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Die Anästhesiologie
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Publiziert am: 03.05.2017

Anästhesie in der Neurochirurgie

Verfasst von: Kristin Engelhard, Irene Tzanova und Thomas Kerz
Die Anästhesie in der Neurochirurgie umfasst eine Vielzahl von Eingriffen und speziellen Verfahren. Während einer Kraniotomie beeinfluss der Neurochirurg die Funktion des wichtigsten Zielorgans der Anästhesie. Die Wachkraniotomie, die stereotaktische Biopsie und Implantation von Stimulationselektroden, sowie die Operation in sitzender Position stellen typische fachspezifische Herausforderungen dar. Daher ist eine genaue Kenntnis dieser Verfahren, eine gute Vorbereitung, Planung und Durchführung der Anästhesie unter Berücksichtigung aller eingriffsspezifischen Besonderheiten essentiell. Darüber hinaus haben Schädigungen des Gehirngewebes potentiell fatale Folgen für kognitiven Fähigkeiten und die Autonomie der Patienten. Die Anästhesie kann durch perioperative Kontrolle physiologischer Parameter und die gezielte Therapie eines erhöhten intrakraniellen Drucks dazu beitragen das Ausmaß der Schädigung des Gehirns zu minimieren.
Einleitung
Das Wort „Kraniotomie“ subsumiert eine ganze Reihe von Interventionen, die von einem kleinen Bohrloch zur Evakuation eines chronisch-subduralen Hämatoms oder dem Anbringen einer Drucksonde zur Überwachung des intrakraniellen Drucks (ICP, „intracranial pressure“) über eine osteoplastische Kraniotomie zur Entfernung einer Raumforderung (frontal, temporal, okzipital) bis zur Intervention in der hinteren Schädelgrube reichen können. Die Mehrzahl der neurochirurgischen Operationen ist mit einer aufwändigen Lagerung und erheblichen Kreislaufreaktionen verbunden. Die mögliche Ausdehnung des Eingriffs sollte vorab mit dem Operateur geklärt sein, da Lagerung, Monitoring, Art und Größe der i.v.-Zugänge sowie die Bereitstellung von Blutkonserven davon abhängen.

Der neurochirurgische Patient

Die häufigsten neurochirurgischen Eingriffe sind:
1.
Ausräumung von Raumforderungen (z. B. Tumor, Abszess, Hämatom),
 
2.
Aneurysma-Clipping oder -Coiling,
 
3.
Hypophysektomie (transsphenoidal oder transkraniell),
 
4.
Eingriffe an der Wirbelsäule,
 
5.
Wachkraniotomien, Operationen bei Epilepsie und Parkinsonismus, Stereotaxie,
 
6.
Shuntoperationen (bei Kindern und Erwachsenen zur Hydrozephalustherapie bei gestörter Liquorzirkulation),
 
7.
bildgebende Untersuchungen (z. B. Angiographie der Hirngefäße).
 
Neurochirurgische Patienten können eine Reihe von neurologischen Symptomen aufweisen (Kap. „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Nervensystem“). Auch sind in Abhängigkeit von der Lokalisation des Prozesses verschiedene neurologische Symptome zu antizipieren. Deren Dokumentation vor und nach dem Eingriff ist zwar in erster Linie Aufgabe des Operateurs, allerdings obliegt es auch dem Anästhesisten, präoperative neurologische Defizite zu registrieren. Somit können Komplikationen unmittelbar postoperativ im Aufwachraum oder auf der Intensivstation erkannt und Therapiemaßnahmen eingeleitet werden:
  • Mydriasis: nach Eingriffen in der mittleren Schädelgrube (Schädigung N. okulomotorius), am Mittelhirn oder am Hirnstamm, kann auch Zeichen einer lokalisierten Nachblutung mit Erhöhung des intrakraniellen Drucks sein (bei temporaler Einklemmung verbunden mit kontralateraler Hemiplegie).
  • Cushing-Trias (Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom): Erhöhter systolischer Blutdruck, Bradykardie und Atemstörungen als Folge akuter Erhöhung des intrakraniellen Drucks und beginnender Einklemmung.
  • Erbrechen und Kopfschmerzen: mögliche Folge der Anästhesie; aber auch Zeichen eines erhöhten intrakraniellen Drucks.
  • Schluckstörungen: primär durch die Intubation; können auch durch Schädigung der kaudalen Hirnnerven (hirnstammnahe Eingriffe) oder anderer Schluckzentren, z. B. im Temporallappen, verursacht werden.
  • Polyurie: Iatrogen durch exzessive Flüssigkeitszufuhr; aber auch postoperativ bei Diabetes insipidus.
  • Dyspnoe: allergische Reaktion, bekannte COPD bzw. Asthma, Lungenödem; aber auch als Folge ausgedehnter Eingriffe an der Halswirbelsäule durch Schwellung und/oderNachblutung in die prävertebralen/paratrachealen Weichteile.
Neben der üblichen präoperativen Evaluierung und Risikostratifizierung ist auf spezielle Krankheitsbilder wie z. B. ein obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS) zu achten, welches bei Patienten mit M. Cushing oder Akromegalie eine höhere Inzidenz als üblich aufweist. Diese Patienten bedürfen postoperativ einer besonderen Überwachung (für 24 h Aufwachraum bzw. Intensivstation) und müssen deshalb präoperativ identifiziert werden, z. B. mittels des STOP-Fragebogens (Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Schlafapnoesyndrom“, [1]).
Während der präoperativen Untersuchung richtet sich das Hauptaugenmerk des Anästhesisten auf den intrakraniellen Druck (ICP). Eine Raumforderung (z. B. Tumor) kann benachbarte Kompartimente (Gewebe, Liquor, Blut) verdrängen und die Zirkulation von Blut und Liquor behindern. Dies steigert den ICP mit der Folge der Reduktion des zerebralen Perfusionsdrucks („cerebral perfusion pressure“, CPP = MAP – ICP) und drohender zerebraler Ischämie (Abschn. 2.5).
Eine Reihe von Begleiterkrankungen, Syndromen und Verletzungen, welche ursächlich für den Eingriff sind, müssen präoperativ berücksichtigt werden (Tab. 1).
Tab. 1
Spezielle präoperative Befunde bei neurochirurgischen Patienten und daraus resultierende Maßnahmen
Befund bzw. Störung
Maßnahme
Kortisontherapie
Labor: Blutzucker, Elektrolyte, evtl. Kortison-Cover-Schema
BZ präoperativ zwischen 80–150 mg/dl einstellen
Diabetes mellitus
An diabetische Neuropathie denken; Dokumentation von sensorischen Ausfällen
Dehydratation/Volumenmangel
Nach individuellem Bedarf präoperativ ausgleichen
Störung der Blutgerinnung
Labor: PTT, Quick, Thrombozyten, ggf. Thrombozytenfunktionstestung (In-Vitro Blutungszeit, induzierte Thrombozytenaggregation, Impedanzaggregometrie)
Evtl. Ursache klären (z. B. Hepathopathie, kongenitale Gerinnungsstörung)
Für ausreichende Menge an Blutprodukten sorgen
Thrombozytenaggregationshemmer zeitgerecht absetzen, Umstellung auf Heparin
Krampfanfälle
Art der Anfälle (fokal, generalisiert)
Medikamentöse Therapie (effektiv?)
Labor: Transaminasen (Antikonvulsiva), Kalzium, Albumin, evtl. Antikonvulsiva-Spiegel-Bestimmungen
Neurologische Ausfälle
Dokumentation: Art der Störung, Lokalisation, zeitlicher Verlauf, evtl. neurologisches Konsil
Verdacht auf SAB
Optimieren des Blutdrucks, auf Einklemmungszeichen achten. Ggf. 12-Kanal-EKG; ggfs. TTE, TEE
Frühzeitige invasive arterielle Blutdruckmessung
Cave: Neurogenes Lungenödem, Tako-Tsubo-Kardiomyopathie
HWS-Instabilität
Fiberoptische oder videolaryngoskopische Intubation anstreben, wenn möglich neurologische Symptomatik vor und nach Intubation prüfen und dokumentieren
Hypophysentumor
Endokrinologische Klärung: Hormonaktiv?
• ACTH-sezernierender Tumor
Labor: Blutzucker, Elektrolyte; Störungen präoperativ korrigieren
Cave: Addison-Krise, Hydrokortisongabe
• Akromegalie
Erschwertes Atemwegsmanagement; wache orale fiberoptische Intubation vorbereiten
Begleiterkrankungen: Hypertonie, Diabetes mellitus, Schlafapnoe, Kardiomyopathie, Karpaltunnelsyndrom: kollaterale Blutversorgung der Hand eingeschränkt (A. ulnaris)
• TSH-produzierender Tumor
Labor: fT3, fT4, TSH, euthyreote Stoffwechsellage anstreben. Struma kann zu Intubationskomplikationen führen, evtl. Tracheazielaufnahme
Prämedikation
Strenge Indikationsstellung für sedierende/atemdepressive Medikamente bei Patienten mit erhöhtem ICP
Es wird gezielt nach vorherigen Operationen in Allgemeinanästhesien gefragt. Frühere frontotemporale und temporale Kraniotomien können aufgrund von narbigen Veränderungen des Temporalmuskels eine verringerte Mundöffnung zur Folge haben. Hinsichtlich präoperativer Laboruntersuchungen sind in der Neurochirurgie keine über das Übliche hinausgehenden Maßnahmen erforderlich [2].
Narkoseprotokolle von vorherigen Narkosen können wichtige Hinweise zur Vorgehensweise bei einer erneuten Anästhesie liefern.
Besonders Patienten mit frontalen Störungen können wesensverändert und damit nicht in der Lage sein, rechtskräftig in die Narkose einzuwilligen. Auf kognitive Störungen sowie Störungen der Urteilsfähigkeit sollte besonders geachtet werden, da diese teilweise sehr subtil sein können. Eine orientierende Untersuchung ist mit dem Mini-Mental-State Test sowie dem Uhren-Zeichen-Test möglich, ggfs. ist rechtzeitig eine Betreuung einzurichten.

Herz-Kreislauf- und pulmonales System

Bei Patienten mit ischämischer Herzerkrankung sollte vor elektiven Operationen eine interdisziplinäre Risikoeinschätzung erfolgen und ggf. eine medikamentöse oder interventionelle Verbesserung der Herzfunktion angestrebt werden.
Vielfach sind neurochirurgische Eingriffe jedoch nicht aufschiebbar, sodass ein kardiales Risiko gegen das Risiko einer verzögerten Operation abgewogen werden muss. Auch hier muss die Entscheidung mit allen beteiligten Fachabteilungen gemeinsam mit dem Patienten und dessen Angehörigen getroffen werden. Die individuellen präoperativen Blutdruckwerte sollten bekannt sein, um intraoperativ entsprechende Werte einstellen zu können.
Eine manifeste koronare Herzerkrankung ist eine relative Kontraindikation für die kontrollierte Hypotension.
Bei einem Ventrikel- oder Vorhofseptumdefekt ist das Risiko einer paradoxen Luftembolie erhöht und gilt als Kontraindikation für die sitzende Lagerung.
Bei neurochirurgischen Patienten ist eine präoperative Dehydratation aufgrund der Erkrankung bzw. Verletzung keine Seltenheit. Eine individuelle, bedarfsorientierte Infusionstherapie sollte bereits vor dem geplanten Eingriff begonnen werden.
Zusätzlich kann es bei Patienten mit Herzerkrankungen – verstärkt durch Diuretika und Hyperventilation – zu Hypokaliämie und Hypomagnesämie kommen, die ihrerseits schwere Arrhythmien auslösen können. Die engmaschige Kontrolle des Elektrolytstatus ist präoperativ unverzichtbar.
Die Mehrzahl der neurochirurgischen Patienten, besonders derer mit Spinalkanalerkrankungen, ist über 50 bzw. 70 Jahre alt. Somit besteht eine erhöhte Prävalenz für Beeinträchtigungen des kardiovaskulären Systems, daher ist bei elektiven neurochirurgischen Patienten präoperativ die Anwendung des „Revised Cardiac Risk Index“ (RCRI) zur perioperativen kardiovaskulären Evaluierung von nichtkardiochirurgischen Patienten sinnvoll [3]. Prädiktoren einer erhöhten perioperativen kardialen Letalität und Morbidität sind: große Operationen, ischämische Herzkrankheit (Angina pectoris, Herzinfarkt in der Anamnese oder im EKG), Herzinsuffizienz, Insulintherapie, Apoplex oder TIA, Niereninsuffizienz (Serumkreatinin >2,0 mg/dl). Einen online-Kalkulator findet sich z. B. unter http://www.mdcalc.com/revised-cardiac-risk-index-for-pre-operative-risk.
Bei klinisch stabilen Patienten mit 3 RCRI-Punkten und einer Belastbarkeit <4 MET (metabolisches Äquivalentlevel; Kap. „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Kardiovaskuläres System“) oder unbekannter Belastbarkeit ist sowohl eine weitere nichtinvasive kardiale Stressabklärung (EKG, ggf. Stressecho) empfohlen. Eine prophylaktische präoperative Gabe von β-Blockern, die einen Tag oder weniger vor Operation beginnt, hat die Rate an kardialen Ereignissen gesenkt, aber gleichzeitig das Risiko für Schlaganfälle, Tod, Bradykardie und Hypotension erhöht. Auch wenn die β-Blockade 2 oder mehr Tage präoperativ begonnen wird, sind die Daten zum klinischen Nutzen kontrovers [4]. Patienten mit einer Kardiomegalie im Thoraxröntgenbild, kardialer Risikoanamnese und dem Verdacht auf einen Herzfehler sollten echokardiographisch untersucht werden. Die Bestimmung natriuretischer Peptide [B-type natriuretic peptide (BNP), N-terminal pro B-type natriuretic peptide (NT-proBNP)] schließt bei Unterschreiten von 100 pg/ml (BNP) bzw. 300 pg/ml (NT-proBNP) eine akute Herzinsuffizienz mit hoher diagnostischer Sicherheit aus. Bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz werden Grenzwerte von 35 pg/ml für BNP und 125 pg/ml für NT-proBNP angegeben [5].
Patienten mit bisher nicht therapierten Hypertonus (RR systolisch >180 mmHg, diastolisch >110 mmHg) sollten bis nach der medikamentösen Einstellung des Hypertonus nicht operiert werden.
Kardiopulmonale Symptome nach SAB
Kardiopulmonale Störungen nach SAB, seltener auch durch alle anderen intrakraniellen Pathologien, sind durch eine zentrale autonome Dysregulation mit Aktivierung des Sympathikotonus verursacht.
Patienten nach einer Subarachnoidalblutung (SAB), seltener auch nach intrakraniellen Blutungen, haben überproportional häufig Herzrhythmusstörungen (bis 75 %), regionale Wandbewegungsstörungen und zeigen Erhöhungen kardialer Enzyme als Marker einer neuronal ausgelösten Myokardischämie. Das Syndrom der apikalen und medialen Wandbewegungsstörungen (neurogenes „stunned myocardium“) zeigt Gemeinsamkeiten mit der „Tako-Tsubo“-Kardiomyopathie [6] und ist am ehesten durch eine lokale Noradrenalinfreisetzung an den sympathischen Nervenendigungen im Myokard verursacht. Angiographisch kann bei dieser Erkrankung in der Regel keine Stenose der Koronararterien nachgewiesen werden, die Ejektionsfraktion kann jedoch erheblich herabgesetzt sein und den Einsatz hoch dosierter Katecholamine oder, in Extremfällen, der intraaortalen Ballonpumpe erfordern. In der Regel sind die Wandbewegungsstörungen umso schwerer, je höhergradig die SAB ist. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Problematisch kann die Einleitung einer hypertensiven Therapie sein, wenn die Wandbewegungsstörungen bis zum Auftreten eines zerebralen Vasospasmus weiter bestehen – dann ist nämlich die sonst gewünschte Einstellung eines höheren Blutdrucks auf Grund der Herzinsuffizienz nicht möglich.
Im Unterschied zum Myokardinfarkt ist der Anstieg von CK und Troponin I weniger ausgeprägt. Allerdings sind auch Fehldiagnosen beschrieben – mit der Folge, dass Patienten mit SAB und daraus resultierender kardialer Dysfunktion mit Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien behandelt wurden, wodurch die Blutungsgefahr extrem erhöht wird. Nach einigen Tagen ist die Symptomatik vollständig und spontan reversibel.
Akutes spinales Trauma
Auch Patienten nach einem akuten spinalen Trauma entwickeln häufig als Folge der direkten Einwirkung auf den Sympathikus zunächst eine schwere Hypertension und Arrhythmie mit Linksherzinsuffizienz, Herzinfarkt und Lungenödem. Durch den folgenden spinalen Schock erreicht der Patient das Krankenhaus mit einer ausgeprägten, katecholaminpflichtigen Hypotension.
Neurogenes Lungenödem
Etwa 20 % der Patienten mit einer akuten zerebralen Schädigung, besonders solche mit einer Hypothalamusläsion, erleiden ein neurogenes Lungenödem (NLE). Durch eine starke Triggerung des Sympathikus kommt es zu α-Stimulation und Ausschüttung von Vasokonstriktoren wie Noradrenalin, γ-Neuropeptid, Endothelin-1 mit der Folge hämodynamischer und inflammatorischer Reaktionen [7].
Die extreme systemische und pulmonale Vasokonstriktion führen zu einer linksventrikulären Insuffizienz mit Anstieg des pulmonalvenösen Drucks und des transkapillären Druckgradienten, wodurch ein Lungenödem ausgelöst wird. Ein weiterer Mechanismus ist die erhöhte Kapillarpermeabilität durch inflammatorische Mediatoren mit Übertritt von Plasma in das Interstitium und die Alveolen [8]. Die Behandlung folgt den üblichen Standards (Kap. „Anästhesie bei Patienten mit Cor pulmonale“).

Allgemeine neuroanästhesiologische Aspekte

Grundlagen der Neuroanästhesie

Ziele der Anästhesie speziell bei neurochirurgischen Patienten sind die Sicherstellung der zerebralen Oxygenierung sowie Herstellung und Sicherung optimaler Operationsbedingungen. Ein „entspanntes“ Gehirn ohne anästhesiebedingte Volumenzunahme erleichtert den Zugang zum Operationsgebiet und minimiert die Gefahr einer Einklemmung von Hirngewebe durch die Kraniotomieöffnung. Der Zusammenhang zwischen intrazerebraler Volumen- und Druckänderung wurde schon 1964 beschrieben und weist darauf hin, dass bei zunehmender Erschöpfung der intrakraniellen Reservekapazitäten schon kleine Volumenänderungen mit großen Änderungen des intrakraniellen Drucks vergesellschaftet sind [9]; (Abb. 1).
Bei neurochirurgischen Eingriffen werden meist Retraktoren eingesetzt, um eine freie Sicht auf den Operationssitus zu erhalten. Falls der Retraktordruck den Perfusionsdruck übersteigt, kann Hirngewebe geschädigt werden. Die Summe aller anästhesiologischen und pharmakologischen Maßnahmen zur Entspannung des Gehirns und zur perioperativen Neuroprotektion wurde als „chemischer Retraktor bezeichnet [10]. Eine kompetent geführte Anästhesie ohne unerwünschte Nebenwirkungen schafft optimale Operationsbedingungen und verbessert die Qualität der Intervention und die Prognose.
Wahl der Anästhetika hängt von möglichen Wirkungen auf folgende Größen ab
  • Zerebraler Blutfluss („cerebral blood flow“, CBF)
  • Zerebrales Blutvolumen („cerebral blood volume“, CBV)
  • Zerebrale Stoffwechselrate für Sauerstoff („cerebral metabolic rate for oxygen“, CMRO2)
  • Zerebraler Perfusionsdruck (CPP)
  • Intrakranieller Druck (ICP)
  • Liquorproduktion
  • Zerebrale CO2-Reaktivität („cerebral CO2-reactivity“, CCO2-R)
  • Zerebrovaskuläre Autoregulation
Ein optimales Anästhesiemanagement verbessert die zerebrale Ischämietoleranz, steigert nicht das CBV, hält einen ausreichenden MAP und CPP aufrecht und verhindert Anstiege des ICP. Eine möglichst geringe postoperative Vigilanzminderung durch die Anästhesie erleichtert die klinisch-neurologische Überwachung.

Thromboseprophylaxe, Eingriffe bei Patienten mit dauerhafter Antikoagulation

Neurochirurgische Patienten gehören zur Patientengruppe mit mittlerem bis hohem Risiko für postoperative Thrombosen und Embolien. Das perioperative Risiko für eine tiefe Venenthrombose wird mit 0–34 % angegeben, das Risiko für eine symptomatische Lungenembolie mit 0–3,8 % [11]. Eine mechanische Thromboseprophylaxe mit Kompressionsstrümpfen bzw. intermittierender pneumatischer Kompression oder mittels niedermolekularen Heparinen (LMWH) ist obligat. Beide Methoden müssen ggfs. kombiniert werden. Ein Absetzen der Prophylaxe mit LMWH am Vorabend der Operation ist ausreichend. Wann die Prophylaxe postoperativ weitergeführt werden kann, hängt vom Ausmaß der Operation, dem intraoperativen Befund sowie dem Befund im postoperativen CT-Bild ab. Bei unkompliziertem Verlauf nach Tumoroperationen kann dies schon 12 h postoperativ der Fall sein, während bei Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko 24–72 h gewartet werden sollte [12, 13].
Die Guidelines des American College of Cardiology bzw. der American Heart Association 2014 empfehlen, nach Implantation eines Drug-eluting-Stents (DES) chirurgische Eingriffe mindestens 12 Monate zu verschieben. Ggf. kann ein Eingriff auch bereits nach 6 Monaten durchgeführt werden, „wenn das Risiko einer weiteren Verzögerung größer ist als das erwartete Risiko einer Ischämie und Stentthrombose“ [14]. Innerhalb der ersten 6 Wochen nach Stenting erleiden 1 von 10 Patienten nach einem chirurgischen Eingriff einen „major adverse cardiac event“, im Zeitraum 6 Wochen bis 6 Monate immer noch 1 von 20 Patienten [15]. Interessanterweise fand diese Studie keinen Unterschied in der Eventrate zwischen DES und Bare-metal-Stents (BMS). Nach dieser Zeit stabilisiert sich das periprozedurale Risiko auf ca. 1 %.
Das periprozedurale Risiko nach Ballonangioplastie ist hingegen bereits 2 Wochen nach dem Eingriff niedrig, sodass diese oder eine operative Revaskularisierung vor einer nicht oder nur kurz aufschiebbaren Operation erwogen werden sollten [16, 17]. Bei unaufschiebbaren Interventionen kann ggf. Clopidogrel vorher abgesetzt und ASS weitergeführt werden. Allerdings fand eine Metaanalyse auch bei alleiniger ASS-Gabe bei intrakraniellen Eingriffen ein deutlich erhöhtes Blutungsrisiko [18]. Der passende Operationszeitpunkt kann durch Bestimmung der Medikamentenwirkung mittels induzierter Thrombozytenaggregation n. Born oder Impedanzaggregometrie (Multiplate; Kap. „Bedside-Monitoring der Blutgerinnung“) festgelegt werden. Ein Bridging mit niedermolekularen Heparinen, unfraktioniertem Heparin, direkten Thrombininhibitoren (z. B. Argatroban) oder GPIIb/IIIa-Antagonisten (z. B. Tirofiban) kann diskutiert werden [19, 20], ist jedoch für die Gruppe der neurochirurgischen Patienten nicht durch Studien abgesichert. Generell sollte das Vorgehen individuell für jeden Patienten zwischen Neurochirurgie, Kardiologie und Anästhesie abgesprochen werden.
Bei Patienten unter plättchenhemmender Therapie kann in Notfällen eine zumindest partielle Antagonisierung durch Gabe von Thrombozytenkonzentraten, Desmopressin 0,3–0,4 μg/kgKG (bei ASS- oder Clopidogreleinnahme; [21]) oder Tranexamsäure 2 g (30 mg/kgKG, bei Clopidogreleinnahme; [22]) versucht werden. Allerdings ist die Effektivität von Thrombozytenkonzentraten bei dieser Indikation nur durch eine Studie mit kleiner Fallzahl abgesichert [23]. Weiterhin zeigen ca. 9–21 % der Patienten eine Resistenz gegen Plättchenhemmer, weshalb vor Thrombozytengabe die Thrombozytenfunktion z. B. mittels Multiplate-Analyse überprüft werden sollte [24].
Pentasaccharide (Fondaparinux) können mit rekombiniertem Faktor VIIa 90 μg/kgKG (NovoSeven) antagonisiert werden. Zur Antagonisierung von Dabigatran (direkter Thrombininhibitor) wird derzeit die Gabe des humanisierten Antikörperfragments Idarucizumab in einer Phase-III-Studie untersucht. Vorhergehende Studien hatten eine sofortige und vollständige klinische Wirksamkeit gezeigt. Fallberichte und kleinere Studien sprechen für die Gabe von 4-Faktor-PPSB (3.000–5.000 IU), wodurch auch Rivaroxaban bzw. Apixaban (direkte Faktor-Xa-Antagonisten) antagonisiert werden können. Eine weitere therapeutische Option ist FEIBA (factor eight-inhibtor bypass activator) oder, im Fall von Dabigatran, Faktor VIIa. Da die neuen oralen Antikoagulanzien eine Halbwertzeit (HWZ) von deutlich unter 24 h haben, kann ggf. auch nur zugewartet werden [25]. Dabigatran allerdings wird renal eliminiert und hat bei einer Kreatininclearance von <30 ml/min eine HWZ von ca. 27 h. Kalkuliert man 5 HWZ bis zur Eliminiation, so nimmt diese ca. 5 Tage in Anspruch. Aufgrund seiner geringen Plasmaeiweißbindung ist Dabigatran dialysierbar und im Falle einer dringlichen Operationsindikation wäre eine Dialyse vor dem Eingriff ggf. sinnvoll.
Für den neuen reversiblen Thrombozytenaggregationshemmer Ticagrelor (Brilique, Wirkhalbwertszeit ca. 7–8 h), der eine Zulassung für das akute Koronarsyndrom mit oder ohne Stenteinlage besitzt, ist ebenfalls kein Antidot bekannt. Fallberichte beschreiben die Unwirksamkeit selbst mehrfacher Gaben von Thrombozytenkonzentraten [26]. Bei Patienten unter Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten sollte präoperativ in Rücksprache mit der Kardiologie und Hämostaseologie ggf. ein Bridging mit z. B. niedermolekularen Heparinen erfolgen.

Intraoperative Flüssigkeitszufuhr

Der transkapilläre Flüssigkeitstransport ist nach dem Starling-Gesetz u. a. vom hydrostatischen Druck in Kapillaren und Interstitium sowie den jeweiligen onkotischen Drücken abhängig. In peripheren Geweben kommt dem kolloidosmotischen Druck die wesentliche Bedeutung zu, da kleine Ionen wie Na+ oder Cl frei durch die Kapillarmembran diffundieren.
Im Gehirn jedoch ist die Konzentration der Elektrolyte intra- bzw. extravasal bestimmend für den transkapillären Flüssigkeitsaustausch, da sie aufgrund der Blut-Hirn-Schranke (BHS) nicht frei zirkulieren und deshalb osmotisch wirksam sind.
Onkotisch aktive Moleküle (z. B. Albumin) tragen zur normalen Osmolalität von ca. 285–290 mosmol/kgKG nur etwa 1–2 mosmol/kgKG bei.
Eine Änderung des kolloidosmotischen Drucks ist für die Ödembildung im Bereich des Gehirns bei erhaltener BHS daher nicht relevant. Demgegenüber hat die Änderung der Osmolalität um wenige mosmol jedoch einen ausgeprägten Effekt auf den Wassertransport entlang der Kapillaren.
Cave
Die Zufuhr von freiem Wasser durch z. B. Glukoselösungen vermindert die Plasmaosmolalität und erhöht den Flüssigkeitsgehalt des Hirngewebes. \( {1}\left/ {3}\right. \)-, \( {1}\left/ {2}\right. \)-, oder \( {2}\left/ {3}\right. \)-Elektrolytlösungen sind deshalb für den neurochirurgischen Patienten ungeeignet.
Hypotone Lösungen (<280 mosmol/l) sollten, zumindest in größeren Mengen, vermieden werden. Ringer-Laktat-Lösung ist z. B. gering hypoton und erhöht den intrazellulären Wassergehalt im Gehirn. Geringe Mengen bis ca. 1,5 l sind jedoch unproblematisch. Im Hinblick auf den Wassergehalt des Gehirns vorteilhafte Infusionslösungen sind NaCl 0,9 % und Ringerlösung. Sie können jedoch durch die hohe Chloridkonzentration eine hyperchlorämische Azidose verursachen. Eine balancierte Lösung wie z. B. Volulyte ist ebenfalls hypoton, wohingegen Sterofundin ISO isoton ist.
Tab. 2 gibt die theoretische (berechnete) Osmolarität sowie die reale Osmolalität verschiedener Lösungen an. Letztere errechnet sich durch Multiplikation des idealen Werts mit dem Aktivitätsfaktor 0,93 sowie dem Wassergehalt einer Lösung und berücksichtigt, dass Teilchen in Lösung nicht völlig unabhängig voneinander wirken.
Tab. 2
Zusammensetzung und Osmolarität verschiedener Infusionslösungen
 
Na+
K+
Ca2+
Mg2+
Cl+
Theoretische Osmolarität
Jonosteril (Fresenius)
137
4
1,65
1,25
110
36,8
 
291
270
Ringer-Laktat (verschiedene Hersteller)
130
5,4
1,84
 
112
 
27
276
256
Sterofundin (Braun)
140
4
2,5
1
106
 
45
299
278
Ringer-Lösung (verschiedene Hersteller)
147
4
2,3
 
156
  
309
287
Tutofusin (Pharmacia)
140
5
2,5
1,5
153
  
302
281
NaCl 0,9 % (verschiedene Hersteller)
154
   
154
  
308
287
Volulyte 6 % (Fresenius Kabi)
137
4
 
1,5
110
34
 
287
278
Voluven (130/0,4) 6 % (Fresenius Kabi)
154
154
     
308
298
Gelafundin 4 %
154
120
     
274
262
Ein direkter Zusammenhang von Hyperglykämie und schlechtem neurologischem Ergebnis galt bislang als gesichert [27], obwohl klinische prospektiv randomisierte Studien zu diesem Thema fehlten. So führte eine Hyperglykämie im Tiermodell nicht immer zu einer neurologischen Verschlechterung [28] und in einer klinischen Studie führte ein Blutglukosespiegel von maximal 220 mg% nicht zu einer Verschlechterung des neurologischen Ergebnisses [29]. Eine intensivierte Insulintherapie mit Zielwerten von 81–108 mg% resultierte bei Intensivpatienten in einer höheren Letalität im Vergleich zu einer Einstellung des Blutglukosespiegels mit einer maximalen Obergrenze von 180 mg% [30]. Zusammenfassend scheint es derzeit sinnvoll bei Intensivpatienten Blutglukosekonzentrationen über 180 mg% zu vermieden und als Zielwerte zwischen 80–150 mg% anzustreben [31].
Wenn die Gabe von Glukose bei Hypoglykämie erforderlich ist, sollten hochkonzentrierte Präparate verwenden werden um die Menge an freiem Wasser (nach Verstoffwechslung der Glukose) zu minimieren. Optimal ist es die Blutglukosekonzentration im Bereich von 80–150 mg% einzustellen.
Auch hinsichtlich des durch Laktat verursachten sekundären Hirnschadens sind in den letzten Jahren neue Hypothesen entstanden. So wird postuliert, dass der astrozytäre Verbrauch von Glukose zu erhöhten Laktatspiegeln führt, welches wiederum als Energiesubstrat für zerebrale Neuronen dient (astrozytär-neuronaler Laktat-Shuttle, [32]).

Lagerung Fixation des Kopfs

Bei der Lagerung neurochirurgischer Patienten wird der Kopf meist mit einer Mayfield-Klemme fixiert. Eine Metallzwinge wird hierzu mit 3 Dornen an der Schädelkalotte angebracht und dann am Operationstisch befestigt. Die vollständige Fixation und Immobilisation des Kopfs ist Grundvoraussetzung für Operationen mit dem Mikroskop.
Der Schmerzreiz bei Anlage der Klemme ist mindestens mit dem einer Hautinzision vergleichbar und sollte durch eine präventive Gabe von Opioiden therapiert werden. Potenzielle Schmerzreaktionen (Tachykardie, Hypertension) sollten engmaschig durch ein adäquates Monitoring (arterielle Blutdruckmessung) detektiert werden.
Neben der zusätzlichen i.v.-Applikation von Opioiden, Hypnotika oder Antihypertensiva sollte auch die Einstichstelle mit Lokalanästhetika anästhesiert werden.

Sitzende Position und Luftembolie

Die Operation in sitzender Position (Abb. 2) ermöglicht eine optimale Darstellung von Prozessen in der hinteren Schädelgrube und der oberen Halswirbelsäule. Der Abfluss von Liquor und Blut aus dem Operationsgebiet sind verbessert, der ICP erniedrigt. Nachteilige Auswirkungen auf Hämodynamik und zerebrale Blutversorgung sowie die Gefahr der venösen Luftembolie sind aber Gründe für die vermehrte Bauch- oder Seitenlagerung dieser Patienten.
Die Inzidenz der Luftembolie in sitzender Position wird allgemein mit 15–45 % angegeben. Aufgrund der sehr hohen Sensitivität können mit transösophagealer Echokardiographie bei bis zu 100 % aller Patienten Mikroembolien im Herz nachweisen werden [33], die aber nur in maximal 5 % hämodynamisch wirksam sind. Kleinere Luftmengen werden problemlos über die Lunge eliminiert, der pulmonalarterielle Druck steigt nur wenig an. Auch die Geschwindigkeit der Embolisierung spielt eine entscheidende Rolle. So sind im Tierversuch 5 ml/kgKG schnell injizierter Luft tödlich [34], dagegen werden auch 500–1.000 ml über 50–100 min bzw. 2,5 ml/kgKG injizierte Luft gut toleriert. Frühzeitiges Erkennen der Luft durch adäquates Monitoring und Einleiten sofortiger Gegenmaßnahmen ermöglicht, dass aus dieser sehr komplexen und speziellen Lagerung keine erhöhte Letalität resultiert [35].
Cave
Das Risiko einer Luftembolie besteht, wenn das Operationsgebiet höher als der rechte Vorhof liegt. In mehreren Gebieten des Kopfs (Diploevenen, venöse Sinus) kollabieren die Venen aufgrund ihrer Fixierung an Knochen auch bei geringer Füllung nicht und können Luft ansaugen.
Deshalb kann es bereits bei Anlage von kleinen Bohrlöchern oder der Mayfield-Klemme zu einer Luftembolie kommen. Gasbläschen können auch im Lauf einer OP in der V. cava superior akkumulieren und dann bei Umlagerung nach zentral abgespült werden, evtl. mit fatalen Konsequenzen [36]. Deshalb sollte das Monitoring bis zum Ende der OP durchgeführt werden.
Gelangen mehr als 2 ml/kgKG/min Luft in den Kreislauf, steigt der ZVD an. Deshalb ist die kontinuierliche Messung des ZVD intraoperativ ratsam.
Klinische Zeichen einer Luftembolie
  • Absinken von paO2 und petCO2
  • Ansteigen des paCO2
  • Arterielle Hypotension
  • Schaumbildung im rechten Ventrikel
  • Verminderung von Schlag- und Herzzeitvolumen, ZVD-Anstieg
  • Tachykardien, Arrhythmien
  • Anstieg des pulmonalarteriellen Drucks, akutes Rechtsherzversagen, Lungenödem
  • Arterielle Hypoxämie durch Rechts-links-Shunt
  • Zerebrales Ödem
  • Herz-Kreislauf-Stillstand
Paradoxe Embolie
Bei bis zu 30 % der Bevölkerung persistiert ein Foramen ovale (PFO), sodass bei venösem Lufteinstrom eine paradoxe Embolie auftreten kann. Da der linksatriale Druck gewöhnlich über dem rechtsatrialen liegt, ist das PFO in der Regel funktionell verschlossen.
Cave
Wird der Patient aufgerichtet oder mit PEEP beatmet, kann das Foramen ovale durch Druckumkehr wieder eröffnet werden.
Zum präoperativen Ausschluss eines PFO gilt die transösophageale Echokardiographie mit Kontrastmittel (KM-TEE) als Methode der Wahl. Sensitivität und Spezifität liegen zwischen 68–100 % bzw. 70–100 %. Die transthorakale Echokardiographie hat nur eine 55 %ige Spezifität bei ebenfalls 100 % Sensitivität. Beide Untersuchungen müssen mit Ultraschallkontrastmittelinjektion (z. B. Gelatinepolysuccinat) und unter Valsalva-Manöver durchgeführt werden. Die transkranielle Dopplersonographie (TCD) hat eine 94 %ige Sensitivität und 96 %ige Spezifität, wenn bei der Untersuchung Kochsalzlösung vermischt mit etwas Luft oder Ultraschallkontrastmittel i.v. injiziert wird. Dann wird unter Valsalva-Manöver auf das Auftreten sog. HITS („high intensity transient signals“; Übersteuerung der Dopplerfrequenz durch die Gasbläschen) geachtet [37]. Deshalb stellt die TCD eine alternative Methode zum präoperativen PFO-Ausschluss dar.
Cave
Schon kleinste über das PFO arteriell übergetretene Luftmengen können zu postoperativen neurologischen Defiziten bis hin zum Koma führen.
Der Versuch eines präoperativen PFOAusschlusses ist nach den Empfehlungen des Arbeitskreises Neuroanästhesie der DGAI dringend anzuraten [38]. Allerdings bietet auch ein verschlossenes PFO keine vollständige Sicherheit vor einer zerebralen Luftembolie, denn auch eine transpulmonale Passage von Luft ist beschrieben [39].
Obwohl prinzipiell bei PFO die sitzende Position kontraindiziert ist, muss im Einzelfall unter Abwägen von Nutzen und Risiko der Eingriff unter vollem Monitoring (TEE, präkordialer Doppler, ZVK im rechten Atrium) doch in dieser Position durchgeführt werden. Ggf. ist präoperativ ein perkutaner PFO-Verschluss durch Okkluder indiziert. Da danach aber für 6 Monate eine Thrombozytenaggregation erfolgen muss, ist diese Methode nur bei aufschiebbaren Operationen möglich [40].
Vorbeugende Maßnahmen
Eine PEEP-Beatmung soll den zentralvenösen Druck und den Druck in den venösen Gefäßen des Kopfs erhöhen und die Gefahr einer Luftaspiration herabsetzen. PEEP-Werte bis 10 mbar, welche den ICP nicht nachteilig beeinflussen, wurden empfohlen. Diese Strategie ist jedoch in ihrer Wirksamkeit umstritten, da die Rate an Luftembolien nicht reduziert wird, zudem kann ein PFO wiedereröffnet und paradoxe Embolien begünstigt werden. Dies gilt insbesondere in Verbindung mit hohen Atemzugvolumina. Im Tierexperiment ist der Druck im Sinus sagittalis nur bei gleichzeitiger PEEP-Beatmung und Volumengabe erhöht. Auch Hypoventilation erhöht den Druck im Sinus transversalis. Sinnvoller erscheint eine milde Hypervolämie, wodurch die Gefahr der Wiedereröffnung des Foramen ovale verringert wird [41]. Allerdings laufen alle diese Maßnahmen dem eigentlichen Ziel der sitzenden Position, nämlich der Druckminderung und damit der Reduktion der Blutungsneigung im Operationsgebiet, zuwider.
Der ZVD ist zur Abschätzung des Volumenstatus nicht gut geeignet, da er nur schwach mit dem Druck in den venösen Sinus korreliert. Allerdings kann über den obligat im RA platzierten ZVK Luft abgesaugt werden. Spezielle Katheter mit mehreren seitlichen Öffnungen und größeren Durchmessern (z. B. Bunegin-Albin-Katheter) erlauben eine besonders effektive Luftabsaugung.
Die Katheterspitze des ZVK sollte an der Einmündung der V. cava superior in den rechten Vorhof liegen. Nach Beendigung der Operation muss der Katheter sofort in die V. cava superior zurückgezogen werden.
Lachgas erhöht das Volumen intravasaler Gasblasen und verstärkt deren hämodynamische Auswirkungen. Es sollte deshalb nicht verwendet werden.
Eine kontinuierliche, intraarterielle Blutdruckmessung ist bei der Operation in sitzender Position obligat. Zur korrekten Bestimmung des CPP muss der Druckaufnehmer auf Höhe der Foramen Monroi (Mitte zwischen Tragus und äußerem Augenwinkel) kalibriert werden.
Monitoring bei Operationen in sitzender Position (DGAI-Empfehlungen)
Intraoperatives Monitoring
Die transthorakale Echokardiographie kann einzelne Luftblasen darstellen, jedoch nicht gegenüber Mikro- oder Fettemboli differenzieren.
Die transösophageale Echokardiographie visualisiert sofort paradoxe Embolien und kann auch transpulmonale Luftpassagen erfassen. Die TEE gilt als das sensitivste Verfahren zur Luftdetektion im Herzen.
Die transthorakale oder präkordiale Dopplersonographie (PCD) kann Luftmengen ab 0,015 ml/kgKG/min erfassen. Die exakte Lage der Sonde (ca. 3.–6. ICR rechts parasternal) wird durch Gabe von 10 ml geschüttelter Kochsalzlösung oder Galaktose (Echovist) über den ZVK ermittelt, indem die Position gesucht wird, bei der eine maximale Veränderung des Dopplersignals auftritt.
Die petCO2 ist ebenfalls sensitiv, jedoch wenig spezifisch. Schon 0,5 ml/kgKG Luft führen zu einem Abfall der petCO2, welcher gut mit der eingedrungenen Luftmenge korreliert.
Ein pulmonalarterieller Katheter (PAK) zeigt lediglich bei größeren Luftmengen einen plateauartigen Druckanstieg. Der PAK eignet sich nicht zur Aspiration eingedrungener Luft, zeigt aber den Druckgradienten zwischen rechtem und linkem Vorhof auf, sofern PCWP („pulmonary capillary wedge pressure“) dem LAP („leftatrial pressure“) entspricht.
Therapie
Bei Verdacht auf eine Luftembolie ist unverzüglich der Operateur zu informieren und die Therapie einzuleiten.
Therapie der venösen Luftembolie
  • Identifizieren der Lufteintrittsstelle (dazu ggf. OP-Feld mit NaCl-Lösung benetzen), Verschluss mit Knochenwachs und/oder Kompressen
  • Kopftieflage, falls möglich
  • Kompression der Jugularvenen (beidseits, erleichtert das Auffinden der Lufteintrittsstelle)
  • Linksseitenlage, Luftabsaugen über zentralen Katheter aus rechtem Vorhof
  • PEEP bis max. 15 mbar
  • FiO2 1,0
  • Vasopressoren und Volumentherapie nach klinischer Situation
Zu bedenken ist, dass die Kompression der Jugularvenen auch mit Nachteilen und Komplikationen verbunden sein kann:
  • Reduktion des CBF durch die venöse Outflow-Obstruktion,
  • Mobilisation von Plaquematerial durch Kompression der A. carotis,
  • venöser Aufstau mit Folge einer zerebralen Schwellung und Ödem,
  • Kompression des Sinus A. carotis mit Folge einer Bradykardie.
Die Aufrechterhaltung eines adäquaten CPP, angepasst an den Blutdruck des Patienten (CPP >50 mmHg bei Normotension, höher bei Hypertension) reduziert das Risiko einer zerebralen Ischämie.
Postoperativ finden sich nach massiver Luftaspiration oft pulmonale Stauungszeichen und/oder Pleuraergüsse, die über Tage anhalten können und ggfs. eine längere Nachbeatmung erfordern. Hämodynamische Veränderungen normalisieren sich in der Regel innerhalb weniger Stunden. Auch ein Spannungspneumocephalus (s.u. S. 22) tritt gelegentlich postoperativ auf und kann bis zum Tod des Patienten führen, weshalb ggf. eine Luftaspiration als Notfalleingriff erfolgen muss.
Cervical Flexion Myelopathy
Eine weitere potentielle Gefährdung des Patienten in sitzender Lagerung stellt die „cervical flexion myelopathy“, einer Tetraplegie nach Operation in sitzender Position dar. Um diese zu vermeiden, sollten potenzielle präoperativ bestehende Schäden der Halswirbelsäule ausgeschlossen werden. In unklaren Fällen kann der wache Patient probeweise vor der Operation in die später angestrebte Position gebracht werden, um etwaige Schädigungen des zervikalen Rückenmarks mittels dieses Provokationstests frühzeitig aufzudecken. In jedem Fall wird die intraoperative Ableitung somatosensorisch evozierter Potenziale zur Überwachung empfohlen.

Hirnödem und Hirnschwellung

Ursachen einer Hirnschwellung sind:
  • Erhöhung des intravaskulären Volumens,
  • zelluläre Schwellung,
  • extrazelluläres Ödem.
Oft liegen Mischformen vor, wobei alle drei Zustände durch die Anästhesieführung beeinflusst werden können.
Zunächst müssen Hypoxie, Hyperkapnie, Hypo- oder Hypertonie ausgeschlossen werden.
Ebenso muss eine durch extreme Kopflagerungen bedingte Abflussstörung im Halsvenenbereich beseitigt werden. Höherlagerung des Kopfs (ca. 10–15°) kann dabei den venösen Abfluss verbessern.
Eine evtl. Lachgaszufuhr muss beendet werden. Hohe Konzentrationen inhalativer Anästhetika wirken direkt an den Gefäßwänden vasodilatierend und können auch die zerebrovaskuläre Autoregulation beeinträchtigen. Hierbei hat Desfluran den stärksten vasodilatierenden Effekt, während Sevofluran den Gefäßtonus am geringsten beeinflusst (Holmström A JNA 2004; 16: 136–142). Eventuell muss auf ein intravenöses Anästhesieverfahren (Propofol, Benzodiazepine, Opioide) übergegangen werden. Durch die testweise Gabe eines i.v.-Hypnotikums kann die Reaktion auf eine Verminderung der CMRO2 und der konsekutiven Vasokonstriktion mit gleichzeitiger Reduktion des CBV/ICP geprüft werden. Zudem können Osmotherapeutika zum Einsatz kommen.
Durch Punktion der Seitenventrikel oder basalen Zisternen kann Liquor abgelassen und der ICP reduziert werden.

Erhöhtes intravaskuläres Volumen und Zerebrovaskuläre Autoregulation

Im Normalfall ist die Hirndurchblutung (CBF) bei einem zerebralen Perfusionsdruck (CPP) von 50–150 mmHg konstant (zerebrovaskuläre Autoregulation).
Abrupte Blutdruckschwankungen führen zu momentanen, gleichsinnigen Änderungen von CBF, CBV und ICP, die durch die zerebrovaskuläre Autoregulation abgefangen werden. Interindividuell sind die Autoregulationsgrenzen aber verschieden. So ist die Kurve z. B. beim Patienten mit einem arteriellen Hypertonus nach rechts verschoben. Ein CPP von 50 mmHg beweist daher keinesfalls, dass sich die Hirndurchblutung im Bereich der Autoregulation befindet.
Nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz muss sich die Viskosität einer Flüssigkeit oder der Durchmesser einer Röhre ändern, um das durchströmende Volumen bei wechselnden Drücken konstant zu halten. Die Änderung des Gefäßdurchmessers, die umgekehrt proportional ihrer 4. Potenz in die Gleichung eingeht, stellt den wichtigsten Mechanismus dar. Sinkt der CPP, sichert die arterielle Dilatation einen konstanten Blutfluss, wodurch sich das intrakranielle Blutvolumen (CBV) erhöht (Abb. 1 und 3). Bei reduzierter zerebraler Compliance resultiert eine Erhöhung des ICP. Um dies zu verhindern muss der Anästhesist einen ausreichenden CPP aufrechterhalten. Weitere Möglichkeiten zur Behandlung eines erhöhten ICP gibt Tab. 3.
Tab. 3
Behandlungsmöglichkeiten des erhöhten ICP. (Mod. nach [8])
Maßnahme
Wirkung
Nebenwirkung/Anmerkungen
Kopfhochlagerung
Senken des ICP
Evtl. Abfall von CPP und/oder MAP
Hyperventilation
Senkt ICP durch Reduktion des Gefäßdurchmessers
Senkt die zerebrale Durchblutung, Cave: zerebrale Hypoxiegefahr
Osmotherapie
Senkt den ICP durch Wasserentzug
Steroide
Membranstabilisierung und Reduktion des vasogenen Ödems
Nur bei Tumoren wirksam, bekanntes Nebenwirkungsprofil
Vermindern den Filtrationsdruck und damit das kapilläre Leck
Verminderung von CPP und MAP
Liquordrainage
Direkte Reduktion des ICP mit Folge der Verminderung des interstitiellen Ödems
Infektionsgefahr
Senken der CMRO2 und damit des ICP
Verlängerte Aufwachzeit, evtl. CPP-Abfall
Propofol, Etomidat
Senken von CMRO2, CBF und CBV
Evtl. CPP-Abfall
Operative Dekompression
Direkte Senkung durch Entlastung
Ermutigende Ergebnisse bei ausgewählten Patienten (<60 Jahre) mit malignem Infarkt [103], jedoch Vorteil nach SHT in Studie nicht bestätigt [104]
Chirurgische Exzision
Entfernen der verantwortlichen Struktur oder von Frontal-/Temporallappen
Funktionelle Schädigung
Ist die Autoregulation gestört oder sind deren Grenzen verlassen, sind die Veränderungen von Blutdruck und CBF bzw. CBV und ICP gleichsinnig, es findet keine Gegenregulation mehr statt. Dies ist z. B. der Fall bei Gabe von höheren Konzentrationen von Inhalationsanästhetika. In der Regel bleibt die CCO2-R erhalten, sodass die Hyperventilation den ICP senkt.
Bei Patienten mit unbehandelter arterieller Hypertonie ist die zerebrovaskuläre Autoregulation nur innerhalb höherer Blutdruckwerte möglich (Normalwerte des Patienten beachten).
Niedrige Blutdruckwerte, die bei Normotonikern noch normale zerebrale Blutflüsse bewirken, verursachen bei Hypertonikern bereits ischämische Episoden. Wird eine kontinuierliche Behandlung der Hypertonie eingeleitet, kehren die Autoregulationsgrenzen im Lauf einiger Wochen auf Normalwerte zurück.
Der zerebrale Blutfluss (CBF) wird sowohl vom paCO2 als auch durch den paO2 beeinflusst. Bereits bei Unterschreiten eines paO2 von 60 mmHg ist mit einen Anstieg des CBF zu rechnen. Umgekehrt reduziert Hyperoxie (paO2 > 112 mmHg) den CBF, allerdings nur in nichtischämischen Gehirnarealen.
Das intravaskuläre Volumen kann auch durch venöse Abflussbehinderung ansteigen (Meningitiden, Abszesse, parasagittale Tumoren, extreme Lagerungen). Sinusthrombosen können Schwellung, interstitielles Ödem oder hämorrhagische Infarzierung nach sich ziehen.
Zelluläre Schwellung
Diese Form der Schwellung, auch als zytotoxisches Ödem bezeichnet, ist meist Folge einer Parenchymschädigung durch Ischämie oder Anoxie mit Störung der energieabhängigen Na+-K+-Pumpe. Die extra- und intrazelluläre Natriumkonzentration gleicht sich an, Wasser folgt in die Zelle nach. Glutamat wird während der Ischämie in die Zelle transportiert und trägt zur Erhöhung der intrazellulären Natriumkonzentration bei. Insgesamt resultiert eine akute Schwellung der Gliazellen.
Selten kann eine zelluläre Schwellung auch aufgrund einer Speicherkrankheit entstehen (z. B. Pompe-Krankheit, Hurler-Krankheit, Tay-Sachs-Syndrom, Gaucher-Krankheit, Niemann-Pick-Syndrom).

Extrazelluläre Ödeme

Vasogenes Ödem
Das vasogene Ödem kann Folge von SHT, Tumoren, Infektionen, Infarkten oder Laktazidose sein. Es resultiert aus einer geschädigten BHS mit erhöhter Membranpermeabilität. Der Endothelschaden mit Öffnung der „tight junctions“ ermöglicht den Wassertransport in den Extrazellulärraum, da nun nicht mehr der osmotische Druck ausschlaggebend für den Erhalt des intravasalen Flüssigkeitsvolumens ist. Dagegen vermindert die Aufrechterhaltung eines normalen kolloidosmotischen Drucks den Wassergehalt des Hirngewebes bei Störungen der BHS. Die wichtigsten Auswirkungen des vasogenen Ödems sind das Anschwellen von Hirngewebe und konsekutiv eine Verschiebung wichtiger zerebraler Strukturen und die Gefahr der Einklemmung.
Cave
Da die treibende Kraft der arterielle Blutdruck ist, wird das vasogene Ödem durch eine Hypertension verstärkt.
Osmotisches Ödem
Das osmotische Ödem tritt nur bei intakter BHS auf. Ist die Plasmaosmolarität vermindert (hypoosmolare Infusionen, exzessives Wassertrinken, SIADH [Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (Schwartz-Bartter-Syndrom)], exzessive Dialyse), kommt es zum Wassereintritt in den EZR des Gehirns (umgekehrtes Prinzip der Mannitgabe). Bei intrakraniellen Blutungen wird durch die Proteinfreisetzung die Gewebeosmolarität erhöht, was ein osmotisches Ödem begünstigt.
Hydrozephales Ödem
Das hydrozephale Ödem mit Erweiterung der Liquorräume entsteht bei Behinderung der Liquorabflusswege durch Zirkulations- oder Resorptionsstörungen.
Cave
Die hydrozephal bedingte Erhöhung des ICP ist nicht durch Barbiturate oder Osmotherapeutika behandelbar.
Lediglich die operative Entlastung durch externe Ventrikeldrainagen oder ventrikuloperitoneale bzw. -atriale Shunts können hier Abhilfe schaffen.
Bis zur operativen Entlastung sollten die betroffenen Patienten nicht wie üblich mit dem Oberkörper um 30° erhöht gelagert werden, sondern in 0° oder sogar Kopf-tief-Lage um einen maximalen CPP zu gewährleisten.

Osmotherapie

Die Osmotherapie verlagert Wasser aufgrund osmotischer Gradienten. Die Wirkung setzt einen Gradienten zwischen Intravasal- und Extrazellulärraum und damit eine intakte BHS voraus.
Cave
In Gebieten mit gestörter BHS können Osmotherapeutika raumfordernde Effekte verstärken. Intrazelluläre Anreicherung der Osmotherapeutika führt zu einem Reboundeffekt und im Extremfall zu einer Umkehr des Gradienten.
Besteht nach längerer Anwendung bereits eine Hyperosmolarität im Plasma zeigt eine weitere Gabe von Osmotherapeutika nur noch geringe Wirkung. Generell soll die Plasmaosmolarität engmaschig überwacht werden und 330 mosmol/l nicht überschreiten.
Cave
Der begleitende diuretische Effekt der Osmotherapeutika kann durch die zunehmende Dehydratation die Kreislaufsituation erheblich beeinträchtigen.
Zur Osmotherapie kommen Mannit 10 %, 15 % oder 20 %, Sorbit 40 % oder hypertone Kochsalzlösungen in Betracht. Glyzerin wird wegen seiner geringen therapeutischen Breite nur noch selten verwendet. Tab. 4 gibt eine Übersicht über die einzelnen Substanzen. Eine Osmotherapie sollte möglichst nicht präventiv gegeben werden. Eine Bolusapplikation ist der kontinuierlichen Infusion vorzuziehen.
Tab. 4
Dosierung und Nebenwirkungen von Osmotherapeutika
Substanz
Dosierung
Tageshöchstdosis
Nebenwirkungen
Mannit
0,25–0,75 g/kgKG, max. 2 g/kgKG/30 min
3 g/kgKG
Serumlaktat Erhöhung, akute tubuläre Nekrose, ICP-Erhöhung bei zu rascher Infusion, Lungenödem
Sorbit
0,25–0,75 g/kgKG, max. 0,6 g/kgKG/30 min
3 g/kgKG
Laktazidose, Cave: Fruktoseintoleranz, Leberfunktionsstörungen
Trometamol
1–2 mmol/kgKG
Bis zu einem max. arteriellen pH von 7,6
Alkalose, Hypoglykämie, Hypo-, Hyperkaliämie. Vorsichtiger Einsatz bei Niereninsuffizienz
NaCl 7,5 %
50–150 ml
 
Hypernatriämie, Hyperchlorämie
Mit jeweils niedriger Dosierung beginnen!
   
In der Akutsituation empfiehlt sich die Anwendung von Mannit oder hypertoner Kochsalzlösung, wobei ein Überlebensvorteil oder eine Verbesserung des neurologischen Ergebnisses nach hypertoner Kochsalzlösung bislang nicht belegt ist. Für die langfristige Anwendung scheint Sorbit eher geeignet. Osmotherapeutika können zur Verstärkung des ICP-senkenden Effekts mit Schleifendiuretika wie z. B. Furosemid kombiniert werden. Der negative Effekt auf die Wasserbilanz wird jedoch hierdurch verstärkt. Nachteilige Veränderungen des CPP sowie Elektrolytstörungen müssen beachtet werden.

Eingesetzte Substanzen

Mannit
Mannit wird nicht verstoffwechselt und unverändert renal ausgeschieden. Neben der Erhöhung der Serumosmolarität (Mannit 20 % hat eine Osmolarität von 1098 mOsm/l) führt die passagere Hypervolämie zur Erhöhung des CBF und, bei erhaltener Autoregulation, zur Vasokonstriktion. Auch die Verminderung der Viskosität trägt zur Reflexvasokonstriktion bei.
Bei aufgehobener Autoregulation ist der Effekt von Mannit limitiert.
Die kardio- und zerebrovaskuläre Wirkung von Mannit erfolgt in drei Phasen: Zuerst werden CBF, CBV und ICP gesteigert, gefolgt von einer Reduktion des CBV und ICP. Bei schneller Infusion (<10 min) ist ein Abfall des peripheren Wiederstands mit vorübergehender Hypotension, gefolgt vom Anstieg des ZVD, PCWP und HZV, zu beobachten. In der späten Phase kann es zu Überwässerung mit Lungenödem, besonders bei kardial vorbelasteten Patienten, kommen. Mannit sollte bei der Aneurysmachirurgie nicht vor der Duraeröffnung gegeben werden, um Änderungen des ICP bzw. der transmuralen Wandspannung zu verhindern, die zu einer Ruptur des Aneurysmas führen könnten. Eine lange vermutete Nierenschädigung durch Mannit infolge Erhöhung der Osmolarität tritt bei erhaltener Normovolämie nicht auf [42].
Cave
Die Substanz kumuliert im Liquor. Bei fortgesetzter Anwendung kommt es zur Wirkungsabschwächung bzw. zur interstitiellen Akkumulation mit Umkehr des osmotischen Gradienten und Zunahme des Wassergehalts im Hirngewebe.
Mannit sollte deshalb nur in niedriger Dosierung und so kurzlang wie unbedingt nötig angewandt werden.
Cave
Eine zu rasche Infusion (1 g/kgKG über 10 min) erhöht den ICP sogar vorübergehend.
Sorbit
Sorbit wird in der Leber zu Fruktose metabolisiert und ist im Gegensatz zu Mannit auch bei Niereninsuffizienz einsetzbar.
Eine hereditäre Fruktoseintoleranz muss vor der Anwendung ausgeschlossen werden, indem nach initialer Gabe von 0,2 g/kgKG Sorbit der Blutzuckerspiegel kontrolliert wird. Bleibt ein Abfall der Blutglukosekonzentration aus, liegt keine Fruktoseintoleranz vor.
Die Liquorhalbwertszeit von Sorbit ist kürzer als diejenige von Mannit; eine nennenswerte Anreicherung im ZNS findet nicht statt. Sorbit ist deshalb auch bei längerfristiger Anwendung zur ICP-Senkung wirksam.
Hypertone Kochsalzlösung
Hypertone Kochsalzlösungen zeigen dem Mannit vergleichbare Effekte auf CBF, ICP, Wassergehalt und O2-Spannung des Hirngewebes. CPP und CBF sind hier tendenziell höher als nach Gabe von Mannit, da der arterielle Druck stärker ansteigt.
In einigen Fällen wurde ein auf Mannit nicht mehr reagierender ICP durch hypertone NaCl-Lösung noch gesenkt.
Allerdings fand sich bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma ohne hypovolämen Schock keine Verbesserung des neurologischen Ergebnisses nach Gabe von hypertoner Kochsalzlösung im Vergleich zu isotoner Kochsalzlösung [43]. Auch zeigte sich kein Unterschied zwischen Mannit und hypertoner Kochsalzlösung hinsichtlich Ausmaß und Dauer der ICP-Senkung, wenn die gleiche Menge an osmotisch wirksamer Substanz verabreicht wurde [44]. Eine Metaanalyse fand einen Trend, jedoch keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich einer besseren Kontrolle des ICP durch hypertone Kochsalzlösungen im Vergleich zu Mannit [45], sodass die Frage nach der Überlegenheit eines der Osmotherapeutika derzeit noch nicht definitiv geklärt werden kann.
Trometamol (THAM)
Trometamol kann einen erhöhten Hirndruck noch senken, auch wenn Osmotherapeutika zuvor wirkungslos waren.
Teil des Wirkprinzips ist die Passage durch die Blut-Hirn-Schranke mit Reduktion der intrazellulären Laktatproduktion bzw. der Azidose. Trotzdem konnten positive Effekte auf das neurologische Ergebnis bisher nicht gezeigt werden. Es kommt vielmehr zu einem Abfall des O2-Partialdrucks im Hirngewebe. Deshalb hat die Substanz trotz ihrer positiven Wirkung auf den Hirndruck an Bedeutung verloren und wird praktisch nicht mehr eingesetzt.

CO2-Management

Der paCO2 beeinflusst den extrazellulären pH. Azidose bei Hypoventilation führt zu Gefäßdilatation und erhöht CBF, CBV und ICP. Alkalose durch Hyperventilation wirkt gegensinnig.
Im Bereich eines paCO2 von 20–80 mmHg folgt einer Änderung des paCO2 um 1 % eine gleichgerichtete 2- bis 4 %ige Änderung des CBF.
Durch Hyperventilation wird der CBF stark erniedrigt, sodass es zu einem Missverhältnis zwischen O2-Bedarf und -Angebot kommt. Daher sollten die paCO2-Werte die untere Grenze (35 mmHg) nicht unterschreiten. Eine kontrollierte Hyperventilation (30–35 mmHg) ist nur bei akuter Schwellung des Gehirns vorübergehend indiziert bis weitere ICP senkende Maßnahmen wirken.
Patienten ohne Erhöhung des ICP sollten an der unteren Grenze des normalen paCO2 (35–38 mmHg) beatmet werden. Wird die Beatmung über die Messung des petCO2 gesteuert, muss der Gradient zwischen kapnometrisch gemessenem und arteriellem paCO2 bekannt sein.
Cave
Werden paCO2-Werte von ca. 25–35 mmHg unterschritten, kann die resultierende Vasokonstriktion zu einer ischämischen Minderversorgung führen.
Ist eine Hyperventilation die einzige Option um den ICP zu senken, muss die zerebrale Oxygenierung überwacht werden, z. B. mittels Hirngewebs-pO2-Messung, juglarvenösen Katheter.
Ziel während der Operation ist die Normokapnie und eine Hyperventilation kann nur im Notfall kurzfristig als überbrückende Maßnahme eingesetzt werden, bis spezifischere Maßnahmen greifen (Osmotherapeutika, Barbiturate, operative Entlastung).
Bei Krankheitsbildern mit aufgehobener CO2-Reaktivität (s. Übersicht) kann durch Hyperventilation keine ICP-Senkung erreicht werden.
Zustände mit (weitgehend) aufgehobener CO2-Reaktivität

Zentralnervöses Monitoring

Das zentralnervöse Monitoring dient der Abschätzung der Narkosetiefe sowie der Erkennung drohender Ischämien schon vor dem Eintritt organischer Schäden, z. B. beim temporären Clipping während der Aneurysmachirurgie (Kap. „Zerebrales und spinales Monitoring“).
EEG
Das EEG registriert die elektrische Spontanaktivität der Großhirnrinde. Es wird subkortikal moduliert und erlaubt lediglich eine Aussage über den Funktionszustand des Kortex (Kap. „Zerebrales und spinales Monitoring“).
Perfusionsstörungen in der anterioren und posterioren Zirkulation können durch das EEG erfasst werden, die EEGVeränderungen sind aber nicht spezifisch. Fokale Ischämien können nicht erfasst werden. Der Seitenvergleich erlaubt eine Unterscheidung zwischen operativ bedingten oder durch die Anästhesie verursachten Veränderungen. Sollen i.v.-Anästhetika (Barbiturate, Propofol) zur ICP-Senkung gegeben werden, so ist dies nur bei aktivem zerebralem Funktionsstoffwechsel sinnvoll, welcher durch das EEG überprüft werden kann. Bei Eingriffen in tiefer Hypothermie und Herzstillstand (Giant-Aneurysma-Clipping) kann anhand der hirnelektrischen Stille auf eine ausreichende Reduktion der CMRO2 geschlossen werden.
Evozierte Potenziale
Anhand früher, akustisch evozierter Hirnstammpotenziale (AEP, bis 10 ms) können Schädigungen der Hörnerven sowie die Integrität des Hirnstamms beurteilt werden. Bei der Operation von Akustikusneurinomen ist die Ableitung von AEP Standard, um die Funktion des N. vestibulocochlearis zu überprüfen. Die Hörfunktion besonders bei kleinen Tumoren im Kleinhirnbrückenwinkel ist nach Operationen unter AEP-Monitoring in einem höheren Prozentsatz erhalten.
Somatosensorisch evozierte Potenziale des N. medianus dienen der Überprüfung kortikaler Antworten im Versorgungsgebiet der A. cerebri media, solche des N. tibialis zusätzlich der Beurteilung des thorakalen und lumbalen Rückenmarks. Dementsprechend werden Medianus-SEP bei Karotis- und Aneurysmaoperationen eingesetzt, Tibialis-SEP z. B. beim thorakoabdominellen Aortenersatz.
Die Ableitung visuell evozierter Potenziale hat sich wegen der hohen Variabilität und der geringen Aussagekraft während operativer Eingriffe in der Neurochirurgie nicht durchgesetzt.
Inhalationsanästhetika und Lachgas sollen bei geplanten intraoperativen Messungen nicht verwendet werden, da sie einen negativen, dosisabhängigen Effekt auf Amplitude und Latenz der SEPs haben.
Intrazerebrale pO2-Sonden
Die regionale O2-Versorgung (ptiO2) kann durch intrazerebrale pO2-Sonden gemessen werden, welche über eine Bohrlochkraniotomie oder direkt während der Operation in die weiße Substanz eingebracht werden. Durch die ptiO2-Messung können Ischämien erkannt werden, die z. B. durch die CBF-Reduktion bei unkontrollierter Hyperventilation entstehen. Werte unter 10–15 mmHg deuten auf eine Ischämie hin. Auch intrazerebrale pH- und pCO2-Messungen sind möglich.
Jugularvenöse Oxymetrie
Die jugularvenöse Oxymetrie im Bulbus V. jugularis (SvjO2) beruht auf der Anwendung des Fick-Prinzips (Kap. „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Kardiovaskuläres System“). Die kontinuierliche fiberoptische Messung der Lichtabsorbtionsfähigkeit von Oxyhämoglobin spiegelt unter der Voraussetzung eines konstanten O2-Gehalts im Blut das Verhältnis von zerebralem O2-Verbrauch und -Angebot wider. Als Norm werden Werte von 55–70 % definiert.
Die Anwendung wurde bei Patienten mit erhöhtem ICP empfohlen, um die Hirndurchblutung zu überwachen und eine ggf. nötige Hyperventilationstherapie zu kontrollieren, erfasst aber nicht die Heterogenität der zerebralen Durchblutung. Eine unveränderte oder steigende Sättigung schließt deshalb eine fokale Minderperfusion nicht aus. Die korrekte Platzierung des Katheters wird mittels Röntgenkontrolle nachgewiesen. Die Signalqualität der Methode ist unbefriedigend, weshalb sie in den letzten Jahren an Bedeutung verloren hat.
Bispektraler Index (BIS)
Bezüglich der BIS-Anwendung während neurochirurgischer Operationen gibt es nur wenige Studien, die kein einheitliches Bild erlauben. BIS findet jedoch Einsatz beim Fast-track-Konzept und bei der totalen intravenösen Anästhesie, um eine inadäquate Narkosetiefe zu vermeiden (Awareness).
Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)
Die transkranielle Oxymetrie mittels Nahinfrarotspektroskopie ist eine kontinuierliche, nichtinvasive Messung der regionalen zerebralen O2-Sättigung (rSO2). Entscheidend ist die Erfassung des individuellen Basiswerts vor Beginn der Anästhesie. Problematisch ist die Definition eines Schwellenwerts, da eine große interindividuelle Streuung der Basiswerte vorliegt. Im Rahmen neurochirurgischer Interventionen kann die NIRS nach derzeitiger Datenlage nicht empfohlen werden.
Zerebrale Mikrodialyse
Durch die zerebrale Mikrodialyse können verschiedene Substanzen im Extrazellulärraum (u. a. Glukose, Laktat, Pyruvat, Glyzerol, Harnstoff, Glutamat) sowie therapeutische Effekte kontrolliert werden. Bisher unbewiesen ist, dass durch den Einsatz der Mikrodialyse die Therapie soweit optimiert wird, dass das neurologische Defizite reduziert werden.

EndokrinologischeBesonderheiten

Zentraler Diabetes insipidus (DI)
Beim Diabetes insipidus wird die renale Rückresorption von Wasser durch einen ADH-Mangel verhindert. Dies verursacht eine hypertone Dehydratation. Oft ist der ADH-Mangel nur passager und normalisiert sich innerhalb von 12–36 h nach der Operation. Bei \( \raisebox{1ex}{$1$}\left/ \raisebox{-1ex}{$3$}\right. \) der Patienten bleibt er jedoch länger oder dauerhaft bestehen.
Ursachen eines zentralen Diabetes insipidus sind:
  • Eingriffe an der Hypothalamus-Hypophysen-Achse (Hypophysenresektion, Kraniopharyngeomoperation),
  • hypothalamische Funktionsstörungen,
  • Alkoholabusus,
  • entzündliche Erkrankungen des Gehirns,
  • Phenytointherapie.
Diagnose des Diabetes insipidus
  • Polyurie (>2 ml/kgKG × h−1 oder >3 l/24 h)
  • spezifisches Uringewicht von 1005 (bei Glukosurie 1007)
  • Urinosmolarität von <300 mosmol/l (meist 50–100 mosmol/l)
  • Anstieg der Serum-Na-Konzentration auf >145 mmol/l
Die Therapie erfolgt mit Desmopressin i.v (alternativ i.m., s.c. oder intranasal). Übliche Einzeldosen liegen bei 0,5–2 μg, Tagesdosen zwischen 1–4 μg/Tag. Wasserverluste werden mit 2,5 %- oder 5 %-Glukoselösungen sowie 0,45 %-Kochsalzlösungen ersetzt, die zusätzlich zum normalen Erhaltungsbedarf entsprechend der Urinproduktion gegeben werden.
Die Korrektur eines Serumnatriumwerts >160 mmol/l muss langsam erfolgen, um zerebrale Komplikationen (Krampfanfälle, pontine Myelinolyse) als Folge eines zu raschen Osmolaritätsverlusts zu vermeiden. Es wird empfohlen, die Serumnatriumkonzentration um nicht mehr als 10–15 mval/Tag zu reduzieren.
Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH, Schwartz-Bartter-Syndrom)
Hierbei liegt eine inadäquat gesteigerte ADH-Sekretion vor mit der Folge einer Verdünnungshyponatriämie, evtl. kann eine Hypervolämie vorhanden sein.
Ursachen eines SIADH sind:
Typische Symptome ergeben sich aus den Folgen der Hyponatriämie und sind:
Diagnose des SIADH
  • Hyponatriämie (<134 mmol/l)
  • Inadäquat hohe Urinosmolalität (>100 mosmol/l)
  • Niedrige Serumosmolalität (<280 mosmol/l)
  • Hohe Na+-Ausscheidung im Urin (>30 mmol/l)
  • Keine Zeichen einer Nieren- oder Nebennierenstörung
Allerdings sind diese Diagnosekriterien bei Patienten unter Diuretika unzuverlässig, da diese selbst zu einer Hyponatriämie führen können. In diesem Fall hilft die Bestimmung der fraktionellen Harnsäureexkretion weiter (FE-U), die bei einem Grenzwert von >12 % eine Spezifität von 1 und eine Sensitivität von 0,86 hat [46]. Die Therapie besteht in einer Flüssigkeitsrestriktion auf 1 l/Tag einer isoosmolaren Lösung. In schweren Fällen (Na+ <120 mmol/l) muss mit Schleifendiuretika die Wasserdiurese erhöht und gleichzeitig hyperosmolare Kochsalzlösung infundiert werden. So kann z. B. 3 %- oder 5,85 %-NaCl-Lösung in einer Geschwindigkeit von 25–50 ml/h unter stündlichen Na+-Kontrollen gegeben werden. Auch für Harnstoff (15–30 g/d) liegen Studien zum Wirksamkeitsnachweis im Intensivbereich und bei chronischem SIADH vor [47, 48]. Der seit 2009 zugelassene, oral verfügbare Vasopressin-Rezeptor-Antagonist Tolvaptan (V2-Antagonismus) steigert selektiv die Wasserdiurese („Aquarese“) und wirkt so der Verdünnungshyponatriämie beim SIADH entgegen. Die Tagestherapiekosten sind jedoch hoch.
Cave
Die Korrektur einer Hyponatriämie darf nur langsam erfolgen (ca. 2 mmol/l/h), um nicht eine pontine Myelinolyse auszulösen. Diese betrifft besonders die weiße Substanz und ist durch Tetraplegie und Hirnnervenstörungen gekennzeichnet.
Das Auftreten der Myelinolyse ist nicht nur mit der Korrekturgeschwindigkeit, sondern auch mit der Gesamtmenge des Natriumbedarfs korreliert. Patienten mit sehr niedrigen Na+-Werten sind daher besonders gefährdet. Eine Na+-Überkorrektur ist ebenfalls strengstens zu vermeiden.
Zerebrales Salzverlustsyndrom
Das im englischen Schrifttum als „cerebral salt wasting (CSW) syndrome“ bekannte Phänomen darf nicht mit einem SIADH verwechselt werden, da beim CSW-Syndrom die Natriumausscheidung gesteigert ist. Eine begleitende vermehrte Flüssigkeitsausscheidung führt zu einer Hypovolämie und stellt eines der Hauptkriterien im Unterschied zum SIADH (reduzierte Urinausscheidung) dar.
Ursächlich ist die erhöhte Ausscheidung von natriuretischen Faktoren.
Das Krankheitsbild tritt nach SHT, SAB sowie verschiedenen anderen Erkrankungen des ZNS auf. Diagnostisch wegweisend sind:
  • eine niedrige Serumnatriumkonzentration,
  • eine hohe Urinnatriumausscheidung sowie
  • ein Volumenmangel.
Therapeutisch wird durch Infusion von iso- oder hypertoner NaCl-Lösung die Hypovolämie und -natriämie ausgeglichen. Zur Diagnose des Volumenmangels kann neben der Messung des ZVD oder PCWP auch das Plasmavolumen nuklearmedizinisch bestimmt werden.
CSW und SIADH sind wegen der unterschiedlichen Behandlungsstrategie streng zu trennen. Während das SIADH Flüssigkeitsrestriktion erfordert, ist beim CSW-Syndrom die Hypovolämie auszugleichen. Andernfalls droht z. B. nach Subarachnoidalblutung die Verstärkung einer durch Vasospasmus ausgelösten Ischämie.
Einnahme von Kortikosteroiden
Bei Patienten mit klinisch manifesten Hirntumoren können Kortikosteroide präoperativ ein fokales, peritumoröses Ödem verringern. Dadurch tritt häufig eine vorübergehende Besserung des klinisch neurologischen Befunds ein.
Die Kortisontherapie kann jedoch zu Störungen des Wasser-Elektrolyt-Haushalts und zu einer Hyperglykämie führen, weshalb diese Parameter überwacht und ggf. korrigiert werden müssen. Nach länger dauernder Kortisontherapie mit Überschreitung der Cushing-Schwellen-Dosis (7,5 mg Prednisolonäquivalent/Tag) kann eine Suppression der hypothalamo-hypophysär-adrenalen Achse bestehen. Deshalb sollte eine perioperative Steroidsubstitution erfolgen, wofür Hydrokortison aufgrund seiner mineralo- und glukokortikoiden Wirkung das Mittel der Wahl darstellt. Es finden sich viele unterschiedliche Empfehlungen für ein Dosierungsschema zur Substitutionstherapie in der Literatur.
In Kombination mit einer Kortisontherapie sollte immer auch eine medikamentöse Ulkusprophylaxe erfolgen.
Perioperative Substitution von Glukokortikoiden bei großen Operationen
  • Kontrolle direkt vor dem Eingriff, ggf. Therapie, gefolgt von regelmäßigen intra- und postoperativen BZ-Kontrollen
  • Vor Einleitung: 100 mg Hydrokortison i.v.
  • Vorschlag eines Schemas zur perioperativen Substitution von Hydrokortison:
    • Innerhalb der ersten 6 Operationsstunden: kontinuierliche Gabe von insgesamt 100 mg Hydrokortison i.v.
    • In den folgenden 18 h: kontinuierliche Gabe von insgesamt 100 mg Hydrokortison i.v.
Einstellung der Blutglukosekonzentration
Um eine potentielle Verschlechterung einer perioperativen zerebralen Schädigung sicher auszuschließen sollte die Blutglukosekonzentration zwischen 80–150 mg% eingestellt werden. Dies kann durch die perioperative Gabe von Glukokortikoiden erschwert sein, da diese die Blutglukosekonzentration erhöhen können.

Hypothermie

Hypothermie im Bereich zwischen 25 und 35 °C reduziert den CBF um 6,7 % pro 1 °C Temperatursenkung. Parallel dazu reduzieren sich CMRO2, CBV und ICP. Die Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter ist herabgesetzt. Im Tierversuch war unter Halothannarkose in milder Hypothermie der ischämiebedingte Anstieg der Glutamatkonzentration signifikant geringer als unter Normothermiebedingungen und Narkose mit Pentobarbital, Propofol oder Isofluran. In Hirngebieten mit hohem Umsatz an exzitatorischen Neurotransmittern supprimiert die Hypothermie die CMRO2 und somit den CBF besonders stark. Morbidität und Letalität werden im Tiermodell mit globaler Ischämie durch selektive Hirnkühlung auf 33 °C signifikant verbessert. Ähnliche Effekte wurden auch für fokale und spinale Ischämien nachgewiesen.
Ob die arterielle Blutgasanalyse nach der pH- oder α-Stat-Methode korrigiert werden soll, ist unklar (Kap. „Anästhesie in der Chirurgie des Herzens und der herznahen Gefäße“).
Im Vergleich zu pharmakologischen Maßnahmen besteht der Vorteil der Hypothermie in der gleichzeitigen Reduktion des funktionellen und des strukturellen Stoffwechsels.
Da der Anteil des strukturellen Stoffwechsels 40 % des Gesamtstoffwechsels des Gehirns beträgt, fällt die Reduktion der CMRO2 entsprechend hoch aus (Abb. 4; [49]). Eine Reduktion der Temperatur um 10 °C vermindert den CMRO2 um den Faktor 2,2–2,4. Dieser Koeffizient wird auch als Temperaturkoeffizient Q10 bezeichnet. Für das Gehirn, das bei 37 °C eine Ischämietoleranz von ca. 5 min aufweist, errechnet sich demnach bei 27 °C eine Toleranz von ca. 10 min.
Mechanismen der CBF-Verminderung unter Hypothermie
  • CMRO2 ↓ durch Herabsetzung von Struktur- und Funktionsstoffwechsel
  • Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter
  • Zerebraler Gefäßwiderstand ↑
  • Hämatokrit ↑ (Flüssigkeitssequestrierung ins Interstitium)
  • Plasmaviskosität ↑
Die viel versprechenden tierexperimentellen Ergebnisse konnten bislang klinisch nicht bestätigt werden. Bei Traumapatienten zeigten sich zwar vereinzelt Verbesserungen im neurologischen Ergebnis, eine multizentrische Studie an fast 400 Patienten mit SHT fand jedoch keinen Unterschied zwischen der Gruppe mit Hypothermie (33 °C über 48 h) und der Kontrollgruppe [50]. Lediglich in der Untergruppe mit ICP-Erhöhung ergaben sich positive Effekte, sodass Hypothermie möglicherweise nur dann nützlich ist, wenn andere Maßnahmen den ICP nicht ausreichend senken.
Auch zeigte eine perioperative Hypothermie zwischen 32,5 und 33,5 °C im Vergleich zu einer Normothermie keine Vorteile hinsichtlich des neurologischen Ergebnisses 90 Tage nach Aneurysmaclipping [51].
Mechanismen der Hirnprotektion durch Hypothermie
  • Reduktion des funktionellen und strukturellen Metabolismus
  • Verminderung der Laktazidose sowie der Freisetzung exzitatorischer Transmitter
  • Prävention des Na+- und Ca2+-Einstroms
  • Inhibition der Lipidperoxidase und der Bildung freier Radikale
  • Stimulation von Reparaturgenen
Nebenwirkungen der Hypothermie sind:
  • Reduktion der Plasmanoradrenalinkonzentration sowie des Blutdrucks,
  • bei Körpertemperatur <32 °C: Störungen der Reizleitung und -bildung, Arrhythmien, Bradykardien,
  • Erhöhung der Blutviskosität, des Hämatokrits und des systemischen vaskulären Widerstands,
  • Inhibition der Plättchenfunktion, Hemmung der Gerinnungskaskade,
  • verlängerte Wirkdauer verschiedener Pharmaka (z. B. Fentanyl, Vecuronium, Atracurium),
  • erhöhtes Infektionsrisiko,
  • gehäuft pulmonale Infektionen und septische Verläufe (bei Patienten mit SHT).
Cave
Eine Körperkerntemperatur <35 °C erhöht beim wachen Patienten durch Muskelzittern den O2-Verbrauch um bis zu 400 %. Da hypotherme Patienten mit kardialen Risikofaktoren eine höhere Inzidenz an kardiovaskulären Komplikationen haben, sollte eine Extubation nicht unterhalb dieses Grenzwerts durchgeführt werden.
Die direkte Messung der Gehirntemperatur wäre wünschenswert, ist aber nur selten möglich. Am ehesten vergleichbar mit der zerebralen Temperatur ist die nasopharyngeale, tympanale oder pulmonalarterielle Temperatur [60].
Aufgrund eines intrakraniellen Temperaturgradienten liegt die Temperatur in 2 bzw. 3 cm Kortextiefe um ca. 1,5 °C höher als 1 cm unter der Hirnoberfläche.

Kontrollierte Arterielle Hypotension

Während des Clippings intrazerebraler Aneurysmen, der Resektion arteriovenöser Malformationen oder gefäßreicher Tumoren wurde besonders früher vom Operateur oft eine Senkung des arteriellen Blutdrucks gewünscht, wodurch der Blutverlust minimiert, die Wandspannung von Aneurysmen reduziert und so die Rupturgefahr vermindert werden soll. Gefordert wurden systolische Blutdruckwerte von ca. 60–70 mmHg oder ein mittlerer arterieller Blutdruck von 50–60 mmHg, die allerdings mit hoher Ischämiegefahr einhergehen. Sowohl Inhalationsanästhetika wie Isofluran und Sevofluran als auch i.v.-applizierbare Substanzen wie Propofol oder Nitroglycerin sind zur Blutdrucksenkung einsetzbar. Propofol und Inhalationsanästhetika reduzieren gleichzeitig den Metabolismus und verhindern damit einen Mismatch zwischen O2-Bedarf und O2-Angebot. Allerdings tritt das Verfahren zugunsten des temporären Clippings mehr und mehr in den Hintergrund und kann als überholt gelten.
Cave
Allen Substanzen gemein ist eine Beeinträchtigung der Autoregulation über die Dauer der Blutdrucksenkung hinaus.
Ein positiver Einfluss der arteriellen Hypotension auf die perioperative Letalität oder Morbidität konnte bisher nicht gezeigt werden. Die arteriellen Hypotension nach intraoperativer Aneurysmaruptur verschlechtert das neurologische Ergebnis. Auch ist das Risiko für neurologische Defizite erhöht, wenn der systolische Druck 15 min oder länger <60 mmHg beträgt, da tiefe Hypotension den CBF erheblich vermindert. Somit ist ein Patient durch eine arteriellen Hypotension gefährdet, ohne dass ein Nutzen offensichtlich wäre. Eine arteriellen Hypotension sollte daher bei Operationen von Aneurysmen der basalen Hirnarterien nicht routinemäßig erfolgen. Bei einer Ruptur des Aneurysmas kann sie aber unverzichtbar sein, um die Blutungsstelle identifizieren zu können (Abschn. 4.3).
Multimodales Monitoring (transkranieller Doppler, EEG, SEP, ptiO2) kann dazu beitragen, die tolerable Ischämieschwelle (Grad der Hypotension bzw. Dauer des temporären Clipping) genauer zu bestimmen.
Kontraindikationen der kontrollierten Hypotension
  • Schlecht eingestellter Hypertonus
  • Angina pectoris
  • Zerebrale ischämische Attacken/Schlaganfall
  • Stenosen in arteriellen Stromgebieten
  • Erhöhter intrakranieller Druck (solange die Dura geschlossen ist)
  • Vasospasmus
  • Eingeschränkte Lungenfunktion (Eröffnung von intrapulmonalen Shunts durch Hypotensiva)
  • Zeichen der Organinsuffizienz (Leber/Niere etc.)
Alternative: Temporäres Clipping
Als Alternative zur systemischen Hypotension werden vermehrt temporäre Clips auf die zuführenden Gefäße gesetzt, welche nach Aneurysmaclipping wieder entfernt werden. Diese scheinen keinen Einfluss auf das neurologische Ergebnis zu haben, wenn die Zeitspanne der Perfusionsunterbrechung 14–20 min nicht überschreitet. Ein Clipping über 30 min Dauer verschlechtert dagegen das neurologische Ergebnis. Die maximal tolerable Zeitdauer eines temporären Gefäßverschlusses lässt sich vermutlich durch medikamentöse Protektion mit i.v.-Anästhetika unter Neuromonitoring verlängern (Abschn. 4.3). Auch Mannit soll protektiv wirken, so ist z. B. die Gabe von 500 ml Mannit 20 %, 500 mg Vitamin E und 50 mg Dexamethason als „Sendai-Cocktail“ bekannt. Hiermit wurden Okklusionszeiten von bis zu 60 Minuten ohne neurologisches Defizit berichtet. [52, 53]. Alternativ wurde auch über den Einsatz von Adenosin berichtet – nach Etablierung einer Dosis-Wirkungs-Kurve durch Vorgabe von 6–18 mg Adenosin wird durch Gabe von 30–36 mg ein Herzstillstand von ca. 30 s erreicht, in welchem das Aneurysma geclippt werden kann [54].
Über einen rechtsventrikulären Schrittmacher kann auch über ein Overpacing einen Blutdruckabfall provoziert werden, welcher zu einer verbesserten Operabilität des Aneurysmas führen kann. Nach Clipping des Aneurysmas und Abschalten des Overpacings kommt es zu einer sofortigen Wiederherstellung normaler Kreislaufverhältnisse [55]. Allerdings kann dieses Verfahren das Risiko für perioperative Komplikationen selbst wieder erhöhen, da es sich um eine invasive Maßnahme handelt.

Frühextubation

Patienten sollten heute nach elektiven neurochirurgischen Eingriffen wenn möglich direkt nach Beendigung der Operation extubiert werden. Insbesondere kurzwirkende Anästhetika wie Propofol und Remifentanil tragen zur frühzeitigen Wiederherstellung der kognitiven Fähigkeiten der Patienten bei [56].
Durch die Frühextubation werden neurologische Beurteilbarkeit und Detektion einer Nachblutung oder eines Ödems in der postoperativen Phase erleichtert. Ca. 80 % aller Patienten können so innerhalb 1 h postoperativ bei minimalem Reintubationsrisiko (<1 %) extubiert werden [57, 58].
Neurochirurgische Patienten sollten auch nach mehrstündigen intrakraniellen Eingriffen bereits kurz nach Beendigung des Eingriffs stressfrei extubiert werden.
Eine Extubation noch im Operationssaal darf andererseits nicht erzwungen werden. Durch die Weckreaktion können ICP und Blutdruck ansteigen. Dies kann bei Patienten mit Störungen der Autoregulation oder der BHS nachteilig sein. Unkontrollierte Blutdruckanstiege erhöhen das Risiko von Nachblutungen und Hirnödem. Ein Anstieg des paCO2 durch Anästhetikaüberhang führt zu einem Anstieg des intrakraniellen Drucks. Wird der Patient zu früh wach, drohen schwerwiegende Verletzungen und Blutungen durch unkontrollierte Bewegungen in der Mayfield-Klemme. Hirnstammnahe Operationen können durch ein begleitendes Ödem postoperative Schluck- und Vigilanzstörungen auslösen.
Ist die Vigilanz des Patienten bereits präoperativ stark reduziert, sollte auf die Frühextubation verzichtet und eine adäquate Aufwachreaktion auf der Intensivstation abgewartet werden.
ICP und Blutdruckspitzen während der Aufwachphase (durch Husten, endotracheales Absaugen etc.) können durch topisches oder intravenöses Lidocain unterdrückt werden. Da aber nicht geklärt ist, welche Auswirkungen dies hinsichtlich der pharyngealen Schutzreflexe und der Aspirationsgefahr in der Extubationsphase hat, ist es möglicherweise sicherer, Kreislaufreaktionen bei der Extubation z. B. mit Esmolol [59] oder fraktionierter Gabe von 75–150 μg Clonidin [60] zu unterdrücken.
Der Zeitpunkt der Extubation muss in Absprache zwischen Operateur und Anästhesist festgelegt werden.
Nur der Operateur kann den Grad des chirurgischen Traumas und die Schwellneigung abschätzen. Der Anästhesist seinerseits beurteilt die Vigilanz und hämodynamische Stabilität seines Patienten. In einer retrospektiven Untersuchung nach neurochirurgischen Operationen hatten Patienten >65 Jahre, solche mit präoperativem Nierenversagen, COPD, Operationszeit >3 h und in höheren ASA-Klassen ein 2,1- bis 2,9-fach erhöhtes Risiko für eine Reintubation innerhalb der ersten 48 h. Tetraparetische Patienten hatten sogar ein 8,2-fach erhöhtes Risiko [61].
Extubationskriterien
  • Frühextubation
    • Spontanatmung, AF 8–30/min, Tidalvolumen >6 ml/kgKG, SaO2 > 95 %, FiO2 ≤ 0,4
    • HF <120/min, SBP („systolic blood pressure“) >90 mmHg, MAP >60 mmHg
    • Temperatur >35 °C
    • Ausreichende Vigilanz, Schutzreflexe vorhanden, kein Narkoseüberhang
    • Unkomplizierte Intubation
  • Verzögerte Extubation
    • Dauer der Operation >8–10 h
    • Eingriff in der hinteren Schädelgrube mit Beeinträchtigung der Hirnnerven IX–XII (Schluckstörungen) oder des Hirnstamms
    • Schlechter präoperativer neurologischer Zustand
    • Hypothermie (<35 °C)
    • Blutverlust: >1-mal Blutvolumen
    • Massives zerebrales Gewebstrauma mit Schwellneigung
    • Kreislaufinstabilität mit hohem Bedarf an vasoaktiven Substanzen
Eine seltene postoperative Komplikation ist der Spannungspneumozephalus, bei dem durch einen Ventilmechanismus Luft nach intrakraniell gelangt [6]. Er tritt am häufigsten nach Evakuation beidseitiger subduraler Hämatome auf. Hierdurch können Druckeffekte besonders auf die frontalen Hirnanteile mit komatösen Zuständen entstehen. In der CT-Untersuchung des Schädels zeigt sich das Mount-Fuji-Zeichen [62] (Abb. 5): Beide Frontallappen laufen nach medial auf eine Spitze hin zu und dehiszieren im Interlobärspalt, was als kleine Senke imponiert – eine Konstellation, die an die Silhouette des Fuji in Japan erinnert. Die Therapie besteht ggfs. in einer sofortigen chirurgischen Entlastung. Die Gabe von reinem Sauerstoff beschleunigt die Resorption der subduralen Gasansammlung.
Cave
Nach einem intrakraniellen Eingriff sollte die Patientenüberwachung auf einer Intensiv- oder Intensivüberwachungsstation für mindestens 6 h postoperativ gewährleistet sein, da sich die meisten Nachblutungen innerhalb dieses Zeitraums ereignen [63].

Anfallsprophylaxe

Krampfanfälle sind häufig Erstsymptom intrakranieller Pathologien und treten präoperativ bei ca. 40–80 % der Patienten mit Hirntumoren auf. Patienten mit Glioblastom weisen die niedrigste, solche mit niedergradigem Astrozytom die höchste Inzidenz von Krampfanfällen auf.
Metaanalysen konnten bisher bei Patienten im Rahmen der Hirntumorchirurgie keinen Vorteil einer prophylaktischen Antiepileptikagabe zeigen [64].
Im Einzelfall kann diskutiert werden, ob z. B. Patienten mit grenzwertig kompensierter ICP-Erhöhung, bei denen ein Krampfanfall zu einer deletären Steigerung des CBF oder ICP führen würde oder Patienten mit unversorgter SAB, die ein hohes Risiko für eine Rezidivblutung haben, eine Antiepileptikagabe erhalten sollten.
Die am häufigsten verwendeten Pharmaka sind Levetiracetam, Carbamazepin, sowie Valproinsäure, nur gelegentlich noch Clonazepam oder Phenytoin . Levetiracetam ist in den letzten Jahren auf Grund seiner guten Verträglichkeit in den Vordergrund gerückt. Die Substanz wird im Gewebe hydrolysiert, die Dosierung muss nur bei schwerer Niereninsuffizienz angepasst werden. Wechselwirkungen mit anästhesierelevanten Medikamenten sind nicht bekannt. Während eine Behandlung mit Carbamazepin eher häufige, jedoch minder schwere Nebenwirkungen bewirkt, sind Valproinsäure und Phenytoin bei Berücksichtigung der Kontraindikationen nur selten mit Nebenwirkungen behaftet (Tab. 5). Sollten diese auftreten, kann der Patient jedoch schnell vital gefährdet sein (Tab. 3 und 6; Kap. „Benzodiazepine in der Anästhesiologie“ und „Neuroleptika in der Anästhesiologie“). Clonazepam weist das für Benzodiazepine charakteristische Nebenwirkungspotenzial auf.
Tab. 5
Nebenwirkungen der wichtigsten Antiepileptika
 
Levetiracetam
Carbamazepin
Valproinsäure
Phenytoin
Haut
Erythema multiforme
Urtikaria, Pruritus, Fotosensibilität
Haarausfall
Allergische Hautausschläge
Nervensystem/Psyche
Somnolenz, Kopfschmerz., Anorexie, Depression., Feindseligkeit/Aggression, Angst
Somnolenz, Ataxie, Dyskinesien
Ataxie, Stupor, Enzephalopathie
Ataxie, Dyskinesien, Kopfschmerzen, Ruhetremor, Abgeschlagenheit, Sedierung, Nystagmus, Polyneuropathie
Gastroenterologie
Pankreatitis, Leberversagen, Hepatitis
Pankreatitis, Hepatitis
Selten tödliche Leberfunktionsstörungen
Leberfunktionsstörungen
Stoffwechsel
 
Hyperammonämie
 
Herz, Kreislauf, Gefäße
 
Bradykardie, Rhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Vaskulitis, Thrombophlebitis
 
Asystolie, AV-Block, Extrasystolen, Verschlechterung einer Herzinsuffizienz
Atemwege
 
Alveolitis
  
Blut
Thrombozytopenie, Leukopenie
Leukozytose, Eosinophilie, Leukopenie, Thrombopenie, Agranulozytose
Leukopenie, Thrombopenie (nicht immer reversibel), Thrombozytendysfunktion, F-XIII-Aktivität ↓
Leukopenie, Lymphknotenschwellungen
Immunsystem
Allergische Reaktionen
Allergische Hautreaktionen, Lyell-Syndrom, Photosensibilität
 
Exfoliative Dermatitis
Tab. 6
Einfluss verschiedener Hypnotika auf zerebrale Parameter
 
CMRO2
CBF
CO2-Reaktivität
Zerebrale Autoregulation
Vasodilatation
Thiopental
↓↓↓
↓↓↓
↓↓
Nein
Etomidat
↓↓
↓↓
Nein
Propofol
↓↓
↓↓
Nein
Benzodiazepine
Nein
↑↑
(↑)
Nein
↓ Verminderung, ↑ Steigerung (Anzahl der Pfeile = relative Gewichtung), ↔ gleichbeibend
Bei Patienten die unter chronischer Phenytoin- oder Carbamazepintherapie stehen, ist die Wirkung nichtdepolarisierender Muskelrelaxanzien vermindert. Dies gilt besonders für Steroidderivate (Pancuronium, Vecuronium), in vermindertem Ausmaß auch für Benzylisochinoline (Atracurium). Mitunter wird erst nach 4-facher Dosiserhöhung die gewünschte Wirkung erreicht. In kritischen Phasen wie z. B. Intubation oder Lagerung mit Anbringen der Mayfield-Klemme ist eine adäquate Relaxierung mit der üblichen patientenbezogenen (nach kgKG) Intubationsdosis dann nicht gewährleistet [65].
Ein neuromuskuläres Monitoring ist bei Patienten mit Carbamazepin- oder Phenytointherapie dringend angezeigt.
Gegenanzeigen der wichtigsten Antiepileptika

Infektionsprophylaxe

Die Folgen einer Infektion des ZNS sind für den Patienten schwerwiegend. Bei neurochirurgischen Eingriffen liegt das perioperative Infektionsrisiko auch ohne Antibiotikaprophylaxe bei ca. 1–6 %. In der Regel handelt es sich um geplante Eingriffe und nichtkontaminierte Operationsgebiete. Mit zunehmender Dauer der Operation erhöht sich die Infektionsrate und kann bei mehr als 6 h Operationszeit 13,8 % erreichen.
Perioperative Wundinfektionen nach Kraniotomien und ventrikuloperitonealen Shuntoperationen werden durch eine Antibiotikaprophylaxe signifikant reduziert, allerdings muss die i.v.-Applikation 30–60 min vor Hautinzision erfolgen.
Umstritten bzw. nicht ausreichend abgesichert ist diese Strategie bei der Anlage von Ventrikeldrainagen, intrakraniellen Drucksonden oder bei spinalen Eingriffen. Die topische Applikation bakterizider Antibiotika ist ebenfalls nicht ausreichend validiert.
Die perioperative Antibiotikaprophylaxe ist bei der transsphenoidalen Hypophysenresektion obligat, da hier durch die stark kontaminierte Nasenhöhle hindurch operiert wird.
Die Wahl des Antibiotikums hängt vom vorherrschenden Keimspektrum ab. Es sollte jedoch in jedem Fall gegen Staphylokokken sowie gramnegative Keime wirksam sein. Derzeit wird meist ein Basiscephalosporin wie Cefazolin empfohlen. Breitspektrumcephalosporine, z. B. Ceftriaxon, sollten Operationen mit Eröffnung der Sinus vorbehalten bleiben. Alternativen bei Personen mit allergischer Prädisposition sind Clindamycin oder Vancomycin, ggfs. kombiniert mit Gentamycin. Eine wiederholte Gabe alle 6–8 h während der Operation ist indiziert. Der Nutzen einer Antibiotikagabe bis 24 h nach Operationsende ist bislang nicht sicher belegt.

Spezielle pharmakologische Aspekte

Anästhetika reduzieren zwar den zerebralen Metabolismus, die neuroprotektive Wirkung zielt jedoch überwiegend auf die ischämische Kaskade. So wirkt Ketamin z. B. glutamatantagonistisch, Barbiturate, Propofol und Etomidat verstärken die inhibitorische Wirkung an den GABA-Rezeptoren. Der neuroprotektive Effekt ist jedoch sehr wahrscheinlich eher der Narkose an sich als einer spezifischen Medikamentenwirkung geschuldet.
Gasförmige oder i.v.-Anästhetika scheinen sich hinsichtlich ihrer neuroprotektiven Wirkungen nicht zu unterscheiden. An großen Kollektiven konnte kein Einfluss des Narkoseverfahrens auf das frühe Ergebnis nach elektiven supratentoriellen Eingriffen gezeigt werden [66, 67].
Hinsichtlich der Aufwachzeiten sind die Ergebnisse uneinheitlich. Einige Studien zeigen kürzere Aufwachzeiten nach Remifentanil im Vergleich zu anderen Opioiden, andere Studien finden keine diesbezüglichen Unterschiede. Wurde Sevofluran mit Remifentanil oder Sufentanil kombiniert, zeigte sich ebenfalls kein Unterschied in der Extubationszeit wie auch im Vergleich Sevofluran/Fentanyl mit Propofol/Remifentanil.

Hypnotika

Bei adäquater Ventilation reduzieren alle i.v.-Hypnotika außer Ketamin die CMRO2, den CBF und den ICP (Tab. 7; Kap. „Hypnotika in der Anästhesiologie: Barbiturate, Propofol, Etomidat“). Dadurch reduzieren i.v.-Hypnotika das CBV, das Gehirnvolumen und somit das Trauma, welches durch die Retraktoren hervorgerufen wird. Die zerebrovaskuläre Autoregulation bleibt erhalten.
Tab. 7
Wechselwirkungen der wichtigsten Antiepileptika
 
Wirkungsabschwächung von
Clonazepam, Kortikosteroide, Digoxin, Haloperidol, Imipramin, Theophyllin
  
Verminderung der Konzentration durch
Phenobarbital, Phenytoin, Theophyllin
Verapamil, Kortikosteroide, Carbamazepin
Phenobarbital, Carbamazepin, Phenytoin
Erhöhung der Konzentration durch
Makrolidantibiotika, Kalziumantagonisten, Cimetidin
Benzodiazepine, Cimetidin
 
  
Raschere Wirkungsaufhebung der Blockade möglich, verminderte Sensitivität
Verminderte Sensitivität
 
Serotoninwiederaufnahmehemmer
Toxisches Serotoninsyndrom
  
Im Vergleich zu gasförmigen Anästhetika ist das CBV unter i.v.-Hypnotika niedriger. Deshalb können Eingriffe bei Patienten ohne ICP-Erhöhung mit gasförmigen Narkotika durchgeführt werden, wohingegen Patienten mit ICP-Erhöhung ausschließlich i.v.-Hypnotika erhalten sollten.
Barbiturate
Pentobarbital und Thiopental vermindern den Stoffwechsel und die CMRO2 um bis zu 60 %. Sekundär fallen CBF, CBV und ICP ab.
Diese Effekte sind nur bis zum Erreichen eines Null-Linien-EEG nachweisbar, höhere Dosierungen senken die CMRO2 nicht weiter. Die Kopplung von CBF und CMRO2 bleibt erhalten, die zerebrovaskuläre Autoregulation ebenfalls. Der neuroprotektive Effekt zeigt sich bereits bei ca. \( \raisebox{1ex}{$1$}\left/ \raisebox{-1ex}{$3$}\right. \) der Null-Linien-Dosis. Wird der MAP stärker als der ICP gesenkt, wirkt sich dies negativ auf den CPP aus und kann gegebenenfalls eine zerebrale Ischämie auslösen.
Barbiturate reduzierten in den meisten experimentellen Studien die Infarktgröße bei fokaler Ischämie, gleichgültig ob die Substanzen vor oder nach Eintritt der Ischämie gegeben wurden. Bei globaler Ischämie zeigen sie keinen protektiven Effekt. Sie blocken effektiv den Glutamatrezeptor sowie den Kalziumeinstrom und verstärken die protektive GABAerge Wirkung am Rezeptor. Allerdings lässt sich während milder Hypothermie der neuroprotektive Effekt durch Barbiturate nur gering steigern und ist nicht vom Erreichen einer „burst-suppression“ oder der Senkung der CMRO2 abhängig.
Bei globaler Ischämie bietet der Einsatz der Barbiturate keine Vorteile und kann klinisch nicht empfohlen werden.
Etomidat
Die Substanz ähnelt in ihren metabolischen Eigenschaften den Barbituraten. Daneben bewirkt Etomidat möglicherweise eine direkte zerebrale Vasokonstriktion. Aufgrund geringerer Kreislaufeffekte ist der Abfall des CPP weniger ausgeprägt als bei Barbituraten. In Tiermodellen mit fokaler Ischämie zeigte Etomidat sowohl dem Thiopental vergleichbare protektive Eigenschaften als auch negative Effekte, Gewebeazidose und -hypoxie sind stärker ausgeprägt als unter Desfluran. Etomidat supprimiert allerdings die Cortisolsynthese und ist assoziiert mit einer erhöhten Letalität [68]. Jedoch liegen keine eindeutigen Studienergebnisse vor, sodass für den klinischen Einsatz keine definitiven Empfehlungen gegeben werden können [69].
Propofol
Die Substanz kann den MAP stark absenken, was aber dank des ICP-senkenden Effekts von Propofol den negativen Effekt auf den CPP wieder abschwächt. Durch eine langsame Injektion des Induktionsbolus kann die Initialdosis reduziert werden und somit der hypotensive Effekt von Propofol abgeschwächt werden. Die zerebrovaskuläre Autoregulation bleibt unter Propofol erhalten. Ein Null-Linien-EEG kann erreicht werden. Die neuroprotektive Wirkung entspricht in etwa derjenigen der Barbiturate oder Inhalationsanästhetika. Trotz vereinzelter Berichte über epileptiforme Krämpfe nach Gabe von Propofol ist eine solche Nebenwirkung nicht bestätigt. Die Substanz wurde sogar erfolgreich bei Status epilepticus eingesetzt.
Ketamin
Ketamin ist ein sehr potentes Analgetikum, während seine sedierende Komponente weniger ausgeprägt ist. Der ICP wird durch Ketamin bei intubierten und beatmeten Patienten nicht beeinflusst. Die zerebrovaskuläre Autoregulation bleibt unter nomaler Dosierungen von S-(+)-Ketamin (1 mg/kgKG × min−1) erhalten. Ketamin wirkt analgetisch, bronchodilatierend, stabilisiert den Kreislauf aufgrund seiner sympathomimetischen Wirkung und wirkt auf dem Magen-Darm-Trakt propulsiv. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften kann Ketamin den Bedarf an Katecholaminen und Opioiden bei Langzeitsedierung einsparen und so die typischen Nebenwirkungen dieser Substanzen reduzieren. Daher kann Ketamin additiv zu einem Hypnotikum zur intensivtherapeutischen Behandlung von Patienten mit zerebralen Läsionen eingesetzt werden.
Ketamin in niedriger Dosierung, einmalig als Bolus nach einem fokalen ischämischen Ereignis, wirkt nicht neuroprotektiv. Wurde eine Ketamininfusion in hoher Dosierung vor Beginn der Ischämie begonnen und über einen längeren Zeitpunkt fortgeführt, ließ sich im Tierversuch eine Reduktion des Zellschadens sowie des neurologischen Defizits nachweisen. Ursächlich ist eine Reduktion der Glutamatfreisetzung, da Ketamin als NMDA-Antagonist wirkt.

Benzodiazepine

Das Ausmaß der Reduktion von CMRO2 und CBF ist geringer als bei Barbituraten, für Midazolam liegt die maximal erreichbare Verminderung bei ca. 25–30 %. Ein mäßig neuroprotektiver Effekt der Benzodiazepine ist tierexperimentell gesichert (Kap. „Benzodiazepine in der Anästhesiologie“).

Opioide

Die Senkung von CMRO2 und CBF ist dosisabhängig (Kap. „Opioide in der Anästhesiologie“). Durch Opioide verursachte Anstiege des ICP sind beschrieben, ursächlich dürfte jedoch die Blutdrucksenkung mit nachfolgender zerebrovaskulärer Autoregulation, Dilatation zerebraler Gefäße und Anstieg des CBV sein. Bei konstantem arteriellem Blutdruck ändert sich der ICP nach Opioidgabe nicht.

Relaxanzien

Succinylcholin
Muskelfaszikulationen nach Gabe von Succinylcholin erhöhen den ICP geringfügig (Kap. „Muskelrelaxanzien und ihre Antagonisten“). Vorgabe eines nichtdepolarisierenden Muskelrelaxans verhindert einen solchen Anstieg zuverlässig. Wenn möglich sollte allerdings die Gabe von Succinylcholin vermieden werden. Das nichtdepolarisierende Muskelrelaxanz Rocuronium stellt mit seinem schnellen Wirkungseintritt eine sehr gute Alternative zu Succinylcholin dar und kann jederzeit durch Sugammadex sicher antagonisiert werden.
Cave
Bei Patienten mit Paresen kommt es zu einer vermehrten Ausbildung von Acetylcholinrezeptoren, die in diesen Fällen auch außerhalb der motorischen Endplatte zu finden sind. Succinylcholin kann bei diesen Patienten zu einem lebensbedrohlichen Anstieg der Kaliumkonzentration führen [70].
Die Ausbildung abnormaler Acetylcholinrezeptoren an denervierten Muskelzellen führt zu einer vermeintlichen Resistenz entsprechender Muskelgruppen, wenn ein Relaxierungsmonitoring an paretischen Körperteilen durchgeführt wird. Es sollte deshalb immer die gesunde Seite für das neuromuskuläre Monitoring gewählt werden.
Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien
Die nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien haben keinen Effekt auf CBF, CMRO2 oder ICP.
Pancuronium kann durch seine vagolytischen Eigenschaften einen Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz bewirken. Bei Patienten mit gestörter Autoregulation könnte theoretisch ein Anstieg des ICP resultieren.
Laudanosin, das Abbauprodukt von Atracurium, kann Krämpfe auslösen. Bei klinisch üblichen Dosen liegen die Blutspiegel jedoch im sicheren Bereich.
Cave
Patienten mit Hemiparesen weisen auf der paretischen Seite vermehrt Acetylcholinrezeptoren auf. Bei der Relaxometrie kann dies eine verminderte Wirkung der Relaxanzien vortäuschen. Deshalb sollte das Monitoring an der nicht betroffenen Seite angeschlossen werden.

Inhalationsanästhetika

Obwohl gasförmige Anästhetika den zerebralen Metabolismus vermindern, resultiert daraus nicht zwangsläufig eine Verminderung des zerebralen Blutflusses. Zunächst sinkt die CMRO2, was den CBF reduziert (Tab. 8). Mit zunehmender Narkosetiefe bzw. Suppression des zerebralen Metabolismus tritt die Auswirkung der Verminderung der CMRO2 in den Hintergrund, und direkte, vasodilatatorische Effekte überwiegen. Dieser vasodilatatorische Effekt ist für Desfluran sehr starkt und für Sevofluran nur sehr gering ausgeprägt. Auch für diese Substanzgruppe wurde, ähnlich den Barbituraten, tierexperimentell eine Reduktion des Schadens bei fokaler Ischämie gezeigt. Allerdings handelt es sich eher um eine Verzögerung als eine Verhinderung des neuronalen Absterbens. Nur bei sehr leichten fokalen Ischämien besteht ein neuroprotektiver Effekt.
Tab. 8
Einfluss von Inhalationsanästhetika und Lachgas auf zerebrale Parameter
 
CMRO2
CBF
CO2-Reaktivität
Zerebrale Autoregulation
Vasodilatation
Isofluran
↓↓
↓ bzw. ↑↑ (ab ca. 1,5 MAC)
↓ bzw. ↑ (ab ca. 1,5 MAC)
↔ bzw. ↓ (ab ca. 1,5 MAC)
↔ bzw. ↓↓ (ab ca. 1,5 MAC)
Ja
Sevofluran
↓↓
↓ bzw. ↑ (ab ca. 1,3 MAC)
↓ bzw. ↑ (ab ca. 1,5 MAC)
↔ bzw. ↓ (ab ca. 1,5 MAC)
↔ bzw. ↓ (ab ca. 0,5 MAC)
Ja
Desfluran
↓ bzw. ↑ (ab ca. 2 MAC)
↓ bzw. ↑
↓ bzw. ↑↑ (ab ca. 1,5 MAC)
↔ bzw. ↓↓ (ab ca. 1,5 MAC)
Ja
Lachgas
↑ –↑↑
Nein
Lachgas mit volatilen Anästhetika
↑ –↑↑
-
Lachgas mit intravenösen Anästhetika
↔ –↑
-
↓ Verminderung, ↑ Steigerung (Anzahl der Pfeile = relative Gewichtung), ↔ gleichbleibend, - keine Daten.
Cave
In höheren Dosisbereichen ist die Kopplung zwischen CBF und CMRO2 aufgehoben. Der Effekt der inadäquaten CBF-Steigerung verstärkt sich mit zunehmender Gaskonzentration (Abb. 6; [71]).
Durch die zunehmende Vasodilatation wird das CBV erhöht, wodurch wiederum der ICP steigt. Eine Verminderung des CPP und damit eine Minderdurchblutung sind die Folge. Bei stark reduzierter intrazerebraler Compliance führen bereits geringe Anstiege des CBV zu einem massiven Anstieg des ICP mit Herniation von Hirnteilen. Darüber hinaus wird die Darstellung des Operationssitus verschlechtert.
Auch bei Patienten mit normaler Körpertemperatur kann nach Inhalationsanästhesie postoperatives Kältezittern (Shivering) auftreten, was den O2-Verbrauch um 200–600 % steigert. Kältezittern erhöht den ICP, weshalb es durch geeignete Maßnahmen (Wärmebehandlung, Opioide, Clonidin, Nefopam) konsequent behandelt werden muss.
Isofluran
Isofluran war seit Beginn der 1980er-Jahre das Inhalationsanästhetikum der Wahl in der Neuroanästhesie, wurde jedoch dann zu Gunsten von Sevofluran weitgehend verlassen. Unterhalb von 1,5 MAC hat die Substanz, auch in Kombination mit Lachgas, nur wenig Einfluss auf den ICP bzw. den CPP. Die CMRO2 wird durch 1 MAC Isofluran um ca. 50 % reduziert. Bei 2–2,5 MAC tritt ein Nulllinien-EEG als Zeichen der maximal erreichbaren Stoffwechselverminderung des Funktionsstoffwechsels auf. Eine Erhöhung auf 4 MAC reduziert die CMRO2 nicht weiter. Sinkt unter Isofluran der CPP ab, so ist dies meist Folge eines Abfalls des MAP. Deshalb sollte immer eine Normovolämie angestrebt werden.
Sevofluran
Insgesamt steigert Sevofluran das CBV weniger stark als Isofluran oder Desfluran [72, 73] und stellt deshalb das Inhalationsanästhetikum der Wahl in der Neuroanästhesie dar. Gleichwohl sind die Effekte von Sevofluran ebenfalls dosisabhängig. 0,7 MAC beeinflussten CBF, CMRO2 und ICP nicht, bei 1,3 MAC hingegen stieg der CBF an. Bei 0,5–1 MAC ist die zerebrovaskuläre Autoregulation verzögert [74], über 1,5 MAC ist sie aufgehoben [75]. Die CO2-Reaktivität bleibt bei 1,2 MAC mit oder ohne Lachgas erhalten. Auch Sevofluran bewirkt in einer Konzentration von 2–2,5 MAC ein Nulllinien-EEG.
Desfluran
Die Gabe von 2 MAC Desfluran führt am Hundemodell nach 20 min zu einer Zunahme der CMRO2. Die Substanz bewirkt eine stärkere zerebrale Vasodilatation als Sevofluran oder Isofluran. Wird mehr als 1 MAC Desfluran verabreicht, kann dem ICP-Anstieg nicht mehr mit Hyperventilation begegnet werden. Ähnlich wie bei Sevofluran ist die zerebrovaskuläre Autoregulation bei niedrigen Konzentrationen (0,5 MAC) erhalten, bei hohen (1,5 MAC) hingegen aufgehoben. Zwar steigert Desfluran die Liquorproduktion, im Rahmen einer Kraniotomie ist dies jedoch wahrscheinlich klinisch nicht relevant.
Wegen der nachteiligen Wirkungen auf ICP und CBF sowie der zerebralen Vasodilatation wird Desfluran selten in der Neuroanästhesie verwendet. In einer klinischen Untersuchung bei sonst gesunden Patienten mit supratentoriellen Raumforderungen fand sich allerdings kein relevanter Unterschied zwischen Patienten mit Sevofluran- oder Desflurannarkose hinsichtlich intra- und postoperativer Komplikationen [74].

Lachgas

Lachgas wirkt stark vasodilatierend und steigert somit das CBV und den ICP. Die CMRO2 wird durch Zugabe von Lachgas sowohl während Isofluran- als auch zu einer Barbituratnarkose gesteigert. Lachgas ist somit nicht neutral in seiner Wirkung auf den zerebralen Stoffwechsel, allerdings sind die Effekte schwach und durch Hypokapnie oder vorherige Gabe von Thiopental, Diazepam oder Morphin antagonisierbar.
Trotzdem sollte die Substanz bei Patienten mit reduzierter zerebraler Compliance, zerebraler Ischämie oder erhöhtem Hirndruck nicht eingesetzt werden, da auch geringgradige Anstiege des ICP nachteilig sein können. Nachteilig ist darüber hinaus die erhöhte Inzidenz von postoperativer Nausea und Erbrechen nach einer Lachgasnarkose. Insgesamt gibt es derzeit keine Indikation für die Verwendung von Lachgas in der Neuroanästhesie.
Cave
Bei Patienten mit intrakraniellen Lufteinschlüssen erhöht Lachgas das Volumen von Gasblasen. Ein Pneumenzephalus, der bei Kraniotomien auftritt, wenn Liquor durch Luft ersetzt wird, wird durch die Substanz vergrößert.
In der Folge kann der nach Duraverschluss folgende Druckanstieg durch Ersatz der Luft durch N2O zu ICP- anstieg, Bewusstseinstrübung, Krampfanfällen und neurologischem Defizit führen.
Falls auf die Gabe von N2O nicht verzichtet werden kann sollte 10–20 min vor Duraverschluss die Applikation terminiert werden. Auch sollte bei einem Zweiteingriff innerhalb von 3 Wochen kein Lachgas verwendet werden.

Vasoaktive Medikamente

Antihypertensiva

Während bei unbehandelter chronischer, arterieller Hypertonie die zerebrovaskuläre Autoregulationskurve nach rechts verschoben ist, führt die antihypertensive Therapie im Laufe der Zeit zu einer Rückverschiebung in Richtung des Normalbereichs. Dieser Effekt ist bei jüngeren Personen ausgeprägter als bei Älteren.
Die akuten zerebralen Effekte einer Blutdrucksenkung im Rahmen einer arteriellen Hypertension hängen von der Wirkung der jeweiligen Substanz auf die zerebralen Gefäße und vom Ausmaß der Blutdrucksenkung ab.
Natriumnitroprussid
Die Zulassung von Na-Nitroprussid ruht derzeit in den deutschsprachigen Ländern, eine Erneuerung erscheint derzeit wenig wahrscheinlich. Die Substanz wird deshalb nur aus Gründen der Vollständigkeit besprochen. Sie erweitert venöse Kapazitätsgefäße (Tab. 9), wodurch besonders Patienten mit erniedrigter zerebraler Compliance gefährdet sind. Zwar wirken NO-Donatoren bei fokaler Ischämie positiv auf die Hirndurchblutung, eine begleitende Hypotension kann den CBF jedoch stark verringern.
Tab. 9
Einfluss vasoaktiver Medikamente auf zerebrale Parameter
 
CMRO2
CBF
CO2-Reaktivität
Zerebrale Autoregulation
Natriumnitroprussid (Zulassung ruht)
↑↑ oder ↓↓ (bei zunehmender Hypotension)
↑↑
?
Trinitroglyzerin
↔, ↑↑ oder ↓ (je nach RR)
↑↑
?
Clonidin, Dexmedetomidin
β-Blocker
↓ bzw. ↔
↓ bzw. ↔
↓ bzw. ↔
?
↔ bzw. ↓ (Nifedipin)
Dihydralazin
?
↑ (↓ bei zunehmender Hypotension)
Adrenalin, Noradrenalin
↓ (bei erhaltener Autoregulation)
?
?
↑ gesteigert, ↓ vermindert, ↔ gleichbleibend, ? unbekannt
Trinitroglycerin
Auch Trinitroglycerin wirkt, ähnlich wie Natriumnitroprussid, auf die venösen Kapazitätsgefäße. Eine 33 %ige Blutdrucksenkung durch Trinitroglyzerin verdoppelte den ICP von 14 auf 31 mmHg und senkte gleichzeitig den CPP von 90 auf 38 mmHg. Wie auch bei Natriumnitroprussid fällt die Erhöhung des CBV und des ICP besonders bei Patienten mit erhöhtem ICP bzw. reduzierter zerebraler Compliance ins Gewicht. Sind MAP und CPP nicht oder nur gering vermindert, nimmt der CBF unter 0,5 μg/kgKG × min−1 nicht, unter 1,5 μg/kgKG × min−1 durch Erweiterung der arteriellen Gefäße jedoch stark zu. Fällt der MAP um mehr als 50 %, nimmt der CBF ab.
Bei geschlossener Dura sollten keine direkten Vasodilatoren eingesetzt werden.
Clonidin und Dexmedetomidin
α2-Agonisten reduzieren die Sympathikusaktivität und den zentralen Noradrenalinspiegel.
Im Tierversuch senken Clonidin und Dexmedetomidin den CBF, ohne die CMRO2 zu reduzieren, d. h. CBF und CMRO2 werden entkoppelt. In klinischen Studien beeinflusst Dexmedetomidin das Verhältnis von CBF und zerebralem Stoffwechsel nicht [76], sodass keine zerebrale Ischämie auftritt [77]. Die CBF-Senkung ist besonders dann ausgeprägt, wenn eine zerebrale Vasodilatation (z. B. durch Inhalationsanästhetika) bereits vorbesteht. Paradoxerweise kann jedoch das Ausmaß der durch Inhalationsanästhetika ausgelösten zerebralen Vasodilatation durch Vorgabe von Clonidin vermindert werden. Eine Studie an Patienten mit SHT fand unter Clonidin eine Reduktion des MAP ohne Zunahme des ICP oder zerebrale Ischämie, in einer anderen Studie kam es bei einigen Patienten zu einer kurzdauernden Zunahme des ICP.
Beide Substanzen verbessern in tierexperimentellen Studien das neurologische Defizit nach inkompletter Ischämie.
β-Blocker
Propranolol verursacht bei Ratten einen geringen Abfall von CMRO2 und CBF auch die CO2-Reaktivität ist vermindert. Labetalol (sowohl α1- als auch β-blockierend) senkt den Blutdruck, ohne CBF oder ICP zu beeinflussen, ist aber in Deutschland nicht zugelassen. Esmolol hat keine Effekte auf CBF oder ICP.
Kalziumantagonisten
Diese Substanzen wirken einerseits aufgrund des Kalziumantagonismus tierexperimentell zerebroprotektiv, andererseits können je nach Substanz CBF, CBV und ICP ansteigen. Die Wirkung von Nimodipin auf den ICP ist interindividuell stark verschieden. Während Nifedipin die zerebrovaskuläre Autoregulation beeinträchtigt, beeinflusst es den aber CBF nicht.
Da die Substanzen im Wesentlichen auf die arteriellen Gefäße wirken, fällt der ICP-Anstieg im Vergleich zu Trinitroglycerin oder Nitroprussid relativ gering aus. Die Substanzen sollten nur mit Vorsicht bei Patienten mit grenzwertig hohem intrakraniellen Druck bzw. eingeschränkter Compliance verwendet werden.

Antihypotensiva

Adrenalin, Noradrenalin, Dobutamin
Die Substanzen sind ohne direkten Einfluss auf CMRO2 oder CBF. Indirekt wird das CBV durch die autoregulatorische Vasokonstriktion der Hirngefäße vermindert. Bei gestörter BHS können jedoch CBF, CMRO2 und die zerebrale Glukoseaufnahme ansteigen.
Noradrenalin scheint die am besten geeignete Substanz zu sein, um eine adäquate zerebrale Perfusion zu gewährleisten [78].

Anästhesiologische Aspekte bei spezifischen Eingriffen

Während neurochirurgischer Eingriffe wechseln Phasen stärkster Schmerzintensität mit langen Phasen ohne Stimulation. Als schmerzhaft werden das Anbringen der Mayfield-Klemme, die Durainzision, die Untertunnelung von Galea in der Shuntchirurgie durch den Katheter sowie die Hautnaht empfunden. Dementgegen sind die intrakranielle Tumorresektion oder das Clippen von Aneurysmen schmerzlos, da das Gehirngewebe selber nicht sensibel innerviert ist. Trotz Schmerzfreiheit sind durch Reizung unterschiedlicher Nervenzentren multiple, reflektorische Reaktionen mit darauffolgender Kreislaufreaktion (Bradykardie, Tachykardie bis hin zur Asystolie) möglich. Besondere Achtsamkeit erfordern die zahlreichen, komplexen Lagerungen, welche sich direkt auf die Hämodynamik auswirken und zu Lagerungsschäden (Nervenläsionen, Visusverlust, Schwellungen, Glottisödem) führen können [79].
Cave
Die Reizung von Hirnstammarealen durch Präparation oder Druck mit dem Spatel oder chirurgischem Instrumentarium kann zu extremen Kreislaufreaktionen führen.
Bei der Anästhesieführung müssen diese wechselnden Bedingungen und möglichen Reize berücksichtigt werden.

Supratentorielle Prozesse

Etwa 85 % der zerebralen Tumore sind hirneigener Genese, 60 % davon supratentoriell. Bei etwa 25 % der Karzinompatienten wird post mortem eine zerebrale Metastase festgestellt. Der Primärtumor ist am häufigsten ein Lungen-, Mamma-, Nieren- oder kolorektales Karzinom oder ein Melanom. Auf entsprechende Störungen dieser Organsysteme sollte verstärkt geachtet werden. Folgen einer evtl. Radio-Chemo-Therapie und ein möglicherweise vorhandenes paraneoplastisches Syndrom sollten berücksichtigt werden. Patienten mit supratentoriellen Prozessen haben, bedingt durch den lokalen Tumoreffekt, eine reduzierte zerebrale Compliance und sind tendenziell häufiger bewusstseinsgestört als z. B. Patienten mit Prozessen in der hinteren Schädelgrube.
Die präoperativ verordnete Kortikoidbehandlung reduziert meist den ICP und sollte perioperativ fortgeführt werden (Cover-Schema).
Cave
Sind die intrakraniellen Reserveräume aufgebraucht und der ICP erhöht, kann bereits die Prämedikation mit Benzodiazepinen zu einem Atemstillstand führen.
Unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die zerebrale Hämodynamik sowie auf die Beziehungen von intrakraniellem Druck und Volumen können alle üblichen Medikamente zur Narkose verwendet werden. Inhalationsanästhetika bzw. TIVA sind gleich gut geeignete Narkoseverfahren, sofern der ICP des Patienten nicht erhöht ist und es sich um elektive Eingriffe handelt.
Anästhesieführung bei intrakraniellen Eingriffen
Bei präoperativ unauffälligem neurologischem Status
  • Prämedikation auf Station (z. B. Benzodiazepin, Cave: ICP-Erhöhung)
  • Im OP: periphervenöse Verweilkanüle (evtl. Lokalanästhesie)
  • Anlegen von EKG, NIBP, SaO2
  • Denitrogenisierung
  • Opioidgabe (Sufentanil 0,3–0,5 μg/kgKG, Remifentanil 0,1–0,5 μg/kgKG, Fentanyl 2–3 μg/kgKG, Alfentanil 5–10 μg/kgKG)
  • Hypnotikum (Thiopental 3–5 mg/kgKG, Propofol 1,25–2,5 mg/kgKG oder Etomidate 0,2–0,5 mg/kgKG bei älteren Patienten)
  • Nichtdepolarisierendes Muskelrelaxans, mittellang wirkend
  • Intubation, Normoventilation (paCO2 35–38 mmHg), petCO2-Monitoring
  • Aufrechterhaltung der Narkose: Inhalationsanästhetika oder intravenös (TIVA bei komplexen Eingriffen mit möglichem ICP-Anstieg, Gefahr der zerebralen Ischämie und zur Erzielung eines optimal entspannten Gehirns); Opioide und Muskelrelaxanzien nach Bedarf
  • Arterielle Kanüle (bei zerebralem Aneurysma oder kardiovaskulärer Vorerkrankung bereits am wachen Patienten unter Lokalanästhesie anlegen)
  • Magensonde, Blasendauerkatheter mit Temperatursonde, ggf. ZVK
  • Weitere großlumige und gut zugängliche Venenverweilkanülen
  • Lagerung, Mayfield-Klemme nach Lokalanästhesie und Opioidbolus
  • Cave: Vermeidung einer extremen Rotation des Kopfes, um den freien jugularvenösen Abfluss zu ermöglichen; zwischen Kinn und Thorax sollten 5–6 cm Abstand sein, um eine Kehlkopfschwellung und Kompression zu verhindern
  • Auskultation nach Lagerung, um ein Verrutschen des Tubus in eine einseitige Position auszuschließen
  • Flüssigkeitsersatz mit Ringer-Lösung (Normovolämie und Normotension)
  • Kolloidale Lösungen nach Bedarf
  • Stabile Hämodynamik: meide Hyper- und Hypotension, ausreichender MAP! CPP = MAP – ICP, Ziel-MAP: 60–80 mmHg
  • Beatmung: Normokapnie, Normoxämie, niedriger intrathorakaler Druck (PEEP max. 10 cmH2O)
Bei präoperativ pathologischem neurologischem Status
  • Zusätzlich zu den oben angegebenen Punkten:
    • Keine Prämedikation
    • Arterielle Kannülierung unter Lokalanästhesie vor Einleitung der Anästhesie
    • Einleitung als RSI
    • Intravenöse Anästhesie (TIVA, Propofol, alternativ Benzodiazepin + Opioid), kein N2O
    • Ggf. ZVK
    • Gabe von Osmodiuretika mit Operateur besprechen (Mannit 20 % 0,25–0,5 g/kgKG)
Cave
Der Druckaufnehmer für die invasive arterielle Blutdruckmessung muss auf Höhe des Foramen Monroi kalibriert werden, um den zerebralen Perfusionsdruck widerzuspiegeln. Bei Lagerungswechsel muss der Druckaufnehmer der Position des Patienten angepasst werden.
Ein zentraler Venenkatheter ist bei der unkomplizierten Kraniotomie verzichtbar. Hier sind zwei großlumige periphervenöse gut zugängliche Venenverweilkanülen ausreichend. Der ZVK ist unabdingbar, wenn der Patient vorhersehbar Medikamente benötigt, die nicht oder nur schlecht über einen peripheren Zugang gegeben werden können (Katecholamine, hochosmolare Lösungen wie z. B. Mannit), zur orientierenden Beurteilung des Volumenstatus sowie der Rechtsherzbelastung und bei Eingriffen mit hohem Risiko einer Luftembolie. Ist mit einem hohen Blutverlust zu rechnen (Angiome, Operationen sinusnaher Prozesse), kann ein Shaldon-Katheter oder eine 9-French-PA-Schleuse gelegt werden.
Bei sitzender Position empfiehlt der Wissenschaftliche Arbeitskreis Neuroanästhesie der DGAI die intraoperative Anwendung der TEE (Kap. „Ultraschalldiagnostik in der Anästhesiologie“) [38].
Patienten, bei denen wegen z. B. eines Moya-Moya-Syndroms eine extra-intra-kranielle Revaskularisierung angelegt wird, sollten präoperativ isovoläm gehalten werden. Während und direkt nach dem Eingriff ist Normo- oder leichte Hypertonie sowie strikte Normokapnie erwünscht [80].
Die postoperative Analgesie wird rechtzeitig, schon intraoperativ, mit Paracetamol oder Novaminsulfon, eingeleitet und ggf. mit Piritramid oder Morphin ergänzt. Auch eine kraniale Leitungsanästhesie kann zur Ergänzung der postoperativen Schmerztherapie erwogen werden [81]. Das Ziel ist ein neurologisch beurteilbarer, schmerzfreier, jedoch suffizient atmender Patient. Die titrierte und an die Kreislaufsituation angepasste Gabe von Clonidin (15 μg Boli bis zu einer maximalen Dosis von 150 μg) kann während der Extubation oft auftretende Blutdruckspitzen, vegetative Reaktionen, Schmerzen und Agitation des Patienten abschwächen oder verhindern.

Wachkraniotomie

Zunehmend werden Kraniotomien bei nur leicht sedierten, ansprechbaren Patienten durchgeführt, um z. B. eine möglichst vollständige Tumorresektion bei minimaler neurologischer Schädigung (z. B. Sprachzentrum) zu gewährleisten. Auch im Rahmen der funktionellen Neurochirurgie bei z. B. Parkinsonismus (Pallidotomie, Implantation von Stimulationselektroden in Thalamus oder Hypothalamus, Epilepsiechirurgie) muss der Patient jederzeit Rückmeldung über den Einfluss der operativen Maßnahmen auf die Symptomatik geben können.
Voraussetzung ist ein kooperativer, vollorientierter Patient, mit dem während des Eingriffs kommuniziert werden kann. Den Patienten sollte vorab die OP-Umgebung beschrieben werden. Eine Simulation der OP-Situation vor dem Eingriff mit Besprechung der verschiedenen Geräte und der unbekannten Geräusche (Monitoralarme, Ultraschallaspirator u. ä.) kann das Vertrauen der Patienten in den Ablauf begünstigen.
Ungeeignete Patienten sind Kinder, Patienten mit schweren kognitiven Defiziten oder präoperativ bereits schweren neurologischen Defiziten (Aphasie, Plegie, Amaurosis, Anakusis). Psychiatrische Störungen (z. B. Angststörungen, bipolare Störungen usw.) sowie generell fehlende Compliance als auch ein schweres Schlaf-Apnoe-Syndrom stellen ebenfalls Kontraindikationen dar. Bei absehbar hohem Blutverlust, z. B. bei vaskulären Prozessen, ist wegen der damit verbundenen hämodynamischen Instabilität die Wachkraniotomie gleichfalls nicht indiziert.
Ziele der Narkoseführung sind eine adäquate Analgesie sowie die Mitarbeit des Patienten während der Testung. Auf eine sedierende Prämedikation sollte verzichtet werden. Wegen der Dauer des Eingriffs ist ein Blasendauerkatheter mit integriertem Temperaturthermistor obligat. Für den Wärmekomfort und eine bequeme Lagerung muss, ebenso wie für eine ruhige Atmosphäre im Raum, Sorge getragen werden.
Um das Operationsgebiet mittels Stereotaxie genau zu lokalisieren, wird der Kopf des Patienten in einen Rahmen eingespannt (z. B. Leksell-Rahmen), wodurch der Zugang zu den Atemwegen erschwert ist. Die adäquate Spontanatmung wird über eine O2-Nasenbrille mit Anschluss an die Kapnometrie überwacht. Sollte eine Intubation unumgänglich werden, ist zuerst an die fiberoptische Intubation zu denken. Sogenannte „asleep – awake – asleep“-Techniken unter Zuhilfenahme von Larynxmasken finden in einer zunehmenden Zahl von Zentren Anwendung, mitunter tolerieren die Patienten die LMA während der gesamten Prozedur und atmen je nach Sedierungslage spontan, assistiert oder kontrolliert. Obwohl mit der LMA auch Wortäußerungen möglich sind, sollte diese während der Testung entfernt werden, um Erbrechen oder starken Husten zu vermeiden. Unter Analgosedierung kann der Eingriff mit einem für den Patienten akzeptablen Stressniveau durchgeführt werden. Verschiedene Medikamentenkombinationen sind erprobt worden (Droperidol, Fentanyl, Sufentanil, Alfentanil, Remifentanil, Lachgas, Propofol, Dexmedetomidin).
Aus pharmakokinetischer Sicht vorteilhaft ist die Kombination von Remifentanil (0,02–0,05 μg/kgKG/min – Cave: Ateminsuffizienz) und Propofol (0,5–5 mg/kgKG/h). Die Sedierung sollte 15–20 Minuten vor Testung gestoppt werden. Dexmedetomidin hat den Vorteil, sedierend und analgetisch zu wirken bei minimalem Risiko einer Atemdepression. Es kann entweder alleine oder in Kombination mit Propofol und Opioiden angewendet werden, wobei es hierbei zur kumulativen Wirkung kommen kann. Die Loadingdosis beträgt 1 μg/kgKG über 10–15 min, gefolgt von einer Dauerinfusion mit 0,2–0,6 μg/kgKG/h. Die Beeinflussung der intraoperativen Messungen (z. B. Elektrokortikographie) ist bei Dexmedetomidin nur gering ausgeprägt. Allerdings kommt es oft nur zu einer verzögerten Aufwachreaktion.
Selbstverständlich ist eine Lokalanästhesie mit langwirksamen Lokalanästhetika (Ropivacain, Bupivacain + Adrenalinzusatz) im Bereich der Hautinzision sowie des Leksell-Rahmens.
Die häufigsten Komplikationen sind Schmerzen (zusätzliche LA verabreichen), Übelkeit und Erbrechen (Droperidol, Metoclopramid 10 mg, zusätzliche LA auf die Dura), Krämpfe (Applikation von kalter Flüssigkeit auf den Kortex, geringe Mengen Benzodiazepin oder Barbiturat (interferiert aber mit der Elektrokortikographie, deswegen nur als Ausnahme!)), Atemdepression (Sedierung reduzieren oder stoppen, Anlage einer Larynxmaske bzw. Intubation erwägen) und Hirnödem (Gabe von Mannit, Furosemid). Die meisten der befragten Patienten würden sich ein weiteres Mal in dieser Form operieren lassen [82] In einer weiteren Studie musste nur bei 3 von 44 Patienten eine Vollnarkose eingeleitet werden [83].

Aneurysmachirurgie

Aneurysmen der intrakraniellen Arterien sind zumeist an der Bifurkation der Hirnarterien lokalisiert und durch eine sack- oder beerenförmige Erweiterung charakterisiert. Sie zeigen sich in Konfiguration und Größe außerordentlich variabel. Sehr große Aneurysmen mit einem Durchmesser >25 mm werden als Riesenaneurysmen („giant aneurysm“) bezeichnet. Etwa 20 % der Betroffenen leidet an Mehrfachaneurysmen. Durch Wachstum mit Kompression angrenzender neuraler Strukturen oder durch eine Ruptur mit daraus resultierender Subarachnoidalblutung (SAB) wird ein Aneurysma symptomatisch [84].
Die Ursachen eines zerebralen Aneurysmas sind multifaktoriell. Angeborene Gefäßwandschwächen (z. B. beim Marfan-Syndrom) werden hier ebenso diskutiert wie erworbene Formen durch Hypertonus und andere Gefäßerkrankungen. Eine familiäre Häufung wird immer wieder beschrieben. Bei Vorliegen einer polyzystischen autosomal dominanten Nierenerkrankung (ADPKD = M. Potter III) liegen zerebrale Aneurysmen gehäuft vor, es kann begleitend eine Einschränkung der Nierenfunktion bestehen.
Das Prinzip der Operation besteht in der Ausschaltung des Aneurysmas mittels eines Metallclips (Stahl, Kobalt, Titan), der auf den Hals des Aneurysmas aufgesetzt wird und das Aneurysma vom Gefäß isoliert. In den letzten Jahren hat eine Verschiebung weg von der chirurgischen Intervention und hin zum endovaskulären Verschluss stattgefunden. Aneurysmen, die sich auf Grund ihrer Konfiguration nicht für die endovaskuläre Therapie eignen oder bei denen zusätzlich eine relevante intrakranielle Blutung mit Druckwirkung besteht, werden jedoch weiterhin operativ versorgt. Bei Patienten in gutem neurologischen Zustand (Hunt u. Hess 0, 1 und 2, Tab. 10 ; Abschn. 1) wird eine möglichst frühzeitige Operation angestrebt, um das Risiko einer Rezidivblutung zu vermindern. Auch können später auftretende Komplikationen wie ein Vasospasmus dann effektiver behandelt werden.
Tab. 10
Klinische Einteilung der Aneurysmablutung nach der Hunt-Hess-Klassifikation. (Nach: [34])
Grad 0
Aneurysma ohne Ruptur
Grad 1
Asymptomatisch oder leichter Kopfschmerz, leichte Nackensteifigkeit (GCS 15)
Grad 2
Mittlerer bis schwerer Kopfschmerz, Nackensteifigkeit, evtl. Hirnnervenausfälle, erhaltenes Bewusstsein (GCS 13–14)
Grad 3
Bewusstseinsstörung, Patient noch kontaktierbar, beginnende neurologische Herdsymptome (GCS 13–14)
Grad 4
Stupor, Hemiparese, Streckkrämpfe, vegetative Störungen, u. U. beginnende Dezerebrationserscheinungen (GCS 7–12)
Grad 5
Koma, Streckkrämpfe, gestörte Vitalfunktionen, Dezerebration mit ggf. Einklemmungserscheinungen, moribund (GCS 3–6)
Anästhesie
Präoperativ werden gelegentlich Änderungen der neurologischen Symptomatik beobachtet, die im Zusammenhang mit den aktuellen Blutdruckwerten stehen.
Vor neurochirurgischen Interventionen bei SAB sollte der Blutdruck medikamentös entsprechend der individuellen Bedürfnisse des Patienten eingestellt werden [85]. Sowohl Hyper- als auch Hypotensionen sind zu vermeiden. Bereits ein 20–30 %iger Abfall unterhalb des normalen Drucks erhöht bei Patienten mit schlechtem Hunt-Hess-Score die Ischämiegefahr.
Im Rahmen der SAB kann der ICP erhöht sein, da sich ein Hydrozephalus (bedingt durch Blut in den Zisternen), ein Hirnödem oder ein raumforderndes Hämatom entwickeln kann. Durch eine 10°-Anti-Trendelenburg-Lagerung kann der ICP effektiv gesenkt werden, ohne den CPP zu kompromittieren. Die Anästhesieführung muss exzessive Anstiege bzw. Abfälle des Blutdrucks verhindern, um damit die Rupturgefahr des Aneurysmas zu verringern. Ein hohes Rupturrisiko besteht besonders bei Erbrechen, Laryngoskopie und Intubation, Anlage der Mayfield-Klemme, Hautschnitt, Kraniotomie sowie Duraeröffnung.
Neben dem transmuralen Druck, der nach Eröffnung der Dura dem systolischen Blutdruck entspricht, kommt auch der Wandspannung hinsichtlich des Rupturrisikos Bedeutung zu. Nach dem Laplace-Gesetz nimmt die Wandspannung mit zunehmendem Gefäßradius zu. Aus diesem Grund ist die Rupturgefahr bei großen Aneurysmen wesentlich größer als bei kleinen Aneurysmen.
Eine invasive, arterielle Blutdruckmessung während der Narkoseeinleitung ist unabdingbar. Durch adäquate Anästhesieführung müssen Schwankungen des Blutdrucks, z. B. bei Intubation, verhindert werden. Hier kommen sowohl Opioide, β-Blocker, Lidocain intravenös oder topisch als auch eine Repetitionsdosis des Einleitungshypnotikums zum Einsatz.
Dem Chirurgen soll der Zugang zum Operationsgebiet durch die Verminderung des CBV erleichtert werden. Während die Störung der zerebrovaskulären Autoregulation linear mit dem neurologischen Zustand korreliert, ist die CO2-Reaktivität nur bei Patienten mit sehr schlechtem neurologischem Zustand gestört [19, 51]. Deshalb kann bei Patienten der Klassen 0–3 nach Hunt u. Hess die Narkose mit Inhalationsanästhetika, bei Patienten der Klassen 4 und 5 mit i.v.-Anästhetika aufrechterhalten werden.
Zur Senkung eines erhöhten intrakraniellen Drucks können verwendet werden:
  • kurzfristige milde Hyperventilation (paCO2 30–34 mmHg; Änderungen des paCO2 um 1 mmHg ändern den CBF gleichsinnig um 2–4 % und das CBV um 1 %),
  • Mannit 20 % (Bolus: 0,25–0,5 g/kgKG, Beginn der Wirkung nach 4–5 min mit Maximum nach 30–45 min),
  • evtl. auch in Kombination mit 5–20 mg Furosemid (Lasix),
  • Thiopental (Trapanal; Bolus 250 mg, bei Wirkungserfolg Infusion mit 4–5 mg/kg/min) (Rücksprache mit dem Operateur).
Die Punktion basaler Zisternen durch den Neurochirurgen kann den Liquorabfluss und die intraoperative Übersicht ebenfalls verbessern. Alternativ kann eine präoperativ angelegte, lumbale Liquordrainage geöffnet werden. Zur Liquordrainage werden Lumbalkatheter mit größerem als dem für die Periduralanästhesie üblichen Querschnitt angeboten (16 G).
Cave
Keinesfalls darf der ICP zu schnell entlastet werden, da eine abrupte Senkung des transmuralen Drucks eine Nachblutung zur Folge haben kann.
Arterieller Druck, Neuroprotektion und Clipping
Die kontrollierte arterielle Hypotension wurde zu Gunsten der Platzierung temporärer Clips auf das zuführende Gefäß verlassen. Rupturiert jedoch das Aneurysma vor Platzierung des definitiven Clip, sollte der arterielle Mitteldruck kurzfristig abgesenkt werden (z. B. durch einen Propofol-Bolus) um das Ausmaß der Blutung zu minimieren. Ziel ist, dem Operateur eine bessere Übersicht über das Operationsgebiet zu ermöglichen, damit dieser einen temporären Clip oder sogar die definitive Versorgung des Aneurysmas durchführen kann. Alternativ kann ein pharmakologisch induzierter Herz-Kreislauf-Stillstand mittels Adenosin oder ein Overpacing mittels vorher eingeschwemmten temporären Herzschrittmachers erwogen werden [54, 55].
Wenn die zuführenden Gefäße des Aneurysmas mittels Clips temporär ausgeklemmt werden, sollte unmittelbar mit Beginn der Ausklemmung der arterielle Druck bei kardial gesunden Patienten um 10–20 % angehoben werden. Durch einen erhöhten zerebralen Perfusionsdruck wird die Blutversorgung dabei über Kollateralgefäße verbessert.
Neuroprotektion
Neben der blutdrucksenkenden Wirkung reduziert ein Bolus Thiopental (250 mg) oder Propofol (100–200 mg) auch die CMRO2, was sich günstig auswirken könnte, da hierüber der O2-Bedarf des minderperfundierten Hirngewebes reduziert wird. Im Tierversuch konnten dadurch postoperative neurologische Schäden vermindert werden. Ob die Neuroprotektion vom Vorhandensein eines bestimmten EEG-Musters wie z. B. „burst-suppression“ abhängt, ist nicht eindeutig belegt [86]. Messungen des Hirngewebs-pO2 während temporärer Okklusion ergaben unter Desfluran höhere Werte im Vergleich zu Thiopental, was möglicherweise auf eine bessere Hirndurchblutung unter dem vasodilatierenden Desfluran hinweist. Eine Laktazidose wurde durch beide Substanzen verhindert. Ob diese Effekte klinisch relevant sind ist unklar.
Unter der Vorstellung der Hemmung der Ausschüttung neurotoxischer Aminosäuren wird in manchen Zentren eine milde bis moderate Hypothermie (28–32 °C) angewandt. Allerdings konnte in prospektiv randomisierten Multicenterstudien ein positiver Effekt dieser Maßnahme nicht bestätigt werden und daher sollte eine intraoperative Hypothermie nicht durchgeführt werden. [51, 67]. Vor Eröffnung der temporären Ausklemmung muss der arterielle Blutdruck den Ausgangswert wieder erreicht haben. In dieser Phase empfiehlt sich stets eine enge Rücksprache mit dem Operateur.
Eine häufige postoperative Komplikation nach SAB stellt der zerebrale Vasospasmus dar. Während früher zur Behandlung eine Triple-H-Therapie (arterielle Hypertension, Hypervolämie, Hämodilution) empfohlen wurde, hat sich gezeigt, dass nur die arterielle Hypertension einen therapeutisch günstigen Effekt hat [87].
Flüssigkeitsbedarf
Ziel ist der Erhalt einer Normovolämie bis zum Clippen des Aneurysmas und eine leichte Hypervolämie danach [88]. Die Flüssigkeitstherapie wird nach arteriellem Blutdruck (Puls-pressure-Analyse), Herzfrequenz, Diurese, Blutverlust und ggf. zentralvenöser SO2 (ZVK) oder HZV (TEE) patientenindividuell gesteuert. Elektrolyte werden adäquat ersetzt. Hypotone Lösungen und Glukoselösungen sind wegen der Gefahr eines Hirnödems kontraindiziert. SAB-Patienten weisen eine SAB-induzierte Reduktion des zirkulierenden Blutvolumens auf und benötigen präoperativ eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit isotonen Lösungen. Eine ausreichende Hydratation bei gleichzeitiger Vermeidung einer Hypervolämie scheint einem zerebralen Vasospasmus vorzubeugen. Eine ausreichende Menge an Blutprodukten muss bei Narkoseeinleitung im OP vorhanden sein.

Hypophysenchirurgie und transsphenoidale Eingriffe

Hypophysentumore entspringen in den meisten Fällen dem vorderen Anteil der Hypophyse (Adenohypophyse), während Tumore des hinteren Anteils der Hypophyse (der Neurohypophyse) sehr selten sind. Die Tumore sind nahezu immer gutartig und bilden keine Metastasen. Bösartige hypophysäre Tumore (Adenokarzinome) sind Raritäten. Entsprechend den in der Adenohypophyse existierenden Zelltypen und der hormonellen Aktivität unterscheidet man hormoninaktive Nullzelladenome, Prolaktinome, STH- (somatotropes Hormon) und ACTH- (adrenocorticotropes Hormon) produzierende Adenome. Adenome mit TSH- (Thyreoidea stimulierendes Hormon) Produktion sind sehr selten. Hypophysentumore repräsentieren etwa 25 % aller intrakraniellen Tumore.
Begleiterkrankungen und Symptomatik entstehen durch die Raumforderung des Tumors sowie durch die individuelle hormonelle Aktivität. Bei großen raumfordernden Tumoren kommt es durch Kompression des Chiasma opticum zu charakteristischen Gesichtsfeldausfällen (bitemporale Hemianopsie) bis hin zur Erblindung. (Tab. 11).
Tab. 11
Mögliche Begleiterkrankungen und perioperative Maßnahmen bei Hypophysenüberfunktion
Befund
Maßnahme
Arterieller Hypertonus
Blutdruckkontrolle, ggf. medikamentöse Optimierung
Ischämische Herzerkrankung
Gezielte Anamnese, 12-Kanal-EKG, kardiologische Abklärung, ggfs. TTE/TEE
Diabetes mellitus
Blutzuckerkontrolle, ggf. Blutzuckereinstellung
Fragile Haut
Behutsamer Umgang mit Pflaster etc.
Schwere Osteoporose
Behutsame Lagerung zur Frakturvermeidung
Elektrolytentgleisung
Regelmäßige Kontrolle und Ausgleich
Akromegalie
Herzrhythmusstörungen, Kardiomyopathie, orale fiberoptische Intubation erwägen vs. Videolaryngoskopie, Schlafapnoesyndrom: postoperative Überwachung organisieren
Hyperthyreoidismus
Laboruntersuchung (fT3, fT4, TSH), Herstellen euthyreoter Stoffwechsellage
Hypophysektomie: postoperative Addison-Krise
Perioperative Hydrokortisongabe

Endokrine Störungen

Morbus Cushing
Eine der häufigsten Störungen ist die erhöhte Sekretion von ACTH, die zum M. Cushing mit Adipositas, Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie, Ulcus ventriculi, Schlafapnoesyndrom, Hyperpigmentismus, Osteoporose u. a. führt.
Akromegalie
Eine Hypersekretion von Wachstumshormon (STH) verursacht eine Akromegalie und kann die Sicherung der Atemwege erschweren. Heiserkeit, Stridor oder eine Schlafapnoe sind Warnzeichen für eine schwierige Intubation. Oftmals bestehen weitere Systemerkrankungen wie arterielle Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, Diabetes mellitus und Kardiomyopathien.
Cave
Eine Hypertrophie der pharyngealen Mukosa bei Akromegalie kann ein absolutes Intubationshindernis darstellen, ist jedoch durch die üblichen Verfahren (Mallampati, Kinn-Kehlkopf-Abstand u. a.) nicht sicher zu eruieren. Beim geringsten Zweifel ist die wache, fiberoptische Intubation indiziert. Diese muss wegen der transnasal durchgeführten Operation oral erfolgen.
Häufige Befunde bei Akromegalie
  • Makroglossie
  • Prognathie
  • Hypertrophie von Lippen, Epiglottis, pharyngealer Mukosa, Leber, Nieren, Schilddrüse (meist euthyreot)
  • Verdickte Stimmbänder, Stimmbandparese
  • Subglottische Stenosen (Dyspnoe)
  • Kompressionssyndrome peripherer Nerven
  • Hochgradige Kopfschmerzen
  • Hyperhydrose
  • Hypertonus
  • Glukoseintoleranz
  • Visusprobleme bis hin zu Amaurosis
  • Karpaltunnelsyndrom (Allen-Test!)
  • Zervikale Kompression und Lumbalstenosen (knöcherne Wucherungen)
Bei ca. 50 % der Patienten mit Akromegalie ist der kollaterale Blutfluss der A. ulnaris aufgrund eines Karpaltunnelsyndroms gestört. Deshalb sollten bei positivem Allen-Test für eine arterielle Kannülierung andere Punktionsorte als die A. radialis erwogen werden.
Unterfunktion der Hypophyse
Eine Unterfunktion der Hypophyse betrifft bevorzugt die Produktion von Wachstumshormon und Gonadotropin, seltener die Produktion von TSH und ACTH.
Ursachen einer Hypophysenunterfunktion
  • Hypophysentumor
  • Kraniopharyngeom
  • Meningeom, Gliom
  • Metastasen (Lunge, Mamma)
  • Granulomatosen (z. B. Sarkoidose)
  • Vaskuläre Malformationen (z. B. Aneurysmen)
  • Zustand nach Radiatio
Ein ACTH-Mangel muss jedoch sicher ausgeschlossen sein, da ein unerkannter Hypokortisolismus den Patienten perioperativ gefährdet. Bei Nebenniereninsuffizienz müssen Glukokortikoide in sog. „Stressdosen“ (z. B. Hydrokortison 100 mg i.v. bei Operationsbeginn, danach 50 mg 6-stündlich) zugeführt werden. Der Zeitraum bis zur Rückführung auf die normale Erhaltungsdosis hängt vom Patienten und der klinischen Situation ab. Bei sonst Gesunden kann die Dosis ab dem 2. postoperativen Tag täglich halbiert werden. Auch bei Patienten mit M. Cushing kann eine Substitutionsbehandlung mit Steroiden indiziert sein, um eine postoperative Nebenniereninsuffizienz zu vermeiden.
Das Überführen einer hypo- in eine euthyreote Stoffwechsellage kann bei TSH-defizienten Patienten Wochen oder Monate in Anspruch nehmen. Wird aufgrund eines zunehmenden Visusverlusts die Operation dringend, kann ein Eingriff ohne wesentlich erhöhtes Risiko durchgeführt werden.

Operatives Vorgehen

Die transsphenoidale Technik ermöglicht einen direkten Zugang zur sellären und parasellären Region. Die Sella turcica wird dabei transnasal eröffnet und ausgeräumt, nur sehr große Tumoren erfordern ein transkranielles Vorgehen. Eine nasale Intubation ist deshalb obsolet.
Der Kopf des Patienten liegt in der Regel auf der Kopfschale mit Drehung zum Operateur. Da intraoperativ Röntgendurchleuchtung erforderlich ist, muss auf Röntgenschutz für Mitarbeiter und Patient während der gesamten Operation geachtet werden. Bei Anwendung der Neuronavigation ist eine Schädelfixierung mit der Mayfield-Klemme erforderlich. Der Operateur steht in der Regel auf der rechten Seite des Patienten, sodass der Beatmungstubus im linken Mundwinkel fixiert wird und der rechte Arm des Patienten eng am Körper anliegt. Eine Desinfektion und sterile Abdeckung des Bauchs bzw. des rechten Oberschenkels für eine mögliche Entnahme von Fett und Fascia lata zum Verschluss eines Liquorlecks kann fakultativ gleichzeitig erfolgen.
Für die Narkoseführung sind, zusätzlich zu den Prinzipien bei intrakraniellen Eingriffen, einige Besonderheiten zu beachten:
Besonderheiten bei transsphenoidalen Eingriffen
  • Endokrinologische Evaluation
  • Ggf. wache fiberoptische Intubation bei vorhersehbaren Intubationsschwierigkeiten (z. B. Akromegalie)
  • Engmaschige Überwachung des Blutdrucks (Cave: Vasopressoranwendung durch Operateur)
  • Engmaschiges Monitoring von BZ und Natrium
  • Postoperative Atemwegssicherung erschwert (Nasentamponaden, Akromegalie)
  • Bei Schlaf-Apnoe-Syndrom Monitorüberwachung für 24 h postoperativ (CPAP-Gerät nicht nutzbar!)
  • Überwachung von Nachblutungen im OP-Gebiet durch häufige Kontrollen von Visus und Augenmuskelbewegungen
  • Überwachung hinsichtlich Diabetes insipidus
Um die Nasenschleimhäute abzuschwellen, kann der Chirurg zu Operationsbeginn eine Lösung mit Zusatz eines Vasokonstriktors injizieren. Alternativ können mit Naphazolin 0,1 % getränkte Nasentamponaden in beide Nasenlöcher eingelegt werden (maximale Dosierung: 2 ml Lösung für max. 2 min). Alle Lösungen müssen unter Beachtung von Kontraindikationen (arterielle Hypertonie, Glaukom) und Wechselwirkungen (mit MAO-Hemmern) angewendet werden.
Die systemische Resorption dieser Lösungen führt wegen ihrer α-mimetischen Eigenschaften zu arteriellen Hypertonie und reflektorischer Bradykardie. Bei der Therapie dieser Kreislaufdysregulation hat sich die Gabe des α1-Antagonisten Urapidil bewährt, auch Esmolol oder Trinitroglycerin können angewendet werden. In keinem Fall darf zur Therapie der Bradykardie Atropin verabreicht werden, da dies die arterielle Hypertension weiter verstärken würde.
Nach der Intubation müssen Trachea und Ösophagus mit einer oder mehreren Tamponaden im Rachenraum abgedichtet werden, um eine stille Aspiration und den Eintritt von Wundblut während der Operation zu vermeiden.
Die Anlage eines Blasendauerkatheters dient der Diagnose eines Diabetes insipidus , welcher meist nur transitorisch auftritt. Bei Diabetes insipidus sollte Desmopressin verabreicht und der Flüssigkeitsverlust mit 5 %-Glukoselösung oder 0,45 %iger Kochsalzlösung ausgeglichen werden. Ummauern die Tumoren den Sinus cavernosus oder die A. carotis, besteht erhöhte Blutungsgefahr. Ein Fallbericht beschreibt die manuelle externe Karotiskompression durch den Anästhesisten bis zur definitiven Versorgung durch den Chirurgen [89]. Durch Hypoventilation und somit Steigerung des intrazerebralen Volumens können auch supraselläre Tumoranteile noch in die Sella verlagert werden. Nach einer Hypophysektomie besteht das Risiko einer reaktiven Nebenniereninsuffizienz (Addison-Krise). Bereits vor der Narkoseeinleitung ist eine Hydrokortisongabe indiziert. Weitere Gaben erfolgen sowohl während und nach der Operation (z. B. 3-mal 100 mg Hydrokortison/Tag).

Infratentorielle Prozesse

Patienten mit infratentoriellen Prozessen werden im Gegensatz zu solchen mit supratentoriellen Veränderungen so gut wie nie durch Krampfanfälle auffällig. Es dominieren eher die Folgen des erhöhten intrakraniellen Drucks, da Prozesse in der hinteren Schädelgrube früh den vierten Ventrikel komprimieren und damit den Liquorabfluss beeinträchtigen. Weiterhin führt die Kompression der sich dort auf relativ engem Raum befindenden lebenswichtigen Zentren schnell zu klinischen Symptomen.
Die häufigsten Befunde sind Schwindel, Nystagmus, Erbrechen (auch bei normalem ICP), Ataxie, Dysmetrie sowie Schädigungen der Hirnnervenkerne im Hirnstamm. Diese sind für den Anästhesisten von besonderer Bedeutung, da präoperative Störungen des Schluck- und Hustenreflexes die Aspirationsgefahr bei Ein- und Ausleitung der Narkose erhöhen. Auch kann es zu stillen Aspirationen mit Beeinträchtigung der Lungenfunktion kommen.
Bei zunehmender Hirnstammkompression sind Veränderungen des Atemmusters, Bradykardie und Hypertension sowie zunehmender Bewusstseinsverlust die Folge. Das Risiko für die Endpunkte Tod oder Reintubation innerhalb 30 Tagen oder Weaning-Versagen innerhalb der ersten 48 h betrug nach infratentoriellen Operationen 6,6 %, wohingegen dies nur in 3,8 % der Patienten mit supratentoriellen Eingriffen der Fall war [90].
Die Chirurgie der hinteren Schädelgrube stellt besondere Herausforderungen an Operateur und Anästhesist. Der Chirurg muss sich in einem eng umschriebenen anatomischen Raum orientieren und Platz für die Durchführung der Operation gewinnen. Bereits kleinste Läsionen der umgebenden Nerven- oder Gefäßstrukturen sind für den Patienten potenziell deletär. Minimal erhöhte Drücke des Spatels können zu Zellnekrosen oder Durchblutungsstörungen mit entsprechenden postoperativen Ausfällen führen.
Der Anästhesist muss auf Phasen extremer kardiovaskulärer Instabilität mit ausgeprägter Hypertonie und Bradykardie, Arrhythmie, Hypotension und Tachykardie vorbereitet sein.
Großzügige Gaben von Opioiden und Hypnotika dienen der vegetativen Abschirmung. Bei Fortbestehen extremer Kreislaufreaktionen muss der Eingriff evtl. minimiert werden.
Wird in sitzender Position operiert, muss der Patient entsprechend vorbereitet werden (Abschn. 2.4). In Absprache mit dem Operateur ist ggf. auf ein alternatives Lagerungsverfahren auszuweichen. Die Gefahr einer venösen Luftembolie besteht grundsätzlich jedoch in jeder Lagerungsposition, bei der der Kopf des Patienten oberhalb der Herzebene platziert ist. Bei Bauchlagerung besteht zusätzlich die Gefahr der Visusreduktion bis zum Erblinden (Abschn. 4.8). Jegliche Lagerung mit Position der Beine unterhalb des rechten Vorhofs führt zum venösen Pooling und beeinträchtigt den venösen Rückfluss mit der Folge einer relativen Hypovolämie. Umlagerungsphasen können daher zu ausgeprägten Kreislaufreaktionen bis hin zur Asystolie führen und erfordern daher die volle Aufmerksamkeit des gesamten Teams, zumal vielfach das kontinuierliche Monitoring zum Lagern komplett entfernt wird.
Cave
Die arterielle Blutdruckmessung und Oxymetrie sollten vor Lagerung als letztes entfernt und müssen sofort nach Beendigung der Lagerung wieder angeschlossen werden. In der Zwischenzeit ist die „Hand am Puls“ von besonderer Bedeutung.
Eine sorgfältige präoperative Anlage von Kompressionstrümpfen (Cave: Tourniquet-Effekt mit Ischämiegefahr) dient der Thromboseprophylaxe und kann das venöse Pooling in die Beine minimieren.
Ob der Patient am Ende der Operation extubiert werden kann, muss in Absprache mit dem Operateur und in Abhängigkeit der Ausdehnung der Operation entschieden werden. Eine postoperative Schwellung kann gerade im Bereich der hinteren Schädelgrube schnell die Kompensationsmechanismen erschöpfen. Andererseits sind z. B. kleinere Akustikusneurinome oftmals ohne wesentliche Manipulation en am Hirnstamm zu entfernen, sodass Schwellungen ausbleiben. Beim wachen, extubierten Patienten gestaltet sich die neurologische Überwachung wesentlich einfacher. In jedem Fall sollten die Kriterien für die Frühextubation erfüllt sein (Abschn. 2.12).

Pädiatrische Neurochirurgie

Einer der häufigsten Eingriffe in der Neurochirurgie bei Neugeborenen ist der Verschluss einer Meningomyelo- oder Enzephalozele. Wegen des Infektionsrisikos sowie der Flüssigkeitsverluste werden die Kinder innerhalb der ersten Lebenswoche operiert. Damit verbunden ist meist die Anlage einer Liquorableitung z. B. als ventrikuloperitonealer Shunt, da wegen einer fast immer begleitenden Arnold-Chiari- Fehlbildung (kaudale Verschiebung von Medulla und Kleinhirnanteilen ins Foramen magnum) die normale Liquorzirkulation gestört ist.
Durch die Verwachsung in Höhe der Zele mit dem Narbengewebe kann es in späteren Jahren zu einer Fixierung des Rückenmarks kommen (sog. „tethered cord“). Bei neurologischer Verschlechterung muss dann eine Neurolyse bzw. Myelolyse erfolgen.
Bei Früh- oder Neugeborenen kann wegen der Unreife des Gefäßsystems eine intraventrikuläre Blutung auftreten, was ebenfalls zur Shuntpflichtigkeit führen kann.
Bei Kindern bis etwa 3 Jahren stellen Tumoroperationen und kraniofasziale Korrekturen (z. B. bei Kraniosynostosen) die häufigsten Operationsindikationen dar. Die Tumoren sind meist infratentoriell lokalisiert, in etwa 20 % auch supratentoriell gelegen. Neuroradiologische Eingriffe können – je nach Alter des Kindes und Anwesenheit von Bezugspersonen – z. T. ohne Anästhesiebegleitung durchgeführt werden, oft ist eine tiefe Sedierung oder eine Allgemeinnarkose aber unumgänglich.
Seltene Syndrome
Kraniofasziale Dysplasien (Apert-Syndrom, Crouzon-Syndrom, Pfeiffer-Syndrom) gehen meist mit schwieriger Intubation einher. Ein Bronchoskop bzw. ein Videolaryngoskop sollte bei allen unklaren Fällen zumindest bereitgehalten werden. Ist ein schwerer Atemweg sicher zu erwarten so muss die fiberoptische Intubation von Anfang an geplant werden.
Wird bei Patienten mit Mukopolysaccharidose (z. B. Morbus Morquio) eine kraniospinale Dekompression von Medulla oblongata oder Pons notwendig, muss wegen der Lockerung ligamentärer Strukturen im Bereich von C0 und C1 mit dem Risiko der Luxation fiberoptisch intubiert werden. Besonders bei älteren Kindern ist eine fiberoptisch Intubation auch wegen der Verlegung des Zugangs der Atemwege durch die zunehmende Einlagerung der Mukopolysaccharide im Rachenraum notwendig.

Häufige Problematik

Latexallergie
Cave
Kinder mit Meningomyelozelen und Spina bifida entwickeln häufig Latexallergien , da sich diese Patienten wiederholt operativen Interventionen (z. B. Shuntwechsel) unterziehen müssen und deshalb vermehrt mit dem Allergen in Kontakt kommen.
Bei allen Testverfahren (Skin prick, RAST etc.) muss mit falsch-negativen Befunden gerechnet werden. Deshalb ist bei allen Spina-bifida-Patienten eine Prophylaxe mit H1- und H2-Rezeptorantagonisten sowie die Operation in einem latexfreien Milieu erforderlich (Kap. „Anästhesie bei Patienten mit allergischer Diathese“).
Erhöhter Intrakranieller Druck
Die Zeichen eines erhöhten intrakraniellen Drucks sind bei Kindern sehr variabel und aufgrund der Elastizität der Kalotte nur ein Spätsymptom für das Aufbrauchen intrakranieller Reserveräume. Eine Zunahme des Kopfumfangs kann erstes und einziges Zeichen einer intrakraniellen Raumforderung sein. Bei chronischer ICP-Erhöhung kommt es zu Bewusstseinstrübung, Übelkeit, Erbrechen und Sehstörungen. Gespannte Fontanellen, Abduzenslähmung, Papillenödem, Pupillenerweiterung und Cushing-Reaktion (Bradykardie und Bluthochdruck, schließlich Apnoe) sind weitere Zeichen eines erhöhten ICP. Gestaute Skalpvenen bei hydrozephalen Kindern sind Ausdruck einer Volumenverlagerung von intra- nach extrakraniell. Über die CPP-Grenzwerte während pädiatrischer Narkosen liegen keine belastbaren Daten vor. Vermutlich kann analog zum SHT bei Kindern verfahren werden:
Der CPP bei Kindern sollte mindestens 40 mmHg betragen, da darunterliegende Werte mit einem schlechten neurologischen Ergebnis einhergehen. CPP-Werte >50 mmHg verbessern das neurologische Ergebnis nicht.

Anästhesiologisches Management

Prämedikation
Eine umfassende klinische Untersuchung mit gründlicher Evaluation der Atemwege ist wegen des häufigen Vorliegens von kraniofaszialen Anomalien unumgänglich. Angeborene Herzfehler mit intra- oder extrakardialen Shunts machen sich nicht immer sofort nach der Geburt klinisch bemerkbar und müssen präoperativ ausgeschlossen werden.
Bei Neonaten und Säuglingen bedürfen die Unreife der Blut-Hirn-Schranke, die Sicherung der Atemwege bei kraniofaszialen Dysmorphien, potenzielle Allergien sowie Zeichen eines erhöhten ICP besonderer Aufmerksamkeit, die über das übliche Maß einer pädiatrischen Anästhesie (Kap. „Anästhesie bei Kindern“) hinausreicht. Wachstumsbedingt müssen sich die Patienten wiederholt neurochirurgischen Operationen unterziehen. Betroffene Kinder können sowohl extrem traumatisiert sein als auch – nach außen hin – sehr gefasst mit der Situation im OP umgehen. Deshalb ist die Präsenz eines Elternteils im Einleitungsraum meist nützlich. Narkoseprotokolle und OP-Berichte vorausgegangener Operationen können wichtige Detailinformationen (Intubationsprobleme) enthalten. EMLA-Pflaser sollten stets 30 min vor Abruf in den OP auf die zur Punktion vorgesehenen Stellen aufgeklebt werden.
Die Prämedikation hängt von der Infrastruktur der behandelnden Klinik und der Grunderkrankung des Patienten ab. Bei längeren Transporten zum OP, Vigilanzminderung, schwierigem Atemweg, Frühgeburtlichkeit, intrakraniellen Raumforderungen oder Übelkeit sollte die Prämedikation mit Midazolam (0,05–0,1 mg/kgKG) im Beisein der Eltern in der OP-Schleuse unter SaO2-Monitoring i.v. durch einen bereits liegenden periphervenösen Zugang erfolgen. In allen anderen Fällen kann die Prämedikation des Kindes oral auf Station erfolgen (Midazolamsaft 0,4–0,5 mg/kgKG).
Eine inhalative Narkoseeinleitung (z. B. mit Sevofluran) kann von Vorteil sein, wenn dadurch ein Anstieg des ICP durch Schreien vermieden wird. Zu beachten ist andererseits die Möglichkeit des ICP-Anstiegs durch das Inhalationsanästhetikum, ggf. ist nach der Einleitung auf eine TIVA zu wechseln.
Cave
Schon geringe Anstiege des ICP können deletär sein.
Eine antikonvulsive Dauermedikation sollte fortgeführt werden. Antikonvulsiva können jedoch den enzymatischen Abbau von Muskelrelaxanzien und Narkotika induzieren und somit deren Bedarf erhöhen. Bei der Einnahme von Acetazolamid (Diamox) oder Furosemid (Lasix) kann es zu substitutionspflichtigen Abfällen des Blutkaliumspiegels und intravasalem Volumenmangel kommen.
Um bei Säuglingen und Kleinkindern eine Nahrungskarenz von mehr als 4 h zur Hypovolämie und Hypoglykämie mit resultierender hämodynamischer Instabilität zu vermeiden, kann während der Nüchternzeit eine Vollelektrolytlösung mit 1 % Glukose verabreicht werden.
Anästhesie
Für die Narkose werden dieselben Anästhetika verwendet wie bei Erwachsenen. Über deren Einfluss auf die zerebrale Hämodynamik des Kindes liegen nur wenige Studien vor, jedoch scheint auch hier Desfluran wegen der negativen Effekte auf den ICP eher ungeeignet zu sein, sodass bei Verdacht auf ICP-Erhöhung eine i.v.-Narkose sicherer sein dürfte.
Die Grenzen der zerebrovaskulären Autoregulation sind bei Kindern nicht genau definiert. Aus Tierversuchen ist lediglich bekannt, dass mit zunehmendem Alter der Autoregulationsbereich zu höheren Werten hin verschoben wird; dies überrascht jedoch nicht, da auch der Blutdruck im Laufe der ersten Lebensjahre ansteigt. Bei Säuglingen bis zu 6 Monaten scheint ein MAP von 35 mmHg den Grenzwert für den Abfall des CBF darzustellen [91].
Im Allgemeinen erhalten Kinder eine Narkose mit einem Hypnotikum (z. B. Thiopental, Propofol 1 %), einem Opioid (z. B. Fentanyl, Sufentanil, ggf. auch Piritramid 50–150 μg/kgKG Gesamtdosis) und einem Muskelrelaxans (z. B. Atracurium). Bei Übelkeit und Erbrechen sollte die Anästhesie als „rapid sequence induction“ eingeleitet werden, wobei bei Säuglingen immer eine Zwischenbeatmung durchgeführt werden sollte, da diese schnell deoxygenieren und im Vergleich dazu das Risiko der Regurgitation im Säuglingsalter gering ist.
Eine vagolytische Abschirmung mit Atropin wird nur bei Bedarf durchgeführt, da bei Vermeidung von Succinylcholin keine Bradykardien zu befürchten sind. Zur Aufrechterhaltung der Narkose können Isofluran oder Sevofluran verwendet werden.
Bei erhöhtem ICP sollte auch bei Kindern auf volatile Narkotika verzichtet werden.
Werden hohe Blutverluste erwartet, muss eine invasive Kreislaufüberwachung mit arterieller Kanüle und zentralem Venenkatheter erfolgen. Bei operativer Behandlung von Kraniosynostosen kann es aufgrund der großen Wundfläche und der daraus resultierenden Sickerblutungen zu signifikanten Blutverlusten und Gerinnungsstörungen kommen. Es wird daher eine Prophylaxe mit Tranexamsäure (Dosierung: Bolus 10 mg/kg danach 3 mg/kg/h via 8 h) empfohlen. Tranexamsäure ist das derzeit einzige für die Pädiatrie zugelassene Antifibrinolytikum. Bei Dosierungen von über 20 mg/Kg/KG bei Kindern >1 Jahr ist allerdings mit potenziell toxischen Liquorspiegeln und ggf. daraus resultierenden Krampfanfällen zu rechnen.
Monitoring
Das minimale Monitoring (z. B. bei Shuntwechsel) beinhaltet EKG, SaO2, NIBP, petCO2 und Temperaturmessung. Bei Neonaten und Säuglingen sollte das Monitoring um ein präkordiales oder Ösophagusstethoskop erweitert werden (simultane Überwachung der Ventilation und Abschätzung des Volumenstatus anhand der Lautstärke der Herztöne) und die Pulsoxymetrie getrennt für obere und untere Körperhälfte zur Detektion eines Shunts über den Ductus arteriosus botalli erfolgen.
Eine Magensonde muss bei längerdauernden sowie intrakraniellen Eingriffen wegen der verzögerten Magenentleerung gelegt werden. Ein Blasendauerkatheter sollte bei längerdauernden Eingriffen oder Eingriffen mit hohem zu erwartendem Volumenbedarf gelegt werden.
Ein zentraler Venenzugang ist bei Eingriffen mit Risiko für Luftembolien sinnvoll, um Luft aus dem rechten Vorhof abzusaugen, aber auch bei Patienten mit schwierigem Gefäßstatus und möglichen hohen Blutverlusten (operative Versorgung einer Kraniosynostose, Tumoroperationen).
Die Indikation zur invasiven Blutdruckmessung sollte großzügig gestellt werden, dies erlaubt auch regelmäßige Blutgasanalysen. Bei intrakraniellen Eingriffen kommt der Überwachung des CPP oberste Priorität zu. Änderungen des Blutdrucks treten häufig unvermittelt auf. Der Druckaufnehmer sollte auf die Mitte einer Linie zwischen äußerem Augenwinkel und Gehörgang kalibriert werden, dies entspricht etwa der Lage des Foramen Monroi. Durch Analyse der Pulsdruckkurve kann der Volumenstatus ebenfalls abgeschätzt werden. Da venöse Gefäße wegen des großen kindlichen Kopfs oft auf höherem Niveau als das Herz liegen, können in besonderen Fällen ein präkordialer Doppler und/oder ein TEE zur Überwachung von Luftembolien indiziert sein.
Wichtig ist eine gute und zugfreie Fixierung des Tubus, da der Kopf des Patienten vom Anästhesisten entfernt liegt und somit nur schwer zugänglich ist. Die Anwendung von Spiraltuben verhindert ein unbemerktes Abknicken, gerade bei kleinen Tuben. Bei Neonaten und Säuglingen sollte die Intubation zur besseren Führung und Fixierung des Tubus nasal erfolgen. Dies ist auch in der Entwöhnungsphase auf der Intensivstation von Vorteil.
Das Einlegen einer Rachentamponade (RT; feuchte Mullbinde unter laryngoskopischer Sicht mit Magill-Zange in Schlingen rechts und links des Tubus im Hypopharynx) ist bei Tuben ohne Cuff notwendig, um den Tubus zusätzlich zu stabilisieren und Sekret im Rachenraum aufzusaugen. Die RT darf nicht im Mund versenkt werden und muss am oralen Ende farblich markiert werden, um sicherzustellen, dass sie vor der Extubation entfernt wird. Da die kindliche Trachea besonders druckempfindlich ist, muss der Cuffdruck bei Tuben mit Cuff kontinuierlich gemessen und auf 20–25 cmH2O begrenzt werden [92].
Auf Grund der Kürze der kindlichen Trachea besteht die erhöhte Gefahr der einseitigen Intubation. Es empfiehlt sich, nach der endgültigen Fixierung des Tubus in Ante- und Retroflexion mit anschließendem Drehen des Kopfs nach rechts und links pulmonal auszukultieren, um sicherzustellen, dass durch die Lagerung keine einseitige Beatmung erfolgt. Bei Patienten mit zervikalen und zerebellären Schädigungen muss dieser Test unterbleiben!
Thermoregulation
In der pädiatrischen Neurochirurgie können über den vergleichsweise großen Kopf bedeutende Wärmeverluste erfolgen. Bei Shuntoperationen liegt nicht nur der Kopf, sondern auch Teile von Hals, Thorax und Abdomen frei (je nach Alter des Kindes bis zu 30 % der Körperoberfläche). Zusätzlich kommt es durch das Abwaschen mit alkoholischen Desinfektionsmitteln zur Auskühlung. Treten massive Wärmeverluste bereits während der Narkoseeinleitung auf, sind diese je nach Dauer des Eingriffs auch mit aktiven Wärmemaßnahmen nicht mehr auszugleichen. Warmluftgebläse und Wärmematten können einer Hypothermie entgegenwirken. Warme Infusionen sollten gegeben, der OP-Saal und Ein- und Ausleitungsraum auf 27 °C aufgeheizt und die Extremitäten zusätzlich in Watte eingepackt werden.
Flüssigkeitsbedarf
Da der CBF bei 2- bis 4-Jährigen etwa 55 % des HZV ausmacht, führt ein plötzlicher Blutverlust oder eine venöse Luftembolie sehr schnell zu hämodynamischer Instabilität. Die Aufrechterhaltung einer Normovolämie hat daher höchste Priorität.
Verluste sollten entsprechend der Bilanzierung mit Vollelektrolytlösung, Volumenersatzlösungen und Blutprodukten ersetzt werden, um die Ziele Normovolämie, Normoglykämie und ein Hk >30 % zu erreichen. Bei Kindern kommt hierfür die 4-2-1-Regelung zur Berechnung der zu infundierenden Flüssigkeitsmenge zur Anwendung. Neonaten und Säuglinge erhalten Vollelektrolytlösung mit 1 % Glukose unter BZ-Kontrolle. Bei größeren Korrekturen ist die Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten nötig, dabei erhöhen 10 ml/kgKG eines Erythrozytenkonzentrats den Hämatokrit um 10 %. Primär sollen Blutverluste mit 3 ml Vollelektrolytlösung pro ml Blutverlust oder mit einer Kolloidlösung im Verhältnis 1:1 ersetzt werden. Ist eine Massentransfusion nötig, so muss auch der Verlust an Gerinnungsfaktoren überwacht und ggf. substituiert werden.

Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie

Diagnostische (Angiographien, CT-, MRT-, PET- und SPECT-Untersuchungen) und interventionelle Eingriffe haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.
Die interventionelle Neuroradiologie (INR) unterscheidet zwei Arten von Prozeduren:
1.
Verschluss oder Okklusion: Embolisation von Aneurysmen, arteriovenösen Malformationen (AVM) oder Fisteln am Gehirn oder Rückenmark, präoperative Embolisation von stark vaskularisierten Tumoren oder Gefäßmalformationen (Meningiome, AVM) und
 
2.
Öffnungsprozeduren: Lokale Thrombolyse, z. B. bei Basilaristhrombose oder T-Gabel/Mediaverschluss, Behandlung von Vasospasmen, Angioplastie (nach Clipping/Coiling, nach SAB) und Stenosen (inkl. Stenting).
 
Die endovaskuläre Behandlung intrazerebraler Aneurysmen mit sog. Coils (vorgeformte Mikrospiralen aus Platin) hat insbesondere bei Lokalisation in der posterioren zerebralen Zirkulation die Operation weitgehend ersetzt. Hierbei wird das Aneurysma mit einem Mikrokatheter, über den die Platinspiralen geführt werden, sondiert. Nach elektrolytischer Ablösung füllen die Spiralen das Aneurysma wie ein Knäuel aus. Durch seine Thrombogenität bewirkt das eingebrachte Metall eine Thrombosierung des Aneurysmas.
Die Thrombolyse intrazerebraler Embolien sowie die Angioplastie bei Vasospasmus nach SAB stellen Notfallindikationen dar, bei denen die Zeit bis zur erfolgreichen Wiedereröffnung ein wichtiger Faktor für den Erfolg ist. Gerade hier gilt „Time is brain!“
Jeder vierte Patient nach SAB erleidet einen symptomatischen Vasospasmus. Die Angioplastie kann mechanisch (mit einem Ballonkatheter) oder pharmakologisch (durch den Angiographiekatheter injizierte intraarterielle Vasodilatatoren) erfolgen. Die derzeit am häufigsten benutzten Vasodilatatoren sind die Kalziumkanalblocker Nimodipin, seltener auch Nicardipin und Verapamil. Diese haben nach Injektion auch eine systemische Kreislaufwirkung mit Bradykardie und Hypotension mit Reduktion des CPP. Zusätzlich kommt es zur pulmonalvaskulären Vasodilatation mit Verlust der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion und möglicher Verschlechterung der Oxygenierung. Krampfanfälle können nach Applikation ebenfalls beobachtet werden. Daher sollte die Indikation zum Einsatz von Kalziumkanablockern bei zerebralen Vasospasmus eng gestellt werden.

Anästhesiologisches Management

Das anästhesiologische Management von Patienten in der Neuroradiologie (NR) ist sowohl mit organisatorischen als auch medizinischen Problemen verbunden. Meistens ist die Neuroradiologie vom Hauptoperationstrakt entfernt, die Eingriffe zu mehr als 50 % Notfälle und die Patienten folglich nicht optimal vorbereitet. Instabile Vitalfunktionen und evtl. multiple Begleiterkrankungen erschweren die Aufrechterhaltung einer stabilen Allgemeinanästhesie. Zusätzlich findet der Eingriff im abgedunkelten Raum statt und die Bewegungsfreiheit ist durch das Tragen der Bleischürzen ist eingeschränkt.
Anästhesiologische Ziele in der NR:
1.
ruhiger, immobiler Patient mit dem Verständnis für die Prozedur (KM-Injektion erzeugt Hitzegefühl im Gesichtsbereich und Kopfschmerzen, langes unbequemes Liegen),
 
2.
Kreislaufstabilität, ausreichender MAP und CPP,
 
3.
suffiziente Atmung, Vermeidung von Hypoxie und Hypo-/Hyperkapnie,
 
4.
wacher und neurologisch beurteilbarer Patient am Ende der Prozedur oder spätestens auf der Intensivstation,
 
5.
Überwachung der Rheologie (angestrebte ACT 2- bis 3-facher individueller Normalwert), Cave: Fischeiweißallergie in der Anamnese ist Kontraindikation für Protamingabe.
 
6.
Antizipieren von Notfallsituationen während der Intervention: Blutung, Vasospasmus, KM-Allergie, Aspiration,
 
7.
sicherer Transport von und zurück auf die Intensivstation von kritisch kranken Patienten.
 
Mehr als 60 % der Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall zeigen eine arterielle Hypertension, entweder auf Grund einer entsprechenden Vorerkrankung oder auf Grund einer hypertensiven Reaktion auf die Ischämie (Cushing-Reflex, Autoregulation, Stressantwort). Innerhalb der ersten 24 h sinkt der Blutdruck bei den meisten Patienten um ca. 25 %, hohe RR-Werte bei Aufnahme sind mit einem schlechten neurologischen Ergebnis vergesellschaftet. Allerdings scheint für die Relation RR – neurologisches Ergebnis eine U-förmige Beziehung zu bestehen. Daten aus der IST-Studie zeigen das niedrigste Risiko für Tod oder Pflegebedürftigkeit bei einem systolischen Blutdruck von 150 mmHg und dieses Risiko stieg bei RR-Werten sowohl darüber als auch darunter an [93]. Die amerikanische Society for Neuroscience in Anesthesia and Critical Care (SNACC) empfiehlt einen systolischen Blutdruck zwischen 140 und 180 mmHg und einen diastolischen Blutdruck <105 mmHg. Nach Rekanalisation sollten diese Werte etwas niedriger liegen, um eine hämorrhagische Konversion des Infarkts bzw. eine Hyperämie zu verhindern [94].
Die meisten elektiven Eingriffe in der Neuroradiologie können entweder in Allgemeinanästhesie oder Lokalanästhesie in Kombination mit einer Analgosedierung durchgeführt werden [95]. Bei dieser Entscheidung spielt meistens die Dauer des Eingriffs, der Wunsch des Patienten bzw. des Neuroradiologen eine Rolle. Vorteil einer Allgemeinanästhesie ist, dass der Patient sicher immobilisiert ist und so bewegungsbedingte Verletzungen der zerebralen Gefäße durch die eingeführten Katheter vermieden werden. Der Atemweg ist gesichert und der Patient muss nicht die teilweise sehr unangenehme Prozedur wach miterleben. Der Vorteil der Analgosedierung ist, dass eine neurologische Verschlechterung des Patienten unmittelbar erkannt werden kann und die arteriellen Blutdruckwerte stabiler sind. Für die Durchführung der Allgemeinanästhesie bzw. der Analgosedierung scheinen alle modernen Medikamente gleichwertig geeignet zu sein. Es sollten allerdings keine langwirksamen Substanzen eingesetzt werden um eine gute Steuerbarkeit der Anästhesie gewährleisten zu können.
Bei Patienten mit einem apoplektischem Insult, die notfallmäßig einer lokalen Thrombektomie zugeführt werden müssen, sollte bevorzugt eine Analgosedierung angestrebt werden, da hier eine schelle Versorgung des Patienten im Vordergrund steht („time is brain“). In einer großen Multicenterstudie (MR CLEAN) war in der retrospektiven Analyse des Anästhesieverfahrens das neurologische Endergebnis nach Analgosedierung besser als nach Allgemeinanästhesie [96]. Lediglich 10 von 278 Patienten mit Analgosedierung mussten während der Prozedur intubiert werden. Derzeit wird die gleiche Fragestellung nochmals in einer prospektiv randomisierten Studie untersucht (ANSTROKE), was dann hoffentlich eine abschließende Beurteilung des geeigneten Anästhesieverfahrens zulässt.
Überwachung
Die Überwachung sedierter Patienten muss den üblichen Standards (EKG, RR, SaO2) genügen. Sauerstoff sollte über eine Nasensonde zugeführt werden. Ein Blasendauerkatheter ist wegen der Dauer der Intervention und der Gabe osmotische wirksamer Kontrastmittel unverzichtbar. Eine invasive arterielle Blutdruckmessung ist obligat und sollte vor der Einleitung der Narkose (Sedierung) gelegt werden. Beatmungsschläuche, Monitorkabel sowie Infusionsleitungen sollten nicht im Durchleuchtungsfeld liegen, um die radiologische Interpretation nicht zu beeinträchtigen. Zur besseren Zugänglichkeit sollten sie nach unten abgeleitet werden.
Bei Patienten mit einem apoplektischen Insult, bei denen eine lokale Thrombektomie durchgeführt werden soll, zählt allerdings jede Minute bis zur Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes. In diesem Fall kann die arterielle Druckmessung über die von Neuroradiologen eingelegte Schleuse (seitlicher Port) erfolgen und es kann auf einen Blasenkatheter verzichtet werden.
Kontrastmittelinduzierte Nephropathie (KIN)
Während der Untersuchung werden oft erhebliche Mengen an Kontrastmittel verwendet. Vor der Intervention muss daher nach vorbestehenden KM-Allergien oder -Reaktionen gefragt werden. Die Ausprägung einer kontrastmittelinduzierten Nephropathie steht in linearer Beziehung zur Menge des injizierten Kontrastmittels und kann zum akuten Nierenversagen führen. Prädisponierende Faktoren sind alle Erkrankungen, die mit einem verminderten medullären Blutfluss einhergehen (Herzinsuffizienz, Dehydratation, Diabetes mellitus, vorbestehende Nierenfunktionsstörung, Verabreichung nephrotoxischer Medikamente). Die Gabe von 600 mg Acetylcystein (teilweise auch 1.200 mg) morgens und abends am Vortag und am Tag der Intervention wurde in den meisten Zentren aufgegeben, da keine eindeutigen Wirknachweise vorliegen. Im Vordergrund steht sicher eine gute Hydrierung des Patienten. Eine Volumenexpansion mit isotonen Lösungen (1–1,5 ml/kgKG/h), 3–12 h vor der Untersuchung und über 6–24 h danach, reduziert die Inzidenz der KIN [97]. Ein Urinvolumen von 150 ml/h sollte erzielt werden.

Typische Komplikationen

Ischämische oder hämorrhagische Komplikationen können plötzlich auftreten und den neurologischen Zustand in Sekundenschnelle ändern. Hier sind eine enge interdisziplinäre Kooperation und Kommunikation sowie ein sofortiges Eingreifen erforderlich. Bei Perforation eines Gefäßes und intrakranieller Einblutung kann der Patient rasch komatös werden. Ischämische Ereignisse können allein durch die arterielle Katheterisierung mit Abscherung eines Thrombus ausgelöst werden. Beim Coilen eines Aneurysmas kann der Coil das Gefäßlumen verschließen und zu einem Infarkt führen. Bei den sedierten Patienten muss dann in kürzester Zeit die Sicherung der Atemwege stattfinden sowie die hämodynamische Stabilität wiederhergestellt werden.
Ein erhöhter ICP muss wie üblich behandelt werden (Abschn. 2.5). Zur Sicherstellung der zerebralen Perfusion bei Ischämien muss der Blutdruck auf hochnormale Werte eingestellt werden. Eine invasive Messung des Blutdrucks kann im Notfall auch an der vom Neuroradiologen gelegten Schleuse am seitlichen Port erfolgen. In den meisten Fällen, wenn diese seltene Komplikation auftritt, muss der Patienten per Notfallkraniotomie im OP versorgt werden. Im Falle einer Blutung werden meist niedrig-normale Blutdruckwerte angestrebt. Jedoch konnte bisher nicht gezeigt werden, dass hierdurch das neurologische Ergebnis positiv beeinflusst wird.

Notfalldiagnostik und -versorgung von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma

Beim Schädel-Hirn-Verletzten ist die parallele Versorgung (z. B. lebensrettende Maßnahmen) und Untersuchung unabdingbar. Die Primärversorgung und Untersuchung folgt dem ABC-Schema (Kap. „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Nervensystem“).
Sowohl Hypoxie als auch Hyperkapnie, besonders in Kombination mit Hypotension, sollten unbedingt vermieden werden, da selbst ein kurzzeitiger O2-Mangel zusätzliche neurologische Schäden verursacht. Eine Intubation wird unterhalb eines GCS von 8 notwendig.
Bei Verdacht auf HWS-Verletzung ist bei der Intubation ein besonders vorsichtiges Vorgehen notwendig. Die fiberoptische oder videolaryngoskopische Intubation sollte bevorzugt werden. Falls die Intubation konventionell erfolgen muss, ist die achsengerechte Stabilisierung des Kopfs durch einen zusätzlichen Helfer erforderlich, da andernfalls das Risiko einer zusätzlichen Schädigung von Halswirbelsäule, Rückenmark und Schädelbasis besteht.
Da alle Patienten mit SHT als nicht nüchtern gelten, muss die konventionelle Intubation als RSI erfolgen. Eine ausreichend tiefe Sedierung verhindert ICP-Anstiege. Kreislaufinstabile Patienten sollten mit Vorsicht sediert werden, hypotone Phasen müssen vermieden werden.
Bei Schädelbasisfraktur erfolgt die Intubation peroral. Die nasale Intubation birgt das Risiko einer Tubusfehllage (z. B. in den knöchernen Schädel) sowie das Risiko einer Keimverschleppung mit Entzündung von Meningen oder Enzephalon.
Nach Atemwegssicherung und suffizienter Beatmung (paCO2 ca. 35 mmHg, paO2 > 100 mmHg) kann die weitere Diagnostik und Versorgung vorgenommen werden. Eine Hyperventilation (paCO2 30–32 mmHg) ist nur bei drohender Einklemmung angezeigt.
Cave
Beim SHT sollten keine hypotonen Lösungen (z. B. Glukose 5 %, Ringer-Laktat) infundiert werden (Gefahr des Hirnödems!).
Auf den Volumenstatus muss genau geachtet werden, da eine Hypovolämie mit einer arteriellen Hypotension und dem erhöhten Risiko für Vasospasmus einhergeht. Wenn die Optimierung des Volumenstatus nicht zur Kreislaufstabilität führt (MAP 60–80 mmHg), müssen vasoaktive Substanzen eingesetzt werden (z. B. Noradrenalin). Patienten mit größerem Blutverlust profitieren von einer Transfusion (Hämatokrit >25–30 %) zur Optimierung des zerebralen O2-Angebots.
Eine Hypoglykämie sollte sofort therapeutisch angegangen werden, extreme Hyperglykämien müssen vermieden werden (Ziel- Blutglukosekonzentration: 80–150 mg%).
Die Notfallversorgung sollte immer unter der Annahme eines erhöhten ICP erfolgen. Der Oberkörper sollte erhöht gelagert werden (ca. 30°, wenn RR >120 mmHg systolisch), zudem muss der Kopf achsengerecht gelagert werden um den venösen Rückstrom zu optimieren.

Rückenmark und Wirbelsäule

Der Patient mit Spinalkanalerkrankung (SKE) kann multiple neurologische Probleme (periphere Neuropathien, (in)komplette Querschnittslähmung, knöcherne WS-Instabilität, angeborene kraniofasziale Malformationen) und diverse Begleiterkrankungen aufweisen. Dies erfordert eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen Neurochirurg und Anästhesist.
Zusätzliche Besonderheiten wie Adipositas per magna, kurzer Hals, kraniofasziale Malformationen (Arnold-Chiari-Syndrom, Syringomyelie) und vorbestehende Atemwegsprobleme (Stridor, OSAS) können vorliegen und müssen sowohl bei der Lagerung als auch in der postoperativen Phase beachtet werden. Patienten mit Vollbart bieten häufig Schwierigkeiten beim Atemwegmanagement (Maskenbeatmung erschwert) und Fixierung des Tubus, besonders in Bauchlage, sodass eine Bartreduktion oder auch Vollrasur gemeinsam mit dem Patienten diskutiert werden muss. Wird der Kopf in Bauchlage mittels Mayfield-Klemme fixiert, ist auf eine sichere Tubusfixierung (z. B. Sicherungsband plus Verkleben des Tubus) besonders streng zu achten. Durch die Lagerung des Kopfs in einer fixen Schaumstoffschale wird der Tubus durch das Lagerungskissen schon gut fixiert, sodass die Gefahr der Dislokation, die gerade bei Operationen in Bauchlage deletäre Folgen haben kann, geringer ist. Nach dem Lagern ist die Kontrolle der Tubuslage unverzichtbar.
Häufig durchgeführte Eingriffe sind Laminektomien, Entfernung hernierter Bandscheibenanteile, die operative Korrektur von Skoliosen, sowie Spondylodesen bei Traumen oder Spondylolisthesis.
Bei Traumen mit knöcherner Instabilität bzw. Prozessen, die mit radikulärer Symptomatik einhergehen, darf durch die Narkoseeinleitung (Maskenbeatmung, Intubation) und die anschließende Lagerung die neurologische Symptomatik nicht verschlechtert werden. Die fiberoptische bzw. videolaryngoskopische Intubation ist obligat.
Nach langdauernden Eingriffen wie z. B. kombinierten ventrodorsalen Fusionen über mehrere Etagen kann eine mehrtägige Nachbeatmung bis zum Abschwellen der oberen Luftwege indiziert sein.
Für den spinalen Blutfluss gelten die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie im zerebralen Stromgebiet, Autoregulation und CO2-Reaktivität verhalten sich ähnlich. paCO2-Korrekturen haben keinen positiven Einfluss auf das neurologische Ergebnis nach Rückenmarkverletzungen. Durch Traumen kann die Autoregulation aufgehoben werden.
Ein minimaler Perfusionsdruck von ca. 60 mmHg ist auch für die Integrität des Rückenmarks unverzichtbar.
Im Tiermodell verringert Mannit ein verletzungsbedingtes Ödem wirkungsvoll.
Bei traumatischen, nichtpenetrierenden Rückenmarkverletzungen kann in Einzelfällen Methylprednisolon 30 mg/kgKG über 1 h in den ersten 3 h nach dem Trauma gefolgt von 5,4 mg/kgKG/h über 23 h bzw. 48 h (bei Gabe innerhalb 3–8 h nach Trauma) angewandt [98]. Die klinische Relevanz wird jedoch uneinheitlich beurteilt [99]; die Maßnahme wir in Deutschland nicht mehr empfohlen.
Die operative Versorgung von SKE ist häufig mit großen Blutverlusten, langen Operationszeiten und komplexen Patientenlagerungen verbunden. Hinzu kommt das oft hohe Alter der Patienten mit diversen schweren Komorbiditäten. Somit ist ein erweitertes hämodynamisches Monitoring häufig notwendig. Die Entscheidung, ob ein ZVK gelegt werden soll, muss rechtzeitig getroffen werden und während der Einleitung erfolgen, da nach der Lagerung intraoperativ keine Möglichkeit mehr dazu besteht.
Bei Operationen in direkter Nähe zum Rückenmark mit der Gefahr einer Nervenbahnschädigung ist ein elektrophysiologisches Monitoring (evozierte Potenziale) erforderlich. Die Allgemeinanästhesie ist als TIVA, bevorzugt wenn intraoperativ ein elektrophysiologisches Monitoring geplant ist, oder balancierte Anästhesie nach Intubation zu führen.
Lagerung
Die meisten Eingriffe an der Wirbelsäule werden in Bauchlage durchgeführt. Operationen im Zervikalbereich erfolgen sowohl von ventral (der orale Tubus muss im linken Mundwinkel fixiert werden) als auch gelegentlich von dorsal in sitzender Position oder in Bauchlage in der Mayfield-Klemme. Bei einer Operationsdauer von weniger als drei Stunden ist die Lagerung des Kopfs in einer festen Schaumstoffschale möglich, während es bei längeren Operationen durch die Schale zu Druckschäden im Gesicht kommen kann. Bei Operationen an der unteren BWS, LWS und am Os sacrum wird der Patient nach der Narkoseeinleitung gemeinsam mit den Neurochirurgen auf den Bauch gedreht. Bei instabiler HWS wird der Kopf vom Neurochirurgen gehalten und geführt, der Anästhesist achtet auf die Tubuspositionierung.
Cave
Umlagern nur bei stabilen Kreislaufverhältnissen!
Kritische Stellen an den Extremitäten müssen abgepolstert, eine Becken- bzw. Thoraxrolle untergelegt werden. Der Bauch muss frei beweglich sein, um die Zwerchfellexkursion während der Beatmung zu ermöglichen. Augen, Ohren, Nase und Kehlkopf müssen frei von Druck sein. In der Praxis hat sich ein spezielles Kopflagerungskissen mit untenliegendem Spiegel zur regelmäßigen visuellen Kontrolle von Augen, Nase und Tubus bewährt. Der Kopf wird in neutraler Position gelagert. Eine extreme Anteflexion des Kopfs kann zu einer venösen Abflussstörung mit Schwellung der pharyngealen Mukosa sowie Erhöhung des ICP führen. Hemisphäreninfarkte durch das sog. Karotiskinking sind beschrieben, deshalb sollte der Kopf möglichst achsengerecht gelagert werden.
Bei der chirurgischen Desinfektion im zervikalen Bereich und Bauchlage muss dafür Sorge getragen werden, dass die Tubusfixierung nicht durch die Desinfektion nass wird, aufweicht und sich löst.
Durch Salbe, Pflaster und einen selbstklebenden Uhrglasverband kann bei Operationen an der HWS in Rückenlage sowie bei Bauchlage mit Fixierung des Kopfs in der Mayfield-Klemme (obere BWS, HWS oder Adipositas per magna mit kurzem Hals) das Auge geschützt werden. Auf Nachblutung und Schwellung bei HWS-Operationen ist besonders zu achten – eine Schwellung kann bis zu 72 h postoperativ auftreten und zu erneuten neurologischen Ausfällen führen.
Anästhesiebedingte Komplikationen sind:
  • Intubationsprobleme,
  • neurologische Schädigung durch Intubation,
  • intraoperative Tubusdislokation mit Atemwegsverlust,
  • hämodynamische Instabilität nach Umlagerung mit Rhythmusstörungen bis zur Asystolie,
  • Hypovolämie bei nichtadäquater Volumen- und Blutsubstitution,
  • postoperativer Visusverlust bei Patienten nach Operationen in Bauchlage (0,3 %) oder als ischämische Optikusneuropathie bei einem Blutverlust >1.000 ml und Anästhesiedauer >6 h.
Allgemein- vs. Regionalanästhesie
Operationen an der lumbalen Wirbelsäule werden meist in Allgemeinanästhesie durchgeführt, können aber auch in Spinal- oder – seltener – Epiduralanästhesie vorgenommen werden [100, 101]; (Tab. 12).
Tab. 12
Vor- und Nachteile verschiedener Anästhesieformen bei Operationen der Wirbelsäule
Methode
Vorteile
Nachteile
Vollnarkose
Längere Operationsdauer möglich, sicherer Atemweg, auch in Bauchlage
Aspirationsgefahr, Zahnschäden, Schluckbeschwerden, Tubusdislokation, Lagerungsschäden, Visusverlust, hämodynamische Instabilität beim Umlagern
Geringerer Blutverlust, verbesserte Operationsbedingungen, da weniger Blutung im Operationsgebiet, keine Gefahr von Lagerungsschäden an der oberen Extremität, da der Patient selbst eine bequeme Lage einnimmt, weniger pulmonale Komplikationen, bessere Analgesie postoperativ, geringere Rate an postoperativem Erbrechen und Übelkeit, geringere Thromboembolierate
Keine intra und postoperative Überwachung der Motorik möglich, Infektionen im Operationsgebiet aufgrund Narkoseverfahren nicht auszuschließen, evtl. medikolegale Probleme wegen nicht eindeutiger Zuordnung postoperativer neurologischer Defizite
Epiduralanästhesie
Wie Spinalanästhesie, geringere motorische Blockade, somit verbesserte postoperative Überwachung
Wie Spinalanästhesie, vereinzelt fleckförmige Ausbreitung beschrieben, Patientenbewegung während Operation kann nachteilig sein
Bei einfachen Bandscheibenvorfällen mit kurzer Operationszeit (<90 min) hat sich die Spinalanästhesie als der Vollnarkose gleichwertig erwiesen [102]. Auch der Einzug von endoskopischen, minimalinvasiven Operationsverfahren mit einer deutlich kürzeren Operationszeit erhöht den Stellenwert der Regionalanästhesie. Wesentliche hämodynamische Unterschiede zwischen beiden Verfahren wurden nicht nachgewiesen. Die Höhe der gewünschten Analgesie hängt vom jeweils betroffenen Segment ab, sollte aber Th8–Th10 nicht unterschreiten. Bei unzureichender Analgesie kann der Spinalkanal auch in Bauchlage durch den Operateur punktiert und isobares Lokalanästhetikum nachinjiziert werden. Zur Vermeidung forensischer Probleme sollte die Einstichstelle außerhalb des Operationszugangs gewählt werden. Nachteilig erscheint allerdings die auf Grund der motorischen Lähmung fehlende Überwachungsmöglichkeit hinsichtlich postoperativer neurologischer Ausfälle oder Nachblutungen.
Myelographien verändern die Tonizität des Liquors. Dies kann zu einer totalen Spinalanästhesie führen. Ein Abstand von mindestens 48 h ist deshalb zwischen Myelographie und Spinalanästhesie einzuhalten.
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