1–3 Jahre 1 mg/Tag;
- 4–6 Jahre 2 mg/Tag;
- 7–10 Jahre 3 mg/Tag;
- 11–17 Jahre 4 mg/Tag;
- Erwachsene 5 mg/Tag
1 mmol = 63,5 mg
Magnesium
Fast alle Lebensmittel
Resorption: Dünndarm, bes. Ileum, durchschnittlich 40 %, abhängig von Zufuhr und Nahrungszusammensetzung (Mg-Salze der Phytinsäure, Oxalsäure und einiger Fettsäuren werden nicht oder sehr schlecht resorbiert).
Ausscheidung: Niere; Darm (nicht resorbiertes Mg).
Vorkommen im Körper: Knochen 65 %, Muskel 27 %, extrazellulär <1 %.
Funktionen: Aktivierung verschiedener Enzyme, besonders des Kohlenhydratstoffwechsels, Erregbarkeitsdämpfung von Muskel- und Nervenzellen, wichtiges intrazelluläres Kation, Struktur von Knochen und Zähnen. Kalziumantagonist
Ursachen: Neugeborene bei Mg-Mangel der Mutter, parenterale Ernährung, chronische Verluste mit Darm, Niere. Mangel geht immer mit sekundären Elektrolytstörungen einher, besonders Hypokalzämie und Hypokaliämie
Iatrogen: Mg-haltige Antazida bei chronischer Niereninsuffizienz, parenterale Zufuhr; Nahrungsergänzungsmittel: Durchfall
UL: 250 mg/Tag, gilt nur für leicht dissoziierende Salze
1 mmol = 24,3 mg
Mangan
Pflanzliche Lebensmittel reicher an Mangan als tierische, besonders Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, grünes Blattgemüse, Früchte, Nüsse
Resorption: im Dünndarm, durchschnittlich 3–4 %, abhängig vom Nahrungsmuster.
Ausscheidung: mit Galle, regelt Homöostase mehr als Resorption.
Vorkommen im Körper: Knochen, parenchymatöse Organe, Mitochondrien.
Funktionen: Bestandteil von Metalloenzymen (Pyruvatcarboxylase, Superoxiddismutase, Glycosyltransferase Arginase, Diaminoxidase), Kofaktor von Hydrolasen, Kinasen, Decarboxylasen, Transferasen. Proteoglycansynthese Knorpel, Knochen
Bisher nur unter totaler parenteraler Ernährung beobachtet
Fraglich Enzephalopathie nach oraler Aufnahme (Trinkwasser)
kein UL
1 mmol = 54,9 mg
Molybdän
Hülsenfrüchte, Getreide
Resorption: 25–80 % aus Magen und Darm.
Ausscheidung: regelt Homöostase.
Vorkommen im Körper: besonders in Leber und Niere.
Funktionen: Kofaktor von Xanthinoxidasen, Sulfitoxidase, Aldehydoxidase
Nur unter totaler parenteraler Ernähung beobachtet; Störungen des Stoffwechsels schwefelhaltiger Aminosäuren und von Nukleotiden. Neurologische Symptome
Gichtähnliche Symptome, erhöhte renale Kupferausscheidung.
UL (tierexperimentelle Daten):
- 1–3 Jahre 0,1 mg;
- 4–6 Jahre 0,2 mg;
- 7–10 Jahre 0,25 mg;
- 11–14 Jahre 0,4 mg;
- 15–17 Jahre 0,5 mg;
- Erwachsene 0,6 mg/Tag
1 mmol = 95,9 mg
Natrium
Speisesalz, industriell zubereitete Lebensmittel, besonders Wurst, Hartkäse, Suppen, Saucen, ferner Milch, Fleisch
Resorption: Jejunum, energieabhängig, an Glukose gekoppelt. Na-Aufnahme entspricht Chloridaufnahme.
Ausscheidung: 95 % Niere (geregelt durch Aldosteron-Renin-Angiotensin und atriales natriuretisches Peptid, ANP), 4,5 % Darm, 0,5 % Schweiß (stark steigerbar).Vorkommen im Körper: wichtigstes Ion der extrazellulären Flüssigkeit (98 %), wenig in Knorpel und Muskel.
Funktionen: osmotischer Druck und Volumen der extrazellulären Flüssigkeit. Ladungstransport, Zellmembranpotenzial, Erregbarkeit von Muskel- und Nervenzellen, intra- und extrazellulärer osmotischer Druck, Absorption von Monosacchariden, Aminosäuren, Säure-Basen-Haushalt, Alkalität der Verdauungssäfte, Enzymaktivierung
Alimentär oder durch Verluste. Hypotone Dehydratation, Hypotonie, Oligurie, Muskelkrämpfe, Fieber, Erbrechen, Apathie
Ödeme bei Störung der Ausscheidung oder überschüssiger parenteraler Zufuhr; zusammen mit Chlorid: Blutdruckerhöhung
kein UL
1 mmol = 23,0 mg
Phosphor
Fast in allen Lebensmitteln, besonders in proteinreichen, wie Milch, Fleisch und Fisch
Resorption: Resorptionsquote ca. 70 %, Vitamin D und Parathormon fördern Aufnahme und Retention.
Ausscheidung: Niere, Darm.
Vorkommen im Körper: in Kern und Zytoplasma aller Zellen, Bestandteil von Knochen und Zähnen. Im Blut als Phospholipide, organische Ester und anorganische Phosphate.
Funktionen: Transformation, Speicherung und Übertragung von Energie (ATP), Baustein von Nukleinsäuren, Säure-Basen-Haushalt, Stoffwechsel der Kohlenhydrate, Proteine und Fett
Bei sehr kleinen Frühgeborenen, die wenig Ca und Phosphat erhalten, Rachitisrisiko. Muskelschwäche
Alimentär nicht bekannt. Tetanierisiko bei anbehandelter Rachitis, bei Ernährung von Neugeborenen mit Nahrung von niedrigem Ca:P-Verhältnis (1:1); Nahrungergänzungsmitte >750 mg/Tag: gastrointestinale Störungen
kein UL
1 mmol = 30,9 mg
Selen
In Lebensmitteln vor allem als organische Selenverbindungen (vor allem Selenomethionin, Selenocystein), außerdem Selenit und Selenat. Fleisch, Getreide Hülsenfrüchte; abhängig vom Selengehalt der Böden
Resorption: Selenaminosäuren statt schwefelhaltiger Aminosäuren werden im oberen Dünndarm fast vollständig absorbiert, anorganische Selenverbindungen über Natrium-abhängige Ko-Transporter weniger gut.
Stoffwechsel: Selenaminosäuren unterliegen dem normalen Aminosäurenabbau. Selenmethionin kann statt Methionin in Proteine eingebaut werden. Für Selenoproteine ist die De-novo-Synthese von Selenocystein erforderlich.Ausscheidung: methylierte Selenverbindungen werden vorwiegend über die Niere ausgeschieden; bei großem Angebot auch über Atemluft und Stuhl.Vorkommen im Körper: in vielen Geweben, besonders in Erythrozyten.
Funktionen: 25 Selenoproteine (Selenocystein enthaltend), mit verschiedenen Funktionen: antioxidativ (Glutathion-Peroxidase), T-Zell-Immunität, Schilddrüsenhormonstoffwechsel, Selenhomöostase und -transport, Skelet- und Herzmuskelstoffwechsel
Alimentärer Selenmangel mit klinischen Symptomen ist selten (Kardiomyopathie bei parenteraler Ernährung). Bei der Keshan-Kardiomyopathie, endemisch bei extrem selenarmen Böden und in Assoziation mit Coxsackie-Virus und der endemischen Osteoarthritis und Zwergwuchs Kashin-Beck, spielen neben Selenmangel andere prädisponierende Faktoren eine Rolle
Alimentär kaum möglich, fehlerhafte Supplemente.
Selenose sehr selten, Dermatitis, Haarausfall, Nagelverlust, Schäden an ZNS. Akut: Knoblauchgeruch (Dimethyl-Selenid)
UL:
- 1–3 Jahre 60 μg;
- 4–6 Jahre 90 μg;
- 7–10 Jahre 130 μg;
- 11–14 Jahre 200 μg;
- 15–17 Jahre 250 μg;
- Erwachsene 300 μg/Tag
1 mmol = 79,0 mg
Zink
Fleisch, Milch, Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse
Resorption: vom Bedarf abhängig (20–30 %), Dünndarm, aktiver Transport, Metallothionin als Ligand und intrazellulärer Speicher, Kalzium und Kupfer antagonistisch.
Ausscheidung: vor allem über den Darm.
Vorkommen im Körper: mengenmäßig wichtigstes Spurenelement, innere Organe.
Funktionen: Bestandteil vieler Enzyme (u. a. Carboanhydrase, mehrere Dehydrogenasen, RNA- und DNA-Polymerase, alkalische Phospatase, Aminohydrolase, Peptidasen)
Minderwuchs, Diarrhö, Hypogonadismus, Akrodermatitis enteropathica, Immundefizienz, Dermatitis und Wundheilungsstörungen, Alopezie
Verzehr säurehaltiger Lebensmittel oder Wasser aus verzinkten Gefäßen: Magen-Darm-Störungen (akut), hypochrome Anämie über sekundären Kupfermangel (chronisch)
UL:
- 1–3 Jahre 7 mg;
- 4–6 Jahre 10 mg;
- 7–10 Jahre 13 mg;
- 11–14 Jahre 18 mg;
- 15–17 Jahre 22 mg;
- Erwachsene 25 mg/Tag
1 mmol = 65,4 mg
DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung, ÖGE Österreichische Gesellschaft für Ernährung, SGE Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, EFSA European Food Safety Authority, ATP Adenosintriphosphat, RES retikuloendotheliales System, UL tolerable upper intake level
Fußnoten
1
Als postprandiale Thermogenese (früher „spezifisch-dynamische Wirkung der Nahrung“) wird die Energiefreisetzung bei Verdauung, Resorption, Transport, Umbau und Speicherung der Nährstoffe (etwa 10 % der Energiezufuhr) bezeichnet.
 
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